Keine Berichtigung zulässig, wenn berichtigter Bescheid ohnehin rechtmäßig war (Bauzins als dauernde Last ist nicht Gegenleistung)
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der M, Adr, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Bescheidberichtigung (Berichtigung des Grunderwerbsteuerbescheides vom gemäß § 293b BAO) entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Zufolge Vertrag aus Oktober 2003 hatte die O-GmbH (= Baurechtsnehmerin, kurz: BN) das Baurecht an der Liegenschaft EZ1 vom C (= Baurechtsgeber) bis 31. Dezember 2103 erworben. Hiezu wurde für die BN als 1/1 Baurechtseigentümerin (lt. Einsichtnahme in das Grundbuch) am die Baurechtseinlage EZ2 eröffnet und darauf im C-Blatt die Reallast der Verpflichtung zur Bezahlung des jährlichen Bauzinses von € 179.808 an den Baurechtsgeber einverleibt. Die BN projektierte ein Wohn- und Geschäftshaus; zwecks Begründung von Wohnungseigentum am Bauwerk wurde ein Nutzwertgutachten erstellt und in der Folge die Wohnungen/Geschäftseinheiten abverkauft. Mit Kaufvertrag vom hat M (= Berufungswerberin, Bw) von der O-GmbH insgesamt 85/6244-Anteile an der Baurechtsliegenschaft EZ2, diese verbunden mit Baurechtswohnungseigentum an Top A11 und A12 sowie Autoabstellplätzen 131 und 172, erworben. Unter Vertragspunkt III. wurde ein Kaufpreis von € 186.000 vereinbart. Unter Punkt IV. verpflichtete sich die Bw des Weiteren, einen anteiligen Baurechtszins in Höhe von monatlich € 172,50 ab Vertragsunterfertigung zu entrichten; zwecks Besicherung ist diese Verpflichtung als Reallast grundbücherlich einzutragen. Die in Zusammenhang mit der Vertragserrichtung, Erstellung von Nachträgen etc. anfallenden Kosten wurden pauschal mit 1,75 % des Kaufpreises zuzüglich Umsatzsteuer bestimmt (Punkt X.). Laut Vertragspunkt XI. wurde von der Käuferin zur Kenntnis genommen, dass die Liegenschaft mit der Reallast der Verpflichtung zur Bezahlung des jährlichen Baurechtszinses von € 179.808 an den Baurechtsgeber belastet ist. Der den Vertrag mitunterfertigende Baurechtsgeber bestätigte die Berechtigung der Käuferseite (= Bw), den Baurechtszins mit schuldbefreiender Wirkung an die Verkäuferin O-GmbH zu bezahlen.
Dieser Kaufvertrag wurde dem Finanzamt zusammen mit der Abgabenerklärung Gre 1 zur Anzeige gebracht, wobei in der Abgabenerklärung als "Gegenleistung" der vereinbarte Kaufpreis von € 186.000 aufgeführt wurde. Das Finanzamt hat daraufhin der Bw mit Bescheid vom ausgehend von der Gegenleistung von gesamt € 189.906, di. der Kaufpreis zuzüglich der in Höhe von € 3.906 ermittelten Vertragserrichtungskosten, die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 6.646,71 vorgeschrieben. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Im Berichtigungsbescheid vom "gemäß § 293b BAO zu Bescheid vom ", StrNr, hat das Finanzamt zwar in der Begründung ausgeführt, die Berichtigung des Bescheides sei erforderlich, da "seine Rechtswidrigkeit aus der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus der Abgabenerklärung beruht" und es sei daher die Grunderwerbsteuer nunmehr - unter Einbeziehung des kapitalisierten Bauzinses (€ 37.260) - vorzuschreiben. Aufgrund eines offenkundigen Eingabefehlers bei Erstellung des automatisierten Bescheides wurde aber die Grunderwerbsteuer wiederum im Betrag von € 6.646,71 bzw. die Nachforderung mit € Null festgesetzt.
In der dennoch dagegen erhobenen Berufung wurde im Wesentlichen vorgebracht, die - im einzelnen ausgeführten - Tatbestandsvoraussetzungen für eine Bescheidberichtigung gem. § 293b BAO seien ua. deshalb nicht gegeben, da der Erwerb ordnungsgemäß samt Vorlage der Urkunde angezeigt worden sei. Da die Behörde nach Einsichtnahme aufgrund der Aktenlage die Grunderwerbsteuer selbst berechnet und auch von den Vertragserrichtungskosten vorgeschrieben habe, liege keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, die aus der Abgabenerklärung übernommen worden sei. Zudem würde die Rechtswidrigkeit lediglich behauptet und im Berichtigungsbescheid nicht näher begründet. Im Übrigen unterliege der Baurechtszins nicht der Grunderwerbsteuer, da das Baurecht nicht neu begründet worden sei.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde auf § 293b BAO und darauf verwiesen, dass eben eine solche offensichtliche Unrichtigkeit vorliege.
Mit Antrag vom wurde die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz ohne weitere Begründung begehrt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 293b BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idF BGBl. I Nr. 97/2002, kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78 BAO) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.
§ 293 b BAO gestattet die Berichtigung des Bescheides, wenn dieser qualifiziert rechtswidrig ist. Die Rechtswidrigkeit müßte ihre Ursache in der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus der Abgabenerklärung haben, die die Grundlage des Bescheides gebildet hat. Eine Unrichtigkeit ist offenkundig, wenn sie ohne nähere Untersuchung im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist, dh. wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit sogleich hätte erkennen müssen (vgl. u. a.).
Abgesehen davon, dass im Gegenstandsfalle die Bw offensichtlich keine Beschwer trifft, da ihr mit Berichtigungsbescheid - aufgrund eines offenkundigen Eingabefehlers im Widerspruch zur Bescheidbegründung - keine zusätzliche Grunderwerbsteuer vorgeschrieben wurde, stellt sich grundsätzlich die Frage, ob neben den formellen Tatbestandsvoraussetzungen für die Erlassung eines Berichtigungsbescheides im Rahmen einer materiellrechtlichen Betrachtung der Bescheid vom überhaupt rechtswidrig und damit berichtigungsbedürftig war.
Fest steht, dass die Bw mit Kaufvertrag vom Miteigentumsanteile an einem bestehenden Baurecht, diese verbunden mit Wohnungseigentum, erworben und hiefür einen Kaufpreis sowie unter Vertragspunkt IV. einen monatlichen, anteilig auf ihre Baurechtswohnungseigentumsanteile entfallenden Bauzins zu entrichten hat; diese Verpflichtung wurde als Reallast verbüchert. Das Baurecht hatte die Verkäuferin als Baurechtsnehmerin mit Vertrag vom Oktober 2003 erworben, wozu laut Grundbuch am die Baurechtseinlage eröffnet - dh. das Baurecht dinglich begründet - und gleichzeitig darauf im C-Blatt die Reallast der Verpflichtung zur Bezahlung des Bauzinses von jährlich gesamt € 179.808 einverleibt worden war.
Ein Baurecht ist das dingliche, veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Bodenfläche eines fremden Grundstückes ein Bauwerk zu haben (§ 1 Baurechtsgesetz, BauRG). Das Baurecht ist eine unbewegliche Sache, das Bauwerk ist Zugehör (unselbständiger Bestandteil) des Baurechtes (§ 6 Abs. 1 BauRG). Eigentümer des Baurechtes ist der Bauberechtigte, hinsichtlich des Grundstückes ist er Nutznießer. Am Bauwerk kann auch Wohnungseigentum begründet werden (§ 6a BauRG). Da das Bauwerk als unselbständiger Bestandteil des Baurechtes gilt, ist es kein Superädifikat und kann nur gemeinsam mit dem Baurecht übertragen werden. Der Bauzins ist eine Reallast, die auf dem Baurecht haftet.
Baurechte stehen gemäß § 2 Abs. 2 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), BGBl 1987/309, idgF, den Grundstücken gleich. Durch den Baurechtsvertrag wird ein Anspruch auf Übereignung begründet; dieser ist grunderwerbsteuerbar gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG. Bei der (Neu)Begründung eines Baurechtes unterliegt daher der entgeltliche Erwerb des Baurechtes der Grunderwerbsteuer vom Wert der Gegenleistung, die aus dem gemäß § 15 Bewertungsgesetz kapitalisierten Bauzins (= maximal 18facher Jahreswert) sowie allenfalls sonstig vereinbarten Leistungen besteht. Die entgeltliche (Weiter)Übertragung eines bereits bestehenden Baurechtes erfüllt ebenso den grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestand nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG; die Grunderwerbsteuer ist von der Gegenleistung zu erheben. Zur Gegenleistung zählen der vereinbarte Kaufpreis für das Baurecht, sonstige aufzuwendende Leistungen sowie die gemäß § 15 BewG auf die Restlaufzeit kapitalisierte Bauzinsverpflichtung, wenn diese noch nicht verbüchert ist. Bedacht zu nehmen ist dabei nämlich auf die Bestimmung gemäß § 5 Abs. 2 Z 2 GrEStG, wonach zur Gegenleistung (auch) gehören: Belastungen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen, ausgenommen dauernde Lasten. Dauernde Lasten sind solche, mit deren Wegfall in absehbarer Zeit nicht gerechnet werden kann und die deshalb als eine dauernde wertmindernde Eigenschaft des Grundstückes empfunden werden. Die auf einem Grundstück ruhenden dauernden Lasten gehören nicht zur Gegenleistung (). Eine solche nicht zur Gegenleistung gehörende "auf dem Grundstück ruhende dauernde Last" ist gegeben, wenn die Belastung bereits im Zeitpunkt des Erwerbsvorganges auf dem Grundstück ruht und mit dinglicher Wirkung auf den Erwerber übergeht. Daran fehlt es, solange die Belastung noch nicht im Grundbuch eingetragen ist (vgl. BFH , II R 26/03). Die rechtserhebliche Tatsache des "Ruhens auf dem Grundstück" ist vor der Eintragung der Verpflichtung zur Entrichtung eines Bauzinses als Reallast auf dem Baurecht nicht gegeben, weshalb im Falle der Neubegründung des Baurechtes mangels Verbücherung der Bauzins nicht als dauernde Last zu qualifizieren ist. Demgegenüber ist aber bei der Weiterveräußerung eines Baurechtes gegen Übernahme der Bauzinsverpflichtung die im Grundbuch bereits eingetragene Bauzinspflicht als dauernde Last iSd § 5 Abs. 2 Z 2 GrEStG zu beurteilen, welche sohin keine grunderwerbsteuerpflichtige Gegenleistung darstellt (; vgl. zu vor: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II Grunderwerbsteuer, Rz 160 zu § 5).
Nachdem die Bw mit Kaufvertrag vom Baurechtswohnungseigentumsanteile an einem bestehenden Baurecht der Verkäuferin erworben und hiefür einen Kaufpreis sowie anteilig nach ihrem Erwerb einen bereits seit Jänner 2005 verdinglichten Bauzins zur Zahlung übernommen hat, ist diese zum Zeitpunkt ihres Erwerbsvorganges bereits verbücherte Bauzinsverpflichtung nach Obigem als eine dauernde Last iSd § 5 Abs. 2 Z 2 GrEStG zu beurteilen und zählt diese nicht zur Gegenleistung. Der Grunderwerbsteuervorschreibung mittels Bescheid vom war daher völlig rechtens - neben den Vertragserrichtungskosten - nur der für den Erwerb des Baurechtes vereinbarte Kaufpreis zugrunde gelegt worden. In der Nichteinbeziehung der übernommenen Bauzinsverpflichtung, die als dauernde Last anzusehen ist, war daher keinerlei Rechtswidrigkeit des Bescheides vom zu erblicken. Der dennoch am erlassene Berichtigungsbescheid entbehrt daher jeglicher Grundlage. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 2 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 5 Abs. 2 Z 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Schlagworte | Berichtigung Rechtswidrigkeit Gegenleistung Baurecht Bauzins dauernde Last Reallast |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at