Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 24.04.2013, RV/0538-I/10

Vorsteuerabzug für Verkehrserschließungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Errichtung eines Einkaufszentrums

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/0538-I/10-RS1
Errichtet eine Gesellschaft in ihrem eigenen unternehmerischen Interesse (Errichtung und Betrieb eines Einkaufszentrums) auf öffentlichem Grund eine Zufahrtstraße, steht ihr als Leistungsempfänger aus diesbezüglich in Anspruch genommenen Vorleistungen (Baukosten) ein Vorsteuerabzug zu. Die anschließende unentgeltliche Übertragung der Zufahrtstraße in das öffentliche Gut stellt einen Entnahmeeigenverbrauch dar, sodass es in Höhe der Baukosten wieder zu einer Eigenverbrauchsbesteuerung gemäß § 3 Abs. 2 dritter Gedankenstrich UStG 1994 in der ab dem Jahr 2004 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 134/2003 (und somit zu einer Neutralisierung des Vorsteuerabzuges) auf Ebene der Gesellschaft kommt (vgl. auch ).

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch die TPA Horwath Wirtschaftstreuhand und Steuerberatung GmbH, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Kufstein Schwaz vom betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2003 und 2004 entschieden:

Der Berufung gegen den Bescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2003 wird Folge gegeben.

Der Berufung gegen den Bescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2004 wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben betragen:

Steuerpflichtige Umsätze 2003: 5.191,05 €; Umsatzsteuer-Gutschrift 2003: -770.220,52 €

Steuerpflichtige Umsätze 2004: 3,637.944,92 €; Umsatzsteuer-Gutschrift 2004: -2,209.108,70 €

Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages an Umsatzsteuer für das Jahr 2004 ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.

Entscheidungsgründe

Die X-GesmbH. (im Folgenden kurz: X-GmbH) und (ab dem als deren Rechtsnachfolgerin) die Y-Kommanditgesellschaft (im Folgenden kurz: Y-KG) errichteten in den Jahren 2002 bis 2004 das multifunktional genutzte Einkaufszentrum EKZ. Das Einkaufszentrum EKZ wurde am eröffnet.

Anlässlich einer Außenprüfung der Y-KG, umfassend die Jahre 2003 bis 2006, stellte der Prüfer fest, dass in den angefallenen Herstellungskosten für das Einkaufszentrum EKZ auch Kosten für die Verkehrserschließung enthalten seien. Diese Kosten beträfen den Straßenumbau, die Errichtung eines Gehweges, die Errichtung einer Straßenbeleuchtung, die Errichtung einer Ampelanlage im Kreuzungsbereich der Bundesstraße mit der A-Straße und der B-Straße usw. Die Rechnungen betreffend die Verkehrserschließung seien an die X-GmbH und die Y-KG gerichtet und von diesen Unternehmen bezahlt worden. Die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge von insgesamt 106.329,40 € seien von diesen Unternehmen geltend gemacht worden.

Die Kosten für die Verkehrserschließung von insgesamt 531.646,99 € netto seien mit den Erschließungskosten der Stadtgemeinde S gegenverrechnet worden. Zudem sei die Stadtgemeinde S als Auftraggeber hinsichtlich der Verkehrserschließungsmaßnahmen aufgetreten. Da die angeführten Leistungen somit nicht für das "Einkaufszentrum EKZ", sondern für die Stadtgemeinde S erbracht worden seien, könne vom "Einkaufszentrum EKZ" keine Vorsteuer abgezogen werden (vgl. Tz 1 des Bp-Berichtes vom , ABNr. 123). Die bisher für die Verkehrserschließung geltend gemachten Vorsteuerbeträge seien daher zu stornieren, wobei auf die X-GmbH 8.116,01 € (im Jahr 2002) und 22.443,13 € (bis ) und auf die Y-KG 12.308,07 € (ab ) und 63.462,19 € (im Jahr 2004) entfallen würden. Die von der X-GmbH bis geltend gemachten Vorsteuerbeträge seien infolge Gesamtrechtsnachfolge bei der Y-KG zu berichtigen ("Sonstige Berichtigungen" gemäß KZ 090 der Umsatzsteuererklärung im Jahr 2003).

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ für die Y-KG am - nach Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 4 BAO von Amts wegen - neue Sachbescheide betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2003 und 2004. Gegen diese Bescheide erhob die Y-KG am fristgerecht Berufung. Die stornierten Vorsteuerbeträge stammten aus Rechnungen, die allesamt im Zuge der Errichtung der Infrastruktur des Einkaufszentrums EKZ angefallen seien. Es handle sich dabei vorrangig um Vorsteuerbeträge aus der Errichtung einer Zufahrtstraße, einer Straßen- und Gehwegbeleuchtung, der Errichtung mehrerer Ampelanlagen sowie der Erstellung eines umfassenden Verkehrskonzeptes.

Aus zivilrechtlicher Sicht werde vom Finanzamt nicht in Frage gestellt, dass die eben angeführten Leistungen von der Y-KG in Auftrag gegeben und an die Y-KG erbracht worden seien. Darin liege bereits ein nicht zu unterschätzendes Indiz für den Empfänger einer Lieferung bzw. Leistung. So gelte nach herrschender Literatur der Auftraggeber einer Leistung als Empfänger. Auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt werde dabei nicht Rücksicht genommen. Schließlich sei zu ergänzen, dass selbst für eine Leistung, die vereinbarungsgemäß an einen Dritten erbracht werde, der Auftraggeber als Leistungsempfänger gelte. Diese Ansicht werde auch von der aktuellen Judikatur übernommen. Unter Außerachtlassung dieses Aspektes komme das Finanzamt zum Schluss, dass die strittigen Leistungen nicht im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 an den Unternehmer erbracht worden wären.

Vom Finanzamt werde als einziges Argument angeführt, dass die von der Y-KG bezahlten Rechnungen mit den für die Erschließung des Einkaufszentrums EKZ angefallenen Kosten gegenverrechnet worden seien. Diese Annahme umfasse nicht den gesamten Sachverhalt. Richtig sei, dass ein Schreiben der Stadtgemeinde S vom an die Y-KG vorliege, in dem Details zur Errichtung des Einkaufszentrums EKZ im Zusammenhang mit dem diesbezüglichen Verkehrserschließungsbeitrag angeführt seien. Darin werde eine mündliche Vereinbarung zwischen der Y-KG und der Stadtgemeinde S zusammengefasst. Aus dem Schreiben gehe hervor, dass die Y-KG einen direkten Beitrag zu den Straßenbaukosten im Zusammenhang mit der Erschließung des Geländes in Höhe von 72.000 € trage. Darüber hinausgehende Straßenbaukosten würden mit den gesetzlich vorgeschriebenen Erschließungskosten verrechnet werden. Die pauschale Annahme des Prüfers, dass sämtliche von der Y-KG bezahlten Rechnungen mit den Erschließungskosten gegenverrechnet worden seien, sei daher nicht nachvollziehbar.

Zum Thema "Erschließungsbeitrag" bzw. "Gegenverrechnung" sei auszuführen, dass Gemeinden gemäß § 7 des Tiroler "Verkehrserschließungsabgabengesetzes" ermächtigt werden, Erschließungsbeiträge einzuheben. Die Y-KG habe Interesse an einer Erschließung nach eigenen Vorstellungen gehabt, da die Erschließung für den Betrieb eines Einkaufszentrums geeignet sein müsse. Es sei daher die angeführte Vereinbarung mit der Stadtgemeinde S getroffen worden, die es der Y-KG ermöglicht habe, die Erschließung nach eigenen Bedürfnissen durchzuführen. Nach § 9 Abs. 4 des Tiroler "Verkehrserschließungsabgabengesetzes" seien genau in solchen Zusammenhängen anfallende Aufwendungen bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages entsprechend zu berücksichtigen. Festzuhalten sei, dass diese Berücksichtigung durch die Gemeinde nach dem Wortlaut des Gesetzes zwingend zu erfolgen habe. Eine Nichtberücksichtigung dieser Aufwendungen durch die Gemeinde wäre als "contra legem" einzustufen gewesen. Aus dieser Gegenverrechnung könne jedoch nicht abgeleitet werden, dass die streitgegenständlichen Leistungen nicht für das Unternehmen der Y-KG erbracht worden wären.

Darüber hinaus sei vom Finanzamt offensichtlich übersehen worden, dass - vor Beginn der Baumaßnahmen - mit Abtretungsvertrag vom jenes Grundstück an die Stadtgemeinde S übertragen worden sei, auf dem die strittigen Arbeiten größtenteils durchgeführt worden seien. Diese Abtretung sei eine Bedingung der Stadtgemeinde S für den Bau der Straße gewesen. Laut Abtretungsvertrag sei ein 1.694 m2 großes Trennstück des Grundstückes mit der GrdSt-Nr. 1 mit allen Rechten und Pflichten, mit denen es die Y-KG besessen habe, an die Stadtgemeinde S übertragen worden. Festzuhalten sei, dass dieses Grundstück von Lasten und Besitzrechten Dritter frei gewesen und kostenlos an die Stadtgemeinde S übertragen worden sei. Ergänzt um andere, kleinere Übertragungen seien in diesem Zusammenhang insgesamt über 2.000 m2 von der Y-KG an die Stadtgemeinde S übergegangen.

Selbst bei vorsichtiger Schätzung sei davon auszugehen, dass der Wert des Grundstückes jene Aufwendungen, die mit den Erschließungskosten verrechnet worden seien, deutlich übersteige. Abgesehen von der zivilrechtlichen Betrachtungsweise stelle sich daher auch bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise heraus, dass zumindest ein Großteil der durch die Baumaßnahmen entstandenen Kosten von der Y-KG getragen worden sei. Abgesehen von jenem Teil der Kosten, der laut Vereinbarung direkt von der Y-KG habe getragen werden müssen, sei der Stadtgemeinde S ein lastenfreies Grundstück kostenlos zur Verfügung gestellt worden.

Die Y-KG versuchte in ihrer Berufung auch darzulegen, dass das konkrete Straßenbauprojekt in ihrem Interesse gelegen sei. Das Einkaufszentrum EKZ liege im Zentrum von S. Es habe sich dabei auch vor dessen Errichtung um ein Gebiet gehandelt, das als "bestens aufgeschlossen" bezeichnet werden könne. Zu ergänzen sei, dass hier eine bereits bebaute und infrastrukturell erschlossene Fläche vorgelegen sei, wodurch im Zuge der Errichtung des Einkaufszentrums sogar der Abriss nicht unwesentlicher Gebäude notwendig gewesen sei. Die Annahme, die Errichtung der streitgegenständlichen Straße (bzw. der sonstigen Einrichtungen) wäre aus infrastrukturellen Überlegungen notwendig gewesen und daher dem Bereich der Hoheitsverwaltung zuzurechnen, sei aufgrund dieser Überlegungen nicht haltbar.

Selbst wenn die Benützung der errichteten Straße durch den öffentlichen Verkehr nicht verboten sei, so werde spätestens bei einer Besichtigung vor Ort klar, dass deren Benützung nur zum Besuch des Einkaufszentrums sinnvoll sei. Dies ergebe sich allein schon aufgrund der Tatsache, dass wegen zahlreicher Zu- und Abfahrten zum und vom Einkaufszentrum EKZ mit erhöhtem Verkehrsaufkommen zu rechnen sei. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass sich für den allgemeinen Verkehr eine Zeitersparnis aufgrund der Benützung dieser Straße ergebe. Lediglich für die Bewohner jener Wohnhausanlage, die sich in der gedachten Verlängerung der C-Straße befinde, könnte sich durch die Errichtung der Straße ein gewisser Vorteil ergeben. Festzuhalten sei, dass diese Wohnhausanlage erst nach Errichtung der Straße und des Einkaufszentrums EKZ errichtet worden sei und hier bestenfalls von einem Synergieeffekt gesprochen werden könne. Wenn man die Benützung der Straße durch diese Bewohner mit jener durch die Besucher des Einkaufszentrums EKZ vergleiche, werde deutlich, dass der hauptsächliche Zweck der Straßenerrichtung in der Verkehrsanbindung des Einkaufszentrums EKZ liege.

Abgesehen davon, dass diese Straße daher nur einen äußerst geringen Nutzen für den öffentlichen Verkehr habe, sei die Errichtung aus Sicht der Stadtgemeinde S aus den angeführten Gründen nicht notwendig gewesen. Der wesentliche, wenn nicht der einzige Nutzen dieser Straße liege darin, den Kunden des Einkaufszentrums EKZ die sichere und bequeme Zu- und Abfahrt zum bzw. vom Einkaufszentrum zu ermöglichen. An der errichteten Straße lägen sowohl die Tiefgarage als auch das Parkhaus für die Besucher des Einkaufszentrums EKZ. Ebenso seien Teile der Anlieferung nur über diese Straße möglich. Es bestünden daher keine Zweifel, dass die Errichtung der Straße im Interesse der Y-KG gelegen sei, zumal die Erreichbarkeit ein wesentliches Kriterium für den erfolgreichen Betrieb eines Einkaufszentrums darstelle.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten:

• Die Y-KG habe in zivilrechtlicher Sicht als Empfänger der streitgegenständlichen Lieferungen und Leistungen agiert.

• Die Y-KG habe sich in wesentlich höherem Umfang an den angefallenen Kosten beteiligt, als dies vom Prüfer angenommen worden sei.

• Ein Interesse der Stadtgemeinde S an der Errichtung dieser Straße könne bestenfalls als "marginal" bezeichnet werden. Das Interesse der Y-KG an der Errichtung dieser Straße sei demgegenüber offensichtlich.

Mit Schreiben vom legte die Y-KG Unterlagen vor, aus denen ersichtlich sei, dass die Stadtgemeinde S die Aufträge im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Straßenbauprojekt "im Namen und auf Rechnung" der Y-KG erteilt habe. Sie sei daher lediglich als Vertreter der Y-KG aufgetreten, die Leistungen seien aber vielmehr diesem Unternehmen zuzurechnen.

In seiner Stellungnahme zur Berufung führte der Prüfer aus, dass von ihm immer wieder darauf hingewiesen worden sei, dass die entsprechenden Aufträge für das Straßenbauprojekt von der Stadtgemeinde S erteilt und die entsprechenden Leistungen für die Stadtgemeinde S erbracht worden seien. Die Aussage in der Berufung, wonach das Finanzamt aus zivilrechtlicher Sicht eine Auftragserteilung durch die Y-KG und Leistungserbringung an die Y-KG "nicht in Frage gestellt" habe, entspräche "auf keinen Fall der Realität". Auftraggeber für die erbrachten Leistungen sei eindeutig die Stadtgemeinde S gewesen, wie sich auch aus den im Arbeitsbogen abgelegten Kopien der Eingangsrechnungen ergebe. Dies werde auch von der bauausführenden AG in ihrer E-Mail vom bestätigt.

Die Berufung vom wurde vom Finanzamt unmittelbar der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die X-GesmbH. (im Folgenden kurz: X-GmbH) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom (samt Nachtrag vom ) gegründet. Sie hatte ihren Sitz in S, das Stammkapital der Gesellschaft betrug 500.000 S. Als Gründungsgesellschafter waren AA (mit einer Stammeinlage von 350.000 S), BB (mit einer Stammeinlage von 75.000 S) und CC (mit einer Stammeinlage von 75.000 S) an der Gesellschaft beteiligt. AA und BB waren auch für die X-GmbH als Geschäftsführer gemeinsam vertretungsbefugt.

Mit Generalversammlungsbeschluss vom wurde die X-GmbH als übertragende Gesellschaft auf der Grundlage des Umwandlungsplanes vom mit Stichtag gemäß § 5 UmwG unter gleichzeitiger Errichtung der Y-Kommanditgesellschaft (im Folgenden kurz: Y-KG) umgewandelt. Die X-GmbH wurde daraufhin aufgelöst und am im Firmenbuch gelöscht. Zum Zeitpunkt der Auflösung waren die DD, BB und die EE. zu je einem Drittel an der X-GmbH als Gesellschafter beteiligt. Diese drei Gesellschafter traten auch als Kommanditisten (mit einer Haftsumme von je 12.000 €) in die Y-KG ein.

Die X-GmbH war Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 2 GB 3, bestehend aus der GSt-Nr. 1 Baufläche. Anlässlich der Erstellung des "Allgemeinen und Ergänzenden Bebauungsplanes" verpflichtete sich die X-GmbH, die für die Erschließung dieser Liegenschaft notwendigen Grundstücksflächen kostenlos an das öffentliche Gut Stadtgemeinde S abzutreten. In Erfüllung dieser Verpflichtung wurde am mit der Stadtgemeinde S als Verwalterin des öffentlichen Gutes ein "Abtretungsvertrag" abgeschlossen. Demzufolge übergab die X-GmbH an die Stadtgemeinde S und diese übernahm zum Zwecke der Widmung für das öffentliche Gut ein 1.694 m² großes Trennstück des Grundstückes GSt-Nr. 1. Die Übergabe und Übernahme des gegenständlichen Trennstückes in den tatsächlichen Besitz und Genuss der Stadtgemeinde S fand mit Wirkung zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung statt, sodass die Erwerberin von diesem Tag an auch Gefahr und Zufall sowie sämtliche von dem Trennstück zu entrichtenden öffentlichen Abgaben und sonstigen Lasten zu tragen hatte.

Die X-GmbH und (ab dem als deren Rechtsnachfolgerin) die Y-KG errichteten in den Jahren 2002 bis 2004 auf der in ihrem Alleineigentum stehenden Liegenschaft EZ 2 GB 3, bestehend aus der GSt-Nr. 1 Baufläche, das multifunktional genutzte Einkaufszentrum EKZ. Das Einkaufszentrum EKZ wurde am eröffnet. In den angefallenen Herstellungskosten für das Einkaufszentrum EKZ waren auch Kosten für die Verkehrserschließung des an das öffentliche Gut abgetretenen Trennstückes des Grundstückes GSt-Nr. 1 enthalten. Es handelte sich dabei vorrangig um die Errichtung einer Zufahrtstraße, einer Straßen- und Gehwegbeleuchtung, mehrerer Ampelanlagen sowie die Erstellung eines umfassenden Verkehrskonzeptes. Die Rechnungen betreffend die Verkehrserschließung wurden an die X-GmbH und die Y-KG gerichtet und von diesen Unternehmen bezahlt. Die darauf entfallenden Vorsteuerbeträge von insgesamt 106.329,40 € wurden von diesen Unternehmen geltend gemacht. Der Unternehmensgegenstand der Y-KG besteht im Betrieb und in der Vermietung der Shopflächen des Einkaufszentrums EKZ, woraus sie steuerpflichtige Umsätze erzielt.

Streit besteht nun über die Vorsteuerabzugsberechtigung der X-GmbH und Y-KG hinsichtlich dieser Verkehrserschließungsmaßnahmen. Diese wurde vom Finanzamt verneint, weil die angeführten Leistungen nicht für diese beiden Unternehmen, sondern für die Stadtgemeinde S erbracht worden seien. Zum einen sei die Stadtgemeinde S als Auftraggeber hinsichtlich der Verkehrserschließungsmaßnahmen aufgetreten, zum anderen seien die Kosten für die Verkehrserschließung von insgesamt 531.646,99 € netto mit den Erschließungskosten der Stadtgemeinde S gegenverrechnet worden.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Lieferungen und sonstige Leistungen gelten als für das Unternehmen ausgeführt, wenn sie für Zwecke des Unternehmens erfolgen (Abs. 2 leg.cit.).

Der Unternehmer kann Vorsteuerbeträge nur abziehen, wenn die zugrunde liegende Leistung "für sein Unternehmen" ausgeführt worden ist. Das bedeutet,

a) dass nur derjenige die Vorsteuer abziehen kann, der Empfänger der Leistung ist, und

b) dass die Leistung für den Unternehmensbereich des Leistungsempfängers bestimmt sein muss (Ruppe/Achatz, UStG4, § 12 Tz 71).

Rechtsprechung und Finanzverwaltung folgen der zivilrechtlichen Betrachtung und bestimmen die Person des Leistungsempfängers nach der schuldrechtlichen Anspruchslage. Eine Lieferung oder sonstige Leistung wird grundsätzlich an diejenige Person ausgeführt, die aus dem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis, das dem Leistungsaustausch zugrunde liegt, berechtigt oder verpflichtet ist. Leistungsempfänger ist somit regelmäßig der Auftraggeber oder Besteller einer Leistung (Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer UStG 1994, § 12 Anm. 181 f). Nicht maßgebend ist, wem gegenüber die Leistung tatsächlich erbracht wird oder wer wirtschaftlich mit der Zahlung des Entgeltes belastet ist. Aus § 4 Abs. 2 UStG 1994 (Entgelt von dritter Seite) ergibt sich vielmehr, dass Leistungsempfänger und Erbringer der Gegenleistung nicht identisch sein müssen (Ruppe/Achatz, UStG4, § 12 Tz 72, mwH).

Leistungsempfänger bei Bauführungen ist der Auftraggeber, somit derjenige, der sich im eigenen Namen die Leistung ausbedungen hat und aus dem Vertrag mit den bauausführenden Unternehmern berechtigt und verpflichtet ist. Nicht maßgebend ist das zivilrechtliche oder das wirtschaftliche Eigentum am Grundstück. Erfolgt daher eine Bauführung auf fremdem Grund und Boden, so ist Leistungsempfänger der Bauführer und nicht der Grundeigentümer, auch wenn dieser mit der Bauführung bereits Eigentum am Bauwerk erwerben sollte (Ruppe/Achatz, UStG4, § 1 Tz 269 f). Vor diesem rechtlichen Hintergrund hat der Unabhängige Finanzsenat in ähnlich gelagerten Fällen die Meinung vertreten, dass der private Unternehmer (und nicht die öffentliche Hand) als Leistungsempfänger anzusehen ist, wenn er Auftraggeber der Bauleistung - zB Errichtung eines Kreisverkehrs auf öffentlichem Grund zwecks besserer Anbindung an den öffentlichen Verkehr - war (vgl. etwa ; , mit Hinweis auf ; vgl. auch BFH , XI R 60/07).

Die im Zusammenhang mit der Verkehrserschließung des Einkaufszentrums EKZ angefallenen Leistungen wurden gegenüber der X-GmbH und Y-KG abgerechnet und von diesen Unternehmen auch bezahlt. Was die Auftragserteilung im Hinblick auf diese Verkehrserschließungsmaßnahmen betrifft, wird auf das Schreiben der Stadtgemeinde S vom an die X-GmbH verwiesen. Darin bedankte sich die Stadtgemeinde S zunächst bei der X-GmbH für die "Zusage einer Beteiligung an der Verkehrserschließung". Die mit der X-GmbH getroffene mündliche Vereinbarung betreffend die Verkehrserschließung des Einkaufszentrums EKZ wurde sodann wie folgt (schriftlich) zusammengefasst:

1) Die notwendigen Straßenbauarbeiten zur Verkehrserschließung werden aufgrund eines Vergabevorschlages der Stadtgemeinde S von der X-GmbH vergeben. Die vergebende Stelle wird firmenintern abgehandelt. Die Bauleitung und Bauaufsicht sowie die Abrechnung erfolgen durch die Stadtgemeinde S.

2) Die X-GmbH leistet einen direkten Beitrag zu den Straßenbaukosten der Verkehrserschließung des Einkaufszentrums EKZ in Höhe von 72.000 €.

3) Die darüber hinausgehenden Straßenbaukosten werden mit den gesetzlich vorgeschriebenen Erschließungskosten gegenverrechnet.

Aus diesem Schreiben geht eindeutig hervor, dass die Aufträge betreffend die Verkehrserschließung des Einkaufszentrums EKZ von der X-GmbH bzw. der Y-KG (als deren Rechtsnachfolgerin) erteilt wurden und daher diese beiden Unternehmen als Leistungsempfänger anzusehen sind. Es ist auch nahe liegend, dass diese beiden Unternehmen ein Interesse an einer Verkehrserschließung nach eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen hatten, da die Verkehrserschließung dem Betrieb des Einkaufszentrums EKZ gerecht werden musste. Dass der Stadtgemeinde S ein Vorschlagsrecht bezüglich der Auftragsvergabe eingeräumt wurde, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, genauso wie der Umstand, dass die Stadtgemeinde S für die Bauleitung und Bauaufsicht verantwortlich war.

Wie die Berufungswerberin (Bw.) plausibel darlegte (vgl. das Schreiben vom ), liegt die Verkehrsplanung im Aufgabenbereich der Stadtgemeinde S. Es war daher unumgänglich, diese sowohl in die Planung als auch Errichtung des gegenständlichen Straßenbauvorhabens (in Form der Bauleitung und Bauaufsicht) einzubeziehen. Die Beauftragung eines Dritten mit der Bauleitung und Bauaufsicht kann nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates keine Auswirkungen auf jenes Auftragsverhältnis haben, das dem Bauauftrag zugrunde liegt. Die Verkehrserschließung hatte insbesondere aufgrund der errichteten Ampelanlagen Einfluss auf die Verkehrssituation des gesamten Ortsgebietes. Da verschiedene Rechtsvorschriften (StVO, Richtlinien für den Straßenbau usw.) einzuhalten waren, sollten die Aufträge für die Verkehrserschließung nur an erfahrene Unternehmen vergeben werden, weshalb sich die Stadtgemeinde S ein Vorschlagsrecht bezüglich der Vergabe vorbehielt.

Es trifft zu, dass auf den Rechnungen der AG der Vermerk "Lt. Auftrag Stadtgemeinde S" bzw. "Bauarbeiten lt. Auftrag Gemeinde S" angebracht ist. Vor allem daraus leitete das Finanzamt ab, dass die gegenständlichen Verkehrserschließungsmaßnahmen von der Stadtgemeinde S in Auftrag gegeben worden seien und daher diese als Leistungsempfänger anzusehen sei. Diesbezüglich verwies die Bw. auf das Schreiben der Stadtgemeinde S vom an die AG, das die "Auftragserteilung Asphaltierungsarbeiten" zum Inhalt hatte. Demnach wurde die AG von der Stadtgemeinde S "im Namen und auf Rechnung" der X-GmbH mit den Asphaltierungsarbeiten im Bereich des neu zu errichtenden Einkaufszentrums EKZ beauftragt (lt. den vorliegenden Plänen im Ausmaß von ca. 240.000 € netto). Die Vereinbarung zwischen der Stadtgemeinde S und der X-GmbH (vgl. das bereits erwähnte Schreiben vom ) wurde ausdrücklich als Grundlage für die gegenständliche Beauftragung an die AG angeführt. Zudem wurde auf den "Jahresbauauftrag Stadtgemeinde S 2002" verwiesen. Mit E-Mail vom bestätigte der damalige Sachbearbeiter Tiefbau des Stadtbauamtes S gegenüber dem (ehemaligen) Prokuristen der X-GmbH, dass die Beauftragung der AG durch die Stadtgemeinde S "im Namen und auf Rechnung" der Errichtergesellschaft erfolgte.

Demnach steht für den Unabhängigen Finanzsenat fest, dass die Stadtgemeinde S im Hinblick auf die Verkehrserschließung des Einkaufszentrums EKZ gegenüber der AG lediglich als Vertreter der X-GmbH (bzw. der Y-KG als deren Rechtsnachfolgerin) aufgetreten ist. Die Stadtgemeinde S legte gegenüber dem beauftragten Unternehmen auch immer offen, dass sie den Bauauftrag lediglich als Vertreter (im fremden Namen und auf fremde Rechnung) erteilt hat. Diese Vertreterstellung ist auch (wie dem Schreiben vom an die AG zu entnehmen ist) in Zusammenhang mit dem der AG erteilten "Jahresbauauftrag Stadtgemeinde S 2002" zu sehen. So vergab die Stadtgemeinde S der AG für alle Straßenbauvorhaben in ihrem Ortsgebiet einen Jahresbauauftrag. Dadurch, dass die gegenständlichen Asphaltierungsarbeiten im Rahmen dieses Jahresbauauftrages abgerechnet wurden, konnten dafür günstigere Konditionen erzielt werden, als bei einer Einzelvergabe durch die X-GmbH. An der Vertreterstellung änderte sich dadurch aber nichts.

Vertragliche oder gesetzliche Stellvertreter, die im Namen des Unternehmens Leistungen beauftragen und annehmen, berechtigen das Unternehmen (diesfalls: die X-GmbH bzw. die Y-KG) zum Vorsteuerabzug. Dem Unternehmer sind daher auch Leistungen zuzurechnen, die er durch gesetzliche oder vertragliche Stellvertreter ausbedingen bzw. entgegennehmen lässt (Ruppe/Achatz, UStG4, § 12 Tz 75; Scheiner/Kolacny/Caganek, Umsatzsteuergesetz 1994, 34. Lfg, § 12 Tz 189, 190; Payerer in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-Kommentar (2006), § 12 Rz 92).

Die bei der X-GmbH bzw. der Y-KG aufgelaufenen Kosten für die Verkehrserschließung des Einkaufszentrums EKZ von insgesamt 531.646,99 € netto wurden in der Folge mit dem Verkehrserschließungsbeitrag der Stadtgemeinde S gegenverrechnet. Diese Gegenverrechnung ist - entgegen der Ansicht des Finanzamtes - ebenfalls nicht geeignet, den Vorsteuerabzug im Hinblick auf die Verkehrserschließungsmaßnahmen bei der X-GmbH bzw. der Y-KG zu versagen.

Das bis (somit auch für die Streitjahre) geltende Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz (TVAAG), LGBl. Nr. 22/1998, regelte ua. die Erhebung von Beiträgen zu den Kosten der Verkehrserschließung (Erschließungsbeitrag). Der Erschließungsbeitrag ist eine ausschließliche Gemeindeabgabe (§ 1 Abs. 2 TVAAG). Gemäß § 7 Abs. 1 TVAAG werden die Gemeinden ermächtigt, im Falle des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, einen Erschließungsbeitrag zu erheben. Gemäß § 7 Abs. 2 TVAAG erfolgt die Erhebung des Erschließungsbeitrages durch Festlegung des Erschließungsbeitragssatzes. Gemäß § 7 Abs. 3 TVAAG ist der Erschließungsbeitragssatz ein Prozentsatz des Erschließungskostenfaktors nach § 5 Abs. 2 leg.cit. Er ist von der Gemeinde durch Verordnung einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet festzulegen. Die Höhe des Erschließungsbeitragssatzes hat sich nach der von der Gemeinde zu tragenden Straßenbaulast zu richten und darf 5 % des Erschließungskostenfaktors nicht überschreiten. Im Streitfall betrug der von der Stadtgemeinde S festgelegte Erschließungsbeitragssatz 4,54 € (5 % des von der Landesregierung durch Verordnung für die Stadtgemeinde S mit 90,84 festgelegten Erschließungskostenfaktors).

Gemäß § 9 Abs. 1 TVAAG ist der Erschließungsbeitrag die Summe aus dem Bauplatzanteil (Abs. 2) und dem Baumassenanteil (Abs. 3). Soweit der Abgabenschuldner oder einer seiner Rechtsvorgänger aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen mit der Gemeinde Aufwendungen für die Verkehrserschließung des betreffenden Bauplatzes erbracht hat, sind diese gemäß § 9 Abs. 4 TVAAG bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages entsprechend zu berücksichtigen. Damit geht auch das TVAAG davon aus, dass - abweichend von der Gemeinde - auch der Abgabenschuldner (das ist der Eigentümer des Bauplatzes, auf dem der Neubau errichtet wird oder das Gebäude, dessen Baumasse vergrößert wird, besteht; vgl. § 8 TVAAG) Verkehrserschließungsmaßnahmen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung beauftragen und damit Leistungsempfänger hinsichtlich dieser Maßnahmen sein kann.

Genau diese Regelung des § 9 Abs. 4 TVAAG gelangte auch im Streitfall zur Anwendung. Die Bw. legte die Bescheide der Stadtgemeinde S vom , AZ 4, und vom , AZ 5, vor, mit denen der Y-KG für die mit Bescheiden der Stadtgemeinde S vom , Zl. 6, und vom , Zl. 7, baupolizeilich genehmigte Bauführung (betrifft die Errichtung des Einkaufszentrums EKZ) gemäß § 7 TVAAG eine "Abgabe als Beitrag zu den Kosten der Verkehrserschließung" (Erschließungsbeitrag) von 223.848,37 € und 218.978,72 € vorgeschrieben wurde. Den beiden Bescheiden der Stadtgemeinde S betreffend die Vorschreibung des Erschließungsbeitrages ist auch Folgendes zu entnehmen:

"Aufgrund der Vereinbarung vom wurden vom Bauwerber bereits Aufwendungen für die Verkehrserschließung des Bauplatzes erbracht. Die rechnerisch und sachlich geprüften Aufwendungen in Höhe von EUR 223.848,37 (bzw. EUR 218.978,72) sind gemäß § 9 Abs. 4 TVAAG bei der Vorschreibung des Erschließungskostenbeitrages zu berücksichtigen."

Der Y-KG wurde daher unter Berücksichtigung der von ihr (bzw. der Rechtsvorgängerin) geleisteten Aufwendungen ein Erschließungsbeitrag von letztlich 0 € vorgeschrieben. Aus dieser Anrechnung kann nun aber nicht abgeleitet werden, dass die Stadtgemeinde S im Hinblick auf die gegenständlichen Verkehrserschließungsmaßnahmen gegenüber den bauausführenden Unternehmen im eigenen Namen als Auftraggeber aufgetreten wäre, weshalb - nach Ansicht des Finanzamtes - die Stadtgemeinde S als Leistungsempfänger anzusehen sei. Die Stadtgemeinde S errechnete den Erschließungsbeitrag von 223.848,37 € und 218.978,72 € nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 9 TVAAG. Nach dem TVAAG entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Erschließungsbeitrages unabhängig von den tatsächlichen Erschließungskosten für ein konkretes Gebäude und ohne Rücksicht auf eine etwaige Erschließungsverpflichtung der Gemeinde (; vgl. auch , zur alten Rechtslage nach der Tiroler Bauordnung 1978). Umgekehrt ist aber nach § 9 Abs. 4 TVAAG auch für eine Anrechnung erbrachter Aufwendungen nicht ausschlaggebend, ob das Grundstück im Bauland oder im Freiland lag bzw. ob die Gemeinde zur verkehrsmäßigen Erschließung verpflichtet war oder nicht ().

Von der X-GmbH bzw. der Y-KG wurden beträchtliche Eigenleistungen zur verkehrsmäßigen Erschließung des Einkaufszentrums EKZ erbracht, die bei der gegenständlichen Beitragsvorschreibung der Stadtgemeinde S zur Anrechnung gelangten. Die Anrechnung der bei diesen Unternehmen aufgelaufenen Kosten der Verkehrserschließung erfolgte aufgrund der gesetzlichen Vorgabe des § 9 Abs. 4 TVAAG und war im Streitfall zwingend. Die Anrechnung war dabei begrenzt mit der Höhe des von der Stadtgemeinde S errechneten Erschließungsbeitrages. Zu ergänzen ist in diesem Zusammenhang, dass die von der X-GmbH bzw. der Y-KG bezahlten tatsächlichen Erschließungskosten mit insgesamt 531.646,99 € netto weit höher waren und zudem ein direkter Beitrag zu den Straßenbaukosten der Verkehrserschließung des Einkaufszentrums EKZ in Höhe von 72.000 € geleistet wurde (vgl. das Schreiben der Stadtgemeinde S vom an die X-GmbH). Zu berücksichtigen ist überdies, dass sich die X-GmbH verpflichtete, die für die Erschließung der Liegenschaft notwendigen Grundstücksflächen kostenlos an das öffentliche Gut Stadtgemeinde S abzutreten (vgl. den "Abtretungsvertrag" vom ). Wie die Bw. darlegte, habe allein der Wert dieser Grundstücksflächen jene Aufwendungen überstiegen, die mit dem Erschließungsbeitrag gegenverrechnet worden seien.

Im Hinblick auf § 12 Abs. 2 UStG 1994 ist in weiterer Folge entscheidend, ob die gegenständlichen Verkehrserschließungsmaßnahmen für Zwecke der X-GmbH bzw. der Y-KG erfolgten. Aus dem Zweck des Vorsteuerabzuges folgt, dass nur entscheidend sein kann, ob die Leistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten im konkreten Fall Zwecken des Unternehmens dient oder dienen soll. Den Zwecken des Unternehmens dient die Leistung, wenn sie mit der Leistungserstellung im Unternehmen unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlich zusammenhängt (Ruppe/Achatz, UStG4, § 12 Tz 105). Mittelbarer Zusammenhang genügt; die Leistung muss nicht direkt für die Erstellung steuerbarer Leistungen verwendet werden. Entscheidend ist vielmehr, ob die verschiedenen Kosten, die den Prozess der unternehmerischen Leistungserstellung belastet haben und daher den Preis der Leistungen beeinflussen, mit Vorsteuern belastet sind (Ruppe/Achatz, UStG4, § 12 Tz 106).

Die Verkehrserschließung des Einkaufszentrums EKZ auf dem an das öffentliche Gut abgetretenen Trennstück des Grundstückes GSt-Nr. 1 erfolgte - wie bereits ausgeführt - vorrangig durch die Errichtung einer Zufahrtstraße, einer Straßen- und Gehwegbeleuchtung, mehrerer Ampelanlagen sowie die Erstellung eines umfassenden Verkehrskonzeptes. Der Unternehmensgegenstand der Y-KG besteht im Betrieb und in der Vermietung der Shopflächen des Einkaufszentrums EKZ. Der Betrieb eines modernen Einkaufszentrums ist nach Überzeugung des Unabhängigen Finanzsenates ohne geeignete infrastrukturelle Erschließung undenkbar. Die straßenbaulichen Maßnahmen seitens der Y-KG (bzw. der Rechtsvorgängerin X-GmbH) erfolgten ausschließlich im unternehmerischen Interesse dieser beiden Unternehmen. Um den erfolgreichen Betrieb des Einkaufszentrums EKZ überhaupt starten zu können (und um selbst die Chance zu haben, steuerpflichtige Ausgangsumsätze zu erzielen), war es unumgänglich, den zukünftigen Kunden bzw. Lieferanten eine sichere und bequeme Zufahrt zum Einkaufszentrum zu ermöglichen.

Die X-GmbH und Y-KG hatten demnach ein großes wirtschaftliches Interesse an der gegenständlichen Verkehrserschließung, da andernfalls der Betrieb des Einkaufszentrums EKZ nicht oder kaum möglich gewesen wäre. Die Erschließung des in Rede stehenden Grundstückes war primär Mittel zu deren unternehmerischer Nutzung und nicht Mittel zur Übertragung von öffentlichen Verkehrsflächen an eine Gebietskörperschaft. Die Verkehrserschließung hängt jedenfalls unmittelbar oder zumindest mittelbar mit dem Unternehmenszweck zusammen.

Es trifft zu, dass die "infrastrukturelle Erschließung und die Herstellung und Erhaltung öffentlicher Straßen" Teil der hoheitlichen Tätigkeiten der Gebietskörperschaften im Rahmen der öffentlichen Gewalt sind (vgl. ). In diesem Zusammenhang ist aber festzuhalten, dass für die Stadtgemeinde S keine infrastrukturelle Notwendigkeit bestand, die gegenständliche Zufahrtstraße (zuzüglich der sonstigen Einrichtungen) zu errichten. Das Einkaufszentrum EKZ liegt im Zentrum von S. Dieses Gebiet konnte bereits vor der Errichtung des Einkaufszentrums als "bestens aufgeschlossen" bezeichnet werden. Es lag eine bebaute und infrastrukturell erschlossene Fläche vor, weshalb - wie die Bw. in ihrer Berufung vom zum Ausdruck brachte - im Zuge der Errichtung des Einkaufszentrums sogar der Abriss nicht unwesentlicher Gebäude notwendig war.

Der wesentliche Nutzen der gegenständlichen Zufahrtstraße (zuzüglich der sonstigen Einrichtungen) liegt darin, den Kunden und Lieferanten des Einkaufszentrums EKZ eine sichere und bequeme Zu- und Abfahrt zum bzw. vom Einkaufszentrum zu ermöglichen. An der errichteten Straße liegen sowohl die Tiefgarage als auch das Parkhaus für die Besucher des Einkaufszentrums EKZ. Ebenso sind Teile der Anlieferung nur über diese Straße möglich. Es bestehen für den Unabhängigen Finanzsenat keine Zweifel, dass die Errichtung der Zufahrtstraße im ausschließlichen Interesse der X-GmbH bzw. der Y-KG erfolgte, zumal die Erreichbarkeit ein wesentliches Kriterium für den erfolgreichen Betrieb eines Einkaufszentrums darstellt.

Der Umstand, dass die gegenständliche Zufahrtstraße nach Fertigstellung und Übertragung an das öffentliche Gut für den allgemeinen öffentlichen Verkehr freigegeben wurde und demnach auch von anderen Personen als den Kunden und Lieferanten des Einkaufszentrums EKZ benützt wird (die Bw. sprach insbesondere von "Synergieeffekten" für die Bewohner jener Wohnhausanlage, die sich in der gedachten Verlängerung der C-Straße befindet), schadet nicht (vgl. auch ; ). Denn allein durch die Benützung durch die Allgemeinheit wird die gegenständliche Zufahrtstraße für das Unternehmen der Bw. nicht weniger benützbar bzw. dient deren Unternehmen nicht weniger als ohne diese Mitbenützung. Dass durch die Errichtung der gegenständlichen Zufahrtstraße auch andere Anlieger von der besseren Anbindung profitieren können, ändert nichts an dem Umstand, dass die Errichtung der Zufahrtstraße im ausschließlichen Interesse und für das Unternehmen der X-GmbH bzw. der Y-KG erfolgt ist.

Aus den bisherigen Ausführungen ist für den vorliegenden Sachverhalt klar ersichtlich, dass hier aufgrund der eindeutigen Interessenslage auch weder ein Missbrauchsfall iSd § 22 BAO noch eine Auslagerung von Infrastrukturinvestitionen von der öffentlichen Hand hin zu einer vorsteuerabzugsberechtigten "Vorfinanzierungsgesellschaft" vorliegt (vgl. , "Halifax"). Es ist auszuschließen, dass die Bw. (bzw. deren Rechtsvorgängerin) lediglich für ein Bauvorhaben der öffentlichen Hand als Kostenträgerin fungiert hätte und als Auftraggeberin vorgeschoben wurde. Auf die eingangs dargestellte Gesellschafterstruktur der beiden Unternehmen wird ebenfalls verwiesen. Die vorliegende Gestaltung kann daher im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg nicht als ungewöhnlich und unangemessen bezeichnet werden (Ritz, BAO4, § 22 Tz 2).

Die Erschließungskosten von insgesamt 531.646,99 € netto für die im ausschließlichen unternehmerischen Interesse der X-GmbH bzw. der Y-KG erfolgte Errichtung der gegenständlichen Zufahrtstraße (zuzüglich der sonstigen Einrichtungen) sind dem Unternehmen zuzuordnen und berechtigen zum Vorsteuerabzug.

Zu prüfen ist schließlich, ob die unentgeltliche Übertragung des Straßenbauwerks ins öffentliche Gut einen steuerpflichtigen Vorgang darstellt. Gemäß § 3 Abs. 2 UStG 1994 in der ab dem Jahr 2004 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 134/2003 wird einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt die Entnahme eines Gegenstandes durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen

- für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen,

- für den Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen, oder

- für jede andere unentgeltliche Zuwendung, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.

Eine Besteuerung erfolgt nur dann, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

§ 3 Abs. 2 dritter Gedankenstrich UStG 1994 dient der Umsetzung von Art. 5 Abs. 6 der 6. EG-Richtlinie (nunmehr Art. 16), wonach "einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellt ist die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf oder für den Bedarf des Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben."

Demgemäß hat auch der deutsche Bundesfinanzhof (BFH , XI R 60/07) zur Errichtung eines Kreisverkehrs auf öffentlichem Grund - bei vergleichbarer Rechtslage - gemäß § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 3 dUStG die Rechtsauffassung vertreten, dass (bei unstrittiger Vorsteuerabzugsberechtigung) der Errichter des Kreisverkehrs der öffentlichen Hand mit dem Straßenbauwerk einen Vermögensvorteil verschafft, der als unentgeltliche Zuwendung anzusehen ist. Der BFH verweist in seinem Urteil auf EuGH Rs C-48/97 vom "Kuwait Petroleum", in dem von einer Besteuerung unentgeltlicher Lieferungen auch für unternehmerische Zwecke ausgegangen wird.

Im Streitfall ist der öffentlichen Hand durch die Verkehrserschließung des Einkaufszentrums EKZ ein Vorteil zugekommen, ohne dass sie dafür Kosten zu tragen hatte. Die Y-KG tätigte im Jahr 2004 (nach Fertigstellung) eine Werklieferung der Straßenanlage und verschaffte der Stadtgemeinde S mit der Errichtung der gegenständlichen Zufahrtstraße (zuzüglich der sonstigen Einrichtungen) auf öffentlichem Grund Eigentum am gegenständlichen Straßenbauwerk. Die Y-KG hat damit an die öffentliche Hand Zuwendungen in Höhe der bei ihr (bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) angefallenen Kosten für die Verkehrserschließung von insgesamt 531.646,99 € netto getätigt. Berechtigt die Straßenerrichtung zum Vorsteuerabzug, ist aufgrund der ab dem geltenden Rechtslage gemäß § 3 Abs. 2 UStG 1994 die anschließende unentgeltliche Übertragung in das öffentliche Gut als Entnahme (unentgeltliche Zuwendung) zu versteuern.

Die von der Bw. mit Schreiben vom eingewendete Rechtsprechung des Unabhängigen Finanzsenates und Verwaltungsgerichtshofes ist auf den Streitfall hinsichtlich der Entnahmebesteuerung nicht anwendbar. Zum einen (vgl. ; ; ; vgl. zur letztgenannten UFS-Entscheidung ) wurde in diesen Fällen über Streitjahre vor dem Jahr 2004 abgesprochen; die Frage, ob der Tatbestand des § 3 Abs. 2 dritter Gedankenstrich UStG 1994 in der ab dem Jahr 2004 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 134/2003 erfüllt ist, stellte sich daher gar nicht.

Zum anderen wurde mit diesen Entscheidungen über anders gelagerte Sachverhalte abgesprochen. So vertritt der Verwaltungsgerichtshof (vgl. , womit eine Amtsbeschwerde betreffend , als unbegründet abgewiesen wurde; vgl. auch die im gleichen Sinn erledigten Erkenntnisse: , betreffend ; , betreffend ; , betreffend ) hinsichtlich der durch einen Gemeindeverband in Zusammenhang mit der verkehrsmäßigen Erschließung eines Betriebsansiedelungsgebietes in Auftrag gegebenen Baumaßnahmen auf bzw. im unmittelbaren Nahbereich einer Bundesstraße die Ansicht, dass durch die Bauleistungen die betroffenen Vermögensgegenstände in das Eigentum des Straßeneigentümers (Bund bzw. Land) übergegangen sind. Die Kosten für die darin bestehende (Werk-)Lieferung des Gemeindeverbandes an den Bund bzw. das Land seien im Beschwerdefall von Dritten, nämlich den Kaufinteressenten im Gewerbegebiet, getragen worden. Deren Kostenübernahme stelle sich als Zahlung von dritter Seite für die (Werk-)Lieferung an den Bund bzw. das Land dar. Im Hinblick darauf, dass der Gemeindeverband sohin eine steuerpflichtige (Werk-)Lieferung an den Straßeneigentümer erbracht habe, sei dieser zum Vorsteuerabzug berechtigt. Eine endgültige Mehrwertsteuerentlastung ergebe sich daraus nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch nicht, weil aus der Weiterverrechnung der diesbezüglichen Erschließungskosten an die Kaufinteressenten diesen kein Anspruch auf Rechnungslegung im Sinne des UStG 1994 und kein Recht auf Vorsteuerabzug zukomme.

Im vorliegenden Streitfall folgt der Unabhängige Finanzsenat vielmehr der Entscheidung des , mit der über einen gleich gelagerten Sachverhalt (Verkehrserschließung eines neuen Gewerbegebietes mit Vorsteuerabzug durch eine Vermietungsgemeinschaft und anschließender unentgeltlicher Zuwendung des Straßenbauwerks an die öffentliche Hand) abgesprochen wurde. Die Bw. hat an die Stadtgemeinde S Zuwendungen in Höhe der Erschließungskosten getätigt. Eine unternehmerische Zielsetzung der Zuwendungen ist zweifellos gegeben. Die Bw. war auch - wie vorhin dargelegt - zum Vorsteuerabzug aus den von ihr bezogenen Bauleistungen für die Verkehrsflächen berechtigt. Die Bw. hat somit im Jahr 2004 die Entnahme für eine unentgeltliche Zuwendung an die öffentliche Hand iSd § 3 Abs. 2 UStG 1994 mit 531.646,99 € zu versteuern.

Festzuhalten bleibt, dass es bei der gegebenen Sach- und Rechtslage für die beiden Berufungsjahre 2003 und 2004 im Ergebnis dahingestellt bleiben kann, ob - dem Finanzamt folgend - die für die Verkehrserschließung geltend gemachten Vorsteuerbeträge von insgesamt 106.329,40 € zu stornieren sind, oder ob - bei vollem Vorsteuerabzug hinsichtlich der Erschließungskosten - die unentgeltliche Übertragung des gegenständlichen Straßenbauwerks in das öffentliche Gut gemäß § 3 Abs. 2 dritter Gedankenstrich UStG 1994 im Jahr 2004 mit insgesamt 531.646,99 € netto (zu 20 % USt) zu versteuern ist.

Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen: Die von der X-GmbH bis geltend gemachten Vorsteuerbeträge für die Verkehrserschließung von 8.116,01 € (im Jahr 2002) und 22.443,13 € (im Jahr 2003) wurden vom Finanzamt infolge Gesamtrechtsnachfolge bei der Y-KG "berichtigt" ("Sonstige Berichtigungen" gemäß KZ 090 der Umsatzsteuererklärung im Jahr 2003). Diese mit 30.559,14 € erfolgte "Berichtigung" ist zu stornieren. Von der Y-KG wurden für die Verkehrserschließung Vorsteuerbeträge von 12.308,07 € (im Jahr 2003) und 63.462,19 € (im Jahr 2004) geltend gemacht. Diese Vorsteuerbeträge stehen zu, der Gesamtbetrag der Vorsteuern ist den eingereichten Umsatzsteuererklärungen folgend mit 771.258,73 € (im Jahr 2003) und 2,935.650,62 € (im Jahr 2004) anzusetzen. Die Umsatzsteuer für das Jahr 2003 ist gemäß der eingereichten Umsatzsteuererklärung festzusetzen. Im Jahr 2004 ist die Entnahme des Straßenbauwerks mit 531.646,99 € zu erfassen.

Die Berechnung der Umsatzsteuer für die Jahre 2003 und 2004 ist den beiliegenden Berechnungsblättern zu entnehmen, die insoweit Bestandteil dieser Berufungsentscheidung sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 2 Berechnungsblätter

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at