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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 10.10.2008, RV/0916-L/08

Begräbniskosten in den Nachlassaktiven gedeckt - keine außergewöhnliche Belastung.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Mag. Susanne Reisinger, Steuerberater, 5261 Uttendorf, Gewerbestraße 22, gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) erzielte im berufungsgegenständlichen Jahr 2007 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

In der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2007 beantragte sie eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung in Höhe von 5.364,18 € (Begräbniskosten - soweit im Nachlass nicht gedeckt).

Das Finanzamt anerkannte die geltend gemachten Begräbniskosten nicht als außergewöhnliche Belastung, da Begräbniskosten nur insoweit eine außergewöhnliche Belastung darstellten, als sie nicht aus dem Nachlass bestritten werden könnten (Bescheid vom ).

In weiterer Folge nahm das Finanzamt das Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO aufgrund eines berichtigten Lohnzettels wieder auf; die Begräbniskosten fanden wiederum keine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung (Bescheid vom ).

Gegen diesen Bescheid erhob die Bw. durch ihre steuerliche Vertreterin mit Schriftsatz vom (eingelangt beim Finanzamt am ) Berufung und beantragte die Begräbniskosten in Höhe von 5.364,18 € als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Begründend führte sie aus, ihr 2007 verstorbener Gatte habe einen Transportbetrieb mit erheblichen Schulden hinterlassen. Sie habe das Erbe angetreten, die Betriebsaufgabe abgewickelt und alle Schulden und Zahlungen übernommen. Das Privathaus habe als Besicherung für die betrieblichen Kredite gedient. Um das Wohnhaus ihrer Familie nicht zu verlieren, habe sie sich nicht nur verpflichtet sondern sogar gezwungen gesehen, die Erbschaft anzutreten. Außerdem habe ihre Schwiegermutter im Haus ein grundbücherlich gesichertes lebenslanges Wohnrecht, sodass eine Veräußerung nicht möglich gewesen wäre, um die Verbindlichkeiten bzw. die Begräbniskosten zu bezahlen. Alles in allem seien noch einige Verbindlichkeiten übrig geblieben, welche sie in den nächsten Jahren noch werde tilgen müssen. Sie habe die Begräbniskosten noch zusätzlich aufbringen müssen, diese stellten auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse eindeutig eine außergewöhnliche Belastung dar. Im Übrigen sei nur das wirtschaftlich verfügbare Vermögen heranzuziehen (Quantschnigg/Schuch, ARD 3957/9/88, S 1282). Da jedoch in Bezug auf das Haus rechtliche Verfügungsbeschränkungen vorlägen, hätten die Begräbniskosten im Nachlassvermögen keine Deckung finden können.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

Als Begründung führte es aus: Gemäß § 549 ABGB gehörten die Begräbniskosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten und seien demnach aus einem vorhandenen Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten. Da im gegenständlichen Fall die Begräbniskosten in der vorhandenen Nachlassaktiva (113.784,73 €) Deckung fänden, komme die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nicht in Betracht. (Überdies müsse das Wohnrecht bewertet werden; der errechnete Wert sei geringer als der Verkehrswert des Gebäudes.)

Im Übrigen habe sich die Bw. mit Übergabsvertrag vom als Gegenleistung für die Übernahme der Liegenschaft verpflichtet, die Begräbniskosten zu tragen. Das erforderliche Merkmal der Zwangsläufigkeit im Sinne des § 34 EStG sei daher nicht gegeben.

Mit Schriftsatz vom (eingelangt beim Finanzamt am ) beantragte die Bw. die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde II. Instanz und führte ergänzend aus:

Wie aus den Unterlagen der Verlassenschaft ersichtlich seien Aktiva von 113.784,73 € Passiva von 209.798,22 € gegenüber gestanden. Sämtliche Konten seien ab dem Zeitpunkt des Todes gesperrt worden. Nicht die Bw. sondern die Banken hätten Zugriff auf die als Sicherheiten dienenden Aktiven gehabt. Es seien keine Zahlungen mehr an die Gläubiger durchgeführt worden. Erst nach Wochen seien nach und nach die Bankkonten geschlossen worden. Ein Großteil der Schulden habe durch Lebensversicherungen abgedeckt werden können.

Auch wenn die Begräbniskosten zu den bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten gehörten, habe die Bw. sie aus ihren eigenen Mitteln bestreiten müssen.

Die Ausführungen des Finanzamtes zu Wohnrecht und Begräbniskosten seien makaber. Im zitierten Übergabsvertrag sei die Übergabe des Wohnhauses von der Mutter des Verstorbenen an ihren Sohn und ihre Schwiegertochter (Bw.) geregelt. Bei den als Gegenleistung für die Übernahme der Liegenschaft zu tragenden Begräbniskosten handle es sich um jene der Schwiegermutter und nicht des Gatten der Bw. Die Bw. habe nunmehr auch die volle Verpflichtung gegenüber ihrer Schwiegermutter übernommen.

Bei einer Erbschaft von Null würden die Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt. Die Bw. habe kein "wirtschaftliches Vermögen" aus der Verlassenschaft heranziehen können, um die Begräbniskosten zu decken. Sie sei daher durch die Tragung der Begräbniskosten "außergewöhnlich" belastet.

In weiterer Folge legte das Finanzamt die gegenständliche Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Zusammengefasst ergibt sich auf Grund der vorgelegten Unterlagen und der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens folgender Sachverhalt:

Der Gatte der Bw. verstarb am . Die Bw. gab gemeinsam mit ihrer Tochter eine unbedingte Erbserklärung ab, wobei ein Drittel des Nachlasses auf die Bw. und zwei Drittel auf ML. entfielen (Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes M. vom .

Die Bw. hat im Erbteilungsübereinkommen vom mit ihrer Tochter folgende Vereinbarungen getroffen:

1. Die erbliche Witwe WL., geb. 1959, übernimmt den gesamten beweglichen und unbeweglichen Nachlass des Erblassers mit allen Aktiven und Passiven und verpflichtet sich, ihre Tochter ML. bezüglich sämtlicher Nachlasspassiven schad- und klaglos zu halten.

2. Die erbliche Witwe WL. verpflichtet sich, die gesamte Liegenschaft Grundbuch H. EZ. 253 mit dem Haus W. 38 der erblichen Tochter ML. entweder zu einem von ihr bestimmten Zeitpunkt zu angemessenen und ortsüblichen Bedingungen zu übergeben oder spätestens letztwillig zu hinterlassen. Zur Sicherung dieser Verpflichtung ist auf der obgenannten Liegenschaft das Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten der Tochter ML. einzutragen.

Auf Grund dieses Übereinkommens wurden folgende Eintragungen im Grundbuch vorgenommen:

Auf dem Hälfteanteil des Erblassers an der Liegenschaft Grundbuch H. EZ. 253, B-LNr. 4:

Einverleibung des Eigentumsrechtes für WL., geb. 1959.

Ob der gesamten Liegenschaft EZ. 253 Grundbuch H.:

Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes für ML., geb.1986.

Im Übergabsvertrag vom wird die Übergabe der Liegenschaft Grundbuch H. EZ. 253 von ML., geb. 1924, an ihren Sohn GL., geb. 1964, und WL., geb. 1959, geregelt.

Laut Vermögenserklärung der erbserklärten Erbinnen belaufen sich die Aktiven auf 113.784,73 € und die Passiven auf 209.798,22 €.

Aus dem Erbschaftssteuerbescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom ergibt sich folgende Ermittlung der Bemessungsgrundlagen:


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Erbanfall zu 1/3
Wert der Grundstücke
11.554,98 €
Lebensversicherung, Sterbegeld
1.839,25 €
Guthaben bei Banken
2.526,67 €
Guthaben beim Finanzamt
2.451,34 €
Andere bewegliche Gegenstände (zB Schmuck, PKW)
16.856,00 €
35.228,24 €

Aus der Beilage zur Steuererklärung geht Folgendes hervor:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Begräbniskosten:
Firma A.
604,20 €
Postgebühren
56,34 €
OÖ Rundschau
400,00 €
Bestattung O.
1.602,34 €
Pfarrkirche P.
99,00 €
Pfarramt P.
306,00 €
Gärtnerei B.
728,00 €
Baches Gasthaus
1.568,30 €
Außergewöhnliche Belastung
5.364,18 €

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

- Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

- Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

- Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst (Abs. 2).

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Abs. 3).

Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen von höchstens 7.300 Euro 6 %, mehr als 7.300 Euro bis 14.600 Euro 8 %, mehr als 14.600 Euro bis 36.400 Euro 10 %, mehr als 36.400 Euro 12 % (Abs. 4, 1. und 2. Satz).

Die Bw. hat in ihrer "Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2007" Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht.

Begräbniskosten können nach herrschender Lehre, Judikatur und Verwaltungspraxis eine außergewöhnliche Belastung, die unter Berücksichtigung des in § 34 Abs. 4 und 5 EStG 1988 dargestellten Selbstbehaltes anzuerkennen sind, darstellen.

Aus der oben zitierten gesetzlichen Grundlage des § 34 Abs. 1 EStG 1988 ergibt sich, dass Aufwendungen nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind, wenn sie zwangsläufig erwachsen.

Dies gilt auch für Begräbniskosten, wobei sich die Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen aus der sittlichen Pflicht des Erben, dem Verstorbenen ein angemessenes Begräbnis auszurichten, ergibt (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar, § 34 Tz 78, Stichwort "Begräbniskosten").

Wie das Finanzamt richtigerweise darlegt, können Begräbniskosten nur insoweit eine außergewöhnliche Belastung darstellen, als sie nicht durch das zum Verkehrswert bewertete Nachlassvermögen gedeckt sind.

Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 549 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach "zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten (Nachlassverbindlichkeiten) auch die Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und Vermögen des Verstorbenen angemessene Begräbnis gehören". Die Begräbniskosten gehören daher zu den sogenannten bevorrechteten Nachlassverbindlichkeiten. Diese werden vom Gesetz so behandelt, als ob sie vom Erblasser selbst zu tragen wären. Sie sind demnach vorrangig aus einem vorhandenen, verwertbaren Nachlassvermögen (Aktiva) zu bestreiten; dh. die Kosten des Begräbnisses sind von der Verlassenschaft zu tragen, der Besteller der Leistung hat ein Regressrecht gegen die Verlassenschaft (vgl. Manz-Kommentar zum AGBG, Dittrich-Tades, § 549). Finden die Begräbniskosten in den vorhandenen Nachlassaktiven Deckung, kommt eine Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nicht in Betracht und es fehlt insoweit an der Zwangsläufigkeit.

Soweit eine Nachlassdeckung nicht gegeben ist, liegt in Höhe der Aufwendungen für ein durchschnittliches Begräbnis eine außergewöhnliche Belastung vor.

Nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden Kosten für den Leichenschmaus, weil die Bewirtung der Trauergäste nicht zwangsläufig erfolgt; dasselbe gilt für Inserate, Postgebühren, Blumen, Kränze, Grabpflegekosten. Ausgaben für Trauerkleidung gelten ebenfalls als nicht zwangsläufig erwachsen; ihre Abzugsfähigkeit scheitert darüberhinaus regelmäßig am Gegenwertgedanken (Doralt, a.a.O., § 34 Tz 78).

Eine Nachlassdeckung kann auch dann gegeben sein, wenn hohe Nachlassverbindlichkeiten - wie im gegenständlichen Fall - vorhanden sind. Es genügt nicht, dass der Reinnachlass überschuldet ist; die Begräbniskosten müssen die Nachlassaktiva, von denen die Verfahrenskosten abgezogen wurden, übersteigen ( RV/0366-G/02; Jakom, EStG, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 1. Auflage 2008, § 34 Rz 90 "Begräbniskosten").

Wenn eine Belastung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Erwerb von Todes wegen steht und im Wert der übernommenen Vermögenssubstanz ihre Deckung findet, kann nach herrschender Lehre, Rechtsprechung und Verwaltungspraxis von einer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht gesprochen werden (vgl. Doralt, a.a.O., § 34 Tz 78; ).

Im gegenständlichen Fall hat die Bw. eine mit einem Wohnrecht zu Gunsten ihrer Schwiegermutter und einem Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten ihrer Tochter belastete Liegenschaft übernommen. Aufgrund dieser rechtlichen Verfügungsbeschränkungen ist eine Verwertung des Grundstückes für die Bw. nicht möglich, sodass der Verkehrswert der Liegenschaft (lt. Erbschaftssteuerbescheid) in der Nachlassaktiva nicht berücksichtigt werden kann.

Der nach der festgestellten Aktenlage vorhandenen Nachlassaktiva stehen geltend gemachte Begräbnisaufwendungen in Höhe von 5.364,18 €, die noch um die Kosten für Leichenschmaus, Gärtnerei, Postgebühren und OÖ Rundschau zu kürzen sind, gegenüber. Da die Nachlassaktiva trotz Außerachtlassens des Verkehrswertes der Liegenschaft die Begräbniskosten übersteigt, kommt im gegenständlichen Fall eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht.

Aus den dargelegten Gründen war die Berufung vollinhaltlich abzuweisen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Begräbniskosten
Nachlassverbindlichkeiten
Verfügungsbeschränkung eines Grundstückes

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at