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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 02.09.2009, RV/0871-L/04

Vorsteuerabzug für den privaten Anteil bei gemischt genutzten Gebäuden

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0871-L/04-RS1
Nach der Rspr des , "Puffer") und VwGH (Erkenntnisse vom , 2009/15/0100 und , 2009/15/0103) ist ein Vorsteuerabzug von privat genützten Teilen eines Gebäudes nicht möglich. Bezüglich der Rechtslage besteht keine "Rechtsunsicherheit". Die gegenteilige Rechtsansicht kann angesichts der fortgesetzten Rspr des VwGH, des UFS und der Rechtsmeinung der Lehre (Sarnthein, ÖStZ 2009/695; Beiser, SWK 2009, S 627; Prodinger, SWK 2009, S 631 und Kirchmayr/Achatz, taxlex, 2009, 313) nicht (mehr) als vertretbare Rechtsansicht angesehen werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des AH, vertreten durch SH, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes L vom 14. und betreffend Umsatzsteuer 1999 und 2000, vom betreffend Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2001 und vom betreffend Aufhebungsbescheid gemäß § 299 Abs 1 BAO (hinsichtlich Umsatzsteuer 1999 bis 2001 sowie Wiederaufnahmebescheid zur Umsatzsteuer 2001) entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

1. Mit der Umsatzsteuererklärung für 2001 beantragte der Bw. den Abzug einer zusätzlichen Vorsteuer iHv 58.999,31 S für privat genutzte Flächen (eines gemischtgenutzten Gebäudes) und gleichzeitig den Ansatz eines Eigenverbrauches iHv 27.666,00 S. Bei der Veranlagung der Umsatzsteuer für 2001 (Bescheid vom ) wurden die beiden Beträge von der Finanzverwaltung nicht angesetzt.

2. Der Bw. stellte aufgrund der EuGH-Entscheidung vom , Rs C-269/00, "Seeling", mehrere Anträge gemäß § 299 BAO, um folgende zusätzliche Vorsteuerbeträge für den privat genutzten Bereich geltend machen zu können:

Für 1999 gesamt 68.922,03 S.

Für 2000 gesamt 323.236,94 S.

Für 2001 gesamt 58.999,31 S.

Die privat genutzte Fläche des vom Bw. umgebauten gemischtgenutzten Gebäudes wurde anlässlich einer Betriebsprüfung (BP) der Jahre 1997 bis 1999 beim Bw. (einem Rechtsanwalt) einvernehmlich festgestellt. Die BP wurde am beendet und am mit Bericht abgeschlossen. Gegen die aufgrund der BP erlassenen Umsatzsteuerbescheide wurde keine Berufung eingelegt.

(a) Dem Antrag vom auf Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 1999 vom gab das Finanzamt mit Bescheid vom statt. Am erließ das Finanzamt gemäß § 200 Abs. 2 BAO einen endgültigen Umsatzsteuerbescheid für 1999.

(b) Dem Antrag vom auf Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2000 vom wurde mit Bescheid vom stattgegeben. Am 12. Dezember erging ein neuer Erstbescheid mit vorläufiger Festsetzung. Am wurde gemäß § 200 Abs. 2 BAO der endgültige Umsatzsteuerbescheid für 2000 erlassen.

(c) Der Antrag vom auf Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2001 vom wurde vom Finanzamt zunächst noch nicht erledigt (s dazu Pkt fünf). Dieses erließ aber am einen Wiederaufnahmebescheid hinsichtlich Umsatzsteuer 2001 und einen Umsatzsteuerbescheid 2001 entsprechend dem Schreiben vom , worin eine Erhöhung der Vorsteuer bezüglich des privaten Bereichs im Ausmaß von 58.999,31 S beantragt wurde.

3. Das Finanzamt erließ am einen Aufhebungsbescheid gemäß § 299 Abs. 1 BAO betreffend die endgültigen Umsatzsteuerbescheide 1999 und 2000 vom , den Wiederaufnahmebescheid nach § 304 Abs. 4 BAO hinsichtlich Umsatzsteuer 2001 und den Umsatzsteuerbescheid 2001 jeweils vom :

Die bezeichneten Bescheide seien gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufzuheben.

(a) Der EuGH habe im Urteil "Seeling" entschieden, dass die Verwendung eines insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Betriebsgebäudes für den privaten Bedarf des Unternehmers keine steuerfreie Vermietung eines Grundstückes iS des Art. 13 Teil B lit. b der Sechsten Richtlinie (entspreche § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994) darstelle (eine Vermietung an sich selbst sei begrifflich nicht möglich). Es komme daher weder die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994, noch die Steuerermäßigung des § 10 Abs. 2 Z 4 lit. a UStG 1994, sondern stets der Normalsteuersatz zur Anwendung.

Das bedeute grundsätzlich dass ein Unternehmer, der ein gemischt genutztes Gebäude errichte bzw anschaffe, das zur Gänze dem Unternehmen zugeordnet sei, auch diejenigen (auf die Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten entfallenden) Vorsteuerbeträge abziehen könne, die den nichtunternehmerisch genutzten Gebäudeteil betreffen.

(b) Dieses Urteil sei aus den nachstehend angeführten Gründen für den Zeitraum bis grundsätzlich nicht anzuwenden:

Gemäß Art. 17 Abs. 6 der Sechsten Richtlinie lege der Rat auf Vorschlag der Kommission fest, bei welchen Ausgaben die Mehrwertsteuer nicht abziehbar sei. Auf jeden Fall würden diejenigen Ausgaben vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, die keinen streng geschäftlichen Charakter hätten, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergütungen und Repräsentationsaufwendungen. Bis zum Inkrafttreten einer solchen Richtlinie könnten die Mitgliedstaaten gemäß Art. 17 Abs. 6 zweiter Unterabsatz der Sechsten Richtlinie alle Ausschlüsse beibehalten, die in ihren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Sechsten Richtlinie (für Österreich der ) bestehenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehen gewesen seien.

Im UStG sei im Zeitpunkt des Beitrittes ein Vorsteuerabzug für Lieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung und Erhaltung von Gebäuden gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 nur insoweit zulässig gewesen, als die Entgelte hiefür nach den einkommensteuerlichen Vorschriften Betriebsausgaben oder Werbungskosten gewesen seien. Damit sei der Eigenverbrauch des nichtunternehmerischen Teiles grundsätzlich ausgeschlossen (Ausnahme siehe später).

1998 seien die Bestimmungen dahingehend geändert worden, dass auch der nichtunternehmerisch genutzte Teil dem Unternehmen habe zugeordnet werden können. Ab 2000 sei die Zuordnung zum Unternehmen der Regelfall gewesen, diese habe jedoch auf den unternehmerisch genutzten Teil eingeschränkt werden können. Der Ausschluss des Vorsteuerabzuges sei seit 1998 durch die unechte Befreiung für den Eigenverbrauch gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 erfolgt, bei der man gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 nicht zur Steuerpflicht habe optieren können.

Österreich habe daher von der Regelung des Art. 17 Abs. 6 zweiter Unterabsatz der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie Gebrauch gemacht.

Lediglich in den Fällen einer untergeordneten (bis zu 20%) nicht unternehmerischen Nutzung von Gebäuden, sei aufgrund der damaligen Anknüpfung an ertragsteuerrechtliche Grundsätze der volle Vorsteuerabzug zugestanden und es sei in diesen Fällen ein laufender Eigenverbrauch zu versteuern.

Das im gegenständlichen Fall betroffene Gebäude werde lt. den Feststellungen der BP mit 45,57% privat genutzt, daher liege keine untergeordnete (bis 20%) nicht unternehmerische Nutzung vor. Der volle Vorsteuerabzug sei nicht möglich.

Die im freien Ermessen erfolgte Ausübung des Aufhebungsrechtes gründe sich insbesondere auf den Vorrang des Prinzips der Rechtsrichtigkeit vor dem der Rechtssicherheit und Rechtsbeständigkeit sowie auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.

4. Am wurde ein neuer Umsatzsteuerbescheid für 1999 (endgültige Festsetzung) und am für das Jahr 2000 (endgültige Festsetzung) erlassen.

5. Mit Bescheid vom wies das zuständige Finanzamt den Antrag vom auf Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2001 vom ab. Dabei wurde auf die Begründung des Aufhebungsbescheides vom verwiesen. Damit blieb der Umsatzsteuerbescheid vom in Geltung, mit dem die zusätzlich geltend gemachte Vorsteuer für den privaten Bereich nicht anerkannt worden war.

6. Mit einem der Post am übergebenen Schreiben wurde gegen die Umsatzsteuerbescheide 1999 bis 2000 vom 14. Juli und , den Bescheid über die Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2001 vom und den Aufhebungsbescheid vom Berufung eingelegt.

Ersucht werde, die Bescheide im Berufungswege aufzuheben.

Die Finanzverwaltung begründe ihre Vorgangsweise den Vorsteuerabzug auszuschließen mit der unechten Steuerbefreiung für den Eigenverbrauch gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994, bei der gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 nicht zur Steuerpflicht optiert werden konnte.

Der EuGH habe mit seinem Urteil in der Rechtssache "Seeling" eine unechte Befreiung privaten Wohnens in Unternehmensgebäuden ausdrücklich für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt. Der Vorsteuerabzug sei nach dieser Rechtsprechung des EuGH auch für (unternehmerisch und privat) gemischt genutzte Gebäude zu gewähren.

Die unechte Befreiung nach § 6 Abs. 1 Z 16 UStG sei gemeinschaftsrechtswidrig und unanwendbar. Ein Vorsteuerausschluss nach nationalem Recht scheitere am Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechtes.

Damit ergibt sich folgende (allerdings nicht vollständige) Abfolge von USt-Bescheiden, Anträgen und Berufungen:


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1999
2000
2001
Bescheid, VSt nicht anerkannt
Bescheid, VSt nicht anerkannt
Bescheid, VSt nicht anerkannt
Antrag Aufhebung
Antrag Aufhebung
Antrag Aufhebung
Stattgabe Antrag
Stattgabe Antrag
Aufhebung Bescheid
Aufhebung Bescheid
Endgültiger Bescheid
Endgültiger Bescheid
WA und Bescheid, VSt zuerkannt
Neuer Bescheid, VSt nicht anerkannt
Neuer Bescheid, VSt nicht anerkannt
Antrag auf Bescheidaufhebung (USt vom ) abgewiesen
Berufung
Berufung
Berufung gegen § 299 BAO + Abweisung Bescheidaufhebung

7. Die Berufung wurde am dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

(a) Im Jahr 2008 und zu Anfang 2009 wurde mehrmals telefonischer Kontakt mit dem Steuerberater infolge der bevorstehenden EuGH-Entscheidung in der Rs "Puffer Sandra" aufgenommen. Mit Schreiben vom erfolgte eine schriftliche Ergänzung der Berufung (Auszug):

Das Finanzamt nehme an, dass § 12 Abs 2 Z 1 UStG 1994 auf Basis von Art. 17 Abs 6 der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie bis beibehalten worden sei. Diese Annahme sei rechtsirrig, sodass der Vorsteuerabzug zustehe.

Die Bestimmung des § 12 Abs 2 Z 1 UStG 1994 sei nach einhelliger Auffassung gemeinschaftsrechtswidrig (Verweis auf EuGH C-97/90, "Lennartz"; C-291/92, "Armbrecht" usw.). Auch habe die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug für privat genutzte Grundstücksanteile gewährt und damit sei der Vorsteuerabzug nicht beibehalten worden (Beiser/Pülzl, SWK 12/2004, S 444). Zudem sei ab 1998 die Rechtslage eine andere. Es bestehe nämlich seither ein Wahlrecht, auf Antrag auch privat genutzte Grundstücksanteile dem Unternehmen zuzuordnen. Ab 2000 sei dies sogar der gesetzliche Regelfall. Auch die unechte Steuerbefreiung des Eigenverbrauchs sei gemeinschaftsrechtswidrig (Verweis auf , "Seeling").

Der Vorsteuerausschluß könne daher weder auf die geltenden Bestimmungen im Zeitpunkt des Beitritts zur EU gestützt werden, noch auf die Bestimmung des AbgÄG 1997 oder die Regelungen über den unecht steuerbefreiten Eigenverbrauch.

(b) Am wurde das Steuerbüro zwecks Erörterung der Sachlage bzw einer Darlegung der - nach Ergehen der VwGH-Rspr "Puffer" - allenfalls noch verbleibenden Zweifel des Bw. kontaktiert. Dabei wurde vom Steuerbüro die Auskunft erteilt, dass eine Kontaktaufnahme erst zu Anfang August wieder möglich sei. Am erfolgte eine weitere telefonische Kontaktaufnahme mit dem Steuerbüro, wobei dieses mitteilte, der zuständige Steuerberater sei nunmehr bis nicht erreichbar, ebenso nicht der Bw.

(c) Am wurde folgendes Schreiben an den steuerlichen Vertreter versandt (Auszug):

Aufgrund der nunmehr erfolgten Entscheidung des VwGH in der Rs Puffer sei die vorliegende Berufung umgehend zu erledigen.

Nach den vorliegenden Unterlagen habe man für die Jahre 1999 bis 2001 die Vorsteuern für den privaten Bereich geltend gemacht. Seítens der BP sei (bezogen auf das gesamte Gebäude) ein privater Anteil von 46,57% und ein betrieblicher Anteil von 53,43% ermittelt worden.

Der VwGH habe in der Entscheidung vom , 2009/15/0100 festgestellt, dass privat verwendete Gebäudeteile nicht zum Vorsteuerabzug führen könnten (Rs Puffer). Er habe sich dabei auf den vom EuGH angesprochenen § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG 1994 gestützt.

Infolge der nunmehrigen Rspr des VwGH sei der Vorsteueranteil für den Privatbereich gem. § 12 Abs 2 Z 2 lit a UStG nicht abzugsfähig. Aus den angeführten Gründen werde angeregt, die Berufung zurückzuziehen. Sofern der Bw. hinsichtlich der Vorsteueraufteilung der Ansicht sei, dass diese anders als bisher gesehen werden müsse, werden er eingeladen, dies bis spätestens schriftlich ausführlich (und mit Nachweisen versehen - Berechnung, Baupläne, Darstellung der m² usw) dem UFS darzulegen und bis zu diesem Termin eine Frist für eine Besichtigung des Objektes telefonisch zu vereinbaren. Bezüglich der genannten Frist werde darauf verwiesen, dass eine monokratisch zu erledigende Berufung vorliege und daher ab Montag, den die Berufung jederzeit ohne weitere Erörterung erledigt werden könne.

(d) Mit Schreiben vom (eingelangt am ) wurde seitens des Bw. wie folgt um Fristverlängerung ersucht:

Um die Angelegenheit abschließend mit dem Bw. besprechen zu können, ersuche er letztmalig um die Verlängerung der Frist zur Rückäußerung bis zum .

Die Verlängerung der Frist wurde stillschweigend zugestanden.

(e) Am (eingelangt am ) wurde der Vorhalt vom wie folgt beantwortet:

(1) Nach Rücksprache mit dem Bw. werde mitgeteilt, dass der Bw. zwar grundsätzlich zur Zurückziehung der Berufung bereit wäre, er jedoch noch um Fristerstreckung ersuche, da der VwGH in seiner Entscheidung nicht auf allfällige gemeinschaftsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art. 17 Abs 6 (nunmehr Art 176) der Sechsten Richtlinie eingegangen sei. Der Bw. ersuche höflichst noch zuzuwarten, bis in dieser Angelegenheit mehr Rechtssicherheit herrsche.

(2) Sollte der VfGH in dieser Angelegenheit negativ entscheiden oder eine entsprechende Empfehlung seitens der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ergehen, werde der Bw. die Berufung sofort zurückziehen.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Vom Bw. wird in den Jahren 1999 bis 2001 der Abzug einer Vorsteuer geltend gemacht, die auf den privat genutzten Teil des gemischtgenutzten Gebäudes entfällt. Der Bw. stützt sich dabei auf die Rspr "Seeling", während die Finanzverwaltung davon ausgeht, dass diese Rechtsprechung in Österreich aufgrund der besonderen gesetzlichen Gegebenheiten nicht anwendbar ist.

2. Die nach Einbringung der Berufung vom ergangene Rspr des EuGH und des VwGH hat allerdings die Rechtslage im Bereich gemischtgenutzter Liegenschaften wie folgt neu interpretiert:

(a) Im Urteil vom , C-460/07, "Puffer" hat der EuGH das nationale Gericht (den VwGH) dazu angehalten, zu prüfen, ob sich die Änderung von § 12 Abs 2 Z 1 UStG 1994 durch das AbgÄG 1997 auch auf die Anwendbarkeit von Art. 17 Abs 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie bzw auf § 12 Abs 2 Z 2 lit. a UStG 1994 auswirkt und ob diese nationalen Bestimmungen in einer Wechselbeziehung stehen oder autonom sind (Rz 95). Ist § 12 Abs 2 Z 2 lit. a UStG 1994 eine autonom anwendbare Bestimmung, findet die Ausnahme in Art. 17 Abs 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie auf diese Bestimmung Anwendung (Rz 96).

(b) In der Entscheidung vom , 2009/15/0100 (zur Rs "Puffer") hat der VwGH ausgesprochen, dass

- § 12 Abs 2 Z 2 lit. a UStG 1994 unabhängig von § 12 Abs 2 Z 1 UStG 1994 zu sehen ist und

- dass sich in dem Fall, dass ein Teil des Gebäudes als private Wohnung des Unternehmers Verwendung findet, der anteilige Vorsteuerausschluss aus § 12 Abs 2 Z 2 lit. a UStG 1994 ergibt.

Ist das Ausmaß der privaten Nutzung nicht strittig, bedarf es auch keiner weiteren detaillierten Untersuchung der Aufteilung.

3. Aus dem vorab Gesagten ergibt sich unmissverständlich, dass bei gemischt genutzten Gebäuden für den privaten Anteil kein Vorsteuerabzug zusteht (siehe dazu insbesondere Sarnthein, ÖStZ 2009/695; RdW 2009/467; Beiser SWK 2009, S 627; Prodinger SWK 2009, S 631; -I/05; -I/05). Der VwGH hat diese Rechtsansicht in einer weiteren Entscheidung vom , 2009/15/0103 bestätigt, sodass inzwischen von einer gefestigten Rspr auszugehen ist.

4. Wenn der Bw. um weitere "Fristerstreckung" in dieser Sache ersucht und dabei auf nicht untersuchte Bedenken zu Art. 17 Abs 6 der Sechsten Richtlinie, Entscheidungen des VfGH oder Empfehlungen der Wirtschaftskammer und die nicht bestehende "Rechtssicherheit" verweist, so kann ihm hierbei nicht gefolgt werden:

(a) Zur Berufung auf die Sechste Richtlinie ist festzuhalten, dass der VwGH in der Entscheidung "Puffer" (2009/15/0100) gerade auf Art. 17 Abs 6 der Sechsten Richtlinie ausdrücklich Bezug nimmt und dem Gerichtshof daher wohl nicht unterstellt werden kann, dass er diese Bestimmung nicht in seine Überlegungen miteinbezogen hat.

(b) Da Empfehlungen der Wirtschaftskammer für den UFS unbeachtlich sind, ist die Berufungsbehörde auch nicht gehalten, darauf zu warten, dass eine derartige Empfehlung ausgesprochen wird.

(c) Soweit der Bw. von einer (negativen) Entscheidung des VfGH ausgeht, ist unklar was damit gemeint sein soll. Näheres wird im Schreiben des Bw. nicht dargelegt. Verfassungsrechtliche Überlegungen hat der UFS grundsätzlich nicht anzustellen, vielmehr hat er die Gesetze solange anzuwenden, als diese nicht vom VfGH aufgehoben werden. Es ist auch nicht erkennbar, welche (verfassungsrechtlichen) Überlegungen zu einer Änderung der Rechtsansicht des VwGH führen sollten. Soweit bereits (dem Bw. bekannte, aber dem UFS nicht bekanntgegebene) Überlegungen der Wirtschaftstreuhänderkammer oder einzelner Steuerbüros bestehen sollten, die Rspr des VwGH weiterhin nicht anzuerkennen und weitere Verfahrensgänge beim VfGH durch diese oder andere Steuerpflichtige angestrebt werden sollen, besteht für den UFS angesichts der unmissverständlichen Rspr des EuGH und VwGH keine Veranlassung, mit der Erledigung der Berufung zuzuwarten.

(d) Soweit eine bestehende "Rechtsunsicherheit" behauptet wird, ist auf die Darlegungen in Punkt drei zu verweisen. Daraus ergibt sich, dass die Rspr des VwGH selbst von der universitären Lehre mittlerweile anerkannt wird (s dazu Beiser SWK 2009, 627; Kirchmayr/Achatz, taxlex 2009, 313), sodass - im Zusammenhang mit der fortgesetzten Rspr des VwGH - von einer bestehenden Rechtsunsicherheit nicht auszugehen ist. Nach derzeitigem Stand der Judikatur ist die Rechtsansicht eines Vorsteuerabzuges für privat genutzte Gebäudeteile keine vertretbare Rechtsansicht mehr.

(e) Zusammengefasst ist festzuhalten:

Dem Bw. wurden bereits mehrere Fristen für eine Äußerung zur Sach- und Rechtslage zugestanden, die nur dazu geführt haben, dass eine Stellungnahme (in nunmehr schon verfahrensverzögernder Weise - s dazu Laudacher UFSaktuell 2004, 15, "Aspekte der Verfahrensverzögerung des Berufungswerbers") immer noch nicht erfolgt ist.

Der UFS geht grundsätzlich davon aus, dass die klaren Entscheidungen des EuGH und VwGH für alle Steuerpflichtigen gültig und anwendbar sind, die gemischt genutzte Gebäude aufweisen. Allfällige Überlegungen von Teilen der steuerberatenden Berufe, diese Rspr weiterhin bei den Höchstgerichten zu bekämpfen, ändern nichts an der vom VwGH (nach Hinweisen des EuGH) vorgenommenen Interpretation der österreichischen Rechtslage.

5. Die Aufteilung in betrieblich und privat genutzte Flächen wurde nicht beeinsprucht.

Die Berufung war aus den bezeichneten Gründen abzuweisen.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Vorsteuerabzug
Seeling
Puffer
autonome Anwendung
Verweise


Sarnthein, ÖStZ 2009/965
Beiser, SWK 2009, S 629
Prodinger, SWK 2009, S 631
Kirchmayr/Achatz, taxlex 2009, 313

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at