Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 11.09.2009, RV/2375-W/09

Berechnung der Anspruchssemester nach Studienabschnitten;

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Dipl. Ing. Dr. JW, geb. 1955, 1-W, Rg vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk, vertreten durch AM, vom betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde die von Herrn Dipl.Ing. Dr. JW - im Folgenden kurz mit Berufungswerber (Bw) bezeichnet - für den Zeitraum vom Februar 2008 bis Februar 2009 - für seinen Sohn B bezogene Familienbeihilfe einschließlich Kinderabsetzbetrag in Höhe von gesamt € 2.814,50 mit der Begründung zurückgefordert, dass der Sohn des Bw seine Ausbildung am abgeschlossen habe und der Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe unter Einbezug von drei Monaten nach positivem Abschluss der Berufsausbildung mit erloschen war.

Der Bw erhob gegen den Rückforderungsbescheid Berufung und beantragte die Anrechnung des Unterbrechungszeitraumes vom März 2005 bis September 2006 auf den Rückforderungszeitraum bzw. die Festsetzung einer Forderung an Stelle eines Rückzahlungsbetrages. Begründend führte der Bw aus, es sei richtig, dass B am seine Berufsausbildung abgeschlossen habe und der Anspruch auf Familienbeihilfe daher mit erloschen war. Tatsächlich sei ihm von der Abgabenbehörde für den Zeitraum ab März 2005 bis September 2006 mit der Begründung, dass der erste Studienabschnitt noch nicht beendet gewesen sei, keine Familienbeihilfe ausbezahlt worden. Die Mindeststudiendauer für Architektur betrage 10 Semester oder 5 Jahre. Nach § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichsgesetzes sei eine Berufsausbildung dann anzunehmen, wenn die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschritten werde, wobei es nicht auf den Detailablauf der Ausbildung oder die Reihenfolge der zu absolvierenden Prüfungen ankomme. Weil sein Sohn das Studium somit innerhalb der vorgeschriebenen Zeit (Mindestzeit plus ein Jahr Toleranzzeit) absolviert habe -die Studienzeit habe vom Oktober 2001 bis Oktober 2007, das seien sechs Jahre oder 12 Semester, gedauert -sei dieser Einbehalt zu Unrecht erfolgt. Verwiesen werde in diesem Zusammenhang auch auf die Schreiben vom 6. Oktober und vom .

In den hier angeführten Schreiben (an den UFS nachgereicht von der Abgabenbehörde und dem Berufungswerber) war wie folgt ausgeführt worden (Schreiben vom ): B`s Situation hinsichtlich der Diplomprüfungszeugnisse sei unverändert. Der Sohn des Bw habe bis auf eine Vorlesung und eine Übung sämtliche vorgeschriebenen Lehrveranstaltungen des gesamten Studiums absolviert. Es fehle nur noch die Diplomarbeit. Die fehlende Vorlesung (Hochbau) zähle gemäß Studienplan zum ersten Studienabschnitt, sodass das Diplomprüfungszeugnis für diesen Abschnitt nicht ausgestellt werden könne. Die Kopplung der Familienbeihilfe an den Studienerfolg dürfe nicht dazu führen, dass der Studierende die Reihenfolge der Prüfungen nicht mehr selbst bestimmen könne. B werde sein Studium spätestens im nächsten Semester (das wäre das zwölfte) beenden, sodass die hinsichtlich der Familienbeihilfe zugestandene Gesamtstudiendauer von zehn Semestern Mindestdauer plus zwei Toleranzsemester nicht überschritten werde. Das Studienbuch sowie ein Sammelzeugnis über bisher erbrachte Prüfungen und Übungen werde beigelegt. Mit Schreiben vom war das Zeugnis der 1. Diplomprüfung eingereicht und darauf hingewiesen worden, dass B bereits mit seiner Diplomarbeit beschäftigt gewesen sei, sodass er sein Studium im zwölften Semester abschließen würde. Die für die Zuerkennung der Familienbeihilfe vorgesehene Zeit (zwölf Semester) werde damit nicht überschritten werden.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung von der Abgabenbehörde I. Instanz abgewiesen.

Durch den fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag gilt die Berufung wiederum als unerledigt. Der Bw bringt ergänzend vor, der Sinn des Familienlastenausgleichsgesetzes liege in der finanziellen Entlastung der Eltern von in Ausbildung stehenden Kindern bzw. in der gesellschaftspolitischen Absicht, der heranwachsenden Generation eine möglichst hochwertige Ausbildung zu ermöglichen. Dass mit der finanziellen Unterstützung auch Erwartungen im Hinblick auf den tatsächlichen Abschluss derartiger Ausbildungen verbunden seien und die Beihilfe daher nur für die vorgesehene Ausbildungszeit einschließlich einer bestimmten Toleranzfrist gewährt werde, sei nur natürlich. Es sei aber normiert, dass bei Überschreitung der vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder der vorgesehenen Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr eine Berufsausbildung anzunehmen sei. Im ersten Abschnitt seien für das Studium des Sohnes sechs Semester vorgesehen. Unter Einberechnung eines Toleranzsemesters habe der Sohn des Bw die Studiendauer um drei Semester überschritten. Für den zweiten Studienabschnitt wären einschließlich eines Toleranzsemesters fünf Semester zugestanden, B habe diesen Abschnitt aber innerhalb eines Zeitraumes von zwei Semestern - das Studium daher innerhalb von zwölf Semestern (Sollzeit plus zwei Toleranzsemester) abgeschlossen. Die Familienbeihilfe sei demgegenüber nur für insgesamt neun Semester (Zeitraum vom Oktober 2001 bis Februar 2005 sowie vom Oktober 2006 bis Oktober 2007 zuzüglich des Zeitraumes von drei Monaten nach Beendigung des Studiums vom November 2007 bis einschließlich Jänner 2008) gewährt worden. Zugestanden sei, dass man bei einer Auslegung des § 2 FLAG, die an den Worten klebe, auch zu dem Schluss kommen könne, dass die Beihilfe nur für neun Semester zustünde. Der Sinngehalt der angeführten Gesetzesstelle sei aber mit Sicherheit ein anderer: Hätte es sich um eine nach Jahren zu zählende Berufsausbildung mit fünfjähriger Dauer gehandelt, so würde sich ohne Zweifel ein Beihilfenanspruch von 5+1=6 Jahren ergeben und bestehe kein Grund, warum nur aufgrund einer anderen Zeitzählung (Semester statt Jahre) ein völlig anderes Resultat entstehen sollte. Dies widerspräche auch der Gleichbehandlung. Weiters würden sich Universitäten von Schulen ua. durch die "Freiheit des Studiums" unterscheiden und so liege es im Ermessen des Studierenden, die Reihenfolge des Wissenserwerbes selbst zu wählen. Tatsächlich habe sein Sohn eine formal zum ersten Abschnitt zählende, jedoch für das Weiterstudieren nicht als Voraussetzung geltende Prüfung erst im zweiten Abschnitt abgelegt. Eine nach der Studienordnung mögliche Änderung der Prüfungsreihenfolge, dürfe nicht zum Ausschluss des Beihilfenanspruches führen. Ein viersemestriger Studienabschnitt könne nicht innerhalb von zwei Semestern absolviert werden und habe sein Sohn mit dem zweiten Studienabschnitt natürlich früher als im Oktober 2006 begonnen, weshalb die Zuerkennung für nur zwei Semester für diesen Abschnitt nicht sachgerecht sei. Hätte der Sohn - bei gleichem Studienverlauf im 1. Abschnitt - dann im zweiten Teil um drei Semester länger, somit bis Februar 2009, studiert, wäre Familienbeihilfe für die vollen 12 Semester zugestanden. Es könne nicht die Absicht des Gesetzgebers sein, dass langsamere Studenten gegenüber schneller Studierenden besser gestellt würden und sei völlig absurd, dass die Beihilfe für weniger als die Mindeststudiendauer zugestanden werde, zumal die durchschnittliche Studiendauer für Architektur bei 17,5 Jahren liege und sein Sohn zu den Schnellsten seines Jahrgangs gehört habe (die gemeinsam mit einer Kollegin erstellte Diplomarbeit gehöre auch zu den besten der letzten Jahre, TTT). Die Sicherstellung der Mittelverwendung durch den Gesetzgeber dürfe nicht zu einer Unterbrechung der Beihilfenzahlung führen, sodass bei zügiger Absolvierung des Studiums durch Aufrollung die einbehaltene Beihilfe und des Kinderabsetzbetrages bis zur vorgesehenen Deckelung (zwölf Semester) nachzuzahlen wäre. Eine ÖH-Information zum Architekturstudium, wonach die vorgesehene Studienzeit 10 Semester und die durchschnittliche Studienzeit 17,5 Semester betrage, wurde beigelegt. Weiters legte die Abgabenbehörde den Bescheid über die Verleihung des akademischen Grades an den Sohn des Bw, die beiden Diplomprüfungszeugnisse, einen Versicherungsdatenauszug, ein Studienblatt für das Wintersemester 2006/2007, ein Ersuchen der Abgabenbehörde um Ergänzung vom (sowie die oa. Schreiben des Bw vom und vom einschließlich der Bestätigungen über den Studienerfolg der U) vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl.Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl.Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinreichung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl.Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. "Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird."*). Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß. (BGBl. 1996/433; BGBl. I 1999/23; *) BGBl. I 2007/90 ab Sommersemester 2008).

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 haben Personen für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Dauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung, Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst, noch den Zivildienst leisten.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 FLAG 1967 genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist ebenfalls § 26 FLAG 1967 anzuwenden.

§ 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 bestimmt, dass einem Steuerpflichtigen, dem aufgrund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung ein Kinderabsetzbetrag zusteht.

Wie die Abgabenbehörde unter Anführung der Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes unbestritten ausgeführt hat, gilt als "vorgesehene Studienzeit" jene in Semestern oder Studienjahren definierte Zeitspanne, die in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung eines Studienabschnittes oder eines Studiums festgelegt ist (gesetzliche Studiendauer). Ein Studienabschnitt wird jeweils mit einer Diplomprüfung abgeschlossen. Maßgebend, wann ein Studienabschnitt vollendet ist, ist grundsätzlich das Datum der Prüfung und nicht das Datum der Ausstellung des Diplomprüfungszeugnisses. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit nicht absolviert, fällt der Anspruch auf Familienbeihilfe weg und kann die Beihilfe erst mit Beginn des Monats weiter gewährt werden, in dem dieser Studienabschnitt erfolgreich vollendet wurde. Die Semesterzählung für den folgenden und jeden weiteren Studienabschnitt beginnt -unabhängig davon, ob der Studienabschnitt bereits vor Ablauf der hiefür vorgesehenen Studienzeit erfolgreich absolviert wurde -jeweils mit dem, dem erfolgreich vollendeten Studienabschnitt folgenden Semester. Wird ein Studienabschnitt erst nach Ablauf der vorgesehenen Studienzeit in irgendeinem Monat vollendet, wird die Familienbeihilfe ab diesem Monat weitergewährt.

Die Abgabenbehörde führte dazu weiter aus: Die nach den Studienvorschriften vorgesehene Studienzeit für das Architekturstudium (Studienrichtung 600) des Sohnes des Bw beträgt für den ersten Studienabschnitt 6 Semester. Anspruch auf Familienbeihilfe bestand demnach zusätzlich für ein Semester (Toleranzsemester). B hat mit dem Architekturstudium im Wintersemester 2001/2002 begonnen. Die für den ersten Studienabschnitt vorgesehene Studienzeit endete im Sommersemester 2004 und hatte der Sohn des Bw Anspruch auf Familienbeihilfe für ein zusätzliches Toleranzsemester (Anspruchszeitraum demnach für den ersten Abschnitt insgesamt 7 Semester). Nach Ablauf des Wintersemesters 2004/2005 bestand, da der erste Studienabschnitt noch nicht abgeschlossen war, (vorerst) kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr. Erst mit erfolgreicher Ablegung der ersten Diplomprüfung (lt. vorgelegtem Diplomprüfungszeugnis am , somit mit Wintersemester 2006/2007) befand sich der Sohn des Bw im zweiten Studienabschnitt und begann die Zählung der Anspruchssemester mit dem Wintersemester 2006/2007. Mit Ablegung der zweiten Diplomprüfung am bzw. nach Ablauf von drei Monaten mit Ende Jänner 2008 (§ 10 Abs. 2 iVm. § 2 Abs. 1 lit. b und d FLAG) erlosch nach Auffassung des Finanzamtes der Anspruch auf Gewährung der Familienbeihilfe.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Meinung des Bw zutreffend ist, dass es sich bei den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, nämlich der Überschreitung der vorgesehenen Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester "oder der vorgesehenen Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr", um Alternativbedingungen handelt, es also ausreichend war, dass der Sohn des Bw die vorgesehene Ausbildungszeit noch nicht überschritten hatte.

Der Rechtsansicht des Bw ist nicht beizupflichten. Nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers ist bei Studien, die in Studienabschnitte gegliedert sind, entscheidend, ob die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschritten wird. Bei Studienrichtungen mit mehreren Studienabschnitten ist in Bezug auf die Gewährung der Familienbeihilfe jeder Studienabschnitt für sich zu betrachten (Wittmann/Papacek, Der Familienlastenausgleich, Kommentar, § 2 S. 10). Nur bei Studien, die nicht in Studienabschnitte gegliedert sind (z.B. Fachhochschulstudien), ist maßgeblich, ob die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschritten wird.

Wenn der Bw also argumentiert, dass bei Absolvierung des zweiten Abschnittes in einer kürzeren als der vorgesehenen Zeit der für den zweiten Abschnitt verbleibende Anspruchszeitraum (allenfalls zuzüglich des Toleranzsemesters) sozusagen rückwirkend auf den ersten Studienabschnitt angerechnet werden könne, wenn die Ausbildungszeit nicht (um mehr als ein Jahr) überschritten werde, befindet er sich nicht im Recht. Der Gesetzgeber unterstellt in typisierender Betrachtung, dass ein ernsthaftes und zielstrebiges Studium bei Studien, die in Studienabschnitte gegliedert sind, nur dann vorliegt, wenn jeder einzelne Abschnitt um höchstens ein Semester überschritten wird. Der Sohn des Bw hat den ersten Studienabschnitt nach den eigenen Angaben und nach dem vorgelegten Diplomprüfungszeugnis mit zehn Semestern absolviert (Anspruchszeitraum 7 Semester, vgl. oben). Nach Absolvierung des zweiten Abschnittes (mit Diplomprüfung vom ) bzw. nach Ablauf der Dreimonatsfrist (§ 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967) lag daher ab Anfang Februar 2008 keine Berufsausbildung im Sinne der eingangs angeführten Bestimmungen des FLAG mehr vor.

Der Heranziehung der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b dritter Satz FLAG, wonach dann, wenn ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert wird, einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden kann, und die der Bw nach seinen Ausführungen im Vorlageantrag bei der Interpretation des in Rede stehenden Gesetzeswortlautes des § 2 Abs. 1 lit. b leg.cit. (vgl. oben: "oder der vorgesehenen Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr") offenbar im Sinne einer auf den ersten Studienabschnitt "rückwirkenden Geltendmachung" der im zweiten Teil des Studiums nicht mehr benötigten Anspruchssemester angewendet wissen will, steht ihr eindeutiger Wortlaut (wie hier zitiert) entgegen. Solchermaßen kann auch das Vorbringen des Bw, wonach sein Sohn Lehrveranstaltungen "und Prüfungen natürlich sehr viel früher begonnen hat als im Oktober 2006" bzw., "...wenn bei gleichem Studienverlauf im ersten Abschnitt", der Sohn "im zweiten Abschnitt um drei Semester länger studiert hätte, Familienbeihilfe jedenfalls für die vollen 12 Semester zugestanden" wäre, und weiter, dass die Zuerkennung von Familienbeihilfe für weniger als die Mindeststudiendauer "völlig absurd" sei, nicht zum Erfolg führen, weil, wie oben ausführlich dargelegt -nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut -bei Studien, die in Abschnitte gegliedert sind, keine Gesamtbetrachtung zulässig, sondern auf die einzelnen Studienabschnitte abzustellen ist.

Vom Ergebnis her mag diese Regelung in Einzelfällen wie dem gegenständlichen zu unbefriedigenden und schwer nachvollziehbaren Ergebnissen führen, die Berufungsbehörde kann sich jedoch über den eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht hinwegsetzen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden darf. Die Überprüfung, ob bzw. inwieweit die angewendete Gesetzesbestimmung (§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG) gleichheitswidrig ist, obliegt nicht dem Unabhängigen Finanzsenat, sondern fällt in die Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Überschreitung der Anspruchsdauer
abschnittsweise Berechnung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at