Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSI vom 09.11.2007, FSRV/0005-I/07

Beschwerde gegen Einleitungsbescheid

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, Mag. Peter Maurer, in der Finanzstrafsache gegen Bf., vertreten durch Verteidiger, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom , SN X, über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG)

zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird teilweise und insoweit Folge gegeben, als der strafbestimmende Wertbetrag auf € 7.255,13 herabgesetzt wird.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer zur SN X ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser als verantwortlicher Unternehmer im Bereich des Finanzamtes Innsbruck fortgesetzt vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Abgabenverkürzung an Umsatzsteuer hinsichtlich der Zeiträume 01-12/2005 und 01-07/2006 im Gesamtbetrag von € 8.225,57 bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten habe. Er habe hiemit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:

Der Beschwerdeführer bekenne sich schuldig, seiner Verpflichtung zur Abgabe von monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen nicht nachgekommen zu sein, stelle jedoch entschieden in Abrede, dadurch vorsätzlich eine Verkürzung an Umsatzsteuer bewirkt bzw. für möglich oder gewiss gehalten zu haben. Der Beschwerdeführer sei hauptberuflich beschäftigt an XY und tätige Umsätze aus der Wohnungsvermietung (mtl. netto € 1.485,03), der Verpachtung einer Imbissstube (mtl. netto € 1.211,22), aus dem Verkauf von Brennholz (p.a. rd. € 3.000,00) sowie aus der gelegentlichen entgeltlichen Überlassung eines Partyzeltes (p.a. rd. € 1.320,83). Die Mehrwertsteuer des Jahres 2005 habe € 5.053,22 betragen und im Zeitraum I-VII/2006 € 3.008,79. Die abzugsfähigen Vorsteuern hätten sich auf € 1.500,00 - € 2.000,00 p.a. belaufen, woraus sich eine Zahllast in Höhe von € 3.500,00 bis € 4.500,00 p.a ergebe. Da der Beschwerdeführer an der X-Y auch regelmäßig Nachtdienste übernehmen müsse und er seit über einem Jahr an einem Krebsleiden erkrankt sei, habe er die steuerlichen Aufzeichnungs- und Zahlungsverpflichtungen seiner Tochter übertragen. Weiters sei er der Meinung gewesen, mit der Entrichtung der Umsatzsteuerzahllast, die sich durch die Umsatzsteuererklärung im Zuge der Erstellung des Jahresabschlusses ergebe, seinen Zahlungsverpflichtungen Genüge getan zu haben. Eine Absicht oder Vorsatz, durch die Unterlassung der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. monatlichen Umsatzsteuerzahlungen eine Abgabenverkürzung herbeizuführen, habe nie bestanden, weil ihm bewusst gewesen sei, dass er von seinen Umsätzen die darauf entfallende Umsatzsteuer abzuführen habe. Es werde ersucht, das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Vergehen schlimmstenfalls als Finanzordnungswidrigkeit einzustufen, dem der Vorsatz fehle. In Anbetracht der Höhe der jährlichen Umsatzsteuerzahllast und der zwischenzeitlich entrichteten Abgabenschuld werde ersucht, das eingeleitete Finanzstrafverfahren einzustellen.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde I. Instanz die ihr zukommenden Mitteilungen und Verständigungen daraufhin zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das Gleiche gilt, wenn sie z.B. aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Ergibt diese Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren einzuleiten. Gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG ist die Einleitung des Strafverfahrens aktenkundig zu machen und der Verdächtige von der Einleitung unter Bekanntgabe der ihm zur Last gelegten Tat sowie der in Betracht kommenden Strafbestimmung zu verständigen (§ 83 Abs. 2 FinStrG).

Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass anlässlich der Einleitung des Finanzstrafverfahrens keine endgültigen Lösungen, sondern nur Entscheidungen im Verdachtsbereich zu treffen sind. Die endgültige Sachverhaltsklärung und abschließende rechtliche Beurteilung sind vielmehr dem Untersuchungsverfahren und der abschließenden Entscheidung (Strafverfügung, Erkenntnis, Einstellungsbescheid) vorbehalten (siehe z.B. ).

Hinsichtlich des Begriffes Verdacht hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass ein Verdacht nur aufgrund von Schlussfolgerungen aus Tatsachen entstehen kann. Ein Verdacht bestehe sohin, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen ().

Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Zeitraum vom XY-Anstalt sowie von der Z Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezogen. Er ist - soweit aus den vorliegenden Akten ersichtlich ist - jedenfalls bereits seit 1976 unternehmerisch tätig. Seit 1997 erzielt er Einkünfte aus der Verpachtung eines X-Geschäfts an seine Tochter A. Daneben erzielt er Einkünfte aus der Vermietung eines Objektes in X-Weg, sowie als Beteiligter zu StNr. 123. Weitere Einkünfte erzielte er aus einem X-Handel.

Beim Beschwerdeführer wurde zu AB-Nr. 456 eine Prüfung der Umsatz- und Einkommensteuer für 2004 sowie eine Umsatzsteuernachschau für 01/2005 bis 07/2006 durchgeführt. Im Zuge der Umsatzsteuernachschau wurde festgestellt, dass für den gesamten Nachschauzeitraum keine Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet wurden. Es wurden auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben.

Im Zuge dieser Prüfung wurde die Umsatzsteuer für 2005 mit € 5.353,22 ermittelt (und "aus verwaltungsökonomischen Gründen" mit Bescheid vom zur Gänze für den Zeitraum 12/2005 festgesetzt). Der Beschwerdeführer hat am die Umsatzsteuererklärung für 2005 eingereicht. Aufgrund dieser Erklärung wurde die Umsatzsteuer für 2005 mit Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom mit € 4.246,33 festgesetzt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen. Es ist daher für die Zeiträume 01-12/2005 von einem strafbestimmenden Wertbetrag von € 4.246,33 auszugehen.

Für die Zeiträume 01-07/2006 hat der Prüfer die Umsatzsteuer mit insgesamt € 3.308,79 ermittelt und mit Bescheid vom (zur Gänze für den Zeitraum 07/2006) festgesetzt. Mangels Vorlage von Aufzeichnungen wurden die Bemessungsgrundlagen für die Sparten Wohnungsvermietung und Verpachtung des X-Geschäfts basierend auf den Umsätzen für 2005 geschätzt. Das Finanzamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde I. Instanz hat den strafbestimmenden Wertbetrag für 01-07/2006 unter Herausrechnung des vom Prüfer festgesetzten Sicherheitszuschlages ermittelt. Weiters hat es - anders als für den Zeitraum 01-12/2005 - die vom Prüfer festgestellte Vorsteuer aus "Betriebskosten V+V" in Höhe von € 163,56 nicht anerkannt. Aus den vorliegenden Akten ist nicht ersichtlich, welche Gründe für die Nichtanerkennung der Vorsteuer durch die Finanzstrafbehörde I. Instanz maßgeblich waren. Der strafbestimmende Wertbetrag für 01-07/2006 ist daher - unter Berücksichtigung dieser Vorsteuer - mit € 3.008,80 anzusetzen.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält. Die Verkürzung einer Abgabe ist schon dann bewirkt, wenn die Abgabe dem anspruchsberechtigten Abgabengläubiger, von den Fällen der Zahlungserleichterung abgesehen, nicht oder nicht zu dem Zeitpunkt zufließt, in dem sie dieser nach den Abgabenvorschriften zu erhalten hat. Der Begriff der Verkürzung umfasst daher grundsätzlich jede Beeinträchtigung einer Abgabe in Bezug auf Höhe und Fälligkeit. Die Abgabenverkürzung braucht zur Tatbestandsverwirklichung keine dauernde zu sein (vgl. dazu Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Rz. 26 zu § 33 FinStrG mit weiteren Nachweisen). Gerade bei dem in Rede stehenden Tatbestand im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG stellt die bloß vorübergehende Erlangung eines Steuervorteils den Regelfall dar ().

Aufgrund obiger Feststellungen besteht auch nach Ansicht der Beschwerdebehörde der Verdacht, dass der Beschwerdeführer dadurch, dass er für die Zeiträume 01-12/2005 und 01-07/2006 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und auch keine Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet hat, den objektiven Tatbestand des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG verwirklicht hat. Der strafbestimmende Wertbetrag war aus den oben dargestellten Gründen auf insgesamt € 7.255,13 zu reduzieren. Aufgrund der Einreichung der Umsatzsteuererklärung für 2005 bzw. des Umstandes, dass für 2006 lediglich die Zeiträume Jänner bis Juli Gegenstand des Finanzstrafverfahrens sind, bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer das Delikt des § 33 Abs. 1 FinStrG hinsichtlich der Jahresumsatzsteuern bewirkt bzw. zu bewirken versucht hat, sodass die Vorinstanz zutreffenderweise vom Tatverdacht nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (und nicht etwa § 33 Abs. 1 FinStrG) ausgegangen ist (vgl. dazu z.B. ).

Für die Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG wird bezüglich der Pflichtverletzung Vorsatz (bedingter Vorsatz im Sinne des § 8 Abs. 1, 2. Halbsatz FinStrG genügt) und betreffend den Verkürzungserfolg Wissentlichkeit vorausgesetzt. Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Es ist in Unternehmerkreisen allgemein bekannt und bedarf keines steuerlichen Spezialwissens, dass die erzielten Umsätze der Finanzbehörde in den Umsatzsteuervoranmeldungen zu erklären bzw. entsprechende Umsatzsteuervorauszahlungen zu leisten sind. Der Beschwerdeführer ist jedenfalls bereits seit 1976 unternehmerisch tätig. Aufgrund seiner einschlägigen Erfahrungen besteht der Verdacht, dass ihm die Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Entrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen bekannt war, zumal bereits im Zuge der Prüfung der Aufzeichnungen zu AB-Nr. 789 am eine Selbstanzeige erstattet wurde, in welcher der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers bekannt gegeben hat, die Selbstanzeige beziehe sich auf die Jahre 1994 bis 1998 und betreffe die Unterlassung der laufenden Umsatzsteuerzahlungen bzw. die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen in diesem Zeitraum. Dem Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe - trotz seiner jahrzehntelangen unternehmerischen Erfahrungen und trotz dieser in der Prüfung zu AB-Nr. 789 hinsichtlich eines mehrjährigen Zeitraumes erstatteten Selbstanzeige - von seinen umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen keine Kenntnis gehabt, kann daher nicht gefolgt werden; vielmehr lassen die dargestellte Umstände auf eine Kenntnis seiner diesbezüglichen Verpflichtungen schließen. Es ist davon auszugehen, dass ihm die für ihn durch die verspätete Bekanntgabe bzw. Entrichtung der Umsatzsteuer eingetretene (vorläufige) Steuerersparnis bzw. die damit zwangsläufig einhergehende Verkürzung gegenüber dem Abgabengläubiger hinreichend bewusst war, um daraus einen subjektiven Tatverdacht im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ableiten zu können.

Es liegen damit auch ausreichende Verdachtsmomente vor, dass der Beschwerdeführer die subjektive Tatseite des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG verwirklicht hat.

Der Beschwerdeführer verweist in der Beschwerdeschrift auch auf seinen Gesundheitszustand. Es ist jedoch weder der Aktenlage zu entnehmen noch konkret behauptet worden, dass er durch seine Erkrankung durchgängig an der Wahrnehmung seiner abgabenrechtlichen Pflichten gehindert gewesen wäre, wobei in diesem Zusammenhang auch darauf zu verweisen ist, dass der Beschwerdeführer während des hier gegenständlichen Zeitraumes sowohl selbständig als auch nichtselbständig tätig war. Weiters wird vorgebracht, er habe die steuerlichen Aufzeichnungs- und Zahlungsverpflichtungen seiner Tochter übertragen. Es wurde aber weder dargetan, wann, für welche Zeiträume und für welche Tätigkeiten die Tochter beauftragt worden sei, vor allem aber fehlt jeder Hinweis darauf, ob die Verpflichtungen im Zusammenhang mit Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Umsatzsteuervorauszahlungen ebenfalls der Tochter übertragen wurden, wobei anzumerken ist, dass eine solche Übertragung den Beschwerdeführer nicht von jedweder finanzstrafrechtlicher Verantwortung befreit. Nach der Aktenlage ist die Tochter - auch im Zuge der Prüfung zu AB-Nr. 456 - gegenüber der Finanzbehörde nicht aufgetreten. Zudem hat der Beschwerdeführer die Abgabenerklärungen für 2004 vom eigenhändig unterfertigt, was dafür spricht, dass er selbst die abgabenrechtlichen Verpflichtungen wahrgenommen hat. Das Beschwerdevorbringen vermag damit den Tatverdacht nicht zu beseitigen.

Es sind somit hinreichende Verdachtsmomente hinsichtlich der objektiven wie der subjektiven Tatseite gegeben, dass der Beschwerdeführer das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG verwirklicht hat.

Abschließend wird festgehalten, dass im Rahmen dieser Rechtsmittelentscheidung nur zu untersuchen war, ob für die Einleitung des Strafverfahrens ausreichende Verdachtsmomente gegeben waren. Die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer das Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen hat, bleibt dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 115 ff FinStrG vorbehalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Einleitung
Finanzstrafverfahren
Vorsatz
strafbestimmender Wertbetrag

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at