Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 19.04.2012, RV/0195-L/11

Vermietungsabsicht: Nicht mehr entfaltete Vermietungstätigkeit bei auf Grund des Bauzustandes unvermietbarer Immobilie

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0195-L/11-RS1
Zeigt sich aufgrund vergeblicher Vermietungsbemühungen, dass ein Objekt in der konkreten baulichen Gestaltung, zB auf Grund von Baumängeln, nicht (mehr) vermietbar ist, hat der Steuerpflichtige zum Nachweis seiner weiterhin bestehenden Vermietungsabsicht zielgerichtet darauf hinzuwirken, gegebenenfalls auch durch bauliche Umgestaltungen, einen vermietbaren Zustand zu erreichen. Bleibt er jedoch untätig, spricht dies gegen den Entschluss zu vermieten (BFH , IX R 54/08, BStBl 2010 II 124).
RV/0195-L/11-RS2
Wurde ein leerstehendes Objekt früher bereits vermietet, können gleichzeitige Vermietungs- und Verkaufsbemühungen unter bestimmten Voraussetzungen zwar grundsätzlich unschädlich sein, weil die Einkunftsquelleneigenschaft in der Vergangenheit bereits bewiesen wurde ( bzw. BFH , IX R 1/07, BFHE 223, 186). Wären allerdings für eine Neuvermietung umfangreiche Sanierungen erforderlich, die aber der Steuerpflichtige nicht mehr auf sich nehmen möchte und deshalb verkauft oder entsprechende Bemühungen hiezu setzt, sind nachträglich angefallene Aufwendungen wegen der bereits erfolgten Aufgabe der Einkunftserzielungsabsicht nicht anzuerkennen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des HSt&Mitbes, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2009 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

(1) Die berufungswerbende Miteigentümergemeinschaft (im Folgenden: Bw.), an welcher zwei Personen zu gleichen Teilen beteiligt sind, erklärte bereits über Jahrzehnte hin - zuletzt negative - Einkünfte aus der Vermietung eines in B gelegenen Hauses.

(2) Im Jahr 2008 wurden keine Einnahmen, sondern lediglich Betriebskosten iHv. EUR 889,25 erklärt sowie als Werbungskosten ua. ein Instandhaltungsaufwand von EUR 10.721,46 geltend gemacht. Insgesamt ergab sich für dieses Jahr ein Werbungskostenüberschuss von EUR 13.021,48. Am erging sodann ein erklärungsgemäßer endgültiger Bescheid über die Feststellung von Einkünften.

(3) Das Finanzamt richtete am einen Vorhalt an die Bw., in welchem diese ersucht wurde, Belege über die Instandhaltungskosten sowie Mietverträge vorzulegen, bekanntzugeben, ab wann mit Überschüssen zu rechnen sei sowie eine "Prognose" nachzureichen.

(4) In der Vorhaltsbeantwortung vom legte die Bw. Rechnungen bzw. Fotos betreffend die Instandhaltungsmaßnahmen vor und fügte hinzu, dass es sich hiebei um Kosten gehandelt habe, "die notwendig sind, um den Verfall des Gebäudes hintanhalten zu können". Die letzte Mieterin sei 2007 ausgezogen. Es könnten daher keine aktuellen Mietverträge vorgelegt werden, da sich die Bw. seit 2008 bemühe, neue Mieter zu finden. Erst wenn dies geschehen sei, könne eine Prognoserechnung vorgelegt werden. Es würden nur die "allernotwendigsten, unaufschiebbaren Erhaltungsreparaturen" durchgeführt.

Die der Vorhaltsbeantwortung angeschlossenen Rechnungen betreffen Reparaturen am Dach sowie von Fenstern; aus den eingereichten Fotos sind die Reparaturen im Dachbereich ersichtlich.

(5) Im berufungsgegenständlichen Jahr 2009 wurden gleichfalls keine Einnahmen sowie Werbungskosten iHv. EUR 11.012,09 (darin enthalten Instandhaltungskosten von EUR 6.989,31) erklärt. In der Beilage zur Steuererklärung befindet sich der Vermerk: "2009 wurden Mieter gesucht".

(6) Im am erlassenen vorläufigen Bescheid über die Feststellung von Einkünften für 2009 wurden die geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse nicht anerkannt.

Zur Begründung hiefür führte das Finanzamt an, dass das Mietobjekt seit 2009 offensichtlich zum Verkauf stehe und aufgrund des desolaten Zustandes von einer Vermietung derzeit nicht ausgegangen werden könne. Ernsthafte Vermietungsbemühungen seien nicht nur dadurch gekennzeichnet, dass ein Makler einen Vermittlungsauftrag bekomme. Bei mangelnden Erfolgen bzw. Bemühungen des Maklers müsse ein entsprechendes Reagieren des Vermieters die Vermietungsabsicht erkennen lassen (Minderung des Mietzinses, Wechsel des Maklers usw.). Bemühe sich ein Vermieter nachweislich und intensiv, Mieter zu gewinnen (zB. Inserate, Auftrag an Makler etc.) und könne grundsätzlich auf Grund der Ausstattung und des Standortes des Mietobjektes mit einer Vermietung gerechnet werden, könne die Ernsthaftigkeit nicht bezweifelt werden. Dies "trifft dem Augenschein nach derzeit nicht zu".

(7) In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung vom führte die Bw. zur Begründung im Wesentlichen aus, dass sich das Finanzamt auf die Behauptung stütze, dass das Bemühen der Bw., das Objekt zu vermieten oder zu verkaufen, nicht ernsthaft genug sei. Beiliegend werde ein Schreiben des beauftragten Maklers überreicht, nach dessen dort aufgezählten Tätigkeiten an der Ernsthaftigkeit "kein Zweifel bestehen" könne.

Im in der Berufungsschrift angeführten Schreiben des Maklers vom führt dieser aus, dass am ein Vermittlungsauftrag für die streitgegenständliche Liegenschaft abgeschlossen worden sei. Seit diesem Datum sei der Makler bemüht, einen Mieter oder Käufer zu finden. Leider sei trotz massiver Bewerbung noch kein Interessent gefunden worden. Aktuell sei man mit einem Interessenten aus dem Ausland im Kontakt, ein Besichtigungstermin sei noch ausständig. Die Tätigkeiten des Maklers umfassten folgende die Bewerbung auf der Homepage, in der Zeitschrift des Maklers, in regionalen Zeitungen, in Schaufenstern von Bankinstituten, in deren Eigentum sich das Maklerbüro befinde sowie schriftliche Zusendungen an Bauträger.

(8) Aus der Steuererklärung für das Jahr 2010 ist ersichtlich, dass auch in diesem Jahr keine Einnahmen erzielt wurden, jedoch Werbungskosten iHv. EUR 5.398,60 angefallen sind.

(9) Der Unabhängige Finanzsenat forderte die Bw. mit Vorhalt vom auf, bekanntzugeben, welche konkreten Bemühungen ab Auszug des letzten Mieters im Jahr 2008 gesetzt worden seien, um eine Vermietung des streitgegenständlichen Mietobjektes zu ermöglichen. Laut einem Inserat des Maklers werde das strittige Mietobjekt offenbar nur zum Kauf, nicht jedoch zur Vermietung, angeboten. Dieser Umstand spreche dafür, dass bereits im Jahr 2008 die Vermietungsabsicht endgültig aufgegeben worden sei, sodass ab diesem Zeitpunkt Werbungskostenüberschüsse nicht anerkannt werden könnten.

(10) Der Vorhalt wurde am dahingehend beantwortet, dass aus dem - bereits übermittelten - Schreiben vom des Maklers entnommen werden könne, dass in den Jahren 2008 bis 2010, daher auch im berufungsgegenständlichen Jahr, die Vermietungsabsicht noch gegeben gewesen sei. Nach diesem Schreiben sei zu diesem Zeitpunkt noch ein Mieter und erst "nachrangig" ein Käufer gesucht worden. Erst 2011 sei nach mehrmaligen Gesprächen zwischen den Mitgliedern der Bw. und dem Makler die Vermietungsabsicht eingestellt und vereinbart worden, einen Käufer zu suchen.

(11) Auf der Homepage des beauftragten Maklers wird die streitgegenständliche Liegenschaft als "Grundstück im inneren Stadtgebiet" mit "hochinteressanten Bebauungsmöglichkeiten" um einen Preis von EUR 480.000 zum Kauf angeboten. Ein dahingehendes Angebot, das Haus zu vermieten, findet sich dort nicht.

Über die Berufung wurde erwogen:

(12) Der Unabhängige Finanzsenat geht von folgendem Sachverhalt aus:

Die Bw. vermietete über einen langen Zeitraum hin ein Haus; im Jahr 2007 wurde das letzte Mietverhältnis beendet. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Haus in einem desolaten Zustand und wurde im Jahr 2008 behelfsmäßig im Dachbereich und an einigen Fenstern repariert. Im April 2010 wurde ein Maklerbüro mit der Verwertung der Liegenschaft - Verkauf oder Vermietung - beauftragt. Welche dieser Varianten zum diesem Zeitpunkt im Vordergrund stand ist nicht erkennbar. Seit dem Jahr 2011 wird die Liegenschaft vom Makler nur mehr zum Verkauf angeboten.

(13) Strittig ist nun, ob im Jahr 2009, also etwa zwei Jahre nach Auszug der letzten Mieterin, noch eine Vermietungsabsicht vorlag und demnach die geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse anerkannt werden können. Ab dem Jahr 2011 geht jedenfalls auch die Bw. davon aus, dass keine Vermietungsabsicht mehr bestand und demgemäß offenbar keine Werbungskostenüberschüsse mehr anfallen können.

(14) Nicht jeder auftretender Verlust bzw. Werbungskostenüberschuss ist unter die Beurteilung von Liebhaberei zu subsumieren. Diese ist von nämlich von nicht einkommensteuerbaren Vorgängen abzugrenzen, weil insoweit eben nicht Erzielung, sondern Verwendung bereits erzielten Einkommens vorliegt (Lechner/Hauold/Tumpel, FJ 1994, 238; -I/02 zu einem Scheingeschäft). Daher ist vor einer Prüfung erklärter (negativer) Einkünfte unter Liebhabereigesichtspunkten zunächst zu klären, ob ein Steuerpflichtiger diese "überhaupt auf Grund einer Betätigung in einer der gesetzlich aufgezählten Einkunftsarten erwirtschaftet" hat ( zu einem Viehhandel mit langer einnahmenloser Aufbauphase). Die Beurteilung der Berücksichtigungsfähigkeit daraus entstehender negativer Ergebnisse ist somit eine der Liebhabereiprüfung noch vorgelagerte Rechtsfrage (Doralt/Renner, EStG14, § 2 [LVO], Tz 324; Jakom/Laudacher, EStG [2012], § 2, Rz 275; Wiesner/Grabner/Lattner/Wanke, EStG, Anm 5 zu Anh I/2; Rauscher/Grübler, Liebhaberei in Rechtsprechung und Verwaltungspraxis2, Rz 21 ff; Lenneis, UFSaktuell 2006, 66; RV2068-W/04 bzw , RV/1400-L/07 zu Mietobjekten; EStR 2000 Rz 4346).

(15) Nicht einkommensteuerbar sind insbesondere einerseits niemals entfaltete Betätigungen (zB. bloße Absichtserklärungen; , zu bloßem Eigentumsrecht an einer Liegenschaft sowie ; vgl. auch E , 96/13/0031, zum Erwerb eines Objektes, dessen Vermietung zwar angeblich geplant war, aber niemals verwirklicht wurde sowie zu einem vor mehr als 10 Jahren erworbenen und bislang nicht vermieteten Objekt) bzw. andererseits auch bereits längerfristig oder endgültig nicht mehr ausgeübte Betätigungen (, zu einem seit mehr als 10 Jahren nicht mehr vermieten Gebäude ohne erkennbare Vermietungsbemühungen). Nach Rauscher/Grübler, Liebhaberei in Rechtsprechung und Verwaltungspraxis2, Rz 300, führt etwa eine zweijährige Phase einer Unterbrechung einer Vermietung zur Beendigung dieser Tätigkeit und somit gleichsam zu einer "nicht mehr entfalteten Betätigung", verbunden mit der Konsequenz, dass allfällige Ausgaben bzw. Werbungskostenüberschüsse aus diesem Grund nicht mehr abzugsfähig sind.

(16) Zeigt sich aufgrund vergeblicher Vermietungsbemühungen, dass ein Objekt in der konkreten baulichen Gestaltung nicht (mehr) vermietbar ist, hat der Steuerpflichtige zum Nachweis seiner weiterhin bestehenden Vermietungsabsicht zielgerichtet darauf hinwirken, gegebenenfalls auch durch bauliche Umgestaltungen, einen vermietbaren Zustand zu erreichen. Bleibt er jedoch untätig, spricht dies gegen den Entschluss zu vermieten (BFH , IX R 54/08, BStBl 2010 II 124, dazu Renner, SWK 2009, S 985).

(17) Wurde ein leerstehendes Objekt früher bereits vermietet, können gleichzeitige Vermietungs- und Verkaufsbemühungen unter bestimmten Voraussetzungen zwar grundsätzlich unschädlich sein, weil die Einkunftsquelleneigenschaft in der Vergangenheit bereits bewiesen wurde ( bzw. BFH , IX R 1/07, BFHE 223, 186). Wären allerdings für eine Neuvermietung umfangreiche Sanierungen erforderlich, die aber der Steuerpflichtige nicht mehr auf sich nehmen möchte und deshalb verkauft oder entsprechende Bemühungen hiezu setzt, sind nachträglich angefallene Aufwendungen wegen der bereits erfolgten Aufgabe der Einkunftserzielungsabsicht nicht anzuerkennen (; hiezu ecolex 2009/351 mit Anm. Renner).

(18) Im konkreten Fall war im Zeitpunkt des Auszugs des letzten Mieters im Jahr 2007 das strittige Mietobjekt aufgrund seines desolaten Bauzustandes offenkundig nicht mehr vermietbar und demgemäß nicht mehr als potentielle Einkunftsquelle - mit negativen Einkünften - anzusehen. Es wurden sodann zwar Bau- bzw. Erhaltungsmaßnahmen gesetzt, dies jedoch nur insoweit - so die Bw. in der Vorhaltsbeantwortung vom wörtlich - als diese erforderlich waren, "um den Verfall des Gebäudes hintanhalten zu können" bzw. sich als "allernotwendigst" und "unaufschiebbar" erwiesen.

Die Bw. haben jedoch nicht behauptet, dass durch diese Maßnahmen wiederum eine Vermietungsfähigkeit - und damit auch das Vorliegen einer potentiellen Einkunftsquelle - eingetreten wäre. Für die mangelnde Vermietungsfähigkeit im Bauzustand nach den Sanierungsmaßnahmen spricht überdies, dass das strittige Objekt in weiterer Folge auch nicht mehr vermietet werden konnte und selbst nach Angaben der Bw. die Vermietungsabsicht jedenfalls im Jahr 2011 endgültig aufgegeben worden ist und die Liegenschaft als bebauungsfähiges "Grundstück" offeriert wird.

(19) Zur Einschaltung eines Maklers, welcher nach dem Vorbringen der Bw. offenbar eine - jedenfalls im Berufungsjahr 2009 bestehende - Vermietungsabsicht untermauern soll, ist festzuhalten:

Laut Angaben des Maklers wurde der Verwertungsauftrag erst im April 2010 erteilt. Somit kann jedenfalls im Berufungsjahr noch nicht von nach Außen wirkenden Vermietungsbemühungen ausgegangen werden, zumal die Bw. auch nicht behauptet haben, andere Schritte zur Erreichung einer Vermietung gesetzt zu haben. Was die - späteren - Verwertungsbemühungen durch den Makler betrifft, so ist aus dessen Schreiben vom überdies - entgegen dem Vorbringen der Bw. - keineswegs ersichtlich, dass dieser vorrangig Bemühungen in Richtung eine Vermietung gesetzt hätte; vielmehr sei er bemüht gewesen, "einen Mieter oder Käufer zu finden". Eine erfolgreiche Vermietungsbemühung wäre aus Sicht des Unabhängigen Finanzsenates aufgrund des schlechten Bauzustandes des Gebäudes de facto auch nicht möglich gewesen.

(20) Im Ergebnis war somit davon auszugehen, dass hinsichtlich des strittigen Gebäudes eine einkommensteuerbare Betätigung der Bw. im Bereich der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung im berufungsgegenständlichen Jahr nicht bestanden hat, zumal die gegenständliche Immobilie auf Grund ihres Bauzustandes nicht mehr vermietbar war und die Bw. die für eine Neuvermietung erforderlichen umfangreichen Sanierungen nicht mehr auf sich genommen haben und daher den Makler - im Übrigen ohnehin nicht 2009, sondern erst im nachfolgenden Jahr - vorrangig dahingehend beauftragt haben, das Gebäude zu verkaufen. Dieser Schritt steht aber in keinem Zusammenhang mehr mit Vermietungsbemühungen, sodass das auf eine Anerkennung der geltenden Werbungskosten gerichtete Berufungsbegehren mangels Konnexes dieser Aufwendungen zu einer einkommensteuerbaren Einkunftsart abzuweisen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Vermietung
Betätigung
Verweise
BFH , IX R 54/08
Zitiert/besprochen in

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at