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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 22.11.2005, RV/0752-W/05

Übernahme von Verbindlichkeiten durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer als Werbungskosten

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A., Adr., vertreten durch Kelemen & Mollatz WTH OEG, 7000 Eisenstadt, Kaiserallee 8, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Einkommensteuer 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

A. (Berufungswerber, Bw.) erklärte 2002 Einkünfte aus selbständiger Arbeit von 15.221,06 €. Hinsichtlich seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Geschäftsführer der T.GmbH. machte er bei steuerpflichtigen Bezügen (laut Lohnzettel) von 44.994,86 € Werbungskosten von insgesamt 50.422,10 € geltend. Dieser Betrag setzt sich aus 48.548 € für eine Haftungsübernahme und 1.874,10 € für Km-Geld, Diäten und Telefon zusammen. Von der K.RNF.T.GmbH. wurde ein Lohnzettel für den Zeitraum 1. Jänner bis ausgestellt, von der K.AG ein Lohnzettel für 1. September bis .

In Ergänzung der Einkommensteuererklärung legte der Bw. eine Vereinbarung zwischen ihm und der K.AG vom vor. In dieser Vereinbarung werden im Wesentlichen folgende Bedingungen für die Abtretung der Geschäftsanteile des Bw. (10%) an der T.GmbH. an die K.AG (bisheriger Geschäftsanteil 90%) festgelegt, um in der Folge eine Verschmelzung der T.GmbH. mit der K.AG vorzunehmen:

Der Bw. übernimmt im Zeitpunkt der Abtretung seines Geschäftsanteiles die Haftung für 10% der aushaftenden Bankverbindlichkeiten der T.GmbH. von 631.188,04 €, somit in Höhe von 63.118,80 €. Darüber hinaus leistet der Bw. den noch offenen Restbetrag von 13.000 € des an die T.GmbH. gewährten Gesellschafterdarlehens durch Abzüge von jeweils 1.000 € von seinem monatlichen Bruttogehalt. Bei Austritt des Bw. aus der Gesellschaft wird der offene Betrag sofort fällig. Das Gesellschafterdarlehen diente zum Zweck der Verlustabdeckung und ist nicht rückzahlbar.

Die K.AG leistet für die Abtretung des Geschäftsanteils eine Abgeltung des inneren Asset-Wertes des Geschäftsanteiles von 18.500 € sowie eine Abgeltung für die verwertbaren Verlustvorträge von 24.500 €, insgesamt einen Betrag von 43.000 €, welcher bei Vorlage einer Vereinbarung mit den Banken bezüglich Zahlungsmodalitäten für die Bankverbindlichkeiten fällig wird. Ein notarieller Abtretungsvertrag wurde ebenfalls am abgeschlossen.

Werden von der K.AG Assets (im Sinne des Anbotes vom ) oder Teile davon verkauft, erfolgt eine Abgeltung von 10% der Verkaufssumme nach Abzug des inneren Asset-Wertes und der Veräußerungskosten an den Bw.

Das Finanzamt erließ einen Einkommensteuerbescheid, ohne den Betrag von 48.548 € für die Haftungsübernahme als Werbungskosten anzuerkennen. Zur Begründung führte das Finanzamt aus, die Haftungsübernahme sei bei der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung (Abtretung eines Gesellschaftsanteiles) zu berücksichtigen und könne daher nicht bei den Werbungskosten abgezogen werden.

Der Bw. brachte gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 eine Berufung ein, da die Beteiligung im Wesentlichen als Konsequenz seiner Anstellung als Geschäftsführer erfolgt sei und nicht einer unternehmerischen Tätigkeit entsprochen habe. Auch sei die Beteiligung 2002, also bereits nach zwei Jahren, wieder rückabgewickelt worden, wonach § 31 EStG gar nicht zur Anwendung komme. Die Haftungsübernahme für Verbindlichkeiten des ehemaligen Dienstgebers seien in diesem Falle eindeutig im Zusammenhang mit der Erhaltung seines Arbeitsplatzes zu sehen.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung ab, da nach Ansicht des Finanzamtes der Bw. nicht als Dienstnehmer der T.GmbH . zur Haftung herangezogen worden sei, sondern er sich als Gesellschafter zur Haftungsübernahme im Umfang seines Beteiligungsausmaßes für die Bankschulden der Gesellschaft verpflichtet habe, um eine Beteiligungsveräußerung und nachfolgende Verschmelzung der T.GmbH . mit der K.AG zu ermöglichen.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes würden zu den Anschaffungskosten einer Beteiligung auch nachträgliche Aufwändungen gehören, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst seien. Übernimmt ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft Bankschulden der Gesellschaft, seien die ihm daraus erwachsenden Kosten als Gesellschaftereinlage zu werten, die weder als Betriebsausgabe noch als Werbungskosten im Rahmen der Geschäftsführertätigkeit abzugsfähig seien. Einkommensteuerrechtlich sei nicht zu differenzieren, ob Gesellschafter ihre Gesellschaft von vornherein mit entsprechend hohem Eigenkapital ausstatten, welches in der Folge durch Verluste der Gesellschaft verloren gehe, ob erst später Einlagen getätigt werden oder ob sich schließlich der Gesellschafter vertraglich verpflichtet, für Schulden der Gesellschaft die Haftung zu übernehmen.

Der Bw. beantragte die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte aus, dass ihm aus der Übernahme einer Bürgschaft für seinen ehemaligen Dienstgeber, der T.GmbH., Kosten entstanden seien, wobei das Finanzamt die Berücksichtigung von Werbungskosten abgelehnt habe, da er gleichzeitig Gesellschafter (10%) gewesen sei. Diesbezüglich sei zu ergänzen, dass bereits 1999 sein Dienstgeber, die K.AG , die Bedingung gestellt habe, einen Geschäftsanteil an der GesmbH. zu übernehmen - in der Absicht, ihn dadurch stärker an das Unternehmen zu binden.

In der Folge sei mit der Übernahme des Gesellschaftsanteiles auch die Übernahme einer Bürgschaft notwendig geworden. Der Anteil von 10% habe dem Bw. aber weder eine besondere Einflussmöglichkeit im Unternehmen noch Gewinnchancen gesichert. Im Zuge der Umgründung habe er seine Anteile auch wieder zurückgegeben. Als Minderheitsgesellschafter habe man ihn relativ leicht wieder los werden können. Die Verbindlichkeiten aus der Bürgschaft seien ihm aber verblieben.

Abschließend ersucht der Bw. um Anerkennung der Bürgschaftsvereinbarung, da er den Sinn der Beteiligung ausschließlich in der Absicherung seines Arbeitsplatzes gesehen habe.

Auf Anfrage der Abgabenbehörde zweiter Instanz ergänzte der Bw., dass sein Dienstverhältnis als Geschäftsführer der T.GmbH. mit begonnen und am geendet habe. Die Anteile seien bei Gründung der Gesellschaft ebenfalls am erworben worden. Zu diesem Zeitpunkt sei auch erstmals eine Bürgschaft für die T.GmbH. übernommen worden. Dazu wird auf die beiliegenden Wechselerklärungen verwiesen.

Auf den Vorhalt, dass der steuerlich geltend gemachte Betrag von 48.548 € nicht mit dem Betrag in Einklang zu bringen sei, der sich aus der Vereinbarung vom ergebe, antwortete der Bw., dass der geltend gemachte Betrag den Einzahlungen an die T.GmbH. im Jahr 2002 entspreche. Der Restbetrag sei im Folgejahr bezahlt worden.

Dem Schreiben wurden zwei (undatierte) Wechselerklärungen der T.GmbH. an die Erste Bank in Ablichtung vorgelegt, wobei in einer der Bw. als Bürge für 10% der aushaftenden Summe und in der anderen die K.AG als Bürge für 90% aufscheint.

Weiters ist aus Ablichtungen von Kontoauszügen ersichtlich, dass vom Bw. am "gemäß Vereinbarung (??)" ein Betrag von 19.860 € für "Haftungsübernahme A. " auf ein Konto der Erste Bank überwiesen wurde, sowie ebenfalls am ein Betrag von 23.140 € für "Haftungsübernahme gemäß Vereinbarung " auf ein Konto der Bank Austria Creditanstalt überwiesen wurde (also insgesamt 43.000 €). Alle anderen Kontoauszüge bzw. Überweisungen betreffen Folgejahre. Vereinbarungen mit den Banken wurde trotz Aufforderung nicht vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die T.GmbH. wurde am gegründet, Gesellschafter waren der Bw. und die K.AG. Vom Bw. wurde durch Unterzeichnung einer Wechselerklärung für die Gesellschaft eine Bürgschaft in Höhe von 10% der aushaftenden Summe übernommen, was laut Bw. schon bei Gründung erfolgte. Ebenfalls ab Gründung am bis war der Bw. Geschäftsführer der T.GmbH. In der Folge war der Bw. Dienstnehmer der K.AG.

Mit Vertrag vom trat der Bw. seinen Gesellschaftsanteil an die K.AG ab und verpflichtete sich, 10% der aushaftenden Bankverbindlichkeiten der T.GmbH. zu übernehmen. Dieser Prozentsatz entsprach der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Beteiligung des Bw. an der Gesellschaft.

Strittig ist nun, ob die Kosten von 48.548 €, die der Bw. im Jahr 2002 für die Übernahme der Bürgschaft geltend macht, als Werbungskosten bei seinen Einkünften als Geschäftsführer, also bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, abgezogen werden können.

Für die Anerkennung als Werbungskosten müssen die Aufwendungen entsprechend der Bestimmung des § 16 Abs. 1 EStG der Erzielung, Sicherung bzw. Erhaltung der Einnahmen dienen.

Werbungskosten liegen nur dann vor, wenn ein Zusammenhang mit der eigenen beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen besteht (Doralt, EStG § 16 Tz. 33).

Der Bw. sieht in der Haftungsübernahme eine Maßnahme zur Erhaltung seines Arbeitsplatzes.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass nach übereinstimmender Auffassung von Lehre und Rechtsprechung die Übernahme einer Bürgschaft und damit zusammenhängende Zahlungen eines Gesellschafter- Geschäftsführer grundsätzlich nicht beruflich, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Sie entziehen sich damit einem Abzug als Werbungskosten, weil eine Gesellschaftereinlage vorliegt (Doralt, EStG, § 16 Tz. 220 "Bürgschaften", , ).

Es ist nicht Ausfluss der Geschäftsführertätigkeit, für die Gesellschaft mit dem Privatvermögen zu bürgen und Bürgschaftserklärungen zu unterfertigen (SWK 23/24/2005, S 697).

Wie auch vom Finanzamt schon ausgeführt wurde, ist einkommensteuerrechtlich nicht zu differenzieren, ob der Bw. seine Gesellschaft von vornherein mit entsprechend hohem Eigenkapital ausstattet, das in der Folge durch Verluste der Gesellschaft verloren geht, ob erst später Einlagen getätigt werden oder ob er schließlich als Bürge und Zahler für Schulden der Gesellschaft in Anspruch genommen wird, ohne bei der Gesellschaft Rückgriff nehmen zu können. In all diesen Fällen handelt es sich um Kapitalanlagen ().

Zur Übernahme einer Wechselbürgschaft bei Gründung der Gesellschaft sei darauf verwiesen, dass damit die Gründung und der Bestand der Gesellschaft ermöglicht werden sollte. Die Sicherung des Arbeitsplatzes und damit der Geschäftsführerbezüge ist erst eine weitere Folge.

Die Verpflichtung des Bw. laut Vereinbarung vom , Schulden der Gesellschaft zu übernehmen, beruht im Sinne der dargestellten herrschenden Rechtsmeinung auf der Stellung als Gesellschafter, was auch durch folgende Umstände untermauert wird:

- Der Bw. übernimmt 10% der Bankverbindlichkeiten der Gesellschaft, was genau der Beteiligung des Bw. entspricht.

- Laut Vereinbarung vom erfolgt die Haftungsübernahme im Rahmen "der Festlegung der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien im Zusammenhang mit der Abtretung des Geschäftsanteiles". Die Stellung des Bw. als Geschäftsführer wird in der Vereinbarung nicht einmal erwähnt.

- Auch der Bw. selbst sieht die Haftungsübernahme im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsverhältnis, da im Vorlageantrag ausgeführt wird: "In weiterer Folge war mit der Übernahme des Gesellschaftsanteiles auch die Übernahme einer Bürgschaft notwendig."

- Die Sicherung des Arbeitsplatzes entspricht nicht den Tatsachen, da das Dienstverhältnis als Geschäftsführer der T.GmbH. am beendet wurde, also etwa zum gleichen Zeitpunkt, als die Übernahme der Verbindlichkeiten vereinbart wurde.

Die geltend gemachten Aufwendungen stehen daher in erster Linie in Zusammenhang mit der Stellung des Bw. als Gesellschafter.

Die Ausführungen des Bw. über das Motiv für den Erwerb der Beteiligung sind für die Frage des Werbungskostencharakters der Bürgschaftsaufwendungen unerheblich.

Die Berufung war daher abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Bürgschaft
Geschäftsführer
Haftungsübernahme
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at