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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 06.10.2008, RV/2366-W/06

Verhängung eines Verspätungszuschlages zur Einkommensteuer

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Johannes Patzak, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 1. und 23. Bezirk betreffend Verspätungszuschlag betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Der Verspätungszuschlag betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 wird mit € 275,45 festgesetzt.

Rechtsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) eingebracht werden.

Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Der Bw. war vom Finanzamt eine Frist zur Einreichung der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 bis zum eingeräumt worden, die sie nicht wahrnahm. Daher wurde sie mit Mahnschreiben des Finanzamtes vom aufgefordert, die Abgabenerklärung bis zum vorzulegen. Da die Bw. auch innerhalb dieser nochmals erstreckten Frist ihrer Verpflichtung zur Einreichung einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 nicht nachkam, wurde von der Abgabenbehörde erster Instanz eine Schätzung der Grundlagen für die Abgabenerhebung gemäß § 184 BAO vorgenommen und der Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 vom erlassen.

Mit Bescheid gleichen Datums wurden der Bw. Anspruchszinsen zur Einkommensteuer für das Jahr 2003 in Höhe von € 281,48 vorgeschrieben.

Weiters wurde der Bw. mit Bescheid gleichen Datums ein Verspätungszuschlag betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 in Höhe € 556,93, das sind 10 % der festgesetzten Einkommensteuer in Höhe von € 5.569,39, vorgeschrieben. Als Bescheidbegründung wurde angegeben: "Die Festsetzung des Verspätungszuschlages erfolgte aufgrund der Bestimmungen des § 135 BAO."

Die Bw. erhob mit Anbringen vom Berufung gegen den Bescheid betreffend Verspätungszuschlag betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 und brachte folgendes vor: "Der Verspätungszuschlagsbescheid ist deshalb unrichtig, weil die Abgabe nicht verspätet entrichtet wurde. Es wird vielmehr die rechtskräftige Steuerfestsetzung zu dem Ergebnis gelangen, dass keine Abgabenverbindlichkeit besteht."

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes vom als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung wurde mitgeteilt, dass entgegen der von der Bw. in der Berufungsschrift getroffenen Aussage eine Berufung gegen den Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 bis dato beim Finanzamt nicht eingelangt sei.

Die Bw. stellte mit Anbringen vom (innerhalb verlängerter Frist) den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte folgendes vor: Die in der Berufungsvorentscheidung gegebene Begründung sei unzureichend. Auch wenn keine Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2003 eingebracht worden sei, hätte gesondert geprüft werden müssen, ob ein Verspätungszuschlag zu verhängen gewesen wäre. Bei Durchführung einer derartigen Prüfung wäre die Verhängung eines Verspätungszuschlages zu unterlassen gewesen. Wie bereits in der Berufungsschrift ausgeführt worden sei, sei eine verspätete Zahlung nicht erfolgt. Überdies sei aber der Verspätungszuschlag in einer exzessiven Höhe angenommen worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die aus dem bloßen Hinweis auf die Rechtsgrundlage bestehende Begründung des angefochtenen Bescheides betreffend Verspätungszuschlag betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 kann nicht als zureichend erachtet werden (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar, 3. überarbeitete Auflage, § 93, Tz 10-15).

Da Begründungsmängel im erstinstanzlichen Verfahren im Rechtsmittelverfahren saniert werden können (vgl. ), werden die erforderlichen Ergänzungen von der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgenommen:

Die Rechtsgrundlage für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages ist § 135 BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idF BGBl. I Nr. 71/2003.

Gemäß dieser Bestimmung kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist. Verspätungszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und der herrschenden Lehre ist Zweck des Verspätungszuschlages, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen (z.B. ; , 98/17/0292; , 2002/17/0267) und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen (Stoll, BAO, 1524, BFH, BStBl 1997 II 642; BStBl 2002 II 124). Ein weiterer Zweck ist in der Abgeltung des durch die nicht rechtzeitige Einreichung der Abgabenerklärungen verursachten erhöhten Verwaltungsaufwandes zu sehen (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar, 3. überarbeitete Auflage, § 135, Tz 1).

1) Tatbestandsmerkmal Verspätung:

Die Verhängung eines Verspätungszuschlages setzt gemäß § 135 BAO die Nichtwahrung der Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung voraus.

Im vorliegenden Fall wurde die Einreichung einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 trotz des Mahnschreibens des Finanzamtes vom (mit Fristerstreckung bis zum ) unterlassen, so dass die Erlassung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2003 vom aufgrund einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO vorgenommen werden musste. An der der Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Verspätung besteht demnach kein Zweifel.

2) Tatbestandsmerkmal Verschulden:

Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages gemäß § 135 BAO setzt voraus, dass ein Abgabepflichtiger die Frist bzw. Nachfrist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist. Eine Verspätung ist nicht entschuldbar, wenn den Abgabepflichtigen daran ein Verschulden trifft; bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus (vgl. ).

Kein Verschulden liegt zum Beispiel vor, wenn die Partei der vertretbaren Rechtsansicht war, dass sie keine Abgabenerklärung einzureichen hat und daher die Einreichung unterlässt (vgl. , 0141; , 92/17/0286). Gesetzesunkenntnis oder irrtümliche, objektiv fehlerhafte Rechtsauffassungen sind (nach ; , 2002/17/0267; , 2001/13/0133) nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße, nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen wurde (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar, 3. überarbeitete Auflage, § 135, Tz 10).

Im vorliegenden Fall muss von einer absichtlichen und somit unentschuldbaren Unterlassung der Einreichung einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 durch die Bw. ausgegangen werden. Dies deshalb, da die Bw. nicht nur die Einreichfrist verstreichen ließ, sondern auch nach Ergehen des Mahnschreiben des Finanzamtes, mit dem eine Nachfrist bis zum gesetzt wurde, nicht reagierte. Aus dem Veranlagungsakt geht überdies hervor, dass der Bw. mit Schreiben des Finanzamtes vom im Rahmen der Wahrung des Parteiengehörs betreffend die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2003 abermals mit der Problematik der Nichteinreichung einer Abgabenerklärung konfrontiert wurde und die Reaktion der Bw. auf dieses Schreiben das Anbringen vom war, mit welchem sie lediglich eine als "Beiblatt zur Ermittlung der Einkünfte aus V+V" bezeichnete Aufstellung vorlegte. Daher kann ausgeschlossen werden, dass die Bw. keine Kenntnis von der Verpflichtung zur Einreichung einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2003 gehabt hätte oder einem Rechtsirrtum unterlegen wäre.

In diesem Zusammenhang ist zur Tatsache, dass die Bw. durch einen Rechtsanwalt vertreten war und dieses Vertretungsverhältnis auch die Zustellungsbevollmächtigung umfasste, anzumerken, dass das Verschulden des Vertreters dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten ist.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Verhängung eines Verspätungszuschlages keine vorherige Mahnung zur Einreichung der Erklärung voraussetzt, so dass selbst das Unterbleiben einer solchen (gesetzlich gar nicht vorgesehenen Mahnung) eine verspätete Einbringung der Abgabenerklärung nicht entschuldbar erscheinen lässt (vgl. ).

3) Ermessensübung:

Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages gemäß § 135 BAO liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (vgl. ; , 98/17/0292).

Bei der Ermessensübung sind vor allem zu berücksichtigen:

- das Ausmaß der Fristüberschreitung (vgl. ; , 88/17/0094; , 99/15/0008).

- die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils (vgl. ; BMF, AÖF 1981/183, Abschn. 2 ; -G/02; FJ 2004, 77).

- das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen, z.B. seine Neigung zur Missachtung abgabenrechtlicher Pflichten (; , 96/16/0126) bzw. dass der Abgabepflichtige in der Vergangenheit seinen abgabenrechtlichen Verpflichtungen stets pünktlich nachgekommen ist (FJ-LS 93/1991), weiters etwa die Nichteinreichung der Erklärungen für die Vorjahre (, 1614/80) oder der Umstand, dass der Abgabepflichtige bereits mehrfach säumig war ().

- der Grad des Verschuldens.

Gemäß § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Unter Billigkeit ist die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei und unter Zweckmäßigkeit das öffentliche Interesse, insbesondere das Interesse an der Einbringung der Abgaben oder die Verwaltungsökonomie zu verstehen. Die Ermessensübung hat sich vor allem am Zweck der anzuwendenden Norm zu orientieren. Bei der Ermessensübung ist auch das aus Art. 126b B-VG ableitbare Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung zu beachten (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung Kommentar, 3. überarbeitete Auflage, § 20, Tz 7-9).

Was das bei der Ermessensübung zu berücksichtigende Ausmaß der Fristüberschreitung anbelangt, wird auf die unter den Punkten 1) und 2) getroffenen Ausführungen verwiesen.

Die Höhe des durch das Unterlassen der Einreichung einer Abgabenerklärung von der Bw. erzielten finanziellen Vorteils errechnet sich laut Einkommensteuerbescheid vom aus der Einkommensteuer für das Jahr 2003 in Höhe von € 23.625,91 abzüglich der anrechenbaren Lohnsteuer in Höhe von € 18.056,52 und beträgt somit € 5.569,39, was rund 23,5 % der Abgabe ausmacht.

Dem Vorbringen der Bw. dass der angefochtene Bescheid deshalb unrichtig wäre, weil die Abgabe nicht verspätet entrichtet worden sei, kann nicht gefolgt werden, da keine Vorauszahlung geleistet wurde.

Dem Vorbringen, dass die rechtskräftige Steuerfestsetzung zum Ergebnis führen würde, dass keine Abgabenverbindlichkeit bestehen würde, kann keine Relevanz beigemessen werden, da der auf Grundlage der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen erlassene Bescheid betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 vom nicht mit Berufung angefochten und somit rechtskräftig wurde.

Zum bisherigen steuerlichen Verhalten der Bw. ist festzustellen, dass dieses durch ein nicht geringes Maß an Sorglosigkeit geprägt war. Es ist aktenkundig, dass die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 und 2001 von der Bw. mit erheblicher Verspätung und letztendlich erst nach Androhung der Vornahme von Schätzungen der Besteuerungsgrundlagen eingereicht wurden. Die Tatsache, dass die Bw. bereits mehrfach säumig war, sich durch ihr pflichtwidriges Verhalten finanzielle Vorteile verschaffte und zusätzlichen Verwaltungsaufwand erzeugte, erfordert eine entsprechende Berücksichtigung im Rahmen der Ermessensübung.

Was den Grad des Verschuldens anbelangt, so muss - wie bereits unter Punkt 2) ausgeführt wurde - zweifellos vom Vorliegen eines Vorsatzes ausgegangen werden.

Insgesamt führt die rechtliche Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes zur Überzeugung, dass die Festsetzung eines Verspätungszuschlages gemäß § 135 BAO dem Grunde nach zu Recht erfolgte.

Allerdings sind bei der Ermessensübung für die Festsetzung der Höhe des Verspätungszuschlages die mit Bescheid vom festgesetzten Anspruchszinsen gemäß § 205 BAO zu berücksichtigen.

Denn soweit der Zinsvorteil des Abgabepflichtigen durch Nachforderungszinsen "abgeschöpft" wird, darf er nicht nochmals beim Verspätungszuschlag berücksichtigt werden (vgl. Ritz, SWK 2001, 35).

Daher werden die für den Zeitraum bis (532 Tage) unter Heranziehung eines Tageszinssatzes von 0,0095 % festgesetzten Anspruchszinsen in Höhe von € 281,48 vom festgesetzten Betrag an Verspätungszuschlag (€ 556,93), abgezogen.

Der Verspätungszuschlag betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2003 wird mit € 275,45 festgesetzt, was einem Prozentsatz von 4,95 der festgesetzten Einkommensteuer von € 5.569,39 entspricht.

Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien,

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 135 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Verspätungszuschlag
Verspätung
Verschulden
Ermessen
Zinsvorteil
Anspruchszinsen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at