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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSF vom 15.04.2013, RV/0169-F/11

Beurteilung der Steuerfreiheit von gemeinschaftlichen Einkünften einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, an der zwei Vereine beteiligt sind, bereits im Einkünftefeststellungsverfahren?

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X, vertreten durch die Winkel Steiner Wirtschaftstreuhand Steuerberatungsges.m.b.H., 6845 Hohenems, Schweizer Straße 77, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist eine Arbeitsgemeinschaft (in der Folge: ARGE), welche mit "Arbeitsgemeinschaftsvertrag" vom von den Vereinen "V1" und "V2" errichtet wurde. Zweck der "ARGE" ist die "Herausgabe eines gemeinsamen Informationsorganes (einer Zeitung bzw. periodischen Druckschrift) sowie anderer Drucksachen einschließlich einer wohnrechtlichen Entscheidungssammlung für die Mitglieder der Mitgliedsorganisationen (Landesverbände und der in ihnen organisierten Bezirks- und Ortsorganisationen sowie anderer Organisationen), die sich der Vertretung, dem Schutz und der Förderung des privaten Eigentums an Häusern, Wohnungen und Grundstücken satzungsgemäß verschrieben haben, als deren offizielles Organ" (Punkt II. des Arbeitsgemeinschaftsvertrages).

Die Summe der Bareinlagen in die Arbeitsgemeinschaft beträgt laut Punkt VIII. des Arbeitsgemeinschaftsvertrages 1000 €, das Beteiligungsverhältnis zwischen den Gesellschaftern 99,9 % (Vorarlberger Eigentümervereinigung) und 0,1 % (Vorarlberger Landesverband).

In der Bilanz für das Jahr 2006 wies die Bw. einen Erlös aus Werbeeinnahmen im Zusammenhang mit der Herausgabe der Zeitschrift Y in Höhe von 54.166,66 € und einen Gewinn in Höhe von 35.991,53 € aus. Dieser Gewinn wurde einer steuerfreien "Rücklage aus Zufallsgewinne" zugewiesen.

Die Bildung dieser Rücklage wurde im Zuge einer Betriebsprüfung in Frage gestellt. Dazu stellte die Prüferin fest, die ARGE zähle rechtlich gesehen zu den Personengesellschaften. Eine Personengesellschaft sei kein Steuersubjekt, steuerpflichtig seien die dahinter stehenden Personen. Eine Gemeinnützigkeit der ARGE könne daher nicht vorliegen und sei die Bildung einer Rücklage für Zufallsgewinne daher nicht anzuerkennen. Die Gewinne der ARGE müssten einheitlich und gesondert festgestellt und auf die Gesellschafter entsprechend dem Ausmaß ihrer Beteiligung verteilt werden (vgl. Tz. 2 des Prüfberichtes vom ).

Das Finanzamt folgte der Meinung der Prüferin und stellte die gemeinschaftlichen Einkünfte für das Jahr 2006 mit Bescheid vom gemäß § 188 BAO mit 35.991,53 € fest. Von diesen Einkünfte wurden 36 € dem V2 und 35.955,53 € der V1 zugerechnet.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung verwies die Bw. auf die Ausführungen in den gleichzeitig anhängigen Berufungsverfahren betreffend die Gemeinnützigkeit der V1 und des Vorarlberger Landesverbandes der Haus- und Grundbesitzervereine von Vorarlberg vom , woraus sich ergebe, dass die Bw. sehr wohl gemeinnützig und die Dotierung einer Rücklage für Zufallsgewinne zulässig sei. Im Übrigen handle es sich bei der Bw. auch nicht um eine Personengesellschaft.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung als unbegründet ab. Zur Begründung führte es aus, die Bw. könne als ARGE keine steuerlichen Begünstigungen für gemeinnützige Rechtsträger in Anspruch nehmen. Gemäß § 34 BAO stünden Begünstigungen, die in den einzelnen Abgabenvorschriften für Betätigungen für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke gewährt würden, nur Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen zu. Einer Personengesellschaft könne daher derartige Steuerbegünstigungen nicht in Anspruch nehmen.

Am stellte die Bw. den Antrag auf Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Gegen die Ausführungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung wandte sie ein, es werde zwar in verschiedenen Kommentaren zur BAO die Meinung vertreten, der Ausdruck "Personenvereinigung" in § 34 BAO beziehe sich vor allem auf Vereine, GmbHs, Stiftungen, Anstalten, Genossenschaften sowie Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts, weshalb Gesellschaften bürgerlichen Rechts nicht unter diesen Begriff fielen. Gleichzeitig werde aber auch Kritik an dieser einschränkenden Auslegung geübt (vgl. Ritz, BAO³, § 34 Rz 1). Achatz, Non-Profit-Organisationen II, S 28ff, meine, die historische Anlehnung an das Körperschaftsteuerrecht überzeuge schon deshalb nicht, weil die Vorschriften der BAO nicht nur für das Körperschaftsteuerrecht, sondern allgemein für das Abgabenrecht gälten. Es sei kein sachlicher Grund zu erkennen, der die abgabenrechtliche Begünstigung an die Körperschaftsteuersubjektivität der Personenvereinigung knüpfe. Das Ergebnis der nichtrechtsfähigen Personenvereinigungen sei direkt den Gesellschaftern zuzurechnen und werde bei diesen steuerlich erfasst. Insofern sei aus körperschaftsteuerlicher Sicht lediglich relevant, ob dem jeweiligen Gesellschafter der abgabenrechtlich begünstigte Status zukomme. Systemgerecht könne eine Beurteilung der Gemeinnützigkeit nur sein, wenn bei Personenvereinigungen ohne Rechtspersönlichkeit die Gesellschafter auf ihre Gemeinnützigkeit hin beurteilt würden. Im vorliegenden Fall seien zwei Vereine die einzigen Gesellschafter der ARGE. Seien diese beiden Vereinen gemeinnützig, so sei auch die ARGE gemeinnützig.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Berufungswerberin ist eine Arbeitsgemeinschaft zwischen zwei Vereinen im Sinne des Vereinsgesetzes 1951. Diese Arbeitsgemeinschaft wurde mit Vertrag vom in der Rechtsform einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht im Sinne §§ 1175ff ABGB errichtet.

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist eine Personengesellschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Rechtspersönlichkeit kommt lediglich den an der Gesellschaft beteiligten natürlichen oder juristischen Personen zu.

Dementsprechend ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch im Ertragsteuerrecht nicht selbst steuerpflichtig, weil sie weder Körperschaftsteuersubjekt noch, als Zusammenschluss mehrerer Personen, Einkommensteuersubjekt ist.

Ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts kein Steuersubjekt, so ist sie doch Subjekt der Gewinnfeststellung. Die gemeinschaftlichen Einkünfte werden nicht von den beteiligten Gesellschaftern für sich erklärt, vielmehr erfolgt über diese Einkünfte eine einheitliche und gesonderte Feststellung gemäß § 188 BAO. Damit werden die gemeinschaftlichen Einkünfte mit Bescheid festgestellt und auf die Teilhaber verteilt. Diese Feststellungen bilden die Grundlage für die in der Folge an die an den Einkünften beteiligten steuerpflichtigen Personen ergehenden Körperschaft- oder Einkommensteuerbescheide.

Einen solchen Feststellungsbescheid hat das Finanzamt am erlassen.

Die Bw. wendet sich gegen die mit diesem Bescheid festgestellten Einkünfte mit dem Argument, diese seien steuerfrei, weil die an der Arbeitsgemeinschaft beteiligten Vereine ebenso wie der Zweck der Arbeitsgemeinschaft - die Herausgabe der Zeitung - gemeinnützig im Sinne des § 34 BAO seien.

Hiezu ist zu sagen:

Die BAO regelt nur die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke. Die abgabenrechtlichen Begünstigungen für solche Zwecke sind in den einzelnen Abgabenvorschriften selbst geregelt. Die Bw. meint mit der geltend gemachten Steuerfreiheit offensichtlich jene gemäß § 5 Z 6 KStG 1988. Danach sind Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 KStG 1988, die der Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke nach Maßgabe der §§ 34 bis 47 BAO dienen, von der unbeschränkten Steuerpflicht befreit.

Körperschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 KStG 1988 sind 1. juristische Personen privaten Rechts 2. Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts und 3. nichtrechtsfähige Personenvereinigungen, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen.

Nun ist die Bw. selbst keine Körperschaft iS des § 1 Abs. 2 KStG 1988, sondern eine nichtrechtsfähige Personengesellschaft. Es stellt sich daher die Frage, ob sich die Bw. überhaupt auf die Steuerbegünstigung des § 5 Z 6 KStG 1988 berufen kann. Denn juristische Personen sind ja lediglich die an der Bw. beteiligten Vereine und nur diese können daher in den Genuss der Steuerfreiheit des § 5 Z 6 KStG 1988 kommen.

Auch die Bestimmungen der §§ 34 ff. BAO stellen klar, dass die dort allgemein geregelten Begünstigungen "nur" für Körperschaften einschließlich Personenvereinigungen, Vermögensmassen und Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts gelten. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts fällt daher nicht unter die Bestimmungen der §§ 34 ff. BAO (vgl. Ritz, BAO³, § 34 Tz 1).

Damit ist aber nicht gesagt, dass die Steuerfreiheit gemäß § 5 Z 6 KStG 1988 nie zusteht, sobald sich Körperschaften zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammenschließen. Denn wie bemerkt, ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Ertragssteuerrecht kein Steuersubjekt, sondern allenfalls ein Gewinnfeststellungssubjekt ist. Eine Steuerbefreiung kann aber immer nur einem Steuersubjekt zustehen.

Wenn nun für eine Arbeitsgemeinschaft lediglich eine eigene Gewinnermittlung erfolgt, so ist die Frage der Steuerfreiheit doch immer für die einzelnen, an der Arbeitsgemeinschaft beteiligten Gesellschafter zu beurteilen. Daher steht einer Körperschaft die Steuerfreiheit des § 5 Z 6 KStG 1988 grundsätzlich auch als Gesellschafterin einer Arbeitsgemeinschaft zu. Voraussetzung ist allerdings, dass der begünstigte gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zweck einer Körperschaft auch bei einer Tätigkeit im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft gewahrt bleibt.

Eine andere Frage ist, ob über die Gemeinnützigkeit und Steuerfreiheit der Anteile aufgrund des § 5 Z 6 KStG 1988 bereits im Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO oder erst im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung zu befinden ist. Zweck der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO ist es, die Grundlagen für die Besteuerung in einer Weise zu ermitteln, die ein gleichartiges Ergebnis für alle Beteiligten gewährleistet und die Abführung von Parallelverfahren in den Abgabenverfahren der Beteiligten vermeidet (). Grundsätzlich sollen alle Feststellungen, welche die gemeinschaftlich erzielten Einkünfte betreffen, im Feststellungsbescheid mit Bindungswirkung für die Abgabenbeschiede der Teilhaber getroffen werden, weil abgabenrechtlich relevante Feststellungen zweckmäßigerweise in jenem Verfahren zu treffen sind, in dem der maßgebliche Sachverhalt mit dem geringsten Verwaltungsaufwand ermittelt werden kann ().

Der Spruch des Feststellungsbescheides hat daher nicht nur die gemeinschaftlichen Einkünfte und ihre Höhe, den Feststellungszeitraum und die Namen der Beteiligten zu enthalten, sondern auch darüber abzusprechen, ob zB die Einkunftsteile begünstigten Steuersätzen gemäß § 37 EStG 1988 unterliegen (). Nicht schon im Feststellungsverfahren festzustellen war hingegen, ob auf gemeinschaftliche Einkünfte der ermäßigte Steuersatz gemäß § 38 Abs. 4 EStG 1972 anzuwenden war, da die Anwendungsvoraussetzungen für diese Steuerbegünstigung nur im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung festgestellt werden konnten ().

Begünstigungen, die bei der Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, sind an die Voraussetzungen geknüpft, dass die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die Begünstigung zukommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder nach ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke dient (§ 34 Abs. 1 erster Satz BAO).

Gemeinnützig sind gemäß § 35 Abs. 1 BAO solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird.

Eine Förderung der Allgemeinheit liegt nach § 35 Abs. 2 erster Satz BAO nur vor, wenn die Tätigkeit dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem oder materiellem Gebiet nützt.

Ausschließliche Förderung setzt u.a. voraus, dass die Körperschaft, abgesehen von völlig untergeordneten Nebenzwecken, keine anderen als gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt (§ 39 Z 1 BAO).

Eine unmittelbare Förderung liegt vor, wenn eine Körperschaft den gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck selbst erfüllt. Dies kann auch durch einen Dritten geschehen, wenn dessen Wirken wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist (§ 40 Abs. 1 BAO).

Ob die an der Bw. beteiligten Vereine im Sinne der §§ 34ff BAO gemeinnützig sind, ist in den jeweiligen Abgabenverfahren zu prüfen.

Die Feststellung der Steuerfreiheit der gemeinschaftlichen Einkünfte bereits im Feststellungsverfahren setzt somit voraus, dass sowohl die Tätigkeit der ARGE als auch die Satzungen und die tatsächlichen Geschäftsführungen der an der beteiligten Vereine auf ihre Gemeinnützigkeit hin untersucht werden. Damit würde aber der Rahmen des Feststellungsverfahrens - die Feststellung gemeinschaftlicher Einkünfte - gesprengt und dem Grundsatz, dass abgabenrechtlich relevante Feststellungen in jenem Verfahren getroffen werden sollen, in denen der maßgebliche Sachverhalt mit dem geringsten Verwaltungsaufwand ermittelt werden kann, widersprochen, müssten doch neben den Satzungen der beteiligten Vereine auch alle anderen, über die ARGE hinaus ausgeübten Tätigkeiten dieser Vereine geprüft werden. Die Frage der Anwendung der Steuerfreiheit gemäß § 5 Z 6 KStG 1998 ist daher zweckmäßigerweise in den einzelnen Körperschaftsteuerverfahren und nicht schon im Feststellungsverfahren zu treffen. Das Finanzamt hat daher zu Recht die gemeinschaftlichen Einkünfte mit dem angefochtenen Feststellungsbescheid festgestellt und war die Berufung daher bereits aus diesem Grunde als unbegründet abzuweisen.

Auf die Frage, ob die an der Bw. beteiligten Vereine gemeinnützig im Sinne des § 5 Z 6 KStG 1988 iVm §§ 34 ff BAO waren oder nicht, war daher in diesem Zusammenhang nicht weiter einzugehen. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der Unabhängige Finanzsenat die Gemeinnützigkeit der V1 mit Entscheidung vom , RV/0243-F/11, verneint hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 5 Z 6 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 34 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at