Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSS vom 20.03.2013, RV/0368-S/11

Antrag gemäß § 193 Abs 1 BAO und gemäß § 19 Abs 3 ErbStG

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Ralf Schatzl und die weiteren Mitglieder Hofrätin Dr. Uta Straka, Dr. Walter Zisler und Dr. Otmar Sommerauer über die Berufung von Bw1 und Bw2, PLZ Ort, Straße 00, vertreten durch WT, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land, vertreten durch Dr. Friederike Heitger-Leitich, vom betreffend den Antrag auf Feststellung eines besonderen Einheitswertes gemäß § 19 Abs 3 ErbStG auf den und Antrag auf Erlassung eines Zurechnungsfortschreibungsbescheides zum nach der am in 5026 Salzburg-Aigen, Aignerstraße 10, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert, sodass der Spruch zu lauten hat:

Der Antrag gemäß § 19 Abs 3 ErbStG ist als unzulässig zurückzuweisen. Der Antrag gemäß § 193 Abs 2 BAO wird als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

Dem Berufungsbegehren liegen hinsichtlich des bis zum Schenkungsvertrag vom jeweils seit 1963 im Hälfteeigentum der Berufungswerber (Bws), der Ehegatten Bw1 und Bw2, stehenden und zuletzt mit Einheitswertbescheid zum den Bws je zur Hälfte zugerechneten und unter der Aktenzahl EW-AZ Zahlx erfassten Grundbesitzes zwei Anträge an das Finanzamt zugrunde: 1.)Antrag für Zwecke der Erbschaftssteuer einenbesonderen Einheitswert gemäß § 19 Abs 3 ErbStG auf den festzustellen und 2.)Antrag auf Zurechnungsfortschreibung zum

Ad 1.):

Die Bws ziehen § 19 Abs 3 ErbStG in der Fassung BGBl I 2000/142 an, wonach sich dann, wenn sich in den Fällen des Abs 2 die Verhältnisse zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld dergestalt geändert haben, dass nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung oder eine Artfortschreibung gegeben sind, ein besonderer Einheitswert auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld festzustellen sei. Mit AbgÄG BGBl I 2004/180 mit Wirkung ab sei "festzustellen" durch "zu ermitteln" ersetzt worden. Daraus leiten die Bws unter Hinweis auf ein BMF-Protokoll Bewertung und Fellner, Kommentar zu Gebühren und Verkehrsteuern, Bd III, § 19 Rz 103f den Umkehrschluss ab, dass, zumal die Entstehung der Schenkungssteuerpflicht auf den notariellen Übergabsvertrag vom falle, die alte Rechtslage vor maßgeblich wäre und im erbschafts- oder schenkungssteuerlichen Bemessungsverfahren ein besonderer Einheitswert festzustellen sei. Wie aus dem Übergabsvertrag zu ersehen wäre, wären Teile der wirtschaftlichen Einheit zurückbehalten worden, welche die maßgeblichen Fortschreibungsgrenzen i.S. § 21 Abs 1 Z 1 BewG überschritten. Hinsichtlich der zurückbehaltenen Teile wäre zum eine Nachfeststellung erfolgt. Neuerlich ziehen die Bws das BMF Protokoll Bewertung vom und Fellner a.a..O an, wonach dann, wenn von einem bebauten Grundstück ein unbebauter Teil abgetrennt oder verschenkt wird, dieser Wert des abgetrennten Grundstückes für die Bemessung der Erbschafts- und Schenkungssteuer maßgeblich sei. Jene Gebäude oder Gebäudeteile, die im Eigentum des Geschenkgebers verblieben, seien nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.

Aus all diesen Überlegungen wäre für die Wertermittlung im erbschaftssteuerlichen Bemessungsverfahrenein besonderer Einheitswert festzustellen. Für die Feststellung dieses besonderen Einheitswertes nach § 19 Abs 3 ErbStG seien unter Hinweis auf Literatur nicht die in den §§ 7 bzw 9 AVOG sowie § 63 BAO genannten Finanzämter, sondern jenes gemäß § 53 BAO genannte Finanzamt mit allgemeinem Aufgabenbereich zuständig.

Hinsichtlich dieses Antrages erfolgte durch das Lagefinanzamt eine abweislicher Bescheid mit der Begründung, dass der mit Wirkung ab in § 19 Abs 3 ErbStG geänderte Passus "ein besonderer Einheitswert zu ermitteln" eine Vereinheitlichung der Ausdrucksweise mit der den gleichen Regelungsinhalt betreffenden Bestimmung des § 6 Abs 3 GrEStG schaffen sollte. Die Ermittlung des besonderen Einheitswertes gemäß § 19 Abs 3 ErbStG habe im erbschafts- oder schenkungssteuerlichen Bemessungsverfahren in Zusammenarbeit mit den AV-Teams zu erfolgen. Es sei kein eigener Einheitswertbescheid zum Stichtag (hier ) durch das Lagefinanzsamt zu erlassen, es habe keine Feststellung mehr zu erfolgen. Obwohl § 19 ErbStG eine Bestimmung grundsätzlich materieller Natur sei, würde es sich hinsichtlich § 19 Abs 3 ErbStG insoweit um eine verfahrensrechtliche Bestimmung handeln, als mangels einer ausdrücklichen Inkrafttretensregelung im AbgÄG 2004 mit Inkrafttreten des BGBl. I 180/2004 am diese auch auf alle offenen Fälle (Sachverhaltsverwirklichungen) sowie noch nicht rechtskräftige Bescheiderlassungen vor ihrem Inkrafttreten anzuwenden sei.

Ad 2): Hinsichtlich der persönlichen Zurechnung wurde seitens der Bws folgender Antrag formuliert; " Wir beantragen, das Gebäude ausschließlich Bw1 als wirtschaftlichem Eigentümer im Sinne des § 24 Abs 1 lit d BAO zuzurechnen". In diesem Zusammenhang erläutern die Bws allgemeine Grundsätze bezüglich des wirtschaftlichen Eigentums im Sinne von § 24 BAO unter Zitierung von Literatur und Rechtsprechung. Insbesondere verwiesen wird auf Stoll BAO Kommentar Band I zu § 24 BAO zu Punkt 3. Bedeutung und Tragweite des Zurechnungstatbestandes "wirtschaftliches Eigentum" (einzelne zurechnungskonfliktausgesetzte Steuerrechtsgebiete) und daraus zitiert: "Diese Grundsätze gelten in dem für die Anwendbarkeit der Rechtsfigur des wirtschaftlichen Eigentums maßgebenden Rahmen sowohl bei der Bilanzierung, also im Bereich des Betriebsvermögens, somit bei der Gewinnermittlung schlechthin als auch bei der Einheitsbewertung". Es bestünde kein Zweifel, dass Bw1 als zivilrechtlicher Miteigentümer von Grund und Boden sämtliche positive Befugnisse alleine (Investition, Gebrauch=AfA, Rückzahlung der damit eingegangenen Verbindlichkeiten, Erzielung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. § 2 Abs 3 lit 3 EStG usw) genutzt habe. Die negativen Einwirkungen habe er zu jeder Zeit als zivilrechtlicher Miteigentümer von Grund und Boden ausschließen können. Für die Zurechnung gemäß § 24 BAO sei letztlich die wirtschaftliche Verfügungsmacht maßgeblich. Gemäß § 24 Abs 2 BAO würden die Zurechnungsregeln des § 24 Abs 1 leg.cit. auch für wirtschaftliche Einheiten im Sinn des Bewertungsgesetzes gelten. Die wirtschaftliche Einheit Grundvermögen bestünde aus mehreren Wirtschaftsgütern (einerseits Grund und Boden, andererseits Gebäude), für die § 53 BewG jeweils eigene Bewertungsvorschriften vorsehe. Das Wirtschaftsgut Grund und Boden wäre daher den zivilrechtlichen Eigentümern je zur Hälfte, das Gebäude alleine dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen. Gemäß § 186 Abs 3 BAO sei im Rahmen des Einheitswertbescheides auch über die Zurechnung abzusprechen. Schließlich zitieren die Bws § 193 Abs 2 BAO, wonach ein Fortschreibungsbescheid auf Antrag, erforderlichenfalls von Amtswegen erlassen wird. Unter Verweis auf Ritz, BAO4, § 193 Tz 2 sei eine amtswegige Fortschreibung "erforderlich", wenn sie für die Geltendmachung von Abgabenansprüchen von Bedeutung wäre. Abschließend wiederholen die Bws: "Wir beantragen daher die Zurechnung wie in unserem oben geschilderten Schreiben vom ( 91% Bw1, 9% Bw2) vorzunehmen. Für den Fall, dass Sie unserem Antrag nicht nachkommen, ersuchen wir um Erstellung eines abweisenden Bescheides".

Das Finanzamt begründete die Abweisung des Antrages auf Zurechnung des gegenständlichen Grundbesitzes gemäß § 24 BAO,dass zum Unterschied zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung (Kostenübernahme bei Baumaßnahmen, Aufnahme in Bilanz, Geltendmachung der AfA etc.) bewertungsrechtlich § 24 BAO maßgebend sei. Laut Einheitswertakt wäre die gegenständliche Liegenschaft seit jeher den zivilrechtlichen (grundbücherlichen) Eigentümern Bw1 und Bw2 je zur Hälfte zugerechnet worden. Sämtliche Einheitswertbescheide wären unbeeinsprucht geblieben und in Rechtskraft erwachsen. Alle Baumaßnahmen wären unter der Bauherrschaft beider Bws durchgeführt worden.

In der fristgerecht eingebrachten Berufung wiederholten die Bws die oben dargelegten Anträge, wobei dem Antrag auf Erlassung eines Fortschreibungsbescheides auf den gemäß § 193 Abs 2 BAO eine Anregung auf Bescheiderlassung hinzugefügt wurde.

Bezüglich des Antrages gemäß § 19 Abs 3 ErbStG weisen die Bws darauf hin, dass der Abgabepflichtige einen Rechtsanspruch auf Ermittlung eines gesonderten Einheitswertes und einen Anspruch darauf habe, dass dieser Einheitswert der Bemessung der Erbschafts- und Schenkungssteuer zugrunde gelegt werde. Überdies kritisieren sie die widersprüchliche Aussage bezüglich der Rechtsnatur des § 19 Abs 3 ErbStG im Bescheid, wonach diese Bestimmung sowohl materiell- als auch verfahrensrechtlicher Natur sei. Die Bws beantragten daher, im Rahmen des Berufungsverfahrens den abweisenden Bescheid aufzuheben und einen besonderen Einheitswert gemäß § 19 Abs 3 ErbStG festzustellen bzw. zu ermitteln und dabei eine Berichtigung hinsichtlich der Zurechnung vorzunehmen.

Unter Bezugnahme auf den zweiten Antrag - und nunmehr ergänzt durch Anregung auf Fortschreibung hinsichtlich Wert und Zurechnung weisen die Bws auf § 193 Abs 1 BAO hin. Danach wäre in den Fällen einer amtswegigen Fortschreibung auf den 1. Jänner des Jahres, an dem die Voraussetzungen erstmals vorliegen, ein Fortschreibungsbescheid zu erlassen. Die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung (die bewertungsrechtlichen Wertfortschreibungsgrenzen wurden überschritten) würden erstmals zum vorliegen. Es sei daher auf ein Fortschreibungsbescheid zu erlassen. Normzweck des § 193 BAO sei die Erlassung eines Fortschreibungsbescheides, der den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Nach Stoll, BAO S 2041 ff würden für die amtswegige Fortschreibung die Grundsätze der rechtsstaatlichen Ermessensübung gelten. Die Abweisung des Antrages stelle keine korrekte Ermessensübung dar. Hinsichtlich der Zurechnung von Wirtschaftsgütern sei sowohl im Ertragssteuerrecht als auch im Bewertungsrecht die wirtschaftliche Betrachtungsweise (§ 24 BAO) maßgeblich.

Die Bws wiederholen daher im Rahmen der Berufung den Antrag auf Erlassung eines Fortschreibungsbescheides zum unter Zugrundelegung eines Einheitswertes von EUR 271.300,00 und Zurechnung dieses Wertes zu 91/100 an Bw1 und zu 9/100 an Bw2.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend ausgeführt Der Vertreter des Bw führt ergänzend aus, dass seitens des Bw nach seiner Ansicht sowohl ein Antragsrecht nach § 19 Abs 3 ErbStG wie auch nach § 193 Abs 2 BAO bestehe. Hinsichtlich der zweitgenannten Bestimmung ist es richtig, dass das dort formulierte Antragsrecht bis zum Ablauf des Kalenderjahres befristet ist, auf dessen 1.1. die neue Feststellung beantragt wird. Dies wäre jedoch im gegenständlichen Verfahren schon allein deswegen nicht möglich, da die Schenkung im Jahr 2004 erfolgt ist und damals davon ausgegangen worden wäre, dass unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 15a ErbStG keine beziehungsweise nur eine geringe Steuerbelastung entstehen würde. Auf Grund der Bescheide aus dem Jahr 2005, bei denen das Finanzamt eine andere Ansicht vertrat, wäre dies somit nicht mehr möglich gewesen, der Antrag damit verfristet. Dennoch bestehe die Möglichkeit, die amtswegige Berichtigung, die immer dann durchzuführen sei, wenn durch diese Änderung sich steuerliche Auswirkungen z.B. für ein Schenkungssteuerverfahren ergeben, anzuregen. Als solche Anregung sei auch das Schreiben vom im Hinblick auf die Änderung des Feststellungbescheides gem. § 193 BAO zu verstehen. Eine solche Anregung sei auch nach § 19 Abs 3 ErbStG jedenfalls zulässig.

Das Finanzamt bringt vor, dass der in Berufung gezogene Bescheid nach seiner Beurteilung sehr wohl inhaltlich über diese Anbringen abgesprochen hätte, und verweist dazu auf den letzten Absatz der Begründung dieses Bescheides. Es sei keine formelle Zurückweisung dieses Antrages erfolgt, er sei materiell behandelt worden. Ergänzend wird ausgeführt, dass § 19 Abs 3 ErbStG nur die Möglichkeit der Erstellung bzw. Ermittlung eines besonderen Einheitswertes zulässt, wenn eine Art oder Wertfortschreibung der Einheit vorgesehen ist. Für eine Zurechnungsfortschreibung, wie im gegenständlichen Verfahren angeregt, bestehe kein Raum.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 19 Abs 2 ErbStG in der Fassung BGBL I 2000/142 lautet auszugsweise:

Für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für inländisches Grundvermögen und für inländische Betriebsgrundstücke ist das Dreifache des Einheitswertes maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird.

§ 19 Abs 3 ErbStG lautet:

Haben sich in den Fällen des Abs 2 die Verhältnisse zwischen dem unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld dergestalt geändert habe, dass nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Voraussetzungen für eine Wertfortschreibung oder eine Artfortschreibung gegeben sind, so ist auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld ein besonderer Einheitswert festzustellen (Fassung BGBL I 2000/142), zu ermitteln (Fassung BGBl I 2004/180 ab ).

Bereits im angefochtenen Bescheid wurde auf die Erläuternden Bemerkungen im Zuge der Änderung des § 19 Abs 3 ErbStG durch AbgÄG 2004 Bezug genommen, wonach Intention des Gesetzgebers war, die Ausdrucksweise des § 6 Abs 3 GrEStG ( zu ermitteln) und jene in § 19 Abs 3 ErbStG( bis zur Gesetzesänderung "festzustellen") zu auf ein "zu ermitteln" zu synchronisieren. Aus dieser Gesetzesänderung folgt, dass die Ermittlung des besonderen Einheitswertes gemäß § 19 Abs 3 ErbStG im erbschafts- oder schenkungssteuerlichen Bemessungsverfahren zu erfolgen hat, daher kein eigener Einheitswertbescheid zum Stichtag durch das Lagefinanzamt zu erlassen ist (vgl auch Fellner; Kommentar zu Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, § 19 ErbStG Rz 103 ff). Dieser besondere Einheitswert wurde auch im Gegenstandsfall als Hilfswert für die Bemessung der Schenkungssteuer mit EUR 271.300,00 ermittelt, wobei hier die seitens der Geschenkgeber zurückbehaltenen Liegenschaftsteile nicht in die Wertermittlung für die Schenkungssteuerbemessungsgrundlage Eingang gefunden haben.

§ 19 Abs 3 ErbStG regelt, dass unter den dort normierten Voraussetzungen auf den Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld ein besonderer Einheitswert zu ermitteln ist, dass dies im Rahmen des erbschafts- und schenkungssteuerlichen Verfahrens durch das für die Festsetzung der Erbschafts-und Schenkungssteuer zuständige Finanzamt zu geschehen hat.

Es ist dem Finanzamt daher beizupflichten, dass § 19 Abs 3 ErbStG als Vollzugsnorm eine verfahrensrechtliche Bestimmung ist, die mangels einer ausdrücklichen Inkrafttretensregelung im AbgÄG 2004 mit Inkrafttreten des BGBl. I Nr. 180/2004 am auch auf offene Fälle, somit auch im Gegenstandsfall anzuwenden ist.

Aus der Diktion des § 19 Abs 3 ErbStG geht eine amtswegige Verpflichtung zur Ermittlung eines besonderen Einheitswertes unter den dort genannten Voraussetzungen, jedoch nicht ein Antragsrecht hervor, weshalb der berufungsgegenständliche Antrag zurückzuweisen gewesen wäre. Ad2): Folgende gesetzlich Bestimmungen sind für den Gegenstandsfall einschlägig: § 193 BAO: (1) Wenn die Voraussetzungen für eine Wert-, Art- oder Zurechnungsfortschreibung nach bewertungsrechtlichen Vorschriften vorliegen, so ist in den Fällen einer beantragten Fortschreibung auf den sich aus der Anwendung des Abs 2 ergebenden Zeitpunkt, in den Fällen einer amtswegigen Fortschreibung auf den 1. Jänner des Jahres, an dem die Voraussetzungen für eine Fortschreibung erstmals vorliegen, ein Fortschreibungsbescheid zu erlassen. Dadurch tritt der dem Fortschreibungsbescheid zugrunde liegende Bescheid über den Einheits­wert einer wirtschaftlichen Einheit (Untereinheit) mit Wirkung ab dem Fortschreibungszeitpunkt insoweit außer Kraft, als der Fortschreibungs-bescheid von dem zugrunde liegenden Bescheid in seiner zuletzt maßgeblichen Fassung abweicht. (2) Ein Fortschreibungsbescheid wird auf Antrag, erforderlichenfalls auch von Amts wegen erlassen. Der Antrag kann nur bis zum Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die neue Feststellung beantragt wird, oder bis zum Ablauf eines Monates, seitdem der bisherige Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist, gestellt werden. Eine Erklärung zur Feststellung des Einheits­wertes (§ 80 Bewertungs­gesetz 1955, BGBl. Nr 148) gilt als Antrag auf Erlassung eines Fortschreibungsbescheides. § 134 Abs 2 gilt sinngemäß

§ 93 BAO (auszugsweise): (2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. (3) Der Bescheid hat ferner zu enthalten

a) eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird;

§ 289 Abs 2 BAO: Außer in den Fällen des Abs 1 hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides ist neben dem Abspruch über den Antrag betreffend Feststellung eines besonderen Einheitswertes gemäß § 19 Abs 3 ErbStG auf den der Antrag auf Zurechnung des berufungsgegenständlichen Grundbesitzes gemäß § 24 BAO. Auch im Begründungsteil wird der Antrag als Entscheidungsgegenstand zitiert, sodass diesbezüglich keine Diskrepanz zwischen Spruch und Begründung besteht.. Die Heranziehung der Begründung als Auslegungsbehelf zur Deutung des Bescheidspruches ist im Gegenstandsfall infolge dessen Eindeutigkeit nicht notwendig (zB ; , 93/13/0052; , 96/16/0135; , 99/13/0219). Ritz, BAO4 führt in § 289 Tz 38 aus, dass die Änderungsbefugnis ("nach jeder Richtung") der Abgabenbehörde zweiter Instanz durch die Sache begrenzt ist. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (zB , 0516; , 2002/16/0071; , 2008/16/0055, 2008/16/0086; , 2009/15/0152). Weder aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides noch aus der Bescheidbegründung lässt sich eine Ausdehnung der Sache auf die erst im Rahmen der Berufung eventualiter formulierte Anregung auf amtswegige Erlassung eines Zurechnungsfortschreibungsbescheids ableiten. Daraus ergibt sich, dass im Gegenstandsfall die Änderungsbefugnis der Abgabenbehörde zweiter Instanz auf den Antrag beschränkt ist und nur dieser Gegenstand der Berufungsentscheidung sein kann.

Wie bereits oben erwähnt, hat das Finanzamt den Antrag aus inhaltlichen Gründen abgewiesen. Die Sache ist, wie oben dargelegt, klar umgrenzt.

Der Spruch ist die Willenserklärung der Behörde. Der normative (rechtsgestaltende oder rechtsfeststellende) Inhalt muss sich aus der Formulierung der Erledigung ergeben (vgl. Ritz, BAO4 , § 93 Tz 5, , ZfVB 1989/1/250; , 2004/16/0098) Begründungsmängel im erstinstanzlichen Verfahren können im Rechtsmittelverfahren saniert werden (vgl . Ritz a.a.O. Tz 16, ; , 2001/13/0281, 0282). Der normative Gehalt des gegenständlichen Bescheidspruches - nämlich die Abweisung des Antrages auf Zurechnung - ist klar aus der Formulierung ableitbar. Im Begründungsteil des angefochtenen Bescheides unterlässt es allerdings die Behörde, auf § 193 Abs 2 BAO und die darin geregelten Fristen für eine Antragsstellung einzugehen. Dieser Begründungsmangel gefährdet aber nicht den Bescheidspruch und kann - wie oben dargelegt - im Rahmen der gegenständlichen Berufungsentscheidung behoben werden.

§ 193 Abs 2 BAO zweiter Satz sieht vor, dass ein Antrag auf Erlassung eines Fortschreibungsbescheides bis zum Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die neue Feststellung beantragt wird, oder bis zum Ablauf eines Monats, seitdem der bisherige Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist, gestellt werden kann (vgl Ritz, BAO4, § 193, Tz 3 ff.)

Unter rechtskräftig wird formell rechtskräftig (= durch Berufung nicht bzw nicht mehr anfechtbar) zu verstehen sein (Ritz, ÖStZ 1983, 292).

Bisherige Feststellungsbescheide sind Hauptfeststellungs- und Nachfeststellungsbescheide (für einen früheren Stichtag als jenen, für den die Fortschreibung beantragt wird) sowie Fortschreibungsbescheide (für einen früheren Stichtag im genannten Sinn, aber auch für denselben Stichtag erlassene, wenn zB nach einem Zurechnungsfortschreibungsbescheid vom Bescheidadressaten eine Wertfortschreibung beantragt wird.

Der Antrag ist ein Anbringen zur Geltendmachung von Rechten iSd § 85 Abs 1. Als Antrag gilt gem § 193 Abs 2 dritter Satz BAO (auch) eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes (§ 80 BewG).

Der Fortschreibungsantrag unterliegt der Entscheidungspflicht (§ 311 Abs 1). Der Antrag ist iSd § 311 Abs 2 devolutionsfähig (; Stoll, BAO, 2043; aM Reeger/Stoll, BAO, § 193 Tz 8; Thormann, Einheitsbewertung

Im Gegenstandsfall wurde die Zurechnungsfortschreibung auf den beantragt. Ein Zurechnungsfortschreibungsantrag hätte nur gemäß § 193 Abs 2 zweiter Satz bis gestellt werden können. Der berufungsgegenständliche Zurechnungsfortschreibungsantrag wurde allerdings erst am eingebracht und ist daher verfristet. Die letzte Einheitswertfeststellung betreffend die berufungsgegenständlichen Liegenschaften vor dem Übergabs-und Schenkungsvertrag vom erfolgte zum durch Wertfortschreibungsbescheid vom . Aus dem zweiten Tatbestand der Antragsfristregelung, wonach ein Fortschreibungsantrag bis zum Ablauf eines Monates, seitdem der bisherige Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist, gestellt werden kann, lässt sich ebenfalls nichts für den Erfolg der gegenständlichen Berufung gewinnen. Der Wertfortschreibungsbescheid vom wurde nicht bekämpft und erwuchs in Rechtskraft. Die Einbringung des berufungsgegenständlichen Zurechnungsfortschreibungsantrages am erfolgte außerhalb der oben dargelegten Monatsfrist. Daraus folgt, dass der Zurechnungsantrag als verspätet gestellt anzusehen und daher die Berufung abzuweisen ist. Daran ändert auch nichts, dass das Finanzamt, wie oben dargelegt, dem Antrag mit einer anderen Begründung keine Folge gegeben hat (vgl VwGH 2010/15/0004, ). Im zuletzt genannten Erkenntnis führt der Gerichtshof überdies aus, dass das (Lage)-Finanzamt auch von Amts wegen eine Fortschreibung des Einheitswertes vorzunehmen hat, wenn es zu einer entsprechenden Änderung der Wertverhältnisse gekommen ist (vgl. Ritz, BAO4, § 193 Tz2). So wie im Beschwerdefall wurde auch im berufungsgegenständlichen Bescheid - wie oben dargelegt - nicht über eine amtswegige Fortschreibung abgesprochen, sondern ausschließlich über den Zurechnungsfortschreibungsantrag der Bws.

Aus all diesen Erwägungen konnte der Berufung kein Erfolg beschieden sein.

Salzburg, am

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