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Berufungsentscheidung - Strafsachen (Senat), UFSI vom 14.11.2008, FSRV/0014-I/08

Angebliche Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen durch eine mutmaßlich lediglich vorgeschobene Entscheidungsträgerin im Zusammenhang mit Vermögensverschiebungen unter Verwendung einer Limited, welche scheinbar eine Luxuswohnung vermietet; Nichterweisbarkeit der vorgeworfenen Tat

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Finanzstrafsenat Innsbruck 1 als Organ des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Richard Tannert, das sonstige hauptberufliche Mitglied HR Dr. Johann Edlinger sowie die Laienbeisitzer Dr. Alfred Wurzer und Dr. Peter Wassermann als weitere Mitglieder des Senates in der Finanzstrafsache gegen Bw., vertreten durch Prof. Dr. Thomas Keppert, Wirtschaftsprüfung GmbH & CoKG, Wirtschaftsprüfungskanzlei, 1060 Wien, Theobaldgasse 19, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Berufung der Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates I beim Finanzamt Innsbruck als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. xxxxxx, nach der am in Anwesenheit des Verteidigers Mag. Stefan Koss, Wirtschaftstreuhänder, als Vertreter der Prof. Dr. Thomas Keppert GmbH & CoKG, des Amtsbeauftragten HR Dr. Werner Kraus sowie des Schriftführers Nikolaus Weihrauter, jedoch in Abwesenheit der Beschuldigten durchgeführten mündlichen Verhandlung

zu Recht erkannt:

Der Berufung der Beschuldigten wird Folge gegeben und die bekämpfte Entscheidung dahingehend abgeändert, dass sie zu lauten hat:

Das gegen Frau H. W. beim Finanzamt Innsbruck unter der StrNr. xxxxxx wegen des Verdachtes, sie habe im Amtsbereich des genannten Amtes fortgesetzt vorsätzlich als Geschäftsführerin der B. Ltd. betreffend die Voranmeldungszeiträume November 2003 bis März 2004 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt € 16.808,51 durch ungerechtfertigte Geltendmachung von Vorsteuerguthaben bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, anhängige Finanzstrafverfahren wird im Zweifel zu Gunsten für die Beschuldigte gemäß §§ 136, 157 FinStrG eingestellt.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis vom , StrNr. xxxxxx , hat der Spruchsenat I als Organ des Finanzamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz die Beschuldigte als Berufungswerberin der Abgabenhinterziehungen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG für schuldig erkannt, weil sie im Bereich des Finanzamtes Innsbruck fortgesetzt vorsätzlich als Geschäftsführerin der B. Ltd. hinsichtlich der Monate 11/2003 bis 03/2004 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 Umsatzsteuergesetz (UStG) 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen im Gesamtbetrag von € 16.808,51 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe.

Aus diesem Grund wurde über sie gemäß § 33 Abs. 5 [in Verbindung mit § 21 Abs. 1 und 2] FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von € 4.500,00.- verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von neun Tagen ausgesprochen.

Die Kosten des Strafverfahrens wurden gemäß § 185 Abs. 1 FinStrG pauschal mit € 363,00 bestimmt.

Der Erstsenat legte seiner Entscheidung folgende Feststellungen zu Grunde:

Am sei in England die B. Ltd. gegründet worden. Gesellschafter seien M. W. (Sohn der Beschuldigten) zu 99 % und die J.T.C. N. Ltd. zu 1 % gewesen. Geschäftsführer der B. Ltd. seien die Beschuldigte und R. S. gewesen.

Mit Kaufvertrag vom habe die B. Ltd. von Käufer1, 442/9496 Anteile an der Liegenschaft in EZ aaa Grundbuch 82108 Ort1, verbunden mit dem Wohnungseigentum an dem Objekt Wohnung1, zum vereinbarten Kaufpreis von € 1,552.000,00 erworben. Der Kaufvertrag sei auf Käuferseite durch die Beschuldigte als Bevollmächtigte der B. Ltd. abgeschlossen worden.

Am habe die steuerliche Vertretung der B. Ltd., die WT-Ges., dem Finanzamt Innsbruck mitgeteilt, dass die B. Ltd. in Österreich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (für Wohnzwecke) einer in Kitzbühel gelegenen Liegenschaft beziehen werde.

Für die B. Ltd. seien folgende Vorsteuerbeträge geltend gemacht worden:


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Zeitraum
Betrag (€)
11/2003
13.406,19
12/2003
42,82
01/2004
1.041,33
02/2004
1.463,41
03/2004
854,76
Summe
16.808,51

Bei der B. Ltd. habe zu ABNr. yyyy eine Umsatzsteuersonderprüfung umfassend die Zeiträume 10/2003 bis 03/2004 stattgefunden.

Im Zuge dieser Prüfung sei festgestellt worden, dass die gegenständliche Wohnung von der Beschuldigten bereits seit Oktober 2003 benützt wurde. Mietzahlungen seien nicht erfolgt. Es sei weder ein Mietvertrag vorgelegt noch zumindest die wesentlichen Vertragsbestandteile bekannt gegeben worden.

Die vom Prüfer angeforderten Unterlagen - etwa belegmäßiger Nachweis der Finanzierung der Liegenschaft und Prognoserechnung sowie Eingangsrechnungen im Original - seien trotz mehrfacher Urgenzen nicht vorgelegt worden.

Bei den Gegenständen bzw. Aufwendungen, für die die oben dargestellten Vorsteuern geltend gemacht wurden, handle es sich um solche, die der persönlichen Lebensführung der Beschuldigten zuzuordnen seien, wie etwa teils hochpreisige Unterhaltungselektronik (LOEWE Plasma-Flachdisplay, Bose Home Entertainment System, bestehend aus einem Center mit DVD, CD und Tuner, sowie Videorecorder, TV-Geräte, etc.), hochpreisige Vorhang- und Möbelstoffe, eine Waschmaschine, ein Honorar des Notars sowie Betriebskosten.

Da das Mietverhältnis einem Fremdvergleich nicht standhalte, seien die im Zusammenhang mit dieser Wohnung geltend gemachten Vorsteuern in Höhe von € 16.808,51 vom Finanzamt nicht anerkannt worden.

Aufgrund dieser Feststellungen der Betriebsprüfung seien am Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer (u.a.) für die Zeiträume 11 bis 12/2003 und 01 bis 03/2004 erlassen worden, in denen die Vorsteuer jeweils mit € 0,00 angesetzt wurde. Die Bescheide für 11 bis 12/2003 sowie 01/2004 und 03/2004 seien unbekämpft in Rechtskraft erwachsen. Hinsichtlich des Bescheides betreffend 02/2004 sei aufgrund eines für das Strafverfahren nicht relevanten Sachverhaltes Berufung erhoben worden.

Die Beschuldigte sei für die B. Ltd. einzelzeichnungsberechtigt gewesen. Sie habe die WT-Ges1. persönlich mit der steuerlichen Vertretung der B. Ltd. beauftragt und bevollmächtigt. Sie sei weiters zur Vertretung der B. Ldt. berufen und für die Einhaltung der abgabenbehördlichen Vorschriften zuständig und verantwortlich gewesen.

Die Beschuldigte habe nicht nur ernsthaft für möglich, sondern für gewiss gehalten, dass durch ihre Vorgangsweise eine Verkürzung der Umsatzsteuer eintritt.

Die Ausführungen der Beschuldigten, wonach die gegenständliche Wohnung mit der Absicht angeschafft worden sei, diese an sie zu einem fremdüblichen Mietzins von € 6.000,00 monatlich zu vermieten, sei weder glaubwürdig noch nachvollziehbar. Die Verantwortung entspreche keinesfalls den tatsächlichen Gegebenheiten, weil nach den Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung mit der Beschuldigten weder ein Mietvertrag abgeschlossen worden sei noch die Beschuldigte irgendwelche Zahlungen an die B. Ltd. geleistet habe, was ihr in ihrer Eigenschaft sowohl als Direktorin der B. Ltd. als auch als Wohnungsmieterin bekannt gewesen sei. Ebenso sei ihr zweifelsfrei bewusst gewesen, dass die angeschafften Gegenstände, für die Vorsteuer geltend gemacht wurde, ihrer persönlichen Lebensführung zuzuordnen seien.

Die Beschuldigte habe es daher ernsthaft für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass die dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnenden Vorsteuern zu Unrecht geltend gemacht wurden. Auch sei sie sich wissentlich im Klaren darüber gewesen, dass es "dadurch zu einer USt- Verkürzung kommt."

Auch die Behauptungen der Beschuldigten, dass sie zwar in der gegenständlichen Anlage aber nicht in der konkreten Wohnung gewohnt habe, sei nicht glaubwürdig. Aber selbst dies würde die Beschuldigte nicht entlasten, da für die gegenständliche Wohnung Vorsteuern zu Unrecht geltend gemacht worden seien, zumal weder mit der Beschuldigten noch mit einem anderen potentiellen Mieter ein Mietvertrag abgeschlossen worden sei und auch keinerlei Mietzahlungen an die B. Ltd. geflossen seien.

Eine unternehmerische Tätigkeit der B. Ltd. sei nie geplant gewesen. Die verfahrensgegenständlichen Vorsteuern stünden daher keinesfalls mit Leistungen im Zusammenhang, die der Vorbereitung der unternehmerischen Tätigkeit dienen. Auf Seiten der B. Ltd. sei die USt- rechtliche Unternehmereigenschaft daher auf jeden Fall zu verneinen.

Ausgehend von den getroffenen Feststellungen habe die Beschuldigte sowohl auf der äußeren als auch auf der inneren Tatseite das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG verwirklicht.

Bei der Strafzumessung wurde als mildernd die bisherige Unbescholtenheit, die Schadensgutmachung und das lange Zurückliegen des deliktischen Verhaltens, als erschwerend hingegen kein Umstand berücksichtigt.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die fristgerechte Berufung der Beschuldigten vom , wobei die Aufhebung des Schuldspruches, der Geldstrafe und des Kostenspruches sowie die Einstellung des Verfahrens beantragt wird.

Begründend wird im Wesentlichen vorgebracht:

Die Beschuldigte habe die verfahrensgegenständliche Wohnung erst nach umfangreichen Sanierungsarbeiten bezogen. Die Sanierung sei erst im Februar 2004 abgeschlossen worden. Auch sei erst im Februar 2004 für die Wohnung ein Bett anschafft worden. Die Feststellung des Erstsenates, dass die Wohnung bereits ab Oktober 2003 von der Beschuldigten bewohnt worden sei, sei daher nicht zutreffend.

Die Wohnung samt Einrichtungsgegenständen sei insbesondere im Hinblick auf die Vermietungsabsicht der unternehmerischen Sphäre der B. Ltd. zuzuordnen, weshalb der Vorsteuerabzug zu Recht erfolgt sei.

Auch handle es sich bei den Einrichtungsgegenständen nicht um "Luxusgegenstände", weshalb auch das Vorsteuerabzugsverbot des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a UStG 1994 nicht zur Anwendung komme. Das Recht zum Vorsteuerabzug stehe selbst bei erfolglosen Vorbereitungshandlungen zu. Die ursprünglich zu Recht geltend gemachten Vorsteuerbeträge hätten nach Aufgabe der Vermietungsabsicht in einem späteren (außerhalb des Strafverfahrens liegenden) Voranmeldungszeitraum durch eine Eigenverbrauchsbesteuerung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 UStG 1994 "neutralisiert" werden müssen.

Jedenfalls habe die Absicht zur Vermietung der streitgegenständlichen Wohnung bestanden. Die gegenteilige Sachverhaltsfeststellung sei verfehlt und durch die Beweisergebnisse nicht gedeckt.

Die B. Ltd. habe sich zur Abwicklung der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit einer renommierten Wirtschaftstreuhandkanzlei bedient, weshalb der Beschuldigten keinesfalls ein finanzstrafrechtliches Verschulden angelastet werden könne. Auch sei die Rechtsansicht, dass im gegenständlichen Fall ein Vorsteuerabzug zustehe, zumindest vertretbar, was ebenfalls einen Schuldvorwurf ausschließe.

Eine Berufung des Amtsbeauftragten liegt nicht vor.

Anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat führte der Verteidiger ergänzend zu seiner Berufungsschrift aus, dass man einen Tatplan der Beschuldigten in Richtung Geltendmachung von ungerechtfertigten Vorsteuergutschriften nicht als erwiesen annehmen könne, da man der Beschuldigten diesfalls ein völlig unrationales Handeln unterstellen würde.

Hätte die Beschuldigte diese Konstruktion gewählt, um in ungerechtfertigter Weise Vorsteuern zu lukrieren, dann wären niemals die Familienverhältnisse offen gelegt worden, sondern man hätte sich eines englischen Treuhänders bedient. Es sei wohl amtsbekannt, dass es genügend Personen gebe, die bereit sind, nicht nur als Gesellschafter, sondern auch als Treuhänder aufzutreten. Die Beschuldigte hätte sich diesfalls niemals als Geschäftsführerin eintragen lassen, sondern wäre nur als Mieterin aufgetreten. Erst durch die Eintragung als Geschäftsführerin sei sie für die Finanzstrafbehörde überhaupt greifbar geworden.

Die verfahrensgegenständliche Konstruktion sei unter Einschaltung von deutschen Rechtsanwälten sowie von englischen und österreichischen Steuerberatern gewählt worden. Die Kosten der Einholung der Rechtsauskünfte, die Errichtung der Verträge (insbes. Gründung der Limited, Mietvertrag) seien weitaus höher gewesen als ein allfälliger "deliktischer Profit".

Die Erfolgsaussicht "von diesem Delikt" wäre von Anfang an gleich Null gewesen, da die B. Ltd. keine anderen Einkünfte gehabt habe. Es sei daher nicht möglich gewesen, die verfahrensgegenständlichen Vorsteuern in anderen Steuerbeträgen "verschwinden" zu lassen. Das Abgabenrecht kenne die Institute des vorläufigen Bescheides und der Liebhabereiprüfung, die verhindert hätten, dass die streitgegenständlichen Beträge jemals "effektiv" ausbezahlt worden wären. Eine objektive Bereicherungsmöglichkeit habe daher nicht bestanden.

Die B. Ltd. habe im übrigen unbelastetes Grundvermögen im Wert von rd. 750.000 besessen, das für die Finanz jederzeit greifbar gewesen sei. Weiters sei noch auf die Höhe der Gesamtinvestitionen von € 1,5 Mio hinzuweisen. Der angeführte Betrag stehe in keinem Verhältnis zu den inkriminierten Vorsteuerbeträgen.

Die Beschuldigte sei nicht mit der Geschäftsleitung der B. Ltd. befasst gewesen. Sie habe lediglich die Baustelle beaufsichtigt. Eine Unterschriftberechtigung habe sie nur erhalten, um allfällige Behördenwege in Österreich abzukürzen.

Die Rechtsform der Ltd. sei gewählt worden, weil der Sohn der Beschuldigten M. W. in England lebe und ihm daher diese Rechtsform geläufig sei.

Der Umstand, dass kein schriftlicher Mietvertrag abgeschlossen wurde, spreche nicht gegen die Fremdüblichkeit, weil es gängige Beratungspraxis sei, das Instrument des Anbotes und der Annahme durch schlüssiges Verhalten anzuwenden.

Der Verteidiger verwies weiters auf eine E- Mail vom (Beilage A zum Verhandlungsprotokoll), mit der bereits ein von Rechtsanwälten verfasster Entwurf eines Mitvertrages zwischen der Ltd. und der Beschuldigten übermittelt worden sei. Weiters legte er vor eine E- Mail vom und ein Fax vom (Beilagen B und C zum Verhandlungsprotokoll). Aus diesen Unterlagen gehe die Vermietungsabsicht hervor, ein Mietzins sei im strafrelevanten Zeitraum nicht bezahlt worden.

Der Amtsbeauftragte verwies auf die Feststellungen und die Beweiswürdigung des Spruchsenates und beantragte die Abweisung der Berufung.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 119 Bundesabgabenordnung (BAO) haben die Abgabepflichtigen bzw. die Wahrnehmenden der steuerlichen Interessen derselben die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände nach Maßgabe der Abgabenvorschriften gegenüber dem Fiskus vollständig und wahrheitsgemäß insbesondere in Abgabenerklärungen offen zu legen.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hatte im strafrelevanten Zeitraum ab Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit ein Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung beim zuständigen Finanzamt einzureichen, in der die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) selbst zu berechnen war. Die Voranmeldung galt als Steuererklärung.

Der Unternehmer hatte eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Wurde die nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen errechnete Vorauszahlung zur Gänze am Fälligkeitstag entrichtet oder ergab sich für einen Voranmeldungszeitraum keine Vorauszahlung, so entfiel laut § 1 einer Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl II 1998/206, die Verpflichtung zur Einreichung der Voranmeldung. Ab dem , BGBl II 2002/462, war der vorgenannte Entfall der Verpflichtung zur Voranmeldungsabgabe an die zusätzliche Voraussetzung des Unterschreitens einer Umsatzgrenze von 100.000,00 € im vorangegangenen Kalenderjahr geknüpft.

Gemäß § 20 Abs.2 UStG 1994 waren bei der Berechnung der Zahllast oder Gutschrift für einen Voranmeldungszeitraum von der sich nach Abs.1 ergebenden Umsatzsteuerschuld die in diesen fallenden, nach § 12 leg.cit. abziehbaren Vorsteuerbeträge abzusetzen.

Im Zusammenhang mit einer verlustträchtigen Wohnungsvermietung durch eine GmbH hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass auch Kapitalgesellschaften eine steuerlich neutrale "Privatsphäre" haben können und dass die Liebhabereivermutung der Liebhabereiverordnung Platz greift (Renner, SWK 25/2009, S 748). In umsatzsteuerlicher Hinsicht liegt diesfalls im Falle einer Liebhaberei gemäß § 2 Abs. 5 Z. 2 UStG keine Unternehmereigenschaft vor, was das Recht zum Vorsteuerabzug ausschließt.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält. Gemäß § 33 Abs. 3 lit. d leg. cit. ist eine Abgabenverkürzung bewirkt, wenn Abgabengutschriften, die nicht bescheidmäßig festzusetzen sind, zu Unrecht oder zu hoch geltend gemacht wurden.

Gemäß § 11 FinStrG begeht nicht nur der unmittelbare Täter das Finanzvergehen, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, es auszuführen, oder der sonst zu seiner Ausführung beiträgt.

Bedingt vorsätzlich, also im Bereich der untersten Stufe der Vorsatzdelikte, handelt dabei nach § 8 Abs. 1 FinStrG derjenige, der einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Wissentlich handelt gemäß § 5 Abs. 3 Strafgesetzbuch (StGB) jemand, der den Umstand oder den Erfolg, bei dem das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern ein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält.

Das geforderte Tatbild nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ist also dann gegeben, wenn der Täter zumindest bedingt vorsätzlich (im Sinne des § 8 Abs. 1 2. Halbsatz FinStrG) im Hinblick auf die Verletzung der Pflicht zur Einreichung der Voranmeldungen nach § 21 Abs. 1 UStG 1994 und zumindest wissentlich in Hinblick auf den eingetretenen Taterfolg (Abgabenverkürzung) handelt, wobei allerdings nicht erforderlich ist, dass der zuletzt angeführte Vorsatz auch den Verkürzungsbetrag umfasst.

Wäre jedoch überhaupt ein umsatzsteuerbarer Vorgang nicht gegeben, läge überhaupt auch in objektiver Hinsicht das Tatbild nach § 33 Abs. 2 lit. a leg. cit. nicht vor.

Ob Sachverhalte erwiesen sind, welche dem obgenannten Tatbild entsprechen, haben die Finanzstrafbehörden gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Verfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen. Bleiben Zweifel bestehen, so dürfen derartige Tatsachen nicht zum Nachteil des Beschuldigten als erwiesen angenommen werden.

Aus der Verpflichtung zur amtswegigen Sachverhaltsermittlung ergibt sich dabei, dass die Beweislast die Finanzstrafbehörden trifft. Allfällige Zweifel daran, ob solche Tatsachen als erwiesen angenommen werden können oder nicht, kommen der Beschuldigten zu Gute (vgl. z.B. ; ).

Vorgänge tatsächlicher Art sind dann als bewiesen anzusehen, wenn die Finanzstrafbehörde auf Grund einer aus den zur Verfügung stehenden Beweismitteln nach allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen und den Gesetzen logischen Denkens gezogenen Schlussfolgerungen zur Überzeugung gelangt ist, dass es sich so ereignet hat (für viele ; ).

Nach Ansicht des Berufungssenates ist im Hinblick auf die Höhe der von der B. Ltd. getätigten Investitionen (über 1,6 Mio €) von einem auf die Erzielung ökonomischer Vorteile gerichteten Verhalten der Entscheidungsträger der angeführten Gesellschaft auszugehen, wobei auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass gegen ausländische Steuergesetze verstoßen werden sollte.

Insbesondere im Hinblick auf den Umstand, dass die Beschuldigte sowohl der Verhandlung vor Spruchsenat als auch vor dem Berufungssenat ferngeblieben ist, sind jedoch die genauen Hintergründe und Motive des festgestellten Handlungsgeschehens im Dunkeln geblieben.

Es erscheint jedenfalls denkmöglich, dass von Seiten der B. Ltd. ursprünglich eine den Umfang der steuerlichen Liebhaberei übersteigende Vermietungstätigkeit geplant und damit die Geltendmachung der Vorsteuern in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht zumindest vertretbar war. Sollte ein Tatplan dergestalt gefasst worden sein, durch unrichtige Behauptung einer unternehmerischen Tätigkeit zu Unrecht Umsatzsteuerguthaben zu lukrieren, steht dieser These entgegen, dass im Falle der Besteuerung der behaupteten Mieterlöse der B. Ltd. bereits vor Ablauf von drei Jahren die Summe der Umsatzsteuern die geltend gemachten Vorsteuern überstiegen hätten. Es kann daher mit der für ein Finanzstrafverfahren erforderlichen Sicherheit - den Entscheidungsträgern bei der B. Ltd. vernunftorientiertes Verhalten unterstellt - nicht als erwiesen angenommen werden, dass das allenfalls deliktische Verhalten auf die Erzielung rechtswidriger Steuervorteile im Zusammenhang mit der österreichischen Umsatzsteuer gerichtet war.

Nicht für Zwecke eines Strafverfahrens ausreichend gesichert erscheint unter Bedachtnahme auf die Aktenlage bzw. das Vorbringen der Beschuldigten weiters, dass Frau W. mit der Geltendmachung der streitgegenständlichen Vorsteuerbeträge tatsächlich zu tun hatte. Durchaus wahrscheinlicher ist es, dass die Initiative für die Geltendmachung der inkriminierten Vorsteuerbeträge von den Rechtsberatern der B. Ltd. ausgegangen ist und auch die konkreten Umsetzungsschritte für die Geltendmachung der Vorsteuerbeträge von diesen ohne Zutun der Beschuldigten erfolgt sind.

Insgesamt ist daher den anlässlich der Berufungsverhandlung vom Verteidiger vorgetragenen Argumenten im Ergebnis zu folgen und das gegen die Beschuldigte anhängig gemachte Finanzstrafverfahren im Zweifel zu ihren Gunsten gemäß §§ 136, 157 FinStrG einzustellen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Zweifelsgrundsatz
Abgabenhinterziehung
ungerechtfertigte Geltendmachung von Vorsteuern
Luxuswohnung
Liebhaberei
Limited

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at