Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSI vom 17.04.2013, RV/0532-I/09

Angemessenheitsprüfung bei einem Kleinbus (VW-Multivan)

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/0532-I/09-RS1
Die Einstufung von Fahrzeugen als Kleinbus führt (neben dem für solche Fahrzeuge möglichen Vorsteuerabzug) auch für die Rechtslage vor dem (VO BGBl 1996/273) dazu, dass die Angemessenheitsprüfung nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 nicht zur Anwendung kommt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vertreten durch Steuerberater, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom 20. Februar und betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer sowie Anspruchszinsen zur Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2006 entschieden:

Der Berufung betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2006 wird teilweise Folge gegeben. Die entsprechenden Bescheide werden abgeändert.

Die Berufung betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen zur Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2006 wird als unbegründet abgewiesen.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Die Fälligkeit des mit dieser Entscheidung festgesetzten Mehrbetrages der Abgaben ist aus der Buchungsmitteilung zu ersehen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) ist Arrangeur und Designer (Werbegestalter) und war bis zum Jahr 2006 als freier Dienstnehmer für die Gestaltung und Dekoration der Schaufenster der Filialen der T-AG in Westösterreich zuständig, die er regelmäßig bereiste. Bei der im Jahr 2009 beim Bw für die Jahre 2001 bis 2006 abgeschlossenen Außenprüfung vertrat die Prüferin die Ansicht, dass hinsichtlich der vom Bw im Jahr 2001 um 550.000 ATS (inkl. USt) und im Jahr 2005 um 50.300 EUR (inkl. USt.) angeschaffenen Kraftfahrzeuge der Marke VW-Multivan Comfortline TDI eine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen und der der Angemessenheit übersteigende Anteil der außerbetrieblichen Sphäre zuzurechnen und zudem für die Privatnutzung der Fahrzeuge ein Privatanteil auszuscheiden sei. Unter Punkt 1b und 9a der Niederschrift zur Schlussbesprechung der Außenprüfung vom wird dazu ausgeführt:

1b) LuxustangenteIm Jänner 2001 wurde ein VW Multivan TDI (=vorsteuerabzugsberechtigtes Kfz) angeschafft. Die Bruttoanschaffungskosten betrugen ATS 550.000.- (EUR 39.970,06). Dieser Kleinbus wurde im Jahr 2005 durch einen andren VW Multivan TDI (Leasingfahrzeug) abgelöst. Die Bruttoanschaffungskosten für dieses Kfz betrugen EUR 50.300.-. Eine Luxustangente wurde bisher nicht zum Ansatz gebracht. Von einer Angemessenheit der Ausgaben bei der Anschaffung eines Kleinbusses wird gem. § 20 EStG gesprochen, wenn diese im Jahr 2001 ATS 467.000.- (EUR 33.938,21) brutto und ab dem Jahr 2005 EUR 40.000.- brutto nicht übersteigen. Im vorliegenden Fall sind aufgrund der unangemessen hohen Anschaffungskosten die wertabhängigen Kosten (wie Versicherung, Steuer, Leasing, Service) sowie die AfA um 17,78% für den im Jahr 2001 und um 25% für den im Jahr 2005 angeschafften VW Multivan zu kürzen. Da der im Jahr 2001 angeschaffte VW Multivan im Jahr 2005 veräußert wurde, betrifft die 17,78%ige Kürzung ebenso den Restbuchwert als auch die Einnahmen aus dem Verkauf in diesem Jahr.

Zum Eigenverbrauch wird ausgeführt:

9a) Kfz MultivanEin Privatanteil wurde bisher nicht zum Ansatz gebracht. Es gibt weder ein Fahrtenbuch noch Aufzeichnungen über durchgeführte private Fahrten. Der Privatanteil wird daher von der Bp. in Anlehnung an die Angaben des Abgabepflichtigen im Ausmaß von 6% (d.s. 5.000 km) zum Ansatz gebracht.

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ nach Wiederaufnahme der Verfahren für die Jahren 2002 bis 2005 und nach Aufhebung der Bescheide gemäß § 299 BAO für das Jahr 2006, mit Ausfertigungsdatum 20. Februar und neue, mit den Berechnungen der Prüferin übereinstimmende Umsatz- und Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2002 bis 2006, sowie Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für diese Jahre.

Mit Eingabe vom erhob der Bw gegen diese Bescheide fristgerecht Berufung. In der Berufungsergänzung vom brachte er vor, die für beide Fahrzeuge berechnete Luxustangente und der angesetzte Eigenverbrauch seien seines Erachtens nicht anzusetzen, da zwar auch für Kleinbusse die Angemessenheitsprüfung gelte, aber in besonderen Fällen auf die Angemessenheitsprüfung verzichtet werden könne. Die unter der Rz 4766 der Einkommensteuerrichtlinien angeführte Ausnahme von der Angemessenheitsprüfung für Fahrzeuge, die im weitaus überwiegenden Ausmaß im Rahmen des Kundendienstes eingesetzt würden, treffe in seinem Fall zu. Er müsse nämlich im Rahmen seiner Tätigkeit sämtliche Filialen der Telekom Austria in den westlichen Bundesländern täglich bereisen und dort die Gestaltung und Dekoration sämtlicher Schaufenster vornehmen. Der Auftragsplan und der damit verbundene Fahrplan sei schon von vornherein seitens des Auftragsgebers festgelegt worden und hätten von ihm nur mehr geringfügig und wenn, dann nur aus organisatorischen Gründen abgeändert werden können. Dies entspreche im Wesentlichen einem Auftragsplan eines Fahrverkäufers oder eines Kundendienstes. Außerdem sei es notwendig gewesen ein umfangreiches Sortiment an Gegenständen ständig im Fahrzeug zu lagern. Sämtliche Werkzeuge wie Sägen, Bohrmaschine und Zubehörteile hätten sich ganzjährig im Kraftfahrzeug befunden und seien täglich benutzt worden. Die hintere Sitzbank sei ständig entfernt gewesen. Eine private Nutzung aufgrund des Funktionszustandes des Fahrzeuges könne nur im kleinsten Ausmaß angenommen werden. Die jährliche Kilometerleistung habe bei ca. 100.000 km gelegen. Zum Zeitpunkt des Fahrzeugverkaufes habe der Kilometerstand 450.000 km betragen. Gelegentliche Abzweigungen auf der Heimfahrt nach dem Kundendienst für Besorgungen des persönlichen Bedarfs seien nicht im wesentlichen Ausmaß erfolgt. Weiters habe seine im gemeinsamen Haushalt lebende Gefährtin einen PKW, zusätzlich habe er für eine gewisse Zeit einen PKW der Marke Renault Megan angemeldet gehabt. Vergleiche mit Handelsvertretern mit ähnlich hohen Kilometerleistungen könnten nicht durchgeführt werden, da in den meisten Fällen diese Fahrzeuge nicht umgebaut seien und in ihrer Funktion einem Personenkraftwagen gleichen würden. Bei Benützung solcher Fahrzeuge könne sicherlich aufgrund der Qualität der Ausstattung von einem Luxusfahrzeug gesprochen werden.

Mit Berufungsvorentscheidung von wies das Finanzamt die Berufung gegen die bekämpften Umsatz- und Einkommensteuerbescheide als unbegründet ab, nahm aber hinsichtlich des Jahres 2006 insofern eine Änderung der Bescheide zu Lasten des Bw vor, als es eine bei der Betriebsaufgabe nicht erfasste Ausgangsrechnung über 6.552 € brutto der Umsatz- und Einkommensteuer unterzog. Bezüglich der von der Prüferin für die gegenständlichen Fahrzeuge angestellte Angemessenheitsprüfung führte das Finanzamt aus, die Tz 4766 der Einkommensteuerrichtlinien beziehe sich nicht auf Kundendienstfahrzeuge, sondern auf Fahrzeug, die im weitaus überwiegenden Ausmaß im Rahmen des "Kundenservice" eingesetzt würden. Gemeint seine damit Fahrzeuge von Hotelbetrieben, um zB Gäste vom Bahnhof oder Flughafen abzuholen. Das Fahrzeug des Bw falle nicht unter diese Bestimmung. Zum angesetzten Privatanteil an den Aufwendungen für die Kraftfahrzeuge führte das Finanzamt aus, die Umbauten seien so erfolgt, dass sie jederzeit wieder rückgängig gemacht werden könnten und eine private Verwendung jederzeit möglich sei. Beim Kraftfahrzeug der Lebensgefährtin handle es sich um einen PKW der Marke Fiat Punto bzw. Fiat Stilo (ab 2005). Da die Lebensgefährtin auch ein (minderjähriges) Kind habe, erscheine es eher unwahrscheinlich, dass für Privatfahrten nur der PKW der Lebensgefährtin verwendet worden sei. Der Bw übe diverse Sportarten wie Schifahren, Biken, Marathonteilnahme und den Rudersport als Mitglied des Wiener Rudervereins aus. Für derartige Zwecke sei ein Kraftfahrzeug wie der VW Multivan geradezu prädestiniert. Der Renault Megane sei dem Bw im Prüfungszeitraum nicht mehr zur Verfügung gestanden, da dieser (seit der Pensionierung des Vaters) von den Eltern des Bw verwendet worden sei. Ein Fahrtenbuch sei nicht geführt worden und eine ausschließlich betriebliche Nutzung widerspreche den Erfahrungswerten, zumal der Bw selbst kein zweites Fahrzeug besessen habe. Der geschätzte Privatanteil im Ausmaß von 5.000 km pro Jahr (6% der gesamten Jahreskilometerleistung) erscheine aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes als durchaus angemessen.

Im Vorlageantrag vom brachte der Bw ergänzend vor, die Entfernung der hinteren Sitzbank sei zwar technisch ohne Probleme möglich, er sei aber der Ansicht, dass der Aufwand der Entfernung der Sitzbank sowie die neuerliche Montage um Sitzplätze für die Privatnutzung zu erhalten, mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden sei, der letztlich eine derartige Nutzung verwirke.

Über die Berufung wurde erwogen:

I) Angemessenheitsprüfung:

Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG dürfen betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen oder Ausgaben, die auch die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren, und zwar insoweit, als sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung unangemessen hoch sind, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden. Dies gilt unter anderen für Aufwendungen im Zusammenhang mit Personen- und Kombinationskraftwagen. Die Angemessenheitsprüfung nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG hat nach § 3 der PKW-Angemessenheitsverordnung, BGBl. II 2004/466,auch bei Leasingfahrzeugen stattzufinden (Doralt/Kofler, EStG11, § 20 Tz 52; /2006/15/0169).

Der Bw stützt seine Berufung auf die Rz 4766 der Einkommensteuerrichtlinien, nach der eine Angemessenheitsprüfung bei jenen Personen- und Kombinationskraftwagen, die weitaus überwiegend dem Abholen von Kunden dienen (Kundenservice eines Hotels oder Reisebüros), unterbleiben kann. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die vom Bw angeführten Einkommensteuerrichtlinien mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt keine für den Unabhängigen Finanzsenat beachtliche Rechtsquelle darstellen (vgl. ua. ; ). Abgesehen davon dürften damit wohl jene Fahrzeuge gemeint sein, die dem Kunden unmittelbar dienen und die Lebensführung des Unternehmers nicht berühren, wie etwa ein PKW oder Kombi der ausschließlich für den Transport von Gästen eines Hotels verwendet wird (vgl. Doralt/Kofler, EStG11, § 20 Tz 42; Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, 48. Lieferung (Mai 2011), § 20 Tz 4, Pkt. 1). Eine solche Verwendung des Fahrzeuges liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Zu beurteilen ist ausschließlich, ob es sich bei dem vom Bw im Jahr 2001 angeschafften Fahrzeug der Marke VW-Multivan Comfortline TDI und den von ihm ab dem Jahr 2005 auf Leasingbasis benutzen neuen Fahrzeug der gleichen Marke und Type, um Personen- bzw. Kombinationskraftwage im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG handelt, denn nur die Aufwendungen für diese Fahrzeuge unterliegen der Angemessenheitsprüfung, nicht jedoch Kleinlastkraftwagen und Kleinbusse (vgl. Hofstätter/Reichel, aaO, § 20 Tz 4, Pkt. 4.1; Doralt/Kofler, aaO, § 20 Tz 37).

Die Auslegung der in § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG verwendeten Begriffe "Personen- und Kombinationskraftwagen" richtet sich für nach dem angeschaffte Fahrzeuge nach der - auch auf Basis dieser Rechtsgrundlage ergangenen - Verordnung über die steuerliche Einstufung von Fahrzeugen als Kleinlastkraftwagen und Kleinbussen, BGBl II 193/2002.

Nach § 1 dieser Verordnung fallen Kleinlastkraftwagen und Kleinbusse nicht unter die Begriffe "Personenkraftwagen" und "Kombinationskraftwagen". Unter einem Kleinbus ist nach § 5 der Verordnung ein Fahrzeug zu verstehen, das ein kastenwagenförmiges Äußeres sowie Beförderungsmöglichkeiten für mehr als sechs Personen (einschließlich des Fahrzeuglenkers) aufweist. Bei der Beurteilung der Personenbeförderungskapazität ist nicht auf die tatsächlich vorhandene Anzahl der Sitzplätze, sondern auf die auf Grund der Bauart und Größe des Fahrzeuges maximal zulässige Personenbeförderungsmöglichkeit abzustellen. Es ist auch unmaßgebend, ob ein nach diesen Kriterien als Kleinbus anerkanntes Fahrzeug Zwecken des Personentransportes oder des Lastentransportes dient. Nach § 6 Abs. 2 leg.cit. ist diese Verordnung in Bezug auf die Einkommensteuer auf Fahrzeuge anzuwenden, die ab angeschafft (hergestellt) werden bzw. bei denen der Beginn der entgeltlichen Überlassung ab dem erfolgt.

Mit dieser Verordnung hat der BMF auf das den Vorsteuerabzug betreffende , Slg 2002, I-81, Metropol und Stadler, reagiert und entsprechend den Kreis der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Fahrzeuge gegenüber der Verordnung BGBl 1996/273 erweitert (siehe den Erlass AÖF 141/2002 = ÖStZ 2002/361, 222), für die damit in den Vorsteuerabzug "hineingewachsenen" Fahrzeuge ist daher seit auch ertragsteuerlich keine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen (Doralt/Kofler, aaO, § 20 Tz 47).

Bei dem vom Bw seit dem Jahr 2005 verwendeten Leasingfahrzeug der Marke VW-Multivan Comfortline TDI handelt es sich zweifelsfrei um einen Kleinbus im Sinne des § 5 der angeführten Verordnung BGBl II 193/2002. Es weist ein kastenförmiges Äußeres sowie Beförderungsmöglichkeiten für sieben Personen (einschließlich des Fahrzeuglenkers) auf. Auch nach der Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen handelt es sich bei der vom Bw verwendete Fahrzeugtype um einen Kleinbus im Sinne des § 5 der oben angeführten Verordnung (siehe Hofstätter/Reichel, aaO, § 20 Tz 4, Seite 10/7, Liste der Kleinbusse gemäß § 5 der Verordnung BGBl. II 193/2002). Da das vom Bw ab dem Jahr 2005 benützte Leasingfahrzeug auch ertragsteuerlich nicht als Personen- und Kombinationskraftwagen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG anzusehen ist, hat - entgegen der Ansicht des Finanzamtes - eine Angemessenheitsprüfung nicht zu erfolgen.

Für das vom Bw im Jahr 2001 angeschaffte und bis zum Jahr 2005 verwendeten Kraftfahrzeug der gleichen Marke und Type (VW-Multivan TDI) ist die Verordnung BGBl. II 193/2002, die - wie bereits oben angeführt - in Bezug auf die Einkommensteuer nur für Fahrzeuge ab Anschaffung bzw. Beginn der entgeltlichen Überlassung ab dem gilt, nicht anwendbar.

Die bis dahin geltende Verordnung BGBl 1996/273 über die steuerliche Einstufung von Fahrzeugen als Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen, die hinsichtlich der Einkommensteuer nur auf § 8 Abs. 6 Z 1 und § 10 Abs. 4 EStG 1988 verweist, stellt höhere Anforderungen für die Qualifikation als Klein-Autobusse (Kleinbus) und erweitert damit den Kreis der Fahrzeuge, die noch als Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen anzusehen sind. Nach § 1 dieser Verordnung fallen Lastkraftwagen und Klein-Autobusse nicht unter den Begriff Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen. Neben den in § 10 Z 1 genannten Fahrzeugen sind nach Z 2 dieser Verordnung Kleinbusse, auch wenn sie kraftfahrrechtlich und zolltarifarisch als Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen eingestuft sind, steuerrechtlich keine Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen, wenn sie eine einem Autobus entsprechende Form aufweisen und das Fahrzeug kraftfahrrechtlich für die Beförderung von mindestens sieben Personen (einschließlich des Fahrzeuglenkers) zugelassen ist und bereits werkseitig hinter der dritten Sitzreihe in hinterster Position einen Laderaum mit einer Länge von mindestens 500 mm aufweist. Diese Länge muss im Durchschnitt von Laderaumboden bis zur Höhe von 500 mm über dem Laderaumboden erreicht werden.

Der im Jahr 2001 vom Bw angeschaffte VW-Multivan erfüllt aber auch diese strengeren Anforderungen und ist daher in die vom Finanzministerium aufgelegte Liste der Kleinautobusse aufgenommen worden, die nach Ansicht des Ministeriums die Voraussetzungen des § 10 Z 2 der Verordnung BGBl 1996/273 erfüllen (Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zum UStG 1994, § 12 Anm. 325, Liste der Klein-Autobusse gemäß § 10 Z 2 der Verordnung BGBl. II 273/1996).

Auch wenn in dieser Verordnung nicht auch ausdrücklich auf § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 Bezug genommen wird, so sieht der Senat keine sachliche Rechtfertigung dafür, die Begriffe "Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen" für die Angemessenheitsprüfung anders (strenger) auszulegen als diese für die § 8 Abs. 6 Z 1 und § 10 Abs. 4 EStG 1988 hinsichtlich der Nutzungsdauer und des Ausschlusses des Investitionsfreibetrages durch die Verordnung BGBl. II 273/1996 erfolgt ist, zumal diese Begriffe in der Nachfolgeverordnung für die § 8 Abs. 6 Z 1 und § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 einheitlich definiert worden sind.

Da das strittige Fahrzeug somit auch für den Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Verordnung BGBl 193/2002 nicht als PKW oder Kombi im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 sondern als Kleinbus bzw. Klein-Autobus anzusehen ist, ist auch für den im Jahr 2001 angeschafften VW-Multivan für die Streitjahre 2002 bis 2004 keine Angemessenheitsprüfung anzustellen. Der Berufung war daher in diesem Punkt stattzugeben.

II) Privatanteil PKW-Kosten:

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Das Verhältnis der privaten zur betrieblichen Nutzung ist an Hand der gefahrenen Kilometer zu ermitteln und vom Steuerpflichtigen nachzuweisen (zB durch ein Fahrtenbuch) oder zumindest glaubhaft zu machen; ansonsten erfolgt eine Schätzung (vgl. Doralt, EStG11, § 4 Tz 330, Stichwort "Kraftfahrzeug-Kosten").

Unbestritten ist, dass der Bw seinen Kleinbus auch für private Fahrten verwendet hat. Ein Fahrtenbuch oder sonstige Aufzeichnungen aus denen ersichtlich wäre, in welchem Ausmaß der Bw das strittige Kraftfahrzeug für private Zwecke verwendet hat, sind nicht geführt worden. Die Prüferin hat daher zu Recht den Privatanteil der Kfz-Aufwendungen im Wege der Schätzung ermittelt. Der mit 6% der Kfz-Kosten in Ansatz gebrachte Privatanteil, der im gegebenen Fall einer privaten Fahrleistung von rd. 5.000 km im Jahr entspricht, wird - gemessen am Maßstab der allgemeinen Lebenserfahrung - als keineswegs zu hoch erachtet.

Zum Einwand in der Berufung wonach, der Bw "für eine gewisse Zeit" zusätzlich einen PKW der Marke "Renault Megan" angemeldet gehabt habe, hat bereits das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung ausgeführt, dass dieses Fahrzeug in den Berufungsjahren von den in Wien lebenden Eltern des Bw verwendet worden sei. Diesem Vorbringen hat der Bw, der gegenüber dem Finanzamt angegeben hat, dass das Fahrzeug vor dem Verkauf im Jahr 2005 ca. zwei Jahre bei seinen Eltern gestanden habe, im Vorlageantrag nicht widersprochen. Auch der Einwand, wonach seine damalige im gemeinsamen Haushalt lebende Lebensgefährtin einen eigenen PKW ("Fiat Punto" bis 2005 und danach "Fiat Stilo") gehabt habe, vermag das Berufungsbegehren nicht zu stützten. Selbst wenn der Bw gelegentlich den Klein-PKW seiner damaligen Lebensgefährten benutzt haben sollte, rechtfertigt dies nicht einen noch niedrigeren Privatanteil als von der Prüferin angesetzt. Aus der Behauptung des Bw, wonach die hintere Sitzbank des Kleinbusses ständig entfernt gewesen sei, lässt sich für das Ausmaß der Privatnutzung nichts gewinnen. Der vom Bw gezogene Schluss, dass dadurch eine Privatnutzung verwirkt worden wäre, ist jedenfalls unzutreffend. Eine Privatnutzung eines Fahrzeuges setzt nicht voraus, dass mehrere Personen transportiert werden. Auch ohne die hintere Sitzbank bot das Fahrzeug zumindest zwei Personen (Fahrer- und Beifahrer) Platz, zudem gesteht auch der Bw zu, dass diese Sitzbank bei Bedarf ohne Probleme mit ein paar Handgriffen montiert werden konnte. Auch dem Einwand des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung, wonach der Bw diverse Sportarten wie Schifahren, Biken, Marathonteilnahme und den Rudersport als Mitglied des Wiener Rudervereins ausübe und der VW Multivan zum Transport der Sportgeräte geradezu prädestiniert gewesen sei, trat der Bw nicht entgegen.

Unter Bedachtnahme der dargestellten Umstände wird der von der Prüferin angesetzt Privatanteil von 6% der Kfz-Aufwendungen als durchaus moderat und somit keineswegs als zu hoch erachtet.

Wie unter Pkt. I bereits ausgeführt, waren die geltend gemachten Kfz-Kosten nicht um die Luxustangente zu kürzen. Die Höhe des Kfz-Privatanteiles erfährt somit insoweit eine Änderung, als als Bemessungsgrundlage nicht wie vom Finanzamt angenommen, die um die Luxustangente verminderten, sondern die tatsächlichen Kfz-Kosten heranzuziehen sind.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
2002
2003
2004
2005
2006
Kfz-Kosten lt. Erkl:
11.958,41
11.133,48
16.261,35
21.601,93
14.213,76
AfA lt. Erkl:
+6.661,68
+6.661,68
+6.661,68
+3.330,84
---
Summe lt. Erkl:
18.620,09
17.795,16
22.923,03
24.932,77
14.213,76
davon 6% PA:
1.117,21
1.067,71
1.375,38
1.495,97
852,83
- PA lt. Bp:
-996,47
-939,15
-1.229,70
-1.319,24
-722,42
Differenz PA lt. BE:
+120,74
+128,56
+145,68
+176,73
+130,41

Hinsichtlich der Umsatzsteuer ändert sich die Bemessungsgrundlage für den Kfz-Eigenverbrauch wie folgt (in EUR):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
2002
2003
2004
2005
2006
Kfz-Kosten brutto lt. Erkl:
11.958,41
11.133,48
16.261,35
21.601,93
14.213,76
-Kfz-Versicherung:
-2.312,31
-1.647,11
-1.641,26
-2.272,36
-1.483,30
Kfz-Kosten korr. brutto:
9.646,10
9.486,37
14.620,09
19.329,57
12.730,46
Kfz-Kosten korr. netto:
8.038,42
7.905,31
12.183,41
16.107,98
10.608,72
+AfA lt. Erkl:
+6.661,68
+6.661,68
+6.661,68
+3.330,84
---
USt-Basis netto lt. BE:
14.700,10
14.566,99
18.845,09
19.438,82
10.608,72
davon 6% EV lt. BE:
882,01
874,02
1.130,71
1.166,33
636,53
- EV lt. Bp:
-769,55
-755,04
-997,46
-1.013,14
-527,85
Differenz EV lt. BE:
+112,46
+118,98
+133,25
+153,19
+108,68

III) Anspruchszinsenbescheide:

Hinsichtlich der Berufung gegen die Anspruchszinsenbescheide für die Jahre 2002 bis 2006 wird darauf hingewiesen, dass diese an die Höhe der im Bescheidspruch der Einkommensteuerbescheide (Stammabgabenbescheide) ausgewiesenen Nachforderungen gebunden sind (Ritz, SWK 2001, S. 27 ff) und Zinsenbescheide daher nicht mit der Begründung anfechtbar sind, die zu Grunde liegenden Stammabgabenbescheide seien rechtswidrig. Wird - wie im gegenständlichen Fall - dem Berufungsbegehren teilweise Rechnung getragen, sind seitens der Abgabenbehörde erster Instanz vielmehr neue, den geänderten Einkommensteuerbescheiden Rechnung tragende Zinsenbescheide zu erlassen (vgl. Ritz, BAO, § 205 Tz 35).

IV) Berechnung:

Wie bereits oben dargestellt, hat das Finanzamt im Zuge des Berufungsverfahrens festgestellt, dass bei der Betriebsaufgabe im Jahr 2006 eine Ausgangsrechnung über 6.552 € brutto nicht erfasst worden ist und hat diesen Betrag in der Berufungsvorentscheidung der Umsatz- und Einkommensteuer unterzogen. Die nachträgliche Erfassung dieses Betrages durch das Finanzamt blieb unbestritten. Dieser Betrag ist daher auch im Zuge der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen

a) Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfahren folgende Änderungen (in EUR):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
2002
2003
2004
2005
2006
Eink. aus Gw. lt. Bp:
28.267,54
31.415,65
43.102,67
55.390,42
17.822,66
Tz. 1 (Kfz-Betriebsk.):
-827,77
-958,16
-1.243,53
-2.353,16
-2.173,43
TZ 2, (RBW 2005):
---
---
---
-592,23
---
Tz 6 (Kfz-AfA):
-1.184,45
-1.184,45
-1.184,45
-592,23
---
Tz 8 (RBW 2006):
----
----
---
+1.778,00
---
Tz 10 (PA lt. BE):
+120,74
+128,56
+145,68
+176,73
+130,41
nicht erfasste AR lt. BVE:
---
---
---
---
+5.460,00
Eink. aus Gw lt. BE:
26.376,06
29.401,60
40.820,37
53.807,53
21.239,64

b) Die Umsatzsteuer-Bemessungsgrundlagen erfahren folgende Änderungen (in EUR):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
2002
2003
2004
2005
2006
stb. Umsätze lt. Bp:
61.104,47
49.176,28
73.423,71
94.603,59
36.932,96
+ Kfz-EV lt. BE:
+112,46
+118,98
+133,25
+153,19
+108,68
+ Einn. a. Kfz-Verkauf:
----
----
----
+1.778,00
---
nicht erfasste AR lt. BVE:
+5.460,00
stb. Umsätze lt. BE:
61.216,93
49.295,26
73.556,96
96.534,78
42.501,64

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 10 Berechnungsblätter

Innsbruck, am

Ergeht auch an: Finanzamt als Amtspartei

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 Abs. 2 Steuerliche Einstufung von Fahrzeugen, BGBl. II Nr. 193/2002
§ 10 Z 2 Steuerliche Einstufung von Fahrzeugen, BGBl. Nr. 273/1996
§ 1 Steuerliche Einstufung von Fahrzeugen, BGBl. II Nr. 193/2002
§ 3 PKW-Angemessenheitsverordnung, BGBl. II Nr. 466/2004
Schlagworte
Kleinbus
Angemessenheitsprüfung
VW-Multivan

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at