Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 22.05.2012, RV/0535-W/10

Aufhebungsbescheid

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0535-W/10-RS1
Im Gegensatz zum Feststellungsbescheid gehört die Einreihung eines bestimmten Gewinnes unter eine bestimmte Einkunftsart nicht zum Spruch eines Abgabenbescheides. Durch eine allenfalls unrichtige Qualifikation der Einkünfte in einem Abgabenbescheid ohne Auswirkung auf die Besteuerung wird ein Abgabepflichtiger in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten nicht verletzt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch LMG Steuerberatungsges. mbH., 2512 Oeynhausen, Sochorgasse 3, vom gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2008 entschieden:

Die Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

A) 1) Der Berufungswerber erhielt mit Schreiben vom (OZ 13/Dauerbelege) die Gewerbeanmeldung bei der Bezirkshauptmannschaft Baden. Das Gewerbe lautete auf das Anbieten von Hausbetreuungstätigkeiten als persönliche Dienste an nicht öffentlichen Orten, bestehend aus der Beaufsichtigung des ordnungsgemäßen Zustandes von Liegenschaften, der Pflege von Außenanlagen durch Rasen mähen, Schnee schaufeln, kaputte Glühbirnen wechseln, Asphaltflächen kehren, Grünanlagen bewässern, die Reinhaltung der Müllsammelplätze überprüfen und diese nachreinigen, Kehren und Waschen von Stiegenhäusern und Gängen, Kehren von Gehsteigen und Hof, Waschen von Stiegenhausfenstern und Außentüren, Reinigung von Stiegen, Handläufen und Kehren des Kellers, das Ölen von Türen, Mitteilungen und Beschwerden der Eigentümer und Mieter an die Hausverwaltung weiterleiten sowie Botengänge.

A) 2) In der Niederschrift am Finanzamt am (OZ 16 ff./Dauerbelege) gab der Bw. zu einzelnen Fragen folgend angeführte Antworten:

1. Verstehen Sie Deutsch: ja 2. Können Sie die deutsche Sprache lesen? teilweise 3. Brauchen Sie einen Dolmetscher? Nein 4. Wann sind Sie nach Österreich gekommen? . 5. Wie sind Sie zu Ihrer Wohnung gekommen? Rumänische Bekannte (KG) 6. Wohnen Sie alleine? Nein, mit Frau L und Sohn A; 9. Warum sind Sie nach Österreich gekommen? Wegen der Arbeit und wegen des Sohnes à Musikhauptschule. 13. Haben Sie das in Österreich angemeldete Gewerbe bereits vorher ausgeübt? Nein. 14. Welche Qualifikationen besitzen Sie zur Ausübung dieses Gewerbes? Reinigung, Rasen mähen, kein Problem. 15. Wo ist der Standort Ihres Gewerbes? Wohnadresse; 17. Ist die Anmeldung in Österreich bei der Sozialversicherung bereits erfolgt? Ja; 19. Wo befindet sich die Buchhaltung? Steuerberater Mag. X (L & M), 2512 Oeynhausen, Sochorgasse 3; 21. Verfügen Sie über einen Telefonanschluss? Nein, nur Handy; 22. Wo werden Belege/Arbeitsmittel aufbewahrt? Zu Hause. 23. Sind Arbeitsmittel vorhanden? Ja; 24. Wissen Sie, dass Sie als Selbstständiger einen Werkvertrag brauchen? Kein Vertrag; 25. Haben Sie einen Werkvertrag? Nein; 26. Gibt es einen Arbeitsvertrag? Nein; 28. Mit welchen Auftraggebern (Dienstgebern) haben Sie Verträge abgeschlossen? Nein; 34. Wer sagt Ihnen, wo Sie arbeiten sollen? Ich selbst; 35. Wer sagt Ihnen, welche Arbeiten Sie durchführen sollen? Kunde; 36. Welche Tätigkeiten führen Sie hier aus? Reinigung und Hausbetreuung; 42. Haben Sie ein Angebot gemacht? Nein; 43. Wie kommen Sie zu den Aufträgen? Mundpropaganda; 44. Wie viele Kunden haben Sie? Ca. fünf bis sechs im Monat (liegt bei Steuerberater auf); 46. Wie ist Ihre Arbeitszeit geregelt? Wie lange müssen Sie täglich arbeiten? 8 bis 16 Uhr; 47. Wer kontrolliert die Arbeitszeit, Ihre Anwesenheit, den Arbeitsfortgang und die Arbeitsqualität? Nein; 48. Bei wem müssen Sie sich bei Arbeitsbeginn und Arbeitsende melden? ---; 49. Wer ist Ihr Vorarbeiter? Gibt es keinen; 50. Bekommen Sie Arbeitskleidung? Muss ich selber kaufen; 52. Können Sie sich durch eine andere Person Ihrer Wahl vertreten lassen? Nein; 53. Haben Sie sich schon einmal vertreten lassen? Nein; 54. Wer führt die Aufzeichnungen über Ihre Arbeitszeit? Selber; 55. Wem melden Sie, wenn Sie krank oder auf Urlaub sind? Wenn Auftrag, dann bei Kunde; 56. Welche Werkzeuge brauchen Sie für die Ausübung Ihres Gewerbes? Tücher, Besen, Schaufel, Putzmittel; 57. Wer stellt dieses Werkzeug und Arbeitsmaterial zur Verfügung? Rasenmäher wird von Bauhäusern ausgeborgt; 58. Benutzen Sie Ihr eigenes Werkzeug? Ja; 59. Wo kaufen Sie die Arbeitsmaterialien ein? Baumax, OBI usw.; 60. Wer trägt das Haftungs- und Gewährleistungsrisiko? Er selbst; 61. Haben Sie Mitarbeiter? Nein; 62. Wie hoch ist Ihr Entgelt pro Stunde? € 10,00 pro Stunde; 63. Gibt es Stundenlisten oder andere Aufzeichnungen? Nein; 64. In welcher Form wird abgerechnet? Bar oder Überweisung; 65. Unterschreiben Sie die Übernahme des Lohnes? Über Rechnung (Steuerberater); 71. Haben Sie bereits Honorarnoten gelegt? Ja, Rechnungen (Steuerberater); 72. Wer schreibt die Rechnungen? Pflichtiger selbst; 73. Beziehen Sie außer den Einkünften aus Werkvertrag noch andere Einkünfte? ---; 76. Welchen Arbeitsstatus haben Sie in Ihrem Herkunftsland? Arbeitslos; 77. Sind Sie dort sozialversichert? Privat; 78. Wenn ja, wieviel müssen Sie im Jahr bezahlen? In Rumänien ca. 100 Euro;

A) 3) Am wurde eine neuerliche Niederschrift mit dem Bw. über die vorhin angeführten Fragen aufgenommen (OZ 3 ff./2008). Die Antworten gleichen sich mit denen in der ersten Niederschrift. Anlässlich dieser Befragung wurde eine Kopie eines Mietvertrages vom (OZ 12 ff./2008) vorgelegt. Weiters wurden drei kopierte Anmeldebescheinigungen für EWR-BürgerInnen vorgelegt (OZ 14 ff:72008). Zudem wurden drei Bestätigungen der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft beigebracht (OZ 17 ff./2008).

Des Weiteren wurden fünf Rechnungskopien, die vom Bw., als für das Jahr 2008 erstellt wurden, vorgelegt. Alle Rechnungen wurden an die Fa. Z. in x Wien, Str adressiert. Sämtliche Rechnungen hatten als Abrechnungszeitraum einen Monat (August 2008 bis Dezember 2008) und wurden für "div. Hilfsarbeiten" ausgestellt, Die Zahl der Arbeitsstunden und der Rechnungsbeträge lauteten: 120 Std. € 1.200,00 (August), 100 Std. zu € 1.000,00 (September), 120 Std. zu € 1.200,00 (Oktober), 120 Std. zu € 1.200,00 (November) und 90 Std. zu € 900,00 (Dezember):

Schließlich wurden noch vier Rechnungsbelege für das Jahr 2009 (Monate Jänner, Februar, März und September) beigebracht. Auch diese Rechnungen waren an die vorgenannte Firma adressiert. B) Die Einkommensteuererklärung des Bw. für das Jahr 2008 ist beim Finanzamt am auf elektronischem Weg eingelangt. Laut Beilage E1a erklärte der Bw. Erlöse von € 5.500,00 und übrige Aufwendungen von € 660,00. Dies ergab Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von € 4.840,00, die mit Erstbescheid vom erklärungsgemäß veranlagt wurden. Die Abgabennachforderung bzw. Abgabengutschrift betrug € 0,00.

C) Am erstellte das Finanzamt einen Aufhebungsbescheid (OZ 30/2008) gemäß § 299 BAO mit dem Spruch, dass eine Veranlagung des Bw. zur Einkommensteuer zu unterbleiben habe. Zur Begründung dieses Bescheides wurde Nachstehendes ausgeführt:

Aus dem Gesamtbild des vorliegenden Sachverhaltes geht hervor, dass der Bw. nicht ein Werk, sondern wie ein Dienstnehmer seine Arbeitskraft schulde und dass er dem Willen des Auftraggebers in gleicher Weise unterworfen sei, wie dies bei einem Dienstnehmer der Fall sei. Demgemäß stelle der Bw. seinem Arbeitgeber nur seine Arbeitskraft zur Verfügung. Inwieweit sich die Art seiner Tätigkeit von jener eines Hilfsarbeiters eines mit solchen Arbeiten befassten Unternehmers unterscheiden sollte, sei anhand des vorliegenden Sachverhaltes nicht zu erkennen. Der Umstand, dass er sich zur Sozialversicherung der selbstständig Erwerbstätigen angemeldet habe und dass er beim zuständigen Finanzamt um die Vergabe einer Steuernummer angesucht habe, vermöge daran nichts zu ändern. Maßgeblich sei stets das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen sei. Die Beschäftigung (des Bw.) sei nach dem Gesamtbild eindeutig nicht als selbstständige Tätigkeit zu qualifizieren. Ausschlaggebend für diese Qualifizierung sei insbesondere der Umstand, dass es seit nunmehr mehr als einem Jahr nach wie vor nur einen Auftraggeber gebe.

D) Mit Schreiben vom wurde seitens des Bw. gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO Berufung erhoben (OZ 33 ff./2008) und der Antrag gestellt, diesen Bescheid wieder aufzuheben und die Einkommensteuer erklärungsgemäß zu veranlagen. Zur Begründung des Berufungsschreibens wurde Folgendes ausgeführt:

Seitens des Finanzamtes werde argumentiert, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine selbstständige Tätigkeit vorliege. Speziell werde jedoch nur auf den Umstand eingegangen, dass der Steuerpflichtige bis dato nur über einen Auftraggeber verfügt hat. Richtigerweise müssten, um von einem Gesamtbild der Verhältnisse sprechen zu können, jedoch mehrere Indizien überprüft werden, damit eine korrekte Einstufung der Tätigkeit vorgenommen werden könne.

a) Arbeitsmittel; Betriebsmittel:

Der Bw. verfüge über eigene Betriebsmittel (Werkzeug, Pkw, etc.) und verwende diese auch bei der Ausübung seiner Tätigkeit. Er bekomme keinerlei Betriebsmittel von seinen Auftraggebern zur Verfügung gestellt. Dies spreche für eine selbstständige Tätigkeit.

b) Werkvertrag:

Die Tätigkeit werde aufgrund eines Werkvertrages ausgeführt. Geschuldet werde stets ein vollendetes Werk und nicht die Arbeitszeit. Der Bw. erhalte mündlich den Auftrag, sich um bestimmte Arbeiten zu kümmern, und er müsse diese zur vollsten Zufriedenheit des Auftraggebers vollenden, um einen Entgeltanspruch zu verwirklichen. Dies spreche für eine selbstständige Tätigkeit.

c) Arbeitszeit: Der Bw. könne sich seine Arbeitszeit selber einteilen. Beginn und Ende sowie die Tage, an denen er seine Leistungen erbringe, könne er vollkommen selbstständig wählen. Nach der Auftragsvergabe gebe es einen Stichtag bis zu welchem die Arbeiten abgeschlossen werden müssten. Wann die Arbeiten innerhalb dieses Zeitfensters erfolgten, könne vom Auftraggeber nicht festgelegt werden. Dies spreche für eine selbstständige Tätigkeit.

d) Krankheit, Urlaub:

Der Bw. habe weder Anspruch auf bezahlten Urlaub noch werde im Krankheitsfall ein Entgelt gewährt. Vergütet werde nur nach erbrachter Leistung. Der Bw. trage somit das komplette Unternehmerrisiko. Auch hier sprächen die Indizien für eine selbstständige Tätigkeit.

e) Vertretung:

Sollte der Bw., aus welchen Gründen auch immer, an der Ausübung seiner Tätigkeit verhindert sein, so stehe es ihm frei, eine fremde Firma mit der Erledigung der Arbeiten zu betrauen. Auch in diesem Fall trage er das volle Unternehmerrisiko. Bis dato sei ein solcher Fall jedoch nicht eingetreten. Dies spreche für eine selbstständige Tätigkeit.

f) Abrechnung:

Abgerechnet werde nach Stunden. Es gebe kein fixes Monatseinkommen. Die Höhe des Verdienstes richte sich nach den erbrachten Arbeitsstunden. Hierzu würden Stundenlisten geführt. Abgerechnet werde vom Bw. mittels Rechnung. Dies spreche für eine selbstständige Tätigkeit.

g) Anzahl der Auftraggeber:

Bemängelt werde vor allem, dass der Bw. nur für einen einzigen Auftraggeber tätig sei bzw. gewesen sei. Hierzu sei festzuhalten, dass sich der Bw. erst seit dem Frühjahr 2008 in Österreich befinde. Nachdem der Bw. seinen ersten Auftraggeber habe anwerben können, sei er hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, sich in einem fremden Land zurecht zu finden. Es seien unzählige Behördengänge notwendig gewesen, sein Sohn habe an einer geeigneten Schule untergebracht werden müssen, es sei eine neue Wohnung bezogen worden etc. Dass in dieser Anlaufphase die familiären Angelegenheiten von vorrangiger Bedeutung seien, sei wohl nur menschlich und vor allem nachvollziehbar. Nebenbei sei stets versucht worden, neue Auftraggeber zu gewinnen. Seit Dezember 2009 sei es dem Bw. gelungen, auch mit anderen Auftraggebern in Geschäftsverbindung zu treten. Unabhängig davon könne es auch nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein, dass nur für einen Auftraggeber gearbeitet worden sei. Betrachte man tatsächlich das Gesamtbild des vorliegenden Sachverhaltes, so sei die vorliegende Tätigkeit eindeutig als eine selbstständige zu klassifizieren.

E) Mit Schreiben vom erging an den steuerlichen Vertreter des Bw. ein Ergänzungsersuchen, in dem nachfolgend angeführte Unterlagen angefordert wurden:

1) Es wurde ersucht, eine Kopie des Werkvertrages mit der Fa. Z. nachzureichen. Sollte dieser Vertrag im Jahr 2008 nur mündlich abgeschlossen worden sein, sei stattdessen eine inhaltsgenaue Bekanntgabe der einzelnen Vertragspunkte erforderlich. Weiters seien allfällige Kopien der Werkverträge mit anderen Kunden in den Jahren 2009 und 2010 beizulegen oder bei mündlichen Vereinbarungen deren Inhalte genau bekanntzugeben.

2) Es werde gebeten, Kopien der Überweisungsbelege von den Honorareingängen für die Jahre 2008 bis 2010 zu übermitteln.

3) Kopien der Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2008 bis 2010 (E1a-Formulare) seien beizulegen.

4) Es werde aufgefordert, Kopien der Eingangsrechnungen für Werkzeuge und Arbeitsmittel für das Jahr 2008 nachzureichen.

5) Es werde ersucht, Kopien von Inseratenaufträgen, mit denen Kunden akquiriert werden sollten, beizubringen.

6) Schließlich werde der Bw. aufgefordert, Kopien von Stundenaufzeichnungen für das Jahr 2008 zu übermitteln.

F) Nach zwei Fristverlängerungsansuchen vom und wurde das Ergänzungsersuchen mit Schreiben vom wie folgt beantwortet:

ad 1): Kopie der Werkverträge: siehe Beilagen;

ad 2): Honorareingänge der Jahre 2008 bis 2010: In der Anlage fänden sich sämtliche in Rechnung gestellten Leistungen der Jahre 2008 bis 2010;

ad 3): Kopien der Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen für 2008 bis 2010: für die betreffenden Jahre fänden sich die jeweiligen Beilagen (E1a-Formular) ebenfalls in der Anlage;

ad 4): Eingangsrechnungen des Jahres 2008: Aus dem bereits oben erwähnten Umstand, dass der Bw. im Jahr 2008 leider keinerlei Ausgabenbelege gesammelt habe, könnten hier keine Unterlagen übermittelt werden. Er sei zwar durch die steuerliche Vertretung im Zuge der Erstberatung im Herbst 2008 über die Möglichkeiten der geltend zu machenden Betriebsausgaben informiert worden, jedoch habe er es leider unterlassen, die entsprechenden Belege zu sammeln. Erst als der Bw. im Zuge der Schlussbesprechung des Jahres 2008 nochmals auf seine Verpflichtung der Belegaufbewahrung und auch über die Möglichkeiten der steuerlichen Geltendmachung bestimmter Ausgaben belehrt worden sei, seien sämtliche relevanten Belege gesammelt und aufbewahrt worden. Dies sei auch der Grund, warum für das Kalenderjahr 2008 die Basispauschalierung gemäß § 17 EStG 1988 gewählt worden sei.

ad 5): Inseratenaufträge: Nach Rücksprache mit dem Bw. sei dem steuerlichen Vertreter mitgeteilt worden, dass zur Kundenfindung keine Zeitungsinserate geschaltet worden seien. Vielmehr sei mit selbst erstellten Flugzetteln operiert worden, die in der näheren Umgebung verteilt worden seien. Zusätzlich sei auch durch persönlichen Kontakt mit diversen Firmen versucht worden, neue Geschäftsverbindungen aufzubauen. Exemplare der verteilten Flugzettel seien vom steuerlichen Vertreter vom Bw. angefordert worden, hätten jedoch vom Bw. bis dato nicht vorgelegt werden können. Der Bw. meine dazu, dass er höchst wahrscheinlich keine übrigen Exemplare mehr habe, da damals aller verteilt worden seien.

ad 6): Stundenaufzeichnungen für 2008: Auch diese Detailaufstellungen fänden sich in der Anlage.

Zusätzlich werde an dieser Stelle noch erwähnt, dass das Finanzamt mittlerweile die Selbstständigkeit vom Bw. nicht mehr bezweifeln dürfte. Für die Jahre 2009 und 2010 seien nämlich nach Einreichung der Steuererklärungen Steuerbescheide mit Einkünften aus Gewerbebetrieb erlassen worden. Die besagten Bescheide seien übrigens bereits rechtskräftig. Warum die Behörde hier plötzlich von der 2008 noch vertretenen Rechtsansicht der "Scheinselbstständigkeit" abgehe, entziehe sich der Kenntnis der steuerlichen Vertretung, sollte jedoch auch bei der Auslegung des Sachverhaltes für 2008 nicht unberücksichtigt bleiben.

Diesem Schreiben wurden beigelegt: a) ein Werkvertrag vom mit der Fa. Y. in xx Wien, Adr; dieser Werkvertrag ist seitens der Auftraggeberin mit dem Firmenstempel und einer Paraphe versehen worden. Ein weiterer Werkvertrag mit der Fa. Z. in x Wien, Str , wurde seitens der Auftraggeberin nur paraphiert, jedoch mit keiner firmenmäßigen Unterschrift versehen.

b) fünf Rechnungen des Bw. an die Fa. Z für 2008 [siehe oben A)3)]. c) 21 Rechnungskopien für die Jahre 2009 und 2010; d) zwei ausgefüllte E1a-Formulare für 2009 und 2010; e) fünf Stundenaufzeichnungen für August 2008 bis Dezember 2008: diese Stundenaufzeichnungen weisen folgende Auflistungen auf:


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10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
Summe
125 Stunden
1. bis
Urlaub
10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
Summe
90 Stunden


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10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden korrigiert auf 5 Stunden
5 Stunden
Summe
115 Stunden


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10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
5 Stunden
5 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
5 Stunden
5 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
5 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
5 Stunden
Summe
120 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
5 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
10 Stunden
10 Stunden
5 Stunden
Summe
90 Stunden

G) Auf die Vorhaltsantwort vom erstattete das Finanzamt seine Stellungnahme vom .

ad 1 Werkverträge:

Beide Werkverträge seien nicht unterschrieben und hätten den komplett identen Wortlaut. Sie hätten schon allein aus diesem Grund keine Rechtsgültigkeit.

Zum Inhalt des "Werkvertrages" sei Folgendes zu bemerken:

Mit einem Werkvertrag im Sinne des § 1151 ABGB werde grundsätzlich die Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges, d.h. zur Herstellung eines Werkes als eine in sich geschlossene Einheit, in der Regel bis zu einem bestimmten Termin, vereinbart. Die zu erbringende Leistung werde im Werkvertrag selbst konkretisiert und individualisiert. Ein Werkvertrag stelle ein Zielschuldverhältnis dar, dem keine auf Dauer angelegte Leistungserbringung zu Grunde liege. Mit der Erbringung der Leistung ende das Vertragsverhältnis.

Sämtliche vorgelegte Rechnungen wiesen dasselbe Bild auf, umschreiben die erbrachten Leistungen mit diverse Hilfsarbeiten und diverse Reinigungsarbeiten. In keinem Fall sei der tatsächliche Umfang des Auftrages oder die konkrete Leistung, d.h. eine Angabe über das zu erbringende "Werke", enthalten. Als Auftragswerte fänden sich Pauschalbeträge. Die Werkverträge nähmen nicht Bezug auf ein zu erbringendes einheitliches Werk, sondern führten ganz allgemein die Verpflichtung an, auf diversen Baustellen verschiedene Reinigungsarbeiten vorzunehmen. Es handle sich bei diesen Arbeiten um einfache Hilfsarbeiten (wie auch selbst auf den Honorarnoten angegeben worden sei), die typischerweise in Form von nichtselbstständiger Arbeit ausgeübt werde und nicht in Form von Werkverträgen. Mangels konkreter Angaben über das jeweils zu erbringende Werk, könne die als "Werkvertrag" bezeichnete Vereinbarung nicht als Werkvertrag im Sinne des § 1151 ABGB qualifiziert werden.

ad 2 Kopien der Überweisungsbelege:

Es seien entgegen der Aufforderung seitens des unabhängigen Finanzsenates lediglich die sich bereits zum Teil im Steuerakt befindlichen Rechnungen übermittelt worden, ein Nachweis über die Honorareingänge sei nicht erfolgt.

ad 3 Kopien der Beilagen zu den Einkommensteuererklärungen:

Die Beilage E 1 zur Erklärung für 2008 sei nicht übermittelt worden. Dem Steuerpflichtigen stehe grundsätzlich bei Vorliegen der Voraussetzungen die Möglichkeit zu, die Basispauschalierung gemäß § 17 EStG 1988 in Anspruch zu nehmen. Aus ertragsteuerlicher Sicht seien jedoch auch im Rahmen der Basispauschalierung nach § 126 BAO die Betriebseinnahmen und die gesondert absetzbaren Betriebsausgaben (Pflichtversicherungsbeiträge des Unternehmers, Ausgaben für Waren, Fremdlöhne etc.) aufzuzeichnen und die entsprechenden Belege aufzubewahren. Wurden also keine Ausgabenbelege gesammelt und aufbewahrt, würde ein Verstoß gegen die Bundesabgabenordnung vorliegen, wenn es sich, wie behauptet, um eine gewerbliche Tätigkeit handle.

ad 4 Kopien der Eingangsrechnungen für Arbeitsmittel:

siehe dazu die Ausführungen unter Punkt 3.

ad 5 Kopien von Inseratenaufträgen:

Es verwundere nicht, dass es auch zu diesem Punkt keinerlei schriftliche Nachweise gebe, sei doch bereits bei der Befragung am angegeben worden, dass Aufträge lediglich durch Mundpropaganda lukriert würden. Werde nun in der Vorhaltsbeantwortung angegeben, dass mit selbst erstellten Flugzetteln, die in der Umgebung verteilt worden seien, nach neuen Auftraggebern gesucht worden sei, allerdings kein solcher Flugzettel mehr übrig sei, so dürfte es sich lediglich um eine Schutzbehauptung handeln. Darüber hinaus ist es auch nicht die gängige Art Kunden zu werben.

Tatsache sei, dass der Bw. von August 2008 bis Juni 2010 ausschließlich für einen einzigen Auftraggeber tätig gewesen sei, ab Juli 2010 wiederum nur für einen, wenn auch anderen Auftraggeber.

ad 6 Stundenaufzeichnungen:

Dazu sei zu bemerken, dass zumindest in zwei Fällen (August und September) die Anzahl der Stunden laut Aufzeichnung nicht mit jenen übereinstimme, die auf den Rechnungen für diese Zeiträume angeführt seien.

ad Schlussbemerkung:

Die Veranlagung der Jahre 2009 und 2010 mit gewerblichen Einkünften sei aufgrund der elektronisch eingebrachten Erklärung vorerst ungeprüft erfolgt; dies bedeute keineswegs, dass damit die Tätigkeit des Steuerpflichtigen als gewerbliche Tätigkeit seitens des Finanzamtes eingestuft worden sei. Diese Bescheide würden einer diesbezüglichen Überprüfung unterzogen werden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist, ob es sich bei den für das Jahr 2008 erklärten Einkünfte um solche aus Gewerbebetrieb handelt. Zuvor ist aber die Frage zu klären, ob das Finanzamt zu Recht nach § 299 BAO vorgegangen ist.

Gemäß § 198 Abs. 2 erster Satz BAO haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, vermag lediglich der die Rechte einer Partei gestaltende oder feststellende Teil eines Bescheides, nämlich sein Spruch, eine Rechtsverletzung zu bewirken. Die Qualifikation eines bestimmten wirtschaftlichen Erfolges unter eine bestimmte Einkunftsart ist kein Bestandteil des Spruches des Einkommensteuerbescheides. Durch eine allenfalls unrichtige Qualifikation der Einkünfte in einem Abgabenbescheid ohne Auswirkung auf die Besteuerung wird ein Abgabepflichtiger in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten nicht verletzt (vgl. ).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 2509/80, ausgesprochen hat, gehört die Einreihung eines bestimmten Gewinnes unter eine bestimmte Einkunftsart im Einkommensteuerbescheid - im Gegensatz zum Feststellungsbescheid - nicht zum Spruch, sondern nur zur Begründung des Bescheides, weshalb von dieser Einreihung auch keine bindende Rechtskraftwirkung ausgehen kann (vgl. ).

Damit war wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 198 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Aufhebungsbescheid
Qualifikation der Einkünfte
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2012/03

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at