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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 03.09.2009, RV/0401-L/08

Schuldhaftes Verhalten

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, zuletzt wohnhaft in D-83995 Freilassing, Münchnerstraße 3, vom gegen den Haftungsbescheid gem. § 12 BAO des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom , entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin vertrat seit die S KEG als unbeschränkt haftende Gesellschafterin (Komplementärin).

Mit Haftungsbescheid vom wurde die Berufungswerberin gem. §§ 9 und 80 ff BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der KEG im Ausmaß von € 10.945,24 in Anspruch genommen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung stattgegeben und der Bescheid aufgehoben.

Mit Haftungsbescheid vom wurde die Berufungswerberin neuerlich, jedoch gem. § 12 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der KEG im Ausmaß von € 10.945,24 in Anspruch genommen.

Mit Schriftsatz vom wurde vom damals ausgewiesenen Vertreter sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen die dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Abgabenschulden (§ 248 BAO) Berufung erhoben. So habe das Finanzamt bereits mit Haftungsbescheid vom die Berufungswerberin zur Haftung herangezogen. Der dagegen eingebrachten Berufung sei mit Berufungsvorentscheidung vom stattgegeben und der Bescheid aufgehoben worden. Nunmehr sei erneut ein Haftungsbescheid mit exakt dem gleichen Betrag erlassen worden. Mangels Vorlageantrag sei die Berufungsvorentscheidung vom in Rechtskraft erwachsen. Die Berufungsvorentscheidung dürfe nicht zum Nachteil des Berufungswerbers zum Zwecke der Korrektur von etwaigen Mängeln verwendet werden. Wesentlich sei, dass die Sache bereits im Haftungsbescheid vom individualisiert und konkretisiert worden sei, weshalb in dieser Sache mittlerweile res iudicata eingetreten sei. Abgesehen davon sei der Grundsatz des Parteiengehörs verletzt worden. Um darlegen zu können, weshalb es der Berufungswerberin unmöglich gewesen sei die abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen, hätte ihr die Behörde nämlich nach Akteneinsicht die Möglichkeit zur Stellungnahme geben müssen. Auch habe die Behörde keinen konkreten Sachverhalt dargelegt und lediglich gesetzliche Bestimmungen und Rechtssätze in der Begründung angeführt. Weiters sei die Berufungswerberin steuerlich vertreten gewesen. Die ordnungsgemäße Entrichtung sämtlicher Abgaben und die damit verbundene Gebarung sei ausschließlich der Steuerberatungs- GmbH oblegen, weshalb man auch darauf hätte vertrauen dürfen, dass diese die Abgaben ordnungsgemäß entrichtet.

In der Berufungsvorentscheidung vom hielt das Finanzamt fest, dass bei einer KEG der Komplementär für die Abgabenschulden der KEG mit seinem privaten Vermögen hafte. Die Berufungswerberin vertrete die KEG seit . Die Haftungsbescheide vom bzw. seien keinesfalls ident, während sich der Haftungsbescheid vom auf die §§ 9 und 80 BAO stütze, stütze sich der Haftungsbescheid vom auf § 12 BAO. Was die Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehörs betreffe, so müsse die Haftung gem. § 12 BAO dem Haftenden nicht vorgehalten werden, ergebe sich diese bereits aus dem Gesetz. Bei einer Haftung gem. § 12 BAO bedürfe es zudem keiner schuldhaften Pflichtverletzung und demnach auch keiner ausführlichen Begründung über den Gesetzestext hinaus. Im Regelfall sei davon auszugehen dass der bevollmächtigte Steuerberater für die Berechnung der Abgaben sowie für die Erstellung der Steuererklärungen zuständig sei, niemals hingegen für die Bezahlung. Dies würde bedeuten, dass der Pflichtige dem Berater auch eine entsprechende Bankvollmacht erteilt hätte.

Im Vorlageantrag vom wurden keine neuen Gründe vorgebracht.

Mit Schreiben vom wurde seitens der erkennenden Behörde darauf hingewiesen, dass der VwGH in ständiger Rechtsprechung die Ansicht vertrete, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung nicht Tatbestandsvoraussetzung des § 12 BAO sei und die Gesellschafter einer KEG unmittelbar, primär, unbeschränkt, persönlich und solidarisch haften. Letztendlich wurde darauf hingewiesen, dass zunächst über die Berufung gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden sei. Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet. Mit Schreiben vom gab der ausgewiesene Vertreter die Bevollmächtigungsauflösung bekannt.

Mehrere Zustellversuche nach Deutschland scheiterten. Nachdem in Erfahrung gebracht werden konnte, dass sich die Berufungswerberin in der Schweiz aufhält, wurde diese bescheidmäßig aufgefordert, einen in Österreich wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten bekannt zu geben. Der Bescheid wurde gleichfalls nicht behoben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 12 BAO haften die Gesellschafter von als solche abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung. Der Umfang ihrer Haftung richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.

Die Berufungswerberin war laut Firmenbuch seit unbeschränkt haftende Gesellschafterin (Komplementärin).

Gemäß § 161 Abs. 1 UGB ist eine Kommanditgesellschaft eine unter eigener Firma geführte Gesellschaft, bei der die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern bei einem Teil der Gesellschafter auf einen bestimmten Betrag (Haftsumme) beschränkt ist (Kommanditisten), beim anderen Teil dagegen unbeschränkt ist (Komplementäre). Soweit der zweite Abschnitt des zweiten Buches des UGB nichts anderes bestimmt, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Gesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung (§ 161 Abs. 2 UGB).

Demnach haften die Komplementäre für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner unbeschränkt. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam (§ 128 UGB).

Gemäß § 906 Abs. 14 UGB traten unter anderem die §§ 105 bis 180 UGB mit in Kraft. Soweit nichts anderes bestimmt ist, sind auf Sachverhalte, die sich vor diesem Zeitpunkt ereignet haben, die bisher geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Gemäß § 4 Abs. 1 EGG waren auf eingetragene Erwerbsgesellschaften die Vorschriften des Handelsgesetzbuches und der Vierten Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch über die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft sowie - unter Bedachtnahme auf die §§ 2 und 6 - die für diese Gesellschaften geltenden Vorschriften über die Firma anzuwenden. Gemäß § 128 iVm § 161 HGB hafteten die Komplementäre einer KG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung war Dritten gegenüber unwirksam. Dies galt gemäß § 4 Abs. 1 EGG auch für die persönlich haftenden Gesellschafter einer KEG.

An der persönlichen, unbeschränkten und unmittelbaren Haftung der Berufungswerberin für die Abgabenschulden der Primärschuldnerin ist durch das Inkrafttreten des UGB und die damit verbundene Änderung der vormaligen KEG in die nunmehrige KG somit keine Änderung eingetreten.

Die Berufungswerber kam als persönlich haftende Gesellschafterin daher grundsätzlich als Haftungspflichtige im Sinne des § 12 BAO in Betracht.

Das Finanzamt hat im gegenständlichen Berufungsverfahren die Haftungsinanspruchnahme ausdrücklich auf § 12 BAO gestützt. Somit wird das Vorliegen einer res iudicata mangels Identität der Rechtsgrundlage zu verneinen sein. Daraus folgert aber auch, dass es bei einer Haftung gem. § 12 BAO im Gegensatz zur Haftung gem. § 9 BAO auf ein Verschulden nicht ankommt (VwGH 2004/13/0027 vom , UFS RV/0033-L/04 vom ). Das zur Frage einer Geschäftsführerhaftung im Sinne des § 9 BAO erstattete Vorbringen geht somit ins Leere. Gleiches hat für die Verantwortung zu gelten, dass die Steuerberatungskanzlei für die Abgabenentrichtung verantwortlich gewesen sei. Ist, wie das Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung bereits treffend ausgeführt hat, diese für die Berechnung der Abgaben und für die Erstellung der Erklärungen aber nicht für die Bezahlung der Abgaben zuständig. Eine Verletzung des Grundsatzes des Parteiengehörs liegt nicht vor, zumal nach erfolgter Akteneinsicht mit Schreiben vom ohnedies ausreichend Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt wurde.

Dass die Berufungen über den Haftungsbescheid und gegen den maßgeblichen Bescheid über den Abgabenanspruch nicht zu einem gemeinsamen Verfahren zu verbinden sind ergibt sich aus § 248 BAO (s. Ritz, BAO³, § 248 Tz 16). Dazu kommt noch, dass es sich beim überwiegenden Teil der haftungsgegenständlichen Abgaben um Selbstbemessungsabgaben handelt die von der KEG selbst bekannt gegeben worden sind; denen somit kein anfechtbarer Bescheid zu Grunde liegt.

Die Erlassung eines Haftungsbescheides ist eine Einhebungsmaßnahme. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 12 BAO für die Heranziehung der Berufungswerberin zur Haftung für die gegenständlichen Abgaben lagen daher vor.

Die Gesellschafterhaftung zählt zu den persönlichen Haftungen im Sinne des § 7 BAO, deren Geltendmachung im Ermessen der Abgabenbehörde liegt. Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben, in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. § 12 BAO normiert zwar keine Ausfallshaftung, die Nachrangigkeit der Haftung ist aber auch hier zu berücksichtigen (Ritz, BAO³, § 12 Tz 5). Bei der Ermessensübung ist vor allem der Zweck der Haftungsbestimmung zu berücksichtigen. Haftungen sind Besicherungsinstitute. Daraus ergibt sich eine gewisse Nachrangigkeit der Haftung im Verhältnis zur Inanspruchnahme des Hauptschuldners. Der Haftende darf daher in der Regel nur dann in Anspruch genommen werden, wenn die Einbringung der Abgabe beim Hauptschuldner gefährdet oder wesentlich erschwert wäre oder wenn die Inanspruchnahme des Hauptschuldners aus rechtlichen Gründen nicht möglich oder nicht zulässig wäre (Ritz, BAO³, § 7 Tz 6).

Mit einer Einbringung der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin ist im vorliegenden Fall im Hinblick darauf, dass die Gesellschaft bereits liquidiert und im Firmenbuch gelöscht wurde, wohl kaum mehr zu rechnen.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Da die Abgabestelle nicht ohne Schwierigkeiten festgestellt werden konnte, war die Zustellung durch Hinterlegung ohne vorausgehenden Zustellversuch vorzunehmen (§ 8 Abs. 2 ZustellG).

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 12 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at