Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 23.05.2012, RV/0741-G/10

Abzinsung niedrig verzinslicher Schulden, die in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen wurden?

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0741-G/10-RS1
wie RV/0118-W/08-RS1
Wird ein festbetragsbestimmter Kaufpreis zwischen den Vertragsteilen für den Erwerb einer Liegenschaft (-anteiles) vereinbart, so bildet dieser in seinem Nennbetrag auch dann die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer, wenn der Käufer in Anrechnung auf diesen nominellen Kaufpreis eine Schuld übernimmt. Es kommt nicht darauf an, ob sich der Käufer verpflichtete, die Schuld in Anrechnung auf den Kaufpreis durch befreiende Schuldübernahme, Schuldbeitritt oder Erfüllungsübernahme, bzw. Hypothekenübernahme zu übernehmen. Übernimmt der Käufer eine Schuld in Anrechnung auf den Kaufpreis, findet daher eine Bewertung der Schuld gemäß § 14 Abs. 3 BewG bzw. § 14 Abs. 1 BewG (Satzteil: "besondere Umstände begründen einen geringeren Wert"), eine Abzinsung, nicht statt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., inG., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Kaufvertrag vom erwarb Frau Bw. (in der Folge auch Berufungswerberin genannt) von Frau D.Z. 116/17946 Miteigentumsanteile und 18/17946 Miteigentumsanteile, je an der Liegenschaft EZ 1 Grundbuch A, mit denen untrennbar das Wohnungseigentum an der Wohnung W Top 10 und am KfzAbstellplatz TG - W 10 verbunden ist. Als Kaufpreis wurde von den Vertragsparteien ein Betrag von 134.000,00 € vereinbart und dieser Gesamtkaufpreis wird dadurch berichtigt, indem die Berufungswerberin die auf dem Kaufobjekt pfandrechtlich sichergestellten Darlehen der Bank. und des Landes X in Anrechnung auf den Gesamtkaufpreis mit dem unberichtigt aushaftenden Gesamtbetrag per in der Höhe von 94.595,90 € übernimmt und den restlichen Kaufpreis in der Höhe von 39.404,10 € binnen 30 Tagen nach Vertragsunterfertigung auf das Treuhandkonto des Vertragserrichters einzahlt.

Das Finanzamt setzte für diesen Rechtsvorgang mit Bescheid vom - ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von 134.000,00 € - die Grunderwerbsteuer in Höhe von 4.690,00 € fest.

Dagegen erhob die Berufungswerberin die Berufung mit der Begründung, dass die Berechnungsgrundlage für die Gegenleistung mit dem Nominalkaufpreis (Nennwert) von 134.000,00 € nicht richtig sei, da in diesem Kaufpreis zwei nach Landesgesetzen geförderte Darlehen enthalten seien, die entsprechend abzuzinsen wären. Einerseits das Darlehen der Bank ., per mit 57.994,76 € aushaftend, das mit 29 Halbjahresraten von je 2.523,81 € bedient werde. 2.523,81 € x 29 = 73.190,49 €, davon würden vom Land X vertragsgemäß 44.168,36 € entrichtet, dieser Betrag sei mit 1% verzinst und werde von der Berufungswerberin bis zum rückgezahlt. 44.168,36 = 60% von 73.190,49 Vom Betrag von 57.994,76 € würden daher nur 23.198,00 € durch die Berufungswerberin entrichtet und seien mit dem Nennwert anzusetzen. 34.796,76 € seien entsprechend dem Pkt. 6.4.2 der VStR abzuzinsen. Andererseits das Darlehen des Landes X , aushaftend per mit 19.403,20 €, das die bisherigen Annuitätenzuschüsse des Landes enthalte, werde mit 1% verzinst und bis zum rückgezahlt. Auch dieser Betrag sei gemäß Pkt. 6.4.2 der VStR abzuzinsen. Die Summe aus 34.796,76 € und 19.403,20 € betrage 54.199,96 €, davon 29% gemäß VStR, wären 15.718,00 €. Die Bemessungsgrundlage für die Gegenleistung vermindere sich demnach um 38.481,96 €. Die Berufungswerberin beantragt sohin die Grunderwerbsteuer von einer Gegenleistung von 95.518,00 € zu berechnen und mit 3.343,13 € festzusetzen. Der Berufung sind die Darlehensstände und Tilgungspläne beigelegt.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab.

Daraufhin stellte die Berufungswerberin den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz mit der ergänzenden Begründung, dass der Kaufpreis nur der von der Berufungswerberin überwiesene Betrag sei und damit die Verbindlichkeiten abzuzinsen wären. Im gegenständlichen Kaufvertrag (richtigerweise Tauschvertrag) sei der Betrag von 134.000,00 € als Berechnungshilfe angeführt worden, um zivilgerichtliche Ungereimtheiten zwischen den Vertragsparteien zu vermeiden. Es sei im Vertrag sogar zur Bedingung erhoben worden, dass er nur in Bestand bleibt, wenn die geförderten Darlehen übernommen werden können. Die Wohnung wäre von der Berufungswerberin niemals um 134.000,00 € erworben worden. Abschließend wurden VwGH-Erkenntnisse und UFS-Entscheidungen angeführt, die den Standpunkt der Berufungswerberin, dass eine Abzinsung der Verbindlichkeiten zu erfolgen habe, bekräftigen sollen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 5 Abs. 1 Z. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (GrEStG 1987) ist Gegenleistung - von deren Wert die Steuer auf Grund des § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 zu berechnen ist - bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Gemäß § 1 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes 1955 (BewG 1955) gelten die Bestimmungen des ersten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 2 bis 17), soweit sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder aus dem zweiten Teil dieses Gesetzes etwas anderes ergibt, für die bundesrechtlich geregelten Abgaben. Nach § 14 Abs. 1 BewG 1955 sind Kapitalforderungen, die nicht in § 13 bezeichnet sind, und Schulden mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen. Auf Grund des § 14 Abs. 3 BewG 1955 ist der Wert unverzinslicher befristeter Forderungen oder Schulden der Betrag, der nach Abzug von Jahreszinsen in Höhe von 5,5 v.H. des Nennwertes bis zur Fälligkeit verbleibt. Als Gegenleistung ist der nominale Kaufpreis maßgebend. Auch ein nicht sofort fälliger Kaufpreis eines Grundstückes bildet mit seinem Nennbetrag die Gegenleistung. Bei der Ermittlung der Gegenleistung kommt die Abzinsung eines in Teilzahlungen abzustattenden Kaufpreises überhaupt nicht in Betracht, weil die Vorschrift des § 14 Abs. 3 BewG 1955 nur für die Bewertung von Forderungen und Schulden und daher dann nicht gilt, wenn als Gegenleistung ein Kaufpreis vereinbart worden ist. Denn nach § 5 GrEStG 1987 bildet der Kaufpreis selbst und nicht etwa die Summe der abgezinsten Teilzahlungen die Bemessungsgrundlage. Eine Bewertung des Kaufpreises ist gar nicht erforderlich, weil dieser mit dem vereinbarten Betrag bestimmt ist. Eine Abzinsung wäre nur dann zulässig, wenn eine schon aus einem anderen Grund bestehende Forderung anstelle oder als Teil der Gegenleistung bzw. des Kaufpreises abtretungsweise oder wenn eine schon bestehende Schuld übernommen worden wäre (vgl. die in Fellner, Grunderwerbsteuer, unter Rz. 37 zu § 5 GrEStG 1987 wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Grundsätzlich gehören auch Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer obliegen, aber auf Grund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen, sich also im Vermögen des Veräußerers und zu dessen Gunsten auswirken, zur Gegenleistung. Zur Gegenleistung gehört also auch die Übernahme von Schulden durch den Käufer, die sich im Vermögen des Verkäufers zu dessen Gunsten auswirkt. Schuldübernahmen einer auf der Liegenschaft hypothekarisch sichergestellten Forderung als Kaufpreis oder sonstige Leistung gehören also neben dem Kaufpreis zur Gegenleistung nach dem GrEStG 1987. Verpflichtet sich also der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer gegenüber, eine Schuld zu übernehmen und den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen, so ist die Schuldübernahme eine sonstige Leistung im Sinn des § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987, wenn sie ohne Anrechnung auf den Kaufpreis erbracht wird. So bilden übernommene Darlehen als sonstige (zusätzliche) Leistung die Gegenleistung bzw. einen Teil derselben ().

Aus dem vorliegenden Kaufvertrag geht hervor, dass ein festbetragsbestimmter Kaufpreis vereinbart wurde. Die beiden Darlehen der Bank. und das Darlehen des Landes X wurden in Anrechnung auf den Gesamtkaufpreis übernommen. Ein nomineller Kaufpreis, auch wenn in Anrechnung darauf niedrigverzinsliche Darlehen übernommen werden, ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht abzuzinsen. Dabei ist es gleichgültig, ob der Käufer das Darlehen privativ, im Schuldbeitritt oder als Erfüllungsübernahme übernommen hat. Zur Frage, was Wert der Gegenleistung ist, kann aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2007/16/0028 unter Berücksichtigung der dort genannten Materialien folgendes entnommen werden: Bemessungsgrundlage ist der Wert der Gegenleistung. Gegenleistung ist nach § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 bei einem Kauf der Kaufpreis im Sinn eines festbetragsbestimmten Entgeltes (= nomineller Kaufpreis) einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Wurde zwischen den Vertragsteilen eines Kaufvertrages ein nomineller Kaufpreis vereinbart, so ist der nominelle Kaufpreis der Wert der Gegenleistung. Verpflichtet sich der Erwerber eines Grundstückes, dem Veräußerer gegenüber eine Schuld zu übernehmen, so ist für die Bewertung der Gegenleistung zu unterscheiden, ob er die Schuld ohne Anrechnung auf den nominellen Kaufpreis (= zusätzlich zum Kaufpreis), oder in Anrechnung auf den nominellen Kaufpreis übernimmt. Übernimmt der Käufer eine Schuld des Verkäufers ohne Anrechnung auf den Kaufpreis, ist der Käufer gegenüber dem Verkäufer verpflichtet, den nominellen Kaufpreis zu entrichten und zusätzlich die Schuld zu übernehmen. Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist der Kaufpreis und die übernommene Schuld als "sonstige Leistung, die vom Käufer übernommen wurde". Wert der Gegenleistung ist der nominelle Kaufpreis und die - nur in diesem Fall - nach dem Bewertungsgesetz zu bewertende Schuld. Wird eine Schuld also ohne Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen, bildet die Schuld als "sonstige Leistung" gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 neben dem festbetragsbestimmten Kaufpreis die Gegenleistung (vgl. ).

Die weiters im Vorlageantrag erwähnten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, -0120 und , sind zu "Bauherrenprojekten" ergangen und liegen in diesen Fällen anders gelagerte Sachverhalte zu Grunde.

Im gegenständlichen Kaufvertrag wurde ein festbetragsbestimmter Kaufpreis von 134.000,00 € zwischen den Vertragsparteien vereinbart. Im Kaufvertrag ist aufgeschlüsselt, wie sich dieser nominelle Kaufpreis aus Barzahlung und der Übernahme von Schulden durch den Käufer zusammensetzt. Da die Schulden in Anrechnung auf den festbetragsbestimmten Kaufpreis übernommen wurden, bildet der nominelle Kaufpreis den Wert der Gegenleistung und ist mit dem im Vertrag genannten Betrag Bemessungsgrundlage. Die Schuld, die die Berufungswerberin übernimmt, kann somit nicht aus dem festbetragsbestimmten Kaufpreis herausgeschält und eigens bewertet, das heißt hier abgezinst, werden, da ein Nennbetrag vereinbart wurde und es nicht darauf ankommt, wie derselbe entrichtet wird.

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Berufung wie im Spruch zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at