Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw., geb. Geb.Dat., Adresse, vom und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes ABC, vertreten durch AD Z, vom betreffend Einkommensteuer für den Zeitraum 1997 bis 2003 sowie Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2000 bis 2003 entschieden:
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Von der Festsetzung der Einkommensteuer für den Zeitraum 1997 bis 2003 und von der Festsetzung von Anspruchszinsen für den Zeitraum 2000 bis 2003 wird gemäß § 206 lit. b BAO zur Gänze Abstand genommen.
Entscheidungsgründe
Beim Berufungswerber fand im März 2005 eine Betriebsprüfung für den Zeitraum 1997 bis 2003 statt. Die streitgegenständlichen Bescheide ergingen nach einer Wiederaufnahme des Verfahrens am .
Die Berufungen gegen die Einkommensteuerbescheide 1997 bis 2003 sowie gegen die Bescheide betreffend Anspruchszinsen 2000 bis 2003 langten am bzw. am am Finanzamt ein.
Hinsichtlich der mit Bescheiden vom festgesetzten Umsatzsteuer 1997 bis 2003 wurde ebenfalls Berufung erhoben. Mit Schreiben vom wurde ein Mängelbehebungsauftrag ausgefertigt, der jedoch unbeantwortet blieb. Die Umsatzsteuerbescheide wurden somit rechtskräftig und die Berufungen wurden für zurückgenommen erklärt.
Die Berufungen hinsichtlich Einkommensteuer und Anspruchszinsen wurden dem Unabhängigen Finanzsenat mit Vorlagebericht vom vorgelegt.
Mit Vorhalt vom wurde das Finanzamt um Überprüfung der Durchsetzbarkeit des Abgabenanspruchs ersucht und wurde darauf hingewiesen, dass der UFS eine Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung erwägt. Dies deshalb, weil das LG L zu Aktenzeichen 123 mit Beschluss vom den Konkurs des Bw. mangels Kostendeckung nicht eröffnet hat.
Beim Bw. ist ein Abgabenrückstand in Höhe von € 656.166.92 derzeit am Abgabenkonto fällig und in Vollstreckung. € 254.711,09 entfallen davon auf die rechtskräftig gewordene Umsatzsteuer. Davon konnte bis zur Entscheidung des UFS nichts eingebracht werden.
In Beantwortung des Vorhalts wurde seitens der Amtspartei am mitgeteilt, man sei mit einer Abstandnahme einverstanden. Der Bw. verdiene derzeit € 680,-- monatlich aus einem Dienstverhältnis bei der Firma X, er besitze weder Kfz, Lebensversicherung, Bausparer, Bank- oder Sparguthaben, Grundstücke oder sonstiges Vermögen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Abgabenbehörde kann gemäß § 206 lit. b der Bundesabgabenordnung (BAO) idF des AbgÄG 2003, BGBl I 2003/124 von der Festsetzung von Abgaben ganz oder teilweise Abstand nehmen, soweit im Einzelfall auf Grund der der Abgabenbehörde zur Verfügung stehenden Unterlagen und der durchgeführten Erhebungen mit Bestimmtheit anzunehmen ist, dass der Abgabenanspruch nicht durchsetzbar sein wird.
Wie die Erhebungen des Unabhängigen Finanzsenates ergeben haben, ist die zwangsweise Einbringung von Abgabenforderungen derzeit und wahrscheinlich auch in Hinkunft nicht möglich (vgl. Konkursverfahren des Landesgerichtes L zu AZ.: 123). Allein die Abweisung eines Konkursantrages über das Vermögen des Bw. mangels kostendeckenden Vermögens erlauben vorweg schon eine Feststellung der Uneinbringlichkeit (vgl. ; ; zur Feststellung der Uneinbringlichkeit bei der Vertreterhaftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO).
Die Erhebungen des Finanzamtes zeigten das gleiche Bild: So ergibt sich einerseits aus der aktuellen Einkommenssituation (Bezug von ca. 680,00 € aus einem Dienstverhältnis bei der Firma X) und der Vermögenssituation (kein Kraftfahrzeug, keine Lebensversicherung, kein Bausparvertrag, keine Bank- oder Sparguthaben, kein Grundbesitz oder sonstiges Vermögen) dass hinsichtlich der strittigen Abgabennachforderungen die Voraussetzungen des § 206 lit. b BAO erfüllt sind. Der Umstand, dass von den mangels Beantwortung eines Mängelbehebungsauftrages rechtskräftig gewordenen Umsatzsteuernachforderungen noch nichts eingebracht werden konnte, weist darauf hin, dass eine Einbringung der Einkommensteuer 1997 bis 2003 und der Anspruchszinsen für 2000 bis 2003 nach menschlichen Ermessen nicht zu erwarten ist.
Die Maßnahmen nach § 206 BAO liegen im Ermessen der für die Abgabenfestsetzung zuständigen Abgabenbehörde erster bzw. zweiter Instanz (vgl. hiezu Ritz, BAO³, § 206 Tz.1).
Nach § 20 BAO müssen Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.
Die maßgebenden Kriterien für die Übung des Ermessens ergeben sich primär aus der Ermessen einräumenden Bestimmung. Angesichts der fehlenden Einbringungsmöglichkeiten war es dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Verwaltungsführung entsprechend geboten, mit der Abstandnahme von der Festsetzung vorzugehen, da der mit dem Umfang des durchzuführenden Berufungsverfahrens verbundene Verwaltungsaufwand nicht mehr verhältnismäßig ist. Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung steht dem nicht entgegen. Durch die Abstandnahme von der Abgabenfestsetzung wird der gesetzliche Abgabenanspruch als solches nicht "vernichtet", sondern es wird lediglich - wegen Uneinbringlichkeit - auf seine Durchsetzung gegenüber dem Bw. verzichtet (vgl. -G/06). Auch der Durchführung eines Finanzstrafverfahrens steht diese Abstandnahme von der Festsetzung nicht entgegen, besteht doch im Finanzstrafverfahren keine Bindung an abgabenrechtliche Bescheide (vgl. ; ; ; ; ; ; , 0084; -L/04, FSRV/0047-L/04).
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 206 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at