Zwangsstrafe wegen Nichteinreichung von Abgabenerklärungen
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RV/3222-W/09-RS1 | Erkrankt einer von mehreren einzelvertretungsbefugten Geschäftsführern, so obliegt es der übrigen Geschäftsführung für die Erfüllbarkeit der abgabenrechtlichen Erklärungspflicht Sorge zu tragen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom betreffend die Festsetzung einer Zwangsstrafe entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (in der Folge kurz mit Bw. bezeichnet) wird in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung geführt. Eine für berufsmäßige Parteienvertreter geltende Quotenvereinbarung betreffend die Abgabenerklärungsfrist für 2007 bestand nicht.
Als Geschäftsführer im hier relevanten Verfahrenszeitraum waren zum einen A und B in das Firmenbuch eingetragen, wobei A selbständig und B gemeinsam mit diesem zur Vertretung der Gesellschaft bestellt war. Daneben fungierte C als einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer.
Mit Erinnerungsschreiben vom forderte die Abgabenbehörde die Bw. auf, die Steuererklärungen für das Jahr 2007 samt dazugehörigem Jahresabschluss bis zum einzubringen.
Den eingelangten Fristverlängerungsansuchen der Bw. begegnete die Abgabenbehörde mit Bescheiden vom , vom und vom jeweils mit einer Abweisung, gewährte jedoch die beantragten Nachfrist im Ergebnis bis zum .
In der Folge ersuchte die Abgabenbehörde die Bw. mittels Bescheid vom nochmals um Einreichung der Erklärung sowohl betreffend Umsatz - als auch betreffend Körperschaftsteuer für 2007. Gleichzeitig wurde der Bw. angedroht, dass im Falle der Nichtbefolgung des vorgenannten Ersuchens innerhalb einer Frist bis zum eine Zwangsstrafe in Höhe von EUR 300,-- verhängt werden könne.
Mit Schreiben vom ersuchte die steuerliche Vertretung der Bw. erneut, die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen für 2007 bis zum zu verlängern. Begründend wurde folgendes ins Treffen geführt:
"...dass die arbeitsmäßige Kapazität infolge unvorhergesehener Beratungstätigkeit wegen der erwarteten Steuerreform besonders angespannt war und darüber hinaus noch eine Erkrankung meinerseits in den Monaten Jänner und Februar eingetreten ist konnte die gestellte Frist nicht eingehalten werden. Es wird jedoch nach besten Kräften versucht die nunmehr beantragte Frist bis einzuhalten...".
Nachdem die Bw. der Aufforderung, die Steuererklärungen für 2007 bis zu diesem Zeitpunkt einzubringen, nicht nachgekommen war, setzte die Abgabenbehörde nach neuerlichem Zuwarten mit Bescheid vom die angedrohte Zwangsstrafe fest. Gleichzeitig wurde die Bw. erneut aufgefordert, die bisher unterlassene Handlung bis zum nachzuholen, andernfalls eine weitere Zwangsstrafe von € 700,-- festgesetzt werde.
Am wurden die Abgabenerklärungen für 2007 elektronisch eingebracht. Der dazugehörige Jahresabschluss zum langte am beim Finanzamt ein. Im Bilanzbericht für 2007 heißt es wörtlich wie folgt: "Die Geschäfte wurden im Bilanzjahr von Herrn A geführt. Im Bilanzjahr waren 2 Geschäftsführer tätig."
Mit der von der Bw. durch ihren steuerlichen Vertreter mit Eingabe vom rechtzeitig erhobenen Berufung wurde die Aufhebung der festgesetzten Zwangsstrafe begehrt. Im Konkreten führte die Bw. dazu begründend aus, dass "der Geschäftsführer meiner Mandantschaft lange Zeit schwer erkrankt war und sich daher die Abgabe der Steuernummererklärungen 2007 verzögert" habe, jedoch immer Fristverlängerungsersuchen eingebracht und mittlerweile auch die Steuererklärungen abgegeben worden seien.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung gegen den Bescheid über die Festsetzung der Zwangsstrafe als unbegründet ab und begründete dies wie folgt:
"Im gegenständlichen Fall wurde die Zwangsstrafe wegen Nichteinreichung der bereits längst fällig gewesenen Abgabenerklärungen für das Jahr 2007 festgesetzt. Hinsichtlich der Erklärungsabgabe für 2007 bestand keine Quotenregelung. Mit Schreiben vom wurde die Berufungswerberin erstmals "erinnert", die Abgabenerklärungen für 2007 bis nachzureichen. Das hiezu eingebrachte Fristverlängerungsersuchen wurde am abgewiesen. Aufgrund eines weiteren Fristerstreckungsansuchens wurde eine Nachfrist bis zum und zufolge eines neuerlichen Fristverlängerungsantrages eine letztmalige Frist bis zum gewährt. Da auch diese letztmalige Frist nicht eingehalten wurde, ist mit Bescheid vom eine Zwangsstrafe von € 300,-- für den Fall, dass die Steuererklärungen für 2007 nicht bis zum eingereicht werden sollten, angedroht worden. Ungefähr drei Wochen nach Ablauf dieser Frist, nämlich mit Schreiben vom , wurde um neuerliche Fristverlängerung bis zum und um Abstandnahme von Zwangsstrafenvorschreibungen unter der Beteuerung, diesen Termin jedenfalls einzuhalten, ersucht. Erst rd. 2 Monate nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist hat das ho. Finanzamt mit Bescheid vom die bereits mit Bescheid vom angedrohte Zwangsstrafe von € 300,- festgesetzt und die Gesellschaft gleichzeitig aufgefordert, die unterlassene Handlung bis zum nachzuholen. Am , also mehr als 1 Jahr nach dem gesetzlichen Abgabetermin, wurde dann letztendlich die Umsatz- und Körperschaftsteuererklärung 2007 auf elektronischem Weg eingereicht. Im Hinblick auf diesen Sachverhalt kann die Begründung, "dass der Geschäftsführer längere Zeit schwer erkrankt war und sich die Abgabe der Steuererklärungen 2007 daher verzögert und mittlerweile die Steuererklärungen abgegeben wurden" der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen, weil nicht einmal angegeben wurde wann und welcher Art diese Erkrankung war und außerdem die Einreichung der längst fällig gewesenen Erklärungen erst am letzten Tag des im Zwangsstrafenfestsetzungsbescheid gesetzten Termins, dessen Nichteinhaltung eine weitere Festsetzung einer Zwangsstrafe von € 700,-- ausgelöst hätte, erfolgte."
Mit Schriftsatz vom stellte die steuerliche Vertretung namens der Bw. gemäß § 276 Abs. 2 BAO den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte dazu aus, von der Geschäftsführung sei mitgeteilt worden, dass im Jahr 2008 eine langwierige Erkrankung aufgrund eines Unfalles gegeben gewesen und für das Jahr 2009 die Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension beantragt worden sei.
In der Folge wurden von der Bw. "4 Krankenbestätigungen" (Augenärztlicher Befund vom , Kurzbrief des Augenfacharztes vom und vom sowie abschließender Augenärztlicher Befund vom ) übermittelt, aus denen hervorgeht, dass sich C infolge eines Sturzes auf das linke Auge und der daraus resultierenden Verletzung einer Operation mit Vorderkammerlinsenimplantation (Termin1) und einer nachfolgenden Netzhautoperation (Termin2) unterziehen musste, wobei beide Operationen und der postoperative Verlauf (Silikonölentfernung und partielle Glaskörperentfernung mit Membranektomie) als komplikationslos eingestuft worden sind.
Über die Berufung wurde erwogen:
Nach § 111 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden berechtigt, die Befolgung ihrer auf Grund gesetzlicher Befugnisse getroffenen Anordnungen zur Erbringung von Leistungen, die sich wegen ihrer besonderen Beschaffenheit durch einen Dritten nicht bewerkstelligen lassen, durch Verhängung einer Zwangsstrafe zu erzwingen.
§ 111 Abs. 2 BAO sieht vor, dass vor der Festsetzung der Zwangsstrafe, dieselbe dem Verpflichteten unter Aufforderung zur Erbringung der verlangten Leistung innerhalb einer angemessenen Frist angedroht zu werden hat, wobei die Aufforderung und die Androhung schriftlich erfolgen müssen, außer wenn Gefahr im Verzug ist.
Dabei ist zu beachten, dass die Festsetzung einer Zwangsstrafe dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen der Abgabenbehörde liegt und unter Bedachtnahme auf die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles die Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu berücksichtigen sind (siehe ).
Zweck der Zwangsstrafe ist daher, die Abgabenbehörde bei Erreichung ihrer Verfahrensziele zu unterstützen (vgl. ) und die Partei zur Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten zu verhalten (siehe ). So darf der Abgabepflichtige zur Erfüllung der im § 119 BAO normierten Offenlegungs -, Anzeige -u. Wahrheitspflicht im Wege des § 111 BAO verhalten werden. Danach besteht die Pflicht zur unaufgeforderten Offenlegung, wenn diese gesetzlich angeordnet ist.
Unter Beachtung des vorstehend Gesagten kann die Abgabe der Steuererklärungen als Erbringung einer Leistung, die wegen ihrer Beschaffenheit nur vom Abgabepflichtigen und dessen Vertreter erbracht werden kann, gemäß § 111 BAO mit Zwangsstrafe erzwungen werden (vgl. Zl. 97/14/0121).
Nach § 134 Abs. 1 BAO sind die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Umsatzsteuer jeweils bis zum Ende des Monates April jedes Jahres einzureichen. Die Abgabenerklärungen sind bis zum Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt.
Die Abgabenbehörde hat daher zu Recht von der ihr eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, wenn sie die Abgabenerklärungen 2007 mangels Einhaltung der gesetzlichen Abgabepflicht mit Erinnerung vom unter Setzung einer Nachfrist bis zum abverlangt hat.
Im Falle eines begründeten Antrages kann die Abgabenbehörde gemäß § 134 Abs. 2 BAO die in Abgabenvorschriften bestimmte Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung verlängern. Wird ein solches Fristverlängerungsansuchen abgelehnt, so ist nach der oben genannten Bestimmung eine Nachfrist von mindestens einer Woche zu setzen.
Dem hat die Behörde mit Bescheiden vom , vom und vom , mit denen die Fristerstreckungsansuchen der Bw. abgewiesen wurden, insoweit mehr als genüge getan, als sie im Ergebnis eine Nachfrist bis zum gewährte.
Im vorliegenden Fall ist die Bw. aber der Aufforderung des Finanzamtes selbst nach Ausschöpfung wiederholt erstreckten Frist, nicht nachgekommen. Daher hat die Abgabenbehörde die Bw. zu Recht mit Verfügung vom unter Androhung einer Zwangsstrafe an die Erfüllung der ihr obliegenden Verpflichtung erinnert.
Unter der weiteren Berücksichtigung des Umstandes, dass die Bw. auch die im Erinnerungsschreiben gesetzte Frist ungenützt verstreichen lies, erfolgte die Festsetzung einer Zwangsstrafe mit Bescheid vom dem Grunde nach auf Basis der in § 111 BAO normierten Befugnisse.
Wenn die steuerliche Vertretung der Bw. im Rahmen des Berufungsverfahrens erstmals dazu vorbringt, dass es ihr auf Grund der schweren Erkrankung des Geschäftsführers und dem damit verbundenen Unvermögen, die notwendigen Unterlagen für die Einreichung der Steuererklärung zu organisieren, geradezu unmöglich gewesen sei, die verlangte Abgabenerklärung fristgerecht einzubringen, so überzeugt dieser Einwand aus folgendem Grund nicht:
Es ist richtig, dass eine Zwangsstrafe nicht verhängt werden darf, wenn die zu erzwingende Leistung objektiv unmöglich, unzumutbar oder bereits vor Festsetzung der Zwangsstrafe erfolgt wäre (vgl. ). Dies trifft aber im gegenständlichen Streitfall nicht zu.
Laut Firmenbucheintrag war B gemeinsam mit A zur Vertretung der Bw. bestellt, während sowohl A als auch C als selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer fungierten.
Im vorliegenden Fall oblag die Vertretung der Gesellschaft daher nicht allein dem infolge eines zweifellos unglücklichen Sturzes erkrankten C . Vielmehr ist gerade aufgrund dessen Erkrankung den übrigen Geschäftsführern die Aufgabe zugekommen, sich um die abgabenrechtlichen Sorgfaltspflichten zu kümmern und nicht gegenüber anderen Obliegenheiten hintanzuhalten. Im Bilanzbericht für 2007 wird zudem ausdrücklich klar gestellt, dass A die Geschäfte geführt hat. Dafür, dass dies für diesen unmöglich oder unzumutbar gewesen sei, bietet weder das Berufungsvorbringen noch der Akteninhalt einen Anhaltspunkt.
Unter dem weiteren Gesichtspunkt, dass die Bw. steuerlich vertreten war, wäre es außerdem Aufgabe der Geschäftsführung gewesen, bereits zum gesetzlich festgelegten Abgabetermin im Juni 2008 und somit im Vorfeld der Erkrankung des C für die Erfüllbarkeit der im § 134 Abs. 1 BAO normierten Pflicht Vorsorge zu tragen und im Zusammenhang damit dem steuerlichen Vertreter die notwendigen Unterlagen zukommen zu lassen.
Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass der Bw. die Befolgung der mit Bescheid vom getroffenen Anordnung betreffend die Abgabe der Steuererklärungen hinsichtlich Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer für 2007 im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen objektiv möglich und auch zumutbar war.
In Anbetracht der wiederholten Fristverlängerungen und der damit verbundenen insgesamt mehr als ausreichend bemessenen Zeitspanne innerhalb derer der Bw. Gelegenheit zur Einreichung der gewünschten Unterlagen eingeräumt wurde, erscheint es keineswegs unbillig, diesem Erfordernis auch zu entsprechen.
Bedenkt man überdies, dass der Bw. vom Ablauf der Frist nach § 134 Abs. 1 BAO bis zur endgültigen Festsetzung der Zwangsstrafe mit Bescheid vom ein Zeitraum von rund 11 Monaten zur Verfügung stand, um der Erfüllung der ihr auferlegten Pflicht nachzukommen, so ergibt sich, dass die Festsetzung der Zwangsstrafe zur Erzwingung der Vorlage der Abgabenerklärungen für 2007 zu Recht erfolgt ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | |
Schlagworte | Zwangsstrafe Erkrankung abgabenrechtliche Erklärungspflicht |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at