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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 25.05.2012, RV/3592-W/11

Keine analoge Anwendung der neuen Zehn-Jahres-Verteilung von Abbruchkosten für das Jahr 2009

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3592-W/11-RS1
Die durch das BBG 2011 ab dem Jahr 2010 neu geschaffene Zehn-Jahres-Verteilung von Abrisskosten und Restbuchwert bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nicht analog für das Jahr 2009 anwendbar.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den_Senat_12 über die Berufung der M**** A****, xxxx B.-Ort, R.-Straße 1, vertreten durch ABC Steuerberatung GmbH, Adresse1***, gegen die Bescheide des Finanzamtes XY betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 und 2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (idF Bw) vermietete seit dem Erwerb im Jahr 2001 bis zum Jahr 2008 ein Gebäude. Im Jahr 2009 ließ die Bw dieses Gebäude abreißen und ein neues Gebäude errichten, welches seit dem Jahr 2010 ebenfalls vermietet wird. Die Abrisskosten (€ 2.944,80) und den Restbuchwert (€ 62.419,30) des abgerissenen Gebäudes setzte die Bw nicht im Jahr 2009 zur Gänze als Werbungskosten an, sondern verteilte diese auf zehn Jahre.

Das Finanzamt anerkannte diese Zehn-Jahres-Verteilung nicht, sondern brachte die Abrisskosten und den Restbuchwert bereits im Jahr 2009 zur Gänze zum Abzug. Entsprechende Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 und 2010 wurden erlassen.

Im Jahr 2009 ergab sich dabei aus Vermietung ein Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen von € -67.613,82, welcher lediglich im Ausmaß von € 19.488,17 mit Einkünften der Bw aus nichtselbständiger Arbeit ausgleichsfähig war. Es ergab sich damit ein Gesamtbetrag der Einkünfte von € -48.125,65. In diesem Umfang waren die "Verluste" aus Vermietung für die Bw steuerlich endgültig verloren.

In der Begründung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2009 führte das Finanzamt aus:

"Dient der Abbruch eines baufälligen Gebäudes dazu, um auf dem Grundstück ein neues Gebäude zu errichten, das wiederum zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet wird, stellen die Abbruchkosten sofort abzugsfähige Werbungskosten dar.

§ 28 Abs 2 erster Satz EStG idF BBG 2011 lautet: ,Aufwendungen für ... außergewöhnliche Aufwendungen, die keine Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen sind, sind über Antrag gleichmäßig auf zehn Jahre zu verteilen.' Diese Regelung ist erstmalig bei der Veranlagung für das Jahr 2010 anzuwenden. Somit kann diese Bestimmung nicht für das Jahr 2009 vorweggenommen werden."

In der Begründung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2010 führte das Finanzamt aus:

"Dient der Abbruch eines baufälligen Gebäudes dazu, um auf dem Grundstück ein neues Gebäude zu errichten, das wiederum zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwendet wird, stellen die Abbruchkosten sofort abzugsfähige Werbungskosten dar. Diese wurden im Jahr 2009 zur Gänze abgezogen. Die von Ihnen für das Jahr 2010 geltend gemachten Zehntelabsetzungen € 6.536,41 konnten daher nicht berücksichtigt werden. Auf die Bescheidbegründung im Einkommensteuerbescheid 2009 wird hingewiesen."

In ihrer gegen diese Bescheide gerichteten Berufung brachte die Bw - durch ihren steuerlichen Vertreter - vor:

"... auftragsgemäß bringen wir namens und in Vollmacht unserer Mandantin, Frau A**** M**** innerhalb offener Frist das ordentliche Rechtsmittel der Berufung gegen oben angeführte Einkommensteuerbescheide 2009 und 2010 ein.

I. und II. Berufung Antrag:

Wir beantragen die Veranlagung zur Einkommensteuer 2009 und 2010 entsprechend der eingereichten Steuererklärungen vorzunehmen.

Dh wir beantragen den Restbuchwert des im Jahr 2009 abgerissenen Vermietungsgebäudes sowie die Abbruchkosten entsprechend der Neuregelung im § 28 (2) 3 Teilstrich EStG 1998: ,außergewöhnliche Aufwendungen, die keine Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen sind, sind über Antrag gleichmäßig auf zehn Jahre zu verteilen'auf 10 Jahre verteilen zu dürfen.

Sachverhaltsdarstellung:

Frau A**** hat mit Kaufvertrag vom die Liegenschaft T.-Straße 13, xxxx B.-Ort mit einem darauf befindlichen Gebäude erworben. Diese hat sie vom Anschaffungszeitpunkt an bis inkl. 2008 durchgehend vermietet und die entsprechenden Einkünfte in Ihrer Einkommensteuererklärung offengelegt. Im Wirtschaftsjahr 2009 hat Frau A**** das Gebäude abgerissen und ein neues Gebäude errichtet. Dieses wird seit August 2010 wiederum für Vermietungszwecke verwendet.

Während im Wirtschaftsjahr 2010 noch ein Überschuss der Werbungskosten erzielt wurde, wird sich ab 2011 der Überschuss der Einnahmen bereits auf mindestens ca. € 1.210,28 belaufen. Da Frau A**** auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von ca. € 20.000 p.a. bezieht, versteuert sie ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung grundsätzlich mit einem Grenzsteuersatz von mindestens 36,50% bzw. 43,2143% abhängig von der jeweiligen Höhe der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung p.a..

a) Sofern der hier vorliegenden Berufung stattgegeben wird, stellen sich die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ab dem Wirtschaftsjahr 2011 bis inkl. 2018 voraussichtlich ca. wie folgt dar:


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Mieteinnahmen
13.697,28
Werbungskosten
13.697,28
Gebäudeversicherung
400,00
Buchhaltung, Jahresabschluss usw.
800,00
div. Gebühren und sonstiges
500,00
AFA lt. AVZ Vorschau
10.787,00
12.487,00
Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten
1.210,28

b) Wenn die Verteilung der Abrisskosten und des Buchwertabganges nicht auf 10 Jahre verteilt wird, hat das folgende Auswirkung auf die Überschussermittlung für das Wirtschaftsjahr 2011 bzw. der Folgejahre bis inkl. 2018:


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Mieteinnahmen
13.697,28
13.697,28
Werbungskosten
Gebäudeversicherung
400,00
Buchhaltung, Jahresabschluss usw.
800,00
div. Gebühren und sonstiges
500,00
AFA lt. AVZ Vorschau
4.252,00
5.952,00
Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten
7.745,28

Die damit verbundene Mehrbelastung an Einkommensteuer beläuft sich im Betrachtungszeitraum 2010 bis inkl. 2018 insgesamt auf rund € 25.000,--.

Zum Abgang von der Opfertheorie durch den VwGH:

SWK vom : ,In der älteren Rechtsprechung hat der VwGH judiziert, dass nach der "Opfertheorie" (ein vom Steuerpflichtigen länger verwendetes, noch nutzbares Gebäude wird abgetragen, um ein neues Gebäude zu errichten) der Restbuchwert des alten Gebäudes und die Abbruchkosten den Herstellungskosten des neuen Gebäudes zuzuschlagen sind. Diese ,Opfertheorie' hat der VwGH im Erkenntnis vom , 2003/14/0107, für die Sachverhaltskonstellation von schon länger vom Steuerpflichtigen genutzten Gebäuden für das EStG 1988 nicht mehr aufrechterhalten. Weder der Restbuchwert noch die Abbruchkosten gehören zu den Herstellungskosten, sondern sind sofort absetzbar; sie erhöhen auch nicht den Wert des Neugebäudes. Auch im Fall des Abbruchs eines bisher vermieteten Gebäudes, um an dessen Stelle zwecks Vermietung einen befestigten Parkplatz zu errichten, ist die sofortige Abschreibung des Restbuchwerts des abgerissenen Gebäudes sowie der Abbruchkosten geboten ()'.

Wenn der VwGH nicht von seiner Opfertheorie abgegangen wäre, dann könnte Frau A**** die Abrisskosten bzw. den abgegangenen Buchwert in Höhe von insgesamt € 65.364,10 zumindest im Rahmen der Absetzung für Abnutzung gem. § 16 (1) Z 8 Iit e) EStG in voller Höhe einkommensmindernd geltend machen (vgl. Einwand Bundesregierung im Abs. 53, VfGH G35/1 0, vom ).

Aufgrund des nun ergangen Bescheides für das Wirtschaftsjahr 2009, ist für Frau A**** der Betrag, der als Werbungskosten absetzbar sein müsste (vgl. Abs 62, letzter Satz, VfGH G 35/10, vom ) jedoch gänzlich verloren gegangen, da die sofortige Berücksichtigung der gesamten Werbungskosten im Wirtschaftsjahr 2009 insgesamt zu einem negativen Einkommen führt und mangels eines Verlustvortrages im außerbetrieblichen Bereich leider nicht in Folgejahren verwertet werden kann. ,Die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, die sich an einer der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angepassten Steuerlast zu orientieren hat, ist zentraler Bestandteil der Steuerrechtsordnung' (vgl. SWK 27/2011, S. 926 11. Dr. Gerald Moser).

VfGH Erkenntnis vom , G 35/10:

Der Abgang von der Opfertheorie des VwGH hat wie am Beispiel von Frau A**** deutlich ersichtlich, deshalb ein verfassungsrechtliches Problem aufgeworfen, welches vom VfGH mit Erkenntnis vom , G 35/10 in der Form gelöst wurde, dass er die Wortfolge im § 18 Abs. 6 EStG ,wenn die Verluste durch ordnungsgemäße Buchführung ermittelt worden sind und' als verfassungswidrig aufgehoben hat.

Der Grund für die Einleitung des Gesetzesprüfungsverfahrens und auch für die Aufhebung der Gesetzesstelle wurde vom VfGH darin gesehen, dass für außerordentliche Aufwendungen, wie diese zB bei Abbruch eines Gebäudes oder außerordentlichen Wertminderungen eintreten, nicht gewährleistet ist, dass die dadurch entstehenden Verluste später mit den zugehörigen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verrechnet werden können. Dadurch können entstehende Verluste im Jahr des Anfalles - mangels Vortragsfähigkeit - teilweise oder gänzlich verloren gehen. Der VfGH hat dem Gesetzgeber zur legistischen Sanierung eine Frist bis zum gesetzt.

Aktuelle gesetzliche Regelung:

Der Gesetzgeber hat rasch reagiert und im § 28 Absatz 2 EStG eine Änderung vorgenommen. Diese erlaubt nunmehr, Aufwendungen für Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen und damit zusammenhängende Aufwendungen sowie außergewöhnliche Aufwendungen, die keine Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen sind, über Antrag gleichmäßig auf zehn Jahre zu verteilen. Diese Regelung gilt ab der Veranlagung 2010. Der Gesetzgeber hat sich somit gegen einen Verlustvortrag im außerbetrieblichen Bereich entschieden und stattdessen diese 10 Jahresverteilung gesetzlich normiert.

Begründung zur Berufung:

Der Gesetzgeber hat zwar im Gesetz festgelegt, dass die neue Regelung erst für Veranlagungen ab 2010 Gültigkeit besitzt, jedoch sehe ich in diesem Fall die Notwendigkeit einer analogen Anwendung bereits für die Veranlagung 2009.

1. Beim hier vorliegenden Fall von Frau A**** liegt eine unbeabsichtigte Gesetzeslücke vor - somit ist eine Lückenfüllung durch Analogieschluss notwendig. Es kann nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, dass er absichtlich alte noch nicht veranlagte Fälle verfassungsrechtlich benachteiligen wollte. Vielmehr wird der Gesetzgeber davon ausgegangen sein, dass es keine ,betroffenen Altfälle' gibt. Aus diesem Grund ist die neue gesetzliche Regelung was das Datum des Inkrafttretens betrifft als verfassungswidrig zu erachten.

2. Weiters ergibt sich die 10 Jahres Verteilung der Werbungskosten als logische Konsequenz, zumal im Steuerrecht grundsätzlich die wirtschaftliche Betrachtungsweise vorrangig gegenüber einer streng formalen Auslegung wie sie zB im Gebührengesetz gefordert ist, anzuwenden ist.

3. Im Rahmen des Gesetzesprüfungsverfahrens des VfGH hat sich die Bundesregierung dahingehend geäußert, dass die " ... Verteilungsregelungen des § 28 EStG 1988 das Entstehen von Verlusten verhindern sollen und kritisiert vor diesem Hintergrund die Aufgabe der sog. "Opfertheorie" durch den Verwaltungsgerichtshof. Ein verfassungskonformes Besteuerungsergebnis lasse sich auch dadurch erzielen, dass Aufwendungen nicht sofort, sondern verteilt steuerlich wirksam werden" (vgl. Abs. 50, VfGH G 35/10, vom ). Es kommt hiermit unmissverständlich zum Ausdruck, dass es die Absicht des Gesetzgebers ist, dass generell und somit auch im vorliegenden Fall verlorengehende Verluste in der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verhindert werden sollen. Um der Absicht des Gesetzgebers zu entsprechen, ist die Verteilung der Werbungskosten daher bereits im Wirtschaftsjahr 2009 vorzunehmen.

4. Bei der nun neuen gesetzlichen Regelung ist weiters zu bedenken, dass zu bereits bestehenden gesetzlichen Verteilungsmöglichkeiten für Aufwendungen noch zusätzliche geschaffen wurden und somit auch zweifelhafte Fälle explizit gesetzlich geregelt wurden (vgl. SWK 27/2011, Dr. Gerald Moser, Seite 926 ff). Aufgrund dieser Aussage des Autors und der oben bereits erwähnten Absicht des Gesetzgebers könnte man auch mutmaßen, dass die 10 Jahresverteilung der Abrisskosten bzw. des Buchwertabganges unter Berücksichtigung der geänderten VwGH Rechtsprechung auch ohne die nun neu vorliegende explizite Regelung, vorgenommen werden könnte. Wenn man davon ausgeht, dass die Abrisskosten bzw. der Buchwertabgang unter der Zehntelregelung ,alt' schon subsumiert werden kann, da die neue Regelung auch der KlarsteIlung dient.

III. Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat gem. § 282 BAO

Weiters beantragen wir die Entscheidung durch den gesamten Senat gem. § 282 BAO.

IV. Antrag auf eine mündliche Verhandlung gem. § 284 BAO

Weiters beantragen wir eine mündliche Verhandlung gem. § 284 BAO."

Mit Telefax vom zog die Bw ihren Antrag auf mündliche Berufungsverhandlung zurück.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im Streitfall steht außer Streit, dass nach herrschender Lehre und Rechtsprechung Abrisskosten und Restbuchwert eines zuvor für mehrere Jahre vermieteten Gebäudes bei anschließender Vermietung des neuerrichteten Ersatzgebäudes (wie bei dem im Streitfall verwirklichten Sachverhalt) im Jahr des Abrisses bzw der Entrichtung (hier: 2009) sofort zur Gänze abzugsfähige Werbungskosten bilden. Eine Zuschlagung zu den Herstellungskosten des neuerrichteten Gebäudes hat nicht zu erfolgen (vgl zB Jakom/Laudacher EStG 2011, § 28 Tz 64; Doralt/Mayr, EStG9, § 6 Tz 89; EStR 2000 Rz 2618).

Die Bw hat durch das Anfallen von Abrisskosten ihres bis dahin vermieteten Gebäudes bzw den Abgang des Restbuchwertes im Jahr 2009 negative Einkünfte aus Vermietung erwirtschaftet. Diese negativen Einkünfte übersteigen die übrigen Einkünfte der Bw (aus nichtselbständiger Arbeit), sodass sich insgesamt ein negatives Einkommen der Bw im Jahr 2009 ergibt.

Negative Einkünfte aus Vermietung sind gemäß § 18 Abs 6 EStG nicht vortragsfähig.

§ 28 Abs 2 EStG bestimmt in der ab der Veranlagung 2010 geltenden Fassung:

(2) Aufwendungen für

- nicht regelmäßig jährlich anfallende Instandhaltungsarbeiten, - Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung und damit zusammenhängende Aufwendungen sowie - außergewöhnliche Aufwendungen, die keine Instandhaltungs-, Instandsetzungs- oder Herstellungsaufwendungen sind,

sind über Antrag gleichmäßig auf zehn Jahre zu verteilen. ...

Die Bw bestreitet nicht, dass ein Verlustvortrag im Streitfall nicht möglich ist. Sie begehrt vielmehr die analoge Anwendung der erst ab der Veranlagung 2010 anzuwendenden Regelung des § 28 Abs 2 EStG, welcher eine Aufteilung derartiger Abbruchkosten und des Restbuchwertes auf zehn Jahre erlaubt, bereits für das Jahr 2009.

Diesem Begehren muss der Erfolg versagt bleiben.

Eine analoge Anwendung von Rechtsvorschriften ist lediglich im Falle einer "echten Lücke" ("planwidrigen Lücke") zulässig. Eine solche liegt vor, wenn zwar eine anzuwendende Rechtsvorschrift vorhanden, diese aber in bestimmter Richtung nicht präzisiert (unvollständig) ist (zB: es wird die Wahl eines Organs vorgeschrieben, aber das Quorum nicht angeführt). Eine unechte Lücke ist hingegen gegeben, wenn man von einem bestimmten Standpunkt aus eine bestimmte Regelung eines Sachverhaltes erwartet, eine solche aber fehlt. Analoge Rechtsanwendung ist in diesem Fall unzulässig (vgl Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 Rz 136).

Die Rechtsfolgen bei Vorliegen der im Streitfall gegebenen Konstellation sind jedoch, wie auch die Bw nicht bestreitet, eindeutig geregelt. Eine planwidrige Lücke liegt damit nicht vor.

Allerdings wurde diese Rechtslage (die Nichtvortragsfähigkeit von Verlust aus Vermietung und Verpachtung) vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig erkannt. Daraus ist aber für die Bw nichts zu gewinnen, da sie nicht "Anlassfall" im Gesetzesprüfungsverfahren war. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich für das Außerkrafttreten der verfassungswidrigen Bestimmung des § 18 Abs 6 EStG eine Frist bis gesetzt. Noch vor deren Ablauf wurde § 18 Abs 6 EStG mit dem Budgetbegleitgesetz 2011 beibehalten und § 28 Abs 2 EStG angepasst. Ursprünglich wäre die verfassungswidrige Rechtslage daher auch für in den Jahren 2010 und 2011 verwirklichte Tatbestände anzuwenden gewesen. Dem ist der Gesetzgeber mit der ab dem Jahr 2010 anzuwendenden Neuregelung begegnet. Für im Jahr 2009 verwirklichte Tatbestände ist diese Rechtslage jedoch weiterhin anzuwenden.

Soweit ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz weiterhin anzuwenden ist, ist eine neuerliche Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof ausgeschlossen ("Immunisierung"). Der Verfassungsgerichtshof nimmt an, dass Rechtsvorschriften, die von ihm - allenfalls auch unter Fristsetzung - aufgehoben wurden, für die Vergangenheit unangreifbar geworden sind (vgl Mayer, B-VG4 (2007) Art 144 B-VG I.3., V.5.).

Ob der Gesetzgeber, wie in der Berufung vorgebracht, nicht angenommen hat, dass es keine betroffenen Altfälle mehr gibt, ist dabei nicht entscheidend. Denn nicht die Absicht des Gesetzgebers, sondern die objektive Unvollständigkeit des positiven Rechts ist für die Zulässigkeit einer Analogie entscheidend. Tatsächlich hat allerdings der Gesetzgeber ausdrücklich eine Anwendung der Neuregelung erst ab der Veranlagung 2010 normiert und dies auch in den erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage entsprechend angeführt (vgl dazu auch die ErläutRV des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl I Nr 111/2010, XXIV. GP, 981 BlgNR).

Für die von der Bw angesprochene - jedoch nicht näher ausgeführte - wirtschaftliche Betrachtungsweise ist im Streitfall kein Raum.

Zum Vorbringen der Bw, dass die Abbruchkosten auch bereits nach der alten Rechtslage durch Verteilung auf zehn Jahre hätten berücksichtigt werden können, ist zu erwidern, dass es diesfalls wohl nicht der Aufhebung des § 18 Abs 6 EStG als verfassungswidrig bedurft hätte. Vielmehr entsprechen die vom Finanzamt angewendeten Rechtsfolgen der geänderten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Aufgabe der Opfertheorie).

Dass die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 und 2010 bei Nichtanwendung des § 28 Abs 2 EStG fehlerhaft wären, hat die Bw nicht behauptet und ist derartiges auch nicht erkennbar.

Die Berufung erweist sich damit als unbegründet und war daher gemäß § 289 Abs 2 BAO abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2012/04

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at