Wiedereinsetzung inden vorigen Stand
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, HR Dr. Michael Schrattenecker, in der Finanzstrafsache gegen G.A., Sbg., über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom , xxx, betreffend die Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 167 Abs. 1 FinStrG
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz hat die Beschwerdeführerin (Bf.) mit Strafverfügung vom wegen der Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit a und § 51 Abs. 1 lit a FinStrG bestraft und eine Geldstrafe von ATS 57.000.--, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Wochen, verhängt. Weiters wurde die Bf. zur Tragung der Verfahrenskosten verpflichtet. Diese Strafverfügung wurde am zugestellt und ist in Rechtskraft erwachsen. Die Geldstrafe wurde am zur Gänze entrichtet.
Mit Eingabe vom beantragte die Bf. die Wiederaufnahme des Verfahrens und führte dazu aus, dass sich die dem Strafverfahren zugrunde liegenden Abgabenbescheide (Umsatzsteuer 1999 und 2000) geändert hätten. Es werde ersucht, die Geldstrafe an die verminderten Abgabenbeträge anzupassen.
Dieser Wiederaufnahmeantrag wurde seitens des Finanzamtes mit Bescheid vom als verspätet zurückgewiesen, weil die Änderung der Umsatzsteuerbescheide im März bzw. Juli 2003 ergangen sei, sodass die einmonatige Antragsfrist im Sinne des § 165 Abs. 4 FinStrG bereits seit längerer Zeit abgelaufen sei.
Auf diese Zurückweisung reagierte die Bf. mit dem am bei der Erstinstanz eingelangten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Sie beantragte den Bescheid vom ersatzlos aufzuheben. Aufgrund ihrer Erkrankung sei sie unfähig gewesen die Termine für den Antrag auf Wiederaufnahme rechtzeitig wahrzunehmen. Sie habe von 1996 bis 2001 eine Gaststätte in Salzburg geführt, sei in dieser Zeit alkoholabhängig geworden und habe ihrer Geschäftstätigkeit und ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr ordentlich nachkommen können. Seit der Schließung des Lokales sei sie in einem schlechten körperlichen und seelischen Zustand und leide unter Depressionen. Sie sei wiederholt in ärztlicher Behandlung und im Krankenstand, entsprechende Bestätigungen der Salzburger Gebietskrankenkasse würden vorgelegt. Aus den besagten Gründen sei die Antragsfrist für die Wiederaufnahme des Strafverfahrens versäumt worden.
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Salzburg-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz diesem Wiedereinsetzungsantrag keine Folge gegeben. Begründend führte es aus, dass die Bf. nach der Aktenlage Mitte des Jahres 2002 und im Jahr 2003 diverse Anträge, Ansuchen und Erklärungen beim Finanzamt eingebracht habe und daher von einem Zustand der Dispositionsunfähigkeit wohl nicht gesprochen werden könne. Unter Hinweis auf mehrere Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes verneinte das Finanzamt das Vorliegen eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses.
Die Beschwerdeführerin hat auch diesen Bescheid bekämpft. In ihrer Eingabe vom führt sie aus, sie könne sich einen Anwalt oder Steuerberater nicht leisten und sei nun am Ende ihrer Weisheit. Wenn das Finanzamt auf verschiedene Eingaben verweise, sei dazu festzustellen, dass ihr ihre Schwester bei diversen Erledigungen wie dem Aufarbeiten der Buchhaltung behilflich gewesen sei. Außerdem könne das Finanzamt nicht beurteilen, ob und wie krank sie gewesen sei. Sie sehe es lediglich als ihr Recht an, dass die Geldstrafe an die zugrunde liegenden Abgabenbescheide angepasst werde.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag des Beschuldigten eines anhängigen oder abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet und glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass dem Beschuldigten ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt ( § 167 Abs. 1 FinStrG). Der Antrag muss binnen Monatsfrist nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde gestellt werden, bei der die Frist wahrzunehmen war oder die Verhandlung stattfinden sollte. Diese ist auch zur Entscheidung über den Antrag berufen ( § 167 Abs. 2 leg. cit. ).
Die Bf. begründet ihren Antrag nun damit, dass sie seit Schließung ihres Lokales im Jahr 2001 in einem sehr schlechten körperlichen und seelischen Zustand gewesen sei und an Depressionen leide. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine Erkrankung ein Verschulden nur dann ausschließen, wenn sie zu einem Zustand der Dispositionsunfähigkeit geführt hat und so plötzlich und schwer auftritt, dass der Erkrankte nicht mehr im Stande ist, die nach der Sachlage gebotenen Maßnahmen zu treffen (z.B. 340/71; ). Die Bf. hat in ihrem Antrag und in der vorliegenden Beschwerde vorgebracht, dass sie sich im in Rede stehenden Zeitraum in einem körperlich und seelisch schlechten Zustand befunden habe, Handlungsunfähigkeit wurde von der Bf. jedoch nicht behauptet und ist nach Ansicht der Rechtsmittelbehörde weder aus ihrem Vorbringen noch aus der Aktenlage erschließbar. Dazu ist nochmals auf die Entscheidungspraxis des VwGH zu verweisen, wonach die bloße Behauptung allein, durch eine Krankheit in einem Ausmaß beeinträchtigt gewesen zu sein, das die Dispositionsfähigkeit ausschloss, ohne für die Richtigkeit der Behauptung entsprechende Beweise beizubringen oder anzubieten, nicht ausreicht, das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes darzutun (). Eine die Handlungsfähigkeit einer Person nicht ausschließende Krankheit kann nicht als Wiedereinsetzungsgrund gewertet werden.
Die verfahrensgegenständlichen Abgabenbescheide ergingen am (Umsatzsteuer 1999) und am (Umsatzsteuer 2000). Durch diese Bescheide wurden die festgesetzten Steuern auf rund die Hälfte der in der Strafverfügung als strafbestimmender Wertbetrag herangezogenen Beträge reduziert. Damit begann die Monatsfrist für die begehrte Wiederaufnahme des Verfahrens zu laufen, die die Bf. ungenutzt verstreichen ließ. Nach der Aktenlage hat die Bf. Anfang Juli 2002 bei der Finanzstrafbehörde vorgesprochen und am eine Ratenansuchen betreffend ihre Geldstrafe eingebracht. Am hat sie eine Gewinn- und Verlustrechung und Umsatzsteuervoranmeldungen für das Jahr 2000 eingebracht, am einen Antrag auf Aufrollung des Verfahrens. Am hat die Bf. schließlich gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 berufen. Daraus kann nur abgeleitet werden, dass die Bf. im Jahr 2003 durchaus in der Lage gewesen ist, ihre behördlichen Angelegenheiten selbstständig zu vertreten. Ob sie dabei von ihrer Schwester unterstützt wurde, ist für die entscheidende Frage, ob ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vorgelegen ist, nicht relevant.
Unvorhergesehen ist ein Ereignis, wenn eine Person es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Vorsicht nicht erwarten konnte. Unabwendbar ist ein Ereignis, wenn es von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte, d.h. es muss von solcher Art sein, dass es bei der Anwendung normal erreichbarer Mittel nicht abgewendet werden konnte. Ein Ereignis ist dann nicht unabwendbar, wenn es durch eine entsprechende Sorgfalt und Kontrolle ausgeschlossen werden kann.
Zu den von der Bf. vorgelegten Bescheinigungen der Salzburger Gebietskrankenkasse, in der ihre Arbeitsunfähigkeit in den Zeiträumen bis sowie bis und bis bestätigt wird, ist festzustellen, dass diese jene Monate, in denen die relevanten Bescheide ergangen sind, nicht betreffen. Mit diesen Bestätigungen konnte damit eine allfällige Handlungsfähigkeit in den betreffenden Monaten nicht aufgezeigt werden.
Bei Beurteilung der Frage, ob ein derartiges unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis vorliegt, hat die Behörde nach objektiven Maßstäben zu entscheiden, es ist der Behörde verwehrt, allfällige Billigkeitsüberlegungen in ihre Entscheidung einfließen zu lassen. Wenn ein Finanzstrafverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist und auch außerordentliche Rechtsmittel, wie Wiederaufnahme des Verfahrens und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht mehr greifen, kann bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände einer besonderen Härte nur mehr durch Gnadenmaßnahmen im Sinne des § 187 FinStrG begegnet werden. Dies setzt ein entsprechend begründetes Ansuchen voraus. Über ein Gnadengesuch hat nach § 187 FinStrG das Bundesministerium für Finanzen abzusprechen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass im vorliegenden Fall ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis nicht zu erkennen ist und das Finanzamt Salzburg-Stadt den Antrag der Bf. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand daher zu Recht abgewiesen hat.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 167 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Krankheit |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at