Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 08.11.2007, RV/0543-G/05

Bewertung von "CA(controlled atmosphere)-Kühlzellen" im Rahmen der Einheitsbewertung eines Obstlagers

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0543-G/05-RS1
Bei der Ermittlung des Gebäudewertes nach § 53 Abs. 3 BewG ist der nach dieser Bestimmung zu ermittelnde umbaute Raum nicht um im nutzbaren Raum aufgestellte Betriebsvorrichtungen zu vermindern (). Bilden die Betriebsvorrichtungen selbst allerdings das Gebäude, d.h. stellen die Außenverkleidungen der Betriebsvorrichtungen gleichzeitig die Wände und das Dach von Gebäuden dar, sind sie nicht in die Gebäudebewertung im Rahmen der Einheitsbewertung miteinzubeziehen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat (UFS) hat über die Berufung der Bw., vertreten durch AB., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes D. vom betreffend Einheitswert des Grundvermögens (einschließlich der Betriebsgrundstücke) zum , Geschäftsgrundstück, ababab, entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Einheitswertbescheid wird abgeändert. Für den gegenständlichen Grundbesitz wird der Einheitswert zum mit € xxx und der gemäß Art. II des Abgabenänderungsgesetzes 1982, BGBl. Nr. 570/1982, um 35 % erhöhte Einheitswert mit € xxxx festgestellt.

Die Berechnung ist dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen.

Entscheidungsgründe

Bei der Berufungswerberin (in der Folge: Bw.) handelt es sich um eine X., deren Obstlagerhalle durch Um- bzw. Zubauten vergrößert wurde, was zu einer Wertfortschreibung des Einheitswertes unter Berücksichtigung der Gebäudeerweiterungen gemäß § 21 Abs. 1 Z 1 BewG zum führte. Mit Feststellungsbescheid vom setzte das Finanzamt den (nicht erhöhten) Einheitswert ab dem für das Betriebsgrundstück (bewertet als Geschäftsgrundstück) mit € yyy fest. Begründend wurde ausgeführt, die Feststellung erfolge laut Erklärung. Diese Einheitswertfeststellung ist strittig.

In der gegen den Feststellungsbescheid vom betreffend Einheitswert zum erhobenen Berufung vom wurde eingewendet, dass die Gesamtnutzfläche des Geschäftsgrundstückes dddd m2 betrage. Davon beträfen ddd m2 CO2-Lager. Diese für Lagerzwecke besonders hergerichteten Bauwerke zählten laut Kommentar zum BewG § 51 ("Twaroch-Wittmann-Frühwald") zu den Betriebsvorrichtungen und nicht zum Gebäude. Der Aufenthalt von Menschen in den CO2-Lagern sei nur möglich, wenn der laufende Betriebsvorgang abgeschaltet werde. Auch der deutsche Bundesgerichtshof habe in seinem Urteil vom (II R 48/88) BStBl. 1991 II S. 618 festgestellt, dass Kühlzellen aufgrund folgender Argumentation: "ein Bauwerk ist als Gebäude anzusehen, wenn es nicht nur fest mit dem Grund und Boden verbunden ist, sondern es muss auch Menschen und Sachen Schutz gegen Witterungseinflüsse gewähren und den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestatten," nicht zu den Gebäuden gehörten. Aufgrund dieser Sachlage seien die CO2-Lager des Obstlagers nicht als Betriebsvorrichtungen zu beurteilen. Um eine Neuberechnung des Einheitswertes unter Ausklammerung der CO2-Lager (diese stellten 44,12 % der Gesamtnutzfläche dar) werde ersucht. Da ein Verfahren zur Frage der Bewertung von Kühlzellen beim VwGH anhängig war, wurde mit der Entscheidung bis zum Ergehen des VwGH-Erkenntnisses zugewartet.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung abgewiesen mit der Begründung, dass Betriebsgrundstücke nach § 60 Abs. 4 BewG wie Grundvermögen zu bewerten seien. Zum Grundvermögen gehörten nach § 51 Abs. 1 BewG der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs. In das Grundvermögen seien nicht einzubeziehen die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehörten, auch wenn sie wesentliche Bestandteile seien. Die Kühlzellen (CA-Zellen) selbst seien als Betriebsvorrichtung anzusehen. Nicht als Betriebsvorrichtung, sondern als Gebäude seien allerdings die die Kühlzellen "beherbergenden" Baulichkeiten zu beurteilen. Festzuhalten sei, dass allein die Tatsache, ob der Aufenthalt von Menschen in den CO2-Lagern möglich sei, für die Beurteilung der Sachlage keine Relevanz habe (siehe ).

Im Vorlageantrag gemäß § 276 Abs. 2 BAO führte die Bw. im Wesentlichen begründend aus: Im Zuge von neuerlichen Recherchen sei festgestellt worden, dass die Berechnung des Einheitswertes zum einen zu hohen Gebäudewert ergebe. Bei der Berechnung des Einheitswertes seien Gebäudeteile doppelt angesetzt worden, als der Gebäudewert zum als Basis der Berechnung genommen worden sei. Als neu zu bewertender Raum sei aber teilweise ein bereits im Gebäudewert zum enthaltener Raum zusätzlich noch einmal angesetzt worden. In einer Berechnung wurde dies deutlich gemacht. Bei der Ermittlung des neu umbauten Raumes seien die drei neu gebauten CA-Zellen auszuscheiden, da sie keinen Gebäudecharakter aufwiesen. Das lasse sich wie folgt argumentieren: Das VwGH-Erkenntnis vom , 2001/15/0048 befasse sich mit Kühlzellen, welchen eine Außenverkleidung aus nichttragendem Trapezblech vorgelagert sei. Während die CA-Zellen für sich zweifelsohne als Betriebsvorrichtung angesehen würden, beurteile der VwGH die sie umschließenden Bauwerke als Gebäude: " Bei Entfernung der Kühlzellen blieben weiterhin Hallen mit Außenwänden bestehen, die sämtliche Merkmale eines Gebäudes aufwiesen und als solche zu bewerten seien." Dieses VwGH-Erkenntnis sei im Falle der Bw. nicht anwendbar. Bei den neu gebauten CA-Lagern des Obstlagers stellten die Außenverkleidungen der Kühlzellen gleichzeitig die Wände und das Dach der Hallen dar und bildeten somit eine technische Funktionseinheit. Bei Wegdenken dieser Außenverkleidungen verblieben lediglich Stahlträger, welche aufgrund der fehlenden Umschließungen keinesfalls als Gebäude charakterisiert werden könnten.

Der Vorlageantrag wurde dem UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz ohne weitere Stellungnahme zur Entscheidung vorgelegt. Der UFS ersuchte das Finanzamt um weitere Ermittlungen (Lokalaugenschein) hinsichtlich der noch strittigen, neuen CA-Zellen (Gebäudecharakter oder Betriebsvorrichtung im Sinne der VwGH-Judikatur) und um eine gesonderte Stellungnahme zum neuen Vorbringen im Vorlageantrag, insbesondere zur Feststellung, dass der Gebäudealtbestand zum in den Einheitswert einbezogen und gleichzeitig der gesamte Gebäudebestand zum bei der Berechnung berücksichtigt worden sei (wofür die Aktenlage spreche). Das Finanzamt übermittelte dem UFS einen Bericht samt Digitalaufnahmen der baulichen Gegebenheiten. Es wurde mitgeteilt, dass tatsächlich Kubaturen doppelt berücksichtigt worden seien und dem diesbezüglichen Vorbringen im Vorlageantrag nicht entgegengetreten werde. Zu den drei neuen CA-Zellen wurde festgestellt, dass diese Kühlzellen ein eigenes Gebäude darstellten. Nach außen hin seien diese Kühlzellen durch eine Blechverkleidung geschützt. Würde man diese Kühlzellen entfernen, würde dieser Teil beim Hallengebäude fehlen. Diese Lager seien an das Hallengebäude bzw. Büro angebaut. Die Kühlzellen reichten bis zum Dach und bildeten dieses auch. Auch in diesem Punkt sei der Bw. zuzustimmen. Die drei neuen CA-Zellen bildeten tatsächlich die Wände und das Dach der Hallen (ohne Zellen blieben nur Stahlträger stehen).

Über die Berufung wurde erwogen:

Verfahrensgegenständlich ist die Einbeziehung sogenannter CA-Zellen ("controlled atmosphere" Lagerräume; Lager mit kontrollierter Atmosphäre - Sauerstoffgehalt ist abgesenkt, Kohlendioxidgehalt erhöht, um dem Alterungsprozess von Obst entgegenzuwirken) in die Einheitsbewertung des Geschäftsgrundstückes der Berufungswerberin. Wobei die Bw. im Vorlageantrag das Berufungsvorbringen hinsichtlich der CA-Zellen konkludent dahingehend eingeschränkt hat, als sie lediglich den Gebäudecharakter der drei neu gebauten CA-Zellen bestreitet, während sie den Altbestand der CA-Zellen im Sinne der VwGH-Judikatur selbst in den Gebäudewert einrechnet. Weiters ist die Ermittlung der Kubatur des gesamten umbauten Raumes strittig, da von einer doppelten Berücksichtigung des umbauten Raumes zum ausgegangen wurde.

Betriebsgrundstücke wie das berufungsgegenständliche sind nach § 60 Abs. 4 BewG wie Grundvermögen zu bewerten. Zum Grundvermögen gehört nach § 51 Abs. 1 BewG der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs. In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Der Gebäudewert ist nach § 53 Abs. 3 BewG allgemein (u.a. bei Geschäftsgrundstücken) aus dem Neuherstellungswert abzuleiten, der sich je nach der Bauweise und Ausstattung der Gebäude oder der Gebäudeteile bei Unterstellung von Durchschnittspreisen je Kubikmeter des umbauten Raumes oder der Gebäudeteile ergibt. Umbauter Raum ist der auf mindestens drei Seiten von Wänden umschlossene innere nutzbare Raum zuzüglich des Raumes, den die Umwandung einnimmt.

Bei Ermittlung des Gebäudewertes nach § 53 Abs. 3 BewG ist der zu ermittelnde umbaute Raum nicht um im Raum aufgestellte Maschinen oder Betriebsvorrichtungen zu vermindern. Die Kühlzellen an sich sind als Betriebsvorrichtungen anzusehen. Nicht als Betriebsvorrichtung ist allerdings das diese beherbergende Gebäude zu werten. Bilden die Kühlzellen aber selbst Teile des Gebäudes wie nach den Ermittlungen des Finanzamtes bei den berufungsgegenständlichen drei neuen Kühlzellen, wo die Außenverkleidungen der Kühlzellen gleichzeitig die Wände und das Dach der Hallen darstellen, sind diese nicht in den Gebäudewert einzubeziehen. Bei Wegdenken der Kühlzellen blieben nur Stahlträger stehen, die nicht als von Wänden umschlossener umbauter Raum zu werten sind (vgl. ). So auch Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum Bewertungsgesetz2 (Loseblatt), Wien, Stand der Lieferung , § 51, S. 246, wonach Bauwerke, die als Umschließung mit der eigentlichen Fabrikationseinrichtung so fest verbunden sind, dass bei Entfernung der Vorrichtung das Bauwerk unbrauchbar würde, als Betriebsvorrichtung zu betrachten sind. Die Kubatur der drei neu gebauten Kühlzellen war daher dem Vorlageantrag folgend aus der Berechnung des Einheitswertes auszunehmen. Ebenso war dem Vorbringen im Vorlageantrag hinsichtlich der doppelt berücksichtigten Flächen bzw. Kubaturen zu folgen und der Einheitswert dahingehend richtig zu stellen.

Auf eine gesonderte Übermittlung der Ergebnisse der auf Veranlassung des UFS durchgeführten Ermittlungen des Finanzamtes an die Bw. wurde aus verfahrensökonomischen Gründen abgesehen. Im Übrigen wurde dem Vorbringen im Vorlageantrag vollinhaltlich entsprochen (hinsichtlich der Berufung kam es zu einer teilweisen Stattgabe). Die Berücksichtigung einer Kürzung von 10 % nach § 53 Abs. 8 BewG wurde zugunsten der Bw. vorgenommen. Gemäß § 289 Abs. 2 BAO ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Das Finanzamt erhob gegen diese Kürzung in seiner Stellungnahme keinen Einwand. Eine genaue Ermittlung der gesamten nutzbaren Fläche konnte unterbleiben (bzw. einer allfälligen späteren Wertfortschreibung vorbehalten bleiben), da aus der Aktenlage klar ersichtlich war, dass nach Abzug der strittigen, neuen CA-Zellen, die nach dieser Berufungsentscheidung nicht mehr in den Einheitswert des Grundbesitzes einzubeziehen sind, jedenfalls eine gesamte nutzbare Fläche von 10.000 m2 bis 20.000 m2 vorliegt, für welche in § 53 Abs. 8 BewG ein Kürzungsbetrag von 10 % vorgesehen ist.

Hinweis: Die Anpassung des Grundsteuermessbescheides zum an den neuen Einheitswert erfolgt gemäß § 295 Abs. 1 BAO durch das Finanzamt.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Einheitsbewertung
Grundvermögen
Betriebsgrundstücke
Betriebsvorrichtungen
CA-Lager
Kühlzellen
Kühlräume
Gebäudecharakter von Betriebsvorrichtungen
Verweise

Twaroch/Wittmann/Frühwald, Kommentar zum BewG, § 51, S. 246.

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at