Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 06.10.2008, RV/2394-W/08

Zumutbarkeit der Orientierung der Arbeitszeit an die Fahrpläne des öffentlichen Verkehrs bei Gleitzeit

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2394-W/08-RS1
Hier: Zu den dienstlichen Verpflichtungen eines mit Inkassoaufgaben betrauten Finanzbediensteten.
RV/2394-W/08-RS2
Gegen die Verwaltungspraxis, die Entscheidungspraxis des UFS und die einhellige Lehre, wonach bei einer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von mehr als 40 km eine Gesamtwegzeit (inklusive Wartezeiten und Gehzeiten) von bis zu 2,5 Stunden in eine Richtung mit öffentlichen Verkehrsmitteln - von hier nicht gegebenen Ausnahmefällen abgesehen - nicht als unzumutbar angesehen werden kann, bestehen keine Bedenken.
Folgerechtssätze
RV/2394-W/08-RS1
wie RV/0126-I/04-RS1
Bei gleitender Arbeitszeit ist von einer optimalen Anpassung der Arbeitszeiten an die Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel auszugehen. Dies insbesondere dann, wenn der vom Verkehrsverbund eingerichtete Taktverkehr in Bezug auf die Zeitabstände der Zugverbindungen und die Anschlussmöglichkeiten hierzu die Erfüllung der dienstlichen Verpflichtungen trotz Inanspruchnahme der flexiblen Arbeitszeit ermöglicht.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, vertreten durch Amtsdirektorin Eva Hoffmann, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) wohnt in R. und arbeitet in Wien am Finanzamt W. in einem Team Abgabensicherung.

In seiner am elektronisch eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2007 beantragte der Bw. unter anderem einen Betrag von € 1.257,00 an Werbungskosten (Differenz auf das "große" Pendlerpauschale für Entfernungen über 60 km) zu berücksichtigen.

Dem Lohnzettel für das Jahr 2007 lässt sich entnehmen, dass vom Arbeitgeber ein Pendlerpauschale i. H. v. € 1.540,50 ("kleines" Pendlerpauschale für Entfernungen über 60 km) bei der Lohnverrechnung abgezogen wurde.

Das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart veranlagte den Bw. mit Bescheid vom zur Einkommensteuer für das Jahr 2008, wobei es die geltend gemachten Werbungskosten unberücksichtigt ließ. Das Finanzamt sei der Ansicht, "dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel innerhalb Ihrer Normalarbeitszeit (07:30 - 15:30) innerhalb von 2,5 Stunden sowohl für die An- bzw. Rückfahrt möglich ist."

In seiner gegen diesen Bescheid am elektronisch erhobenen Berufung beantragt der Bw. die Gewährung des "großen" Pendlerpauschales, was er wie folgt begründet:

"Ich bin in meiner Dienststelle als Inkassant tätig. Diese Funktion ist bis 15.30 zu erfüllen. Danach erfolgt die Abrechnung, so dass das eigentliche Dienstende auf ca.15.45 fällt. Im Anschluss sind die eingenommenen Beträge beim nächstgelegenen Postamt/PSK X. abzuführen (Dauer ca. eine halbe Stunde). Erst nach erfolgter Abfuhr, deren Dauer je nach Kundenandrang beim Postamt länger sein kann, kann ich den Weg zur Bushaltestelle P. antreten. Der nächste Bus nach R. fährt um 16.55 dort ab und kommt um 18.57 an (lt.VOR-Fahrplanauskunft). Bis zu meiner Wohnung benötige ich dann noch ca.10 Minuten. Da auch Wegzeiten zu den öffentlichen Verkehrsmitteln und Wartezeiten in die Gesamtfahrzeit einzurechnen sind, wäre in meinem Fall die Zumutbarkeitsgrenze von 2,5 Stunden überschritten."

Aus im Finanzamtsakt abgelegten Fahrplanausdrucken des VOR ergibt sich, dass von Wien P. (der sowohl dem Finanzamt als auch dem Postamt nächstgelegene Fernverkehrsbusbahnhof) aus nach R. am Nachmittag folgende Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln bestehen:


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Abfahrt
Ankunft
Fahrtdauer
1
14:55
16:58
02:03
2
15:45
17:33
01:48
3
15:55
17:44
01:49
4
16:01
17:44
01:43
5
16:04
17:44
01:40
6
16:55
18:57
02:02

Ferner bestehen demzufolge von Wien K. (Finanzamt) aus nach R. am Nachmittag folgende Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln:


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Abfahrt
Ankunft
Fahrtdauer
1
14:41
16:45
02:04
2
15:29
17:33
02:04
3
15:41
17:44
02:03
4
15:53
17:44
01:51
5
16:41
18:57
02:16

In der Früh bestehen von R. nach Wien K. (Finanzamt) folgende Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln:


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Abfahrt
Ankunft
Fahrtdauer
1
04:10
06:08
01:29
2
05:00
06:45
01:58
3
05:00
07:01
02:01
4
05:33
07:26
01:53

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2007 als unbegründet ab.

Neben einer Darstellung der Rechtslage verwies das Finanzamt darauf, dass für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte am Finanzamt die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel laut Fahrplan weniger als 2,5 Stunden in Anspruch nehme und daher zumutbar sei.

"Da bei ihrer Art der Dienstverrichtung erfahrungsgemäß eine gleitende Arbeitszeit üblich ist, kann unter optimaler Anpassung der Gleitzeit an die Fahrzeiten der Verkehrsmittel nur das kleine Pendlerpauschale anerkannt werden."

Mit Schreiben vom beantragte der Bw. die Vorlage seiner Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung.

Er verwies nochmals darauf, dass er an seiner Dienststelle "als Inkassant" tätig sei. "Diese Funktion ist bis 15:30 Uhr zu erfüllen und wurde auch zum überwiegenden Teil ausgeübt (,Gleiten' nicht möglich). Danach erfolgt die Abrechnung, sodass das eigentliche Dienstende auf ca. 15:45 Uhr fällt. Im Anschluss sind die eingenommenen Beträge beim nächstgelegenen Postamt X. abzuführen (Dauer ca. eine halbe Stunde). Erst nach erfolgter Abfuhr, deren Dauer je nach Kundenandrang beim Postamt länger sein kann, kann ich den Weg zur Bushaltestelle P. antreten. Der nächste Bus nach R. fährt um 16:55 Uhr dort ab und kommt um 18:57 an (s. beil. Fahrplanauskunft). Bis zu meiner Wohnung benötige ich dann noch ca. 10 Minuten.

Da auch die Wegzeiten zu den öffentlichen Verkehrsmitteln und Wartezeiten in die Gesamtfahrzeit einzurechnen sind, wäre in meinem Fall die Zumutbarkeitsgrenze von 2 ½ Stunden überschritten."

Der , GZ BMF-320700/0005-I/20/2006, betreffend Dienstzeitregelung des Finanzressorts 2006 lautet auszugsweise:

"3. Dienstplan und Dienstzeit

Für jede/n Bedienstete/n ist ein Dienstplan festzulegen. Die darin vorgeschriebenen Dienststunden sind grundsätzlich einzuhalten.

Die regelmäßige Wochendienstzeit beträgt 40 Stunden:

Sofern keine Ausnahmen vorgesehen wurden (siehe nachfolgende Varianten) gilt der Normaldienstplan. Dieser sieht eine gleichmäßige Verteilung der 40 Wochenstunden auf 5 Arbeitstage (Montag bis Freitag) vor. Grundsätzlich ist in allen Dienststellen zwischen 07:30 Uhr und 15:30 Uhr (BMF und Finanzprokuratur 08:00 bis 16:00 Uhr) Dienst zu verrichten. Mit Zustimmung des/der Leiter/in der Dienstbehörde bzw. in der Zentralleitung des/der Sektionsleiters/in kann die im Durchschnitt zu erbringende Wochenarbeitsleistung auf einzelne Tage ungleichmäßig verteilt werden (unregelmäßiger Dienst). Die Blockzeit kann in diesen Fällen innerhalb der Rahmenzeit beliebig verschoben oder auch an einzelnen Tagen kumuliert werden. Die Anwesenheit an einem Arbeitstag muss mindestens 3 Stunden betragen. Der vereinbarte Dienstplan ist in der Dienststelle schriftlich festzuhalten. Die regelmäßige Wochendienstzeit kann mit Zustimmung des/der Leiter/in der Dienstbehörde bzw. in der Zentralleitung des/der Sektionsleiters/in in einzelnen Wochen auch über- oder unterschritten werden, hat aber im Kalenderjahr im Durchschnitt 40 Stunden pro Woche zu betragen (§ 48 Abs. 2 BDG). Das Ausmaß einer solchen Über- oder Unterschreitung ist für den Durchrechnungszeitraum im Dienstplan festzulegen. Auf § 48a Abs. 3 und 4 BDG wird hingewiesen. Vom Normaldienstplan abweichende Dienstpläne sind der zuständigen Personalabteilung bekannt zu geben.

Unter Dienstzeit versteht man die im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden (dienstplanmäßige Dienstzeit) und die Mehrdienstleistungen.

Die tatsächlich erbrachte Dienstzeit ist gem. § 48 Abs. 1 BDG automationsunterstützt zu erfassen (ESS/PM-SAP).

4. Gleitende Dienstzeit

Grundsätzlich können alle Bediensteten des Finanzressorts - unabhängig von ihrer Dienststelle und ihrer besoldungsrechtlichen Stellung - innerhalb der nachfolgenden Grenzen den Beginn und das Ende ihrer täglichen Dienstzeit in Abweichung zu dem für sie hinterlegten Dienstplan selbst festsetzen (§ 48 Abs. 3 BDG).

4.1. Ausnahmen

Von der gleitenden (nicht aber von der Zeiterfassung) sind ausgeschlossen:

Grundsätzlich

- Bedienstete, deren Dienstzeit durch einen besonderen Dienstplan geregelt ist (z.B. Schicht- und Wechseldienst, Sicherheitsdienst);

- Lehrlinge;

An einzelnen Arbeitstagen

- Bedienstete der Zollämter im Bereich des Abfertigungsdienstes und mit der Durchführung von risiko- und erfolgsorientierten Kontroll- und Schwerpunktaktionen beauftragte Bedienstete insoweit, als sonst der ordnungsgemäße und reibungslose Dienstbetrieb beeinträchtigt wäre;

- Bedienstete, die für eine Abfertigung außerhalb des Amtsplatzes und der Amtsstunden einen Dienstauftrag erhalten (Hausbeschau, Hausbeschau-Kontrolle), insoweit, als durch die Inanspruchnahme der gleitenden Dienstzeit vergütungsfähige Hausbeschau-Überstunden anfallen würden;

- Bedienstete im Bereich Strafsachen der Zollämter mit Journal- oder Bereitschaftsdienst an jenen Tagen, an denen sie zu solchen Diensten eingeteilt sind.

4.2. Rahmenzeit

= zeitlicher Rahmen, innerhalb dessen die Bediensteten den Beginn und das Ende ihrer täglichen Dienstzeit selbst bestimmen können

Die Rahmenzeit liegt zwischen 06:30 Uhr und 19:30 Uhr (BMF und Finanzprokuratur 07:00 bis 20:00 Uhr).

Der/die Leiter/in der Dienstbehörde bzw. in der Zentralleitung der/die Sektionsleiter/in kann die Rahmenzeit durch Erstellung eines gesonderten Dienstplanes für einzelne Bedienstete oder bestimmte Organisationseinheiten innerhalb des Arbeitstages verschieben. Dabei ist auf die konkreten dienstlichen Erfordernisse ebenso Bedacht zu nehmen wie auf die Interessen der Bediensteten.

In den Fällen des § 48a Abs. 2 und 5 BDG 1979 (Über- bzw. Unterschreiten der höchstzulässigen Tagesdienstzeit, Dienstplan an Sonn- und Feiertagen) kann von der Rahmenzeit abgewichen werden. Auf die in bestimmten Fällen vorgesehene Verlängerung der Ruhezeit wird hingewiesen (§ 48a Abs. 2 BDG 1979).

4.3. Blockzeit

= zeitlicher Rahmen, innerhalb dessen die Bediensteten grundsätzlich jedenfalls Dienst zu versehen haben

Die Blockzeit wird generell von 09:00 Uhr bis 12:00 Uhr festgelegt.

Der/die Leiter/in der Dienstbehörde bzw. in der Zentralleitung der/die Sektionsleiter/in kann innerhalb der Rahmenzeit aufgrund örtlicher und dienstlicher Erfordernisse eine davon abweichende für eine oder mehrere Organisationseinheiten verbindliche Blockzeit mit einer Dauer von mindestens drei zusammenhängenden Stunden festlegen.

...

7. Auswärtige Dienstverrichtung

Nachstehende Regelungen gelten für alle Bediensteten, denen eine Dienstverrichtung außerhalb ihrer Dienststelle übertragen wird. Erforderlichenfalls ist ein besonderer Dienstplan zu erstellen.

7.1. Grundsätzliches

Normaldienstplan

Bei ganztägigen auswärtigen Dienstverrichtungen gilt grundsätzlich der Normaldienstplan. Bei pauschalierten Überstunden gilt in diesem Zusammenhang als Normaldienstplan die um 1/21 von 11/12 der angeordneten Monatspauschale fiktiv erhöhte Sollzeit.

Die Reisezeit gilt grundsätzlich nur dann als Dienstzeit, wenn sie in die im Normaldienstplan festgelegte Sollzeit fällt.

Beispiel:

Normaldienstplan von 7:30 bis 15:30, Reisebewegung von 6:00 bis 9:00;

7:30 bis 9:00 ist Dienstzeit, 6:00 bis 7:30 ist nicht bezahlte Zeit und hat lediglich RGV-rechtliche Auswirkungen (Reisekostenerstattung)

Gleitende Dienstzeit

Gegen die Inanspruchnahme der Gleitzeit bei auswärtigen Dienstverrichtungen ist abweichend vom Grundsatz der Geltung des Normaldienstplans dann nichts einzuwenden, wenn dies der ordnungsmäßige Dienstbetrieb zulässt und die erforderliche Dienstaufsicht dennoch gewährleistet ist. Dies gilt insbesondere auch für ganztägige Tagungen, Besprechungen udgl. Die erforderlichen Veranlassungen sind von dem/der Dienstbehördenleiter/in bzw. in der Zentralleitung von dem/der Sektionsleiter/in zu treffen.

Sofern Gleitzeit bei auswärtiger Dienstverrichtung in Anspruch genommen wird und der Dienst nicht bei der Dienststelle angetreten bzw. beendet wird, gilt als Dienstbeginn das Eintreffen an der Dienstverrichtungsstelle. Als Dienstende gilt dementsprechend der Zeitpunkt des Verlassens der auswärtigen Dienstverrichtungsstelle.

..."

Mit beim Unabhängigen Finanzsenat am eingelangtem Bericht legte das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

Mit Mail vom teilte der Referent den Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens unter anderem mit:

"Unstrittig ist, dass der Bw. in der Früh von seiner Wohnung aus seine mehr als 60 km entfernte Dienststelle in weniger als 2,5 Stunden erreichen kann und diesbezüglich die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

Hinsichtlich der Rückfahrt gibt der Bw. an, dass er jedenfalls bis 15:30 Uhr am Finanzamt Dienst versehen müsse, für Abrechnungsarbeiten etwa bis 15:45 Uhr benötigt und danach beim nächsten Postamt X. die eingenommenen Beträge abzuführen habe, was etwa eine halbe Stunde in Anspruch nehme, die je nach Kundenandrang variieren kann. Der nächste Bus fahre dann um 16:55 vom P. ab und er sei dann um 18:57 Uhr in R. und ca. um 19:07 Uhr zu Hause.

Nach den Angaben des Bw. endet die auswärtige Dienstverrichtung am Postamt somit in der Regel gegen 16:15 Uhr.

Die Verwendung der Verbindung um 15:50 oder 15:54 Uhr (siehe unten) erscheint daher nur in Ausnahmefällen möglich.

Die reine Geh-, Fahr- und Wartezeit für die nächste in Betracht kommende Verbindung (Beginn Fußweg zur U-Bahn 16:42, Abfahrt Autobus 16:55, Ankunft Autobus 18:56, Ende Fußweg laut ÖBB 19:03 bzw. laut Bw. 19:07) beträgt 2 Stunden 21 Minuten bzw. 2 Stunden 24 Minuten). Rechnet man die durchschnittliche Wartezeit nach Verlassen des Postamtes hinzu, ergibt sich eine Gesamtwegzeit von deutlich mehr als 2 ½ Stunden (16:15 - 19:03 bzw. 19:07 Uhr).

Die relevante Wegstrecke ist im gegenständlichen Fall nicht der (direkte) Weg Dienststelle (Finanzamt) - Wohnung, sondern der Weg Dienstverrichtungsstelle (Postamt) - Wohnung. Dieser Weg ist nach dem Vorbringen des Bw. unter Berücksichtigung von Wartezeiten nicht unter 2 ½ Stunden zurückzulegen."

Unter einem wurden verschiedene Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus dem ÖBB-Internetfahrplan mitgeteilt.

Die Vertreterin des Finanzamtes replizierte hierauf mit Mail vom :

"Es scheint für uns nicht glaubwürdig, dass der Berufungswerber täglich die Inkassantentätigkeit bis 15:30 verrichten muss (Was passiert bei Urlaub, Krankenstand) und daher die unten angeführten Voraussetzungen zutreffen. Vielmehr scheint dies wohl vorzukommen, jedoch unserer Ansicht nach nicht überwiegend im Lohnzahlungszeitraum.

Diesbezüglich könnte die Unsicherheit durch Vorlage der ESS-Dienstzeitabrechnungen des betreffenden Jahres beseitigt werden. Möglicherweise ergibt sich durch die Einsicht in die Protokolle der Nachweis der längeren Fahrzeit und somit der Anerkennung der erhöhten Pendlerpauschale in einzelnen Monaten.

Des weiteren regt das Finanzamt an, den Teamleiter des BW zum Sachverhalt zu befragen.

Im Übrigen erhält der Inkassant, der verpflichtet ist, die Beträge täglich einzuzahlen, 30 min. Dienstzeit gutgeschrieben.

Die langjährigen Erfahrungswerte des BW. bezüglich der Frequenz am angesprochenen Postamt, ließen auch ein späteres Verlassen der Dienststelle zu und somit eine verkürzte Wartezeit auf das öffentliche Verkehrsmittel ( z.B. Dienst bis 16:00, Postamt aufsuchen ca. 30 min. Abfahrtszeit Bus 16:55, Wartezeit nur mehr 25 min.)

Sollte an einigen Tagen dadurch der Bus um 16:55 verpasst werden, wäre dies mit Sicherheit nicht überwiegend im Lohnzahlungszeitraum.

Eine Anpassung der Dienstzeit ist bei Gleitzeit erforderlich und somit kann es nur an einzelnen Tagen zur Überschreitung der Fahrzeit von mehr als 2,5 Std. durch Benützung eines späteren Busses kommen.

Z.B.:

3. Fahrt: Dauer 02:22 Zeit Haltestelle Umgebungsplan Linie / Weg 16:42 - 16:48 ab X. Postamtan T. Fußweg/Treppe abwärts//Treppe abwärts ca. 6 Minuten ca. 0,3 km 16:48 - 16:49 ab T. an P. U-Bahn U1 R.-Platz Rolltreppe aufwärts/Treppe aufwärts/Treppe aufwärts/Fußweg ca. 5 Minuten 16:55 - 18:15 ab P. an D. ÖBB-Postbus 566 D. 18:20 - 18:56 ab D. an R. Siedlung ÖBB-Postbus 765 M. Siedlung 18:56 - 19:04 ab R. Siedlung an [Wohnadresse] Fußweg ca. 8 Minuten ca. 0,5 km."

Dem Bw. wurde dieses Vorbringen mit Mail vom vom Referenten vorgehalten und dieser in Erledigung der Beweisanträge des Finanzamtes um Mitteilung ersucht,

- "ob Sie der einzige Bedienstete des Finanzamtes sind, der eine Inkassantentätigkeit ausübt, und wenn nein, wie viele andere Bedienstete im Normalfall hierfür zur Verfügung stehen,

- wann im Jahr 2007 jeweils das tatsächliche Dienstende war (zweckmäßigerweise durch Übermittlung der ESS-Ausdrucke der Endezeiten),

- ob die vom Finanzamt vorgeschlagene Vorgangsweise, teilweise länger (und teilweise kürzer bzw Gleitguthaben in Anspruch zu nehmen) zu arbeiten, einerseits von den dienstlichen Anforderungen her zweckmäßig und andererseits Ihnen persönlich zumutbar wäre; wenn nein, bitte um diesbezügliche Begründung,

- des Namens Ihres Teamleiters."

Mit Mail vom nahm der Bw. hierzu - unter Anschluss von Ausfertigungen der Zeitkarten für das Streitjahr - wie folgt Stellung:

"Im Jahr 2007 taten fünf Bedienstete als Inkassanten Dienst. Hiervon drei im Team AS1 und zwei (mich inklusive) im Team AS2. Beide Teams kassierten unabhängig voneinander. Alle anwesenden Inkassanten besorgten gleichzeitig ihre Tätigkeit.

Die ESS-Ausdrucke des Jahres 2007 werden als Anhang diesem E-Mail mitgesendet.

Meine Tätigkeit als Inkassant beginnt um 07:30. Um diese Zeit einhalten zu können, beginne ich ohnehin schon meine Dienstzeit um 06:30. Der Grund dafür ist, dass eine spätere öffentliche Verbindung frühestens um 07:10 am P. ankommt. Der Weg vom P. zum Arbeitsplatz dauert ca. 15 Minuten. Hierzu kommt noch die Zeit, welche für den Einkauf einer Jause erforderlich ist. Die Einhaltung der Beginnzeit als Inkassant wäre damit knapp, da, wie eigentlich jedem Finanzbediensteten bekannt sein müsste, das Hochfahren des PC´s und der Einstieg in die jeweils benötigten Verfahren ohne weiteres 5 bis 10 Minuten (bei Installationen sogar länger) dauern kann. Da bei den meisten Einzahlern Vollstreckungsverfahren anhängig sind, muss der PC schon bei Beginn der Dienstzeit einsatzbereit sein. Weiters kommt hinzu, dass aus praktischen Gründen jeder Inkassant, falls möglich, versucht, vor der Inkassotätigkeit seine Quittungen des vorhergehenden Tages bei dem jeweiligen Rechnungsleger abzurechnen.

Somit komme ich pro Tag als Inkassant ohnehin schon auf eine Dienstzeit von 9 Stunden, ohne dass die Zeit für die Einzahlung beim Postamt berücksichtigt wäre.

Eine im Jahr überwiegend längere Dienstzeit von mehr als 9 Stunden halte ich persönlich in meinem Alter von 49 als sehr belastend und daher nicht zumutbar.

Der Name meiner Teamleiterin lautet D.Th..

Zur Wegberechnung des Finanzamts Eisenstadt:


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Dienstende 16:00 + 30 Min. = 16:30. Wartezeit bis 16:42
12 Minuten
1. 16:42 - 16:48
6 Minuten
2. 16:48 - 16:55
Hier wurde nur die reine Fahrzeit der U-Bahn gerechnet. Leider kommt es nur selten vor, dass eine Garnitur bei meiner Ankunft bereitsteht.
2 Minuten
Fußweg
5 Minuten
3. 16:55 - 18:15
80 Minuten
4. 18:20 - 18:56
36 Minuten
5. 18:56 - 19:04
8 Minuten
Summe laut Berechung des FA Eisenstadts
149 Minuten
= 2 Stunden 29 Minuten und nicht 02:22.
Vergessen wurde vom FA Eisenstadt die Wartezeit zwischen Pkt. 3 u. 4
5 Minuten
Tatsächliche Wegzeit
153 Minuten
= 2 Stunden und 33 Minuten

Man kann dass auch einfacher rechnen: 16:30 bis 19:04 = 2 Stunden und 34 Minuten.

Fragen Sie mich bitte jetzt nicht, woher die Differenz von 1 Minute kommt (ich bin Finanzbeamter und kein Mathematiker).

Nach dem eigenen Beispiel des Finanzamtes Eisenstadt würde ich also überwiegend 10 Stunden pro Tag Dienst verrichten und trotzdem noch mehr als 2 ½ Stunden unterwegs sein.

Und nun zu einem dienstlichen Problem:

Wenn man überschlagsmäßig von 20 Arbeitstagen pro Monat ausgeht, kommt man im Vierteljahr beim Eisenstädter Modell auf 60 Arbeitstage und somit zu 120 Gutstunden.

Pro Vierteljahr sind jedoch nur 5 Gleittage erlaubt (=40 Stunden).

Auch wenn man die Stunde vor 07:30 nicht berücksichtigt, kommt man im Vierteljahr noch immer auf 60 Gutstunden. Die von mir geleisteten Zeitguthaben (ich komme ja ohnehin schon meistens auf meine neun Stunden) wurden ohnehin schon im Jahr 2007 nicht nur mittels Gleittagen, sondern auch durch genehmigte Überstunden, welche nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, verbraucht."

Aus den beigeschlossenen Zeitkarten des Zeiterfassungssystems der Finanzverwaltung ergibt sich, dass bei Inanspruchnahme von sieben Gleittagen zu Jahresbeginn 2007 ein Zeitguthaben von 24,31 h und am Jahresende 2007 von 36,08 h bestand. Nicht durch Freizeitausgleich kompensierte zeitliche Mehrleistungen (Überstunden) wurden im Jahr 2007 im Umfang von 85,5 h erbracht. Der Dienstbeginn war - bei einer Normaldienstzeit zwischen 7:30 und 15:30 Uhr - in aller Regel zwischen 6:00 und 7:00 Uhr (Eintragungen - von wenigen Ausnahmen abgesehen - in Viertelstundenintervallen). Hinsichtlich des Dienstendes sind unterschiedliche Zeiten zwischen 12:00 und 17:00 Uhr feststellbar, wobei ein Dienstende vor oder um 15:30 Uhr keineswegs selten, in einzelnen Monaten die Regel war. Die Tagesarbeitszeiten betrugen zwischen 5,25 und 10,75 Stunden (zu Details siehe weiter unten).

Mit Mail vom wurde dem Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart die Stellungnahme des Bw. übermittelt.

Der Referent wies beide Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens darauf hin, dass es auf Grund der vorgelegten Zeitnachweise und dem Umstand, dass mehrere Personen als Inkassanten tätig waren, als erwiesen erscheine, dass dem Bw. die flexible Inanspruchnahme von Gleitzeit bei Dienstende - und somit grundsätzlich eine Anpassung an die Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel - jedenfalls überwiegend in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen möglich war. Dem Vorbringen, auf Grund von Abrechnungsarbeiten sei ein Dienstende am Finanzamt vor 15:45 und am Postamt etwa eine halbe Stunde später, weshalb erst mit Geh-, Fahr- und Wartezeit der Autobus um 16:55 Uhr verwendet werden könne, werde daher nicht zu folgen sein. Die vom Finanzamt angeregte Einvernahme der Teamleiterin sei daher entbehrlich.

Beide Parteien des zweitinstanzlichen Abgabenverfahrens wurden um Äußerung insbesondere zu dem Umstand gebeten, dass beispielsweise bei der - sich nunmehr als regelmäßig nutzbar darstellenden - Verwendung der in der Mail vom dargestellten Verbindungen a) 15:56 ab T., Geh-, Weg- und Fahrzeit 2:00 Stunden, b) 16:00 ab T., Geh-, Weg- und Fahrzeit 1:56 Stunden, die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel auch unter Berücksichtigung schwankender Erledigungszeiten am Postamt als im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum nicht überwiegend unzumutbar erscheine.

Mit Mail vom erklärte Finanzamt, aus den ESS-Protokollen ergäbe sich, "dass die überwiegende Anwesenheit des Antragstellers bis Dienstende 15:30 ( Montag bis Donnerstag, Freitag ist ja nur bis 12:00 Parteienverkehr) nicht gegeben ist. Vielmehr ist ersichtlich, dass des öfteren bereits früher Dienstende war und auch die Möglichkeit von Gleittagen immer wieder genutzt wurde." In keinem der willkürlich ausgesuchten Monate sei die Benutzung des öffentlichen Verkehrsmittels aufgrund der langen Fahrzeit unzumutbar; die angeführte Busverbindung sei daher mit größter Wahrscheinlichkeit überwiegend benutzbar. "Zu den Ausführungen des Antragstellers, dass er mit 7:30 als Inkassant dienstbereit sein müsse, wird angemerkt, dass wohl kaum bereits zu Dienstbeginn die bisher säumigen Zahler regelmäßig schon vor der Türe stehen und Einlass begehren werden."

Der Bw. teilte mit Mail vom mit, dass er den "Ausführungen der Berufungserledigerin des Finanzamtes Eisenstadt dahingehend, dass nicht überwiegend die Dienstzeit bis 15:30 verrichtet wurde," nicht folgen könne.

"Auch wurde niemals von mir die Zumutbarkeit der Verwendung der öffentlichen Verkehrsmittel in Frage gestellt. Die Frage betraf die Dauer der Wegstrecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wobei in meiner letzten Stellungnahme die Berechnung des FA Eisenstadt widerlegt werden konnte. Es ist auch erkennbar, dass die Berufungserledigerin subjektiv von den Gegebenheiten des Finanzamts Eisenstadt beeinflusst ist, da sie sich nicht vorstellen kann, dass bereits um 07:30 Inkassotätigkeiten stattfinden. Tatsächlich finden bereits vor 07:30 Inkassotätigkeiten in den Abgabensicherungsteams des Finanzamts W. statt, welche jedoch meistens von Einhebungsorganen des Außendienstes besorgt werden. Es ist wohl unbestreitbar, dass sowohl die Bevölkerungsanzahl im Einzugsbereich des FA W., die Anzahl der Vollstreckungsfälle, als auch die Bevölkerungsstruktur mit der des Finanzamts Eisenstadt nicht vergleichbar sind. Das Finanzamt Eisenstadt macht hier den Fehler, ohne diesbezügliche Erhebungen bzw. Vergleiche schlechthin von sich auf andere Finanzämter zu schließen. Die Objektivität der Berufungserledigung und der Stellungnahmen des Finanzamtes Eisenstadt scheint somit in Frage gestellt."

Der vom Referenten geäußerten Ansicht wurde entgegengehalten:

"Sie betrachten es als erwiesen, dass die Inanspruchnahme der flexiblen Gleitzeit möglich war. Dem muss ich entgegenhalten, dass es sich hier nur um eine theoretische Annahme handelt. Tatsächlich hätte ich im Jahr 2007 die Gleitzeit an die Fahrzeit anpassen können, sofern dies in meinem Ermessen gelegen wäre.

Dies läuft jedoch auf eine Entscheidung in Richtung "man hätte dies und dass tun können und was wäre wenn" usw.

Zählen sollten hier die Tatsachen, und diese sind:

So wie in der gesamten Arbeitswelt kann eine Gleitzeit nur insoweit im Finanzdienst in Anspruch genommen werden, als dies der Dienst zulässt. Je nach Funktion liegt die Inanspruchnahme der Gleitzeit in meinem Team nur mehr oder weniger im freien Ermessen (stellen Sie sich schlimmstenfalls vor, alle Bediensteten eines Teams wollten gleichzeitig einen Gleittag). In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals auf meine vorhergehende Stellungnahme zu dem Punkt über den Anfall von Zeitguthaben hinweisen.

Vielleicht sollte überhaupt meine vorhergehende Stellungnahme noch einmal genauer betrachtet werden, da es mir vorkommt, dass diese entweder nicht im vollen Umfang wahrgenommen wurde oder vom Zusammenhang her falsch interpretiert wurde.

Zum Abschluss möchte ich noch darauf hinweisen, dass meiner Meinung nach im vorliegenden Fall nicht eventuell vorhandene Möglichkeiten, sondern Tatsachen als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen sind. Auch subjektive Erfahrungen der Berufungserledigerin des Finanzamtes Eisenstadt oder die dortigen dienstlichen Vereinbarungen sind hier fehl am Platz. Wie würde die Begründung und die Stellungnahmen des Finanzamtes Eisenstadt aussehen, wenn es sich nicht um einen Finanzbediensteten, sondern um einen Angestellten oder Arbeiter im privaten Bereich handelte?"

Über die Berufung wurde erwogen:

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt grundsätzlich (lit. a leg. cit.), dass diese Ausgaben bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich mit durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 EStG 1988) abgegolten sind.

Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum (das ist gemäß § 77 Abs. 1 EStG 1988 in der Regel der Kalendermonat, auch wenn - etwa bei Teilzeitbeschäftigten - nicht an allen Tagen der Arbeitswoche gearbeitet wird) überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenverkehrsmittels zumutbar, dann werden nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b EStG 1988 zusätzlich bestimmte Pauschbeträge (so genanntes "kleines" Pendlerpauschale) berücksichtigt:

Von bis (BGBl. I Nr. 115/2005):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
20 bis 40 km
495 €
jährlich
40 bis 60 km
981 €
jährlich
über 60 km
1.467 €
jährlich

Von bis (BGBl. I Nr. 24/2007):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
20 bis 40 km
546 €
jährlich
40 bis 60 km
1.080 €
jährlich
über 60 km
1.614 €
jährlich

Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988 anstelle der vorstehend angeführten Pauschbeträge folgende Pauschbeträge ("großes" Pendlerpauschale) berücksichtigt:

Von bis (BGBl. I Nr. 115/2005):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2 bis 20 km
270 €
jährlich
20 km bis 40 km
1.071 €
jährlich
40 km bis 60 km
1.863 €
jährlich
über 60 km
2.664 €
jährlich

Von bis (BGBl. I Nr. 24/2007):


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2 bis 20 km
297 €
jährlich
20 km bis 40 km
1.179 €
jährlich
40 km bis 60 km
2.052 €
jährlich
über 60 km
2.931 €
jährlich

Mit dem Verkehrsabsetzbetrag und dem Pendlerpauschale sind gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber auf einem amtlichen Vordruck eine Erklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen für das Pendlerpauschale abzugeben. Der Arbeitgeber hat die Erklärung des Arbeitnehmers zum Lohnkonto (§ 76 EStG 1988) zu nehmen. Änderungen der Verhältnisse für die Berücksichtigung dieser Pauschbeträge muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb eines Monates melden. Die Pauschbeträge sind auch für Feiertage sowie für Lohnzahlungszeiträume zu berücksichtigen, in denen sich der Arbeitnehmer im Krankenstand oder auf Urlaub (Karenzurlaub) befindet. Wird der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend im Werkverkehr (§ 26 Z 5) befördert, dann steht ihm das Pendlerpauschale nicht zu, wobei allfällige Kosten für die Beförderung im Werkverkehr bis zur Höhe des Pendlerpauschales zu berücksichtigen sind.

Die für das Pendlerpauschale maßgebende Fahrtstrecke bemisst sich nach Rz. 258 LStR 2002 nach den Tarifkilometern des Massenbeförderungsmittels unter Einschluss von Anfahrts- oder Gehwegen zu den jeweiligen Ein- und Ausstiegsstellen. Ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, steht das "kleine" Pendlerpauschale auch dann zu, wenn mit dem Pkw eine wesentlich kürzere Strecke gefahren wird (kein "großes" Pendlerpauschale für die kürzere Strecke).

Die Voraussetzungen für das Pendlerpauschale müssen in zeitlicher Hinsicht im Lohnzahlungszeitraum (§ 77 EStG 1988) überwiegend vorliegen. Für den vollen Kalendermonat können nach der Verwaltungspraxis auf Grund einer Durchschnittsbetrachtung 20 Arbeitstage angenommen werden, sodass ein Pendlerpauschale nur dann zusteht, wenn im Kalendermonat an mindestens 11 Tagen die Strecke Wohnung - Arbeitsstätte - Wohnung zurückgelegt wird (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [], § 16 Anm. 75).

Wie oben ausgeführt, steht das große Pendlerpauschale zu, wenn die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht möglich oder nicht zumutbar ist und die Fahrtstrecke zumindest 2 km beträgt.

Unzumutbarkeit liegt jedenfalls vor, wenn ein Massenverkehrsmittel zumindest auf dem halben Arbeitsweg überhaupt nicht oder nicht zur erforderlichen Zeit (etwa während der Nacht) verkehrt. Eine lange Anfahrtszeit, eine körperlichen Behinderung oder eine Krankheit können die Benützung eines Massenbeförderungsmittels ebenfalls unzumutbar machen. Im Falle einer dauernden starken Gehbehinderung ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels jedenfalls unzumutbar, wenn der Behinderte eine Bescheinigung gem § 29b der Straßenverkehrsordnung besitzt oder infolge seiner Behinderung von der Kraftfahrzeugsteuer befreit ist (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [], § 16 Anm. 80).

Die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels ist nach der Verwaltungspraxis (Rz. 255 LStR 2002) sowie ständigen Spruchpraxis des Unabhängigen Finanzsenats und der einhelligen Lehre jedenfalls nicht mehr zumutbar, wenn folgende Wegzeiten überschritten werden:

- Wegstrecke unter 20 km: eineinhalb Stunden,

- Wegstrecke ab 20 km: zwei Stunden,

- Wegstrecke ab 40 km: zweieinhalb Stunden.

Die Wegzeit umfasst die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist - soweit möglich - von einer optimalen Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel (z. B. "Park and Ride") auszugehen. Dies gilt auch, wenn dadurch die Fahrtstrecke länger wird (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [], § 16 Anm. 81).

Bei gleitender Arbeitszeit berechnet sich die Wegstrecke nach der optimal möglichen Anpassung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende an die Ankunfts- bzw Abfahrtszeit des Verkehrsmittels, wobei die konkreten Möglichkeiten des Arbeitnehmers, Gleitzeit in Anspruch zu nehmen, zu berücksichtigen sind. Liegen Wohnort und Arbeitsstätte innerhalb eines Verkehrsverbundes, wird Unzumutbarkeit infolge langer Reisedauer nach Rz. 257 LStR 2002 im Allgemeinen nicht gegeben sein.

Nach UFS (Wien), Senat 17 (Referent), , RV/2256- W/05, ist - unter Hinweis auf Doralt, EStG, 9. Auflage, § 16 Tz. 105, und die Gesetzesmaterialien - die Benützung von Massenverkehrsmitteln auch dann unzumutbar, wenn die Fahrt mit diesen einerseits 90 Minuten überschreitet und andererseits die Fahrt mit den Massenverkehrsmitteln mehr als drei Mal so lang dauert wie mit dem PKW (diese Frage ist nunmehr beim VwGH zu 2006/15/0319 anhängig).

Das große Pendlerpauschale steht - entgegen UFS (Wien), Senat 17 (Referent), , RV/0232-W/07 - bei Vorliegen der Voraussetzungen unabhängig vom tatsächlich benutzten Verkehrsmittel zu, somit auch zB bei Car-Sharing-Modellen oder dann, wenn trotz Unzumutbarkeit des Massenverkehrsmittels dennoch dieses benützt wird (vgl. Atzmüller/Lattner in Wiesner/Atzmüller/Grabner/Lattner/Wanke, MSA EStG [], § 16 Anm. 82; UFS [Wien], Senat 17 [Referent], , RV/2018-W/08).

Beim "großen" Pendlerpauschale bemisst sich die Fahrtstrecke nach der kürzesten Straßenverbindung. Unter Fahrtstrecke ist bei Benützung eines Kfz jene kürzeste Strecke zu verstehen, die ein Arbeitnehmer für tägliche Fahrten vernünftigerweise wählt, um die auf Grund bestehender Geschwindigkeitsbeschränkungen zeitaufwändige Befahrung von Ortsdurchfahrten (verkehrsberuhigte Zonen) oder Lärm und Abgase in Wohngebieten zu vermeiden ().

Streitpunkt

Unstrittig ist, dass der Bw. in der Früh von seiner Wohnung aus seine mehr als 60 km (Straßenentfernung Wohnung - Finanzamt 67 km) entfernte Dienststelle mit öffentlichen Verkehrsmitteln in weniger als 2,5 Stunden erreichen kann und diesbezüglich die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist.

Strittig ist, ob hinsichtlich der Rückfahrt die Fahrzeit mit Massenverkehrsmitteln im Regelfall weniger oder mehr als 2,5 Stunden beträgt und daher - je nach Beantwortung der Streitfrage - die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist oder nicht.

Sachverhalt

Der Bw. ist als Mitarbeiter des Teams Abgabensicherung 2 des Finanzamtes W. und übt - gemeinsam mit einem weiteren Mitarbeiter - in diesem Team die Funktion eines Inkassanten aus. Die Inkassanten haben insbesondere Bargeld von den Abgabepflichtigen, die am Finanzamt diesbezüglich persönlich vorsprechen, zur Abdeckung der offenen Abgabenverbindlichkeiten zu inkassieren.

Gemäß , GZ BMF-010218/0058-V/2/2008, "Vorschrift Abgabensicherung (VAS)", Punkt 5.1.5.3 sind die im Außendienst entgegengenommenen Beträge grundsätzlich noch am selben Tag bei dem der letzten Vollstreckungshandlung nächstgelegenen Postamt oder BAWAG P.S.K. Filiale auf das Postscheckkonto des Finanzamtes einzuzahlen. Übersteigt die Summe Y. Euro ist nach Möglichkeit eine Zwischenabfuhr durchzuführen. Abweichungen sind im Quittungsblock zu begründen. Im Innendienst entgegengenommene Bargeldbeträge sind während der Dienststunden gesichert zu verwahren und am selben Tag grundsätzlich bei dem nächstgelegenen Postamt oder BAWAG P.S.K. Filiale auf das Postscheckkonto des Finanzamtes einzuzahlen. Für die Entgegennahme von Bargeld sind grundsätzlich Bedienstete aus dem AS-Team vorzusehen. Bei Bedarf können auch andere Bedienstete - vornehmlich aus dem IC-Team - dafür eingesetzt werden (Punkt 4.2.1.2).

Nach dem , GZ BMF-280000/0005-IV/2/2004, "Teamleitfaden Abgabensicherung" hat das Inkasso von Bargeld grundsätzlich durch alle Mitarbeiter des Teams Abgabensicherung zu erfolgen, wobei "die detaillierte Vereinbarung" im Team erfolge.

Das Inkasso erfolgt zu den Amtsstunden des Finanzamtes, also beim Finanzamt W. in der Zeit von Montag bis Donnerstag zwischen 7:30 und 15:30 Uhr, am Freitag zwischen 7:30 bis 12:00 Uhr.

Die erforderliche Vorlaufzeit zur Inbetriebnahme des Arbeitsplatzcomputers und der Öffnung der erforderlichen Anwendungen beträgt in der Regel zwischen 5 und 10 Minuten. Außerdem sind die Inkassanten bestrebt, vor Beginn des Parteienverkehrs die Quittungen des vorangegangenen Tages mit dem Rechnungsleger abzurechnen. Schließlich kauft der Bw. in der Früh noch eine Jause. Daher beginnt der Bw. in der Regel seinen Dienst zwischen 6:00 und 7:30 Uhr, zumeist zwischen 6:15 und 6:45 Uhr. Möglich wäre jedoch bei Verwendung von Massenverkehrsmitteln mit einer Gesamtwegzeit von unter 2 Stunden ein Dienstbeginn in der Regel um 7:20 Uhr.

Nach Beendigung der Tätigkeit als Inkassant sind Abrechnungsarbeiten zu erledigen und im Anschluss daran die eingenommenen Beträge beim nächstgelegenen Postamt X. abzuführen, was inklusive Abschlussarbeiten, Gehweg Finanzamt - Postamt, Wartezeit am Postamt und Zahlungsvorgang in der Regel etwa 30 Minuten erfordert, wobei die Wartezeit vom unterschiedlichen Kundenandrang abhängig ist.

Für den Bw. gilt Gleitzeit, wobei gemäß , GZ BMF-320700/0005-I/20/2006 "Dienstzeitregelung des Finanzressorts 2006" die regelmäßige Wochendienstzeit 40 Stunden beträgt und grundsätzlich in allen Dienststellen zwischen 7:30 Uhr und 15:30 Uhr Dienst zu verrichten ist. Grundsätzlich können alle Bediensteten des Finanzressorts - unabhängig von ihrer Dienststelle und ihrer besoldungsrechtlichen Stellung - innerhalb der Rahmenzeit zwischen 6:30 und 19:30 Uhr den Beginn und das Ende ihrer täglichen Dienstzeit in Abweichung zu dem für sie hinterlegten Dienstplan selbst festsetzen, wobei in der Zeit zwischen 9:00 und 12:00 Uhr (Blockzeit) in der Regel jedenfalls Dienst zu versehen ist. Sofern Gleitzeit bei auswärtiger Dienstverrichtung in Anspruch genommen und der Dienst nicht bei der Dienststelle angetreten bzw. beendet wird, gilt als Dienstbeginn das Eintreffen an der Dienstverrichtungsstelle. Als Dienstende gilt dementsprechend der Zeitpunkt des Verlassens der auswärtigen Dienstverrichtungsstelle.

Dienstende des Bw. ist daher der Zeitpunkt des Verlassens des Postamtes.

Das tatsächliche Dienstende des Bw. im Jahr 2007 lag an Montagen, Dienstagen, Mittwochen und Donnerstagen, an denen Dienst zu versehen war, zwischen 13:30 und 17:00 Uhr, wobei in 41% der Fälle das Dienstende vor oder um 15:30 Uhr, in 59% nach 15:30 Uhr lag. An Freitagen wurde bis 12:00 und 15:30 Uhr, in der Regel bis 14:00 Uhr Dienst versehen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Dienstende Mo. - Do. (Fr. zw. 12:00 und 15:30 Uhr, i.d.R. 14:00 Uhr) ohne Abwesen-heiten
Jan.
Feb.
Mär.
Apr.
Mai
Jun.
Jul.
Aug.
Sep.
Okt.
Nov.
Dez.
Summe
bis / ab 15:30 Uhr
 
13:30 Uhr
 
1
 
 
1
 
 
 
 
 
 
 
2
 
 
14:00 Uhr
 
1
 
 
2
 
1
 
 
1
2
 
7
 
 
14:30 Uhr
 
 
 
 
 
 
1
 
 
1
1
1
4
 
 
14:45 Uhr
 
 
1
 
 
 
 
 
1
 
 
 
2
 
 
15:00 Uhr
2
2
3
3
2
1
 
1
2
5
5
 
26
 
 
15:15 Uhr
 
 
 
 
1
1
 
 
 
 
 
 
2
 
 
15:30 Uhr
1
 
7
3
1
2
 
 
1
2
3
2
22
65
41%
16:00 Uhr
10
11
6
6
6
5
8
7
10
4
4
1
78
 
 
16:15 Uhr
 
1
 
 
 
2
 
 
2
 
 
 
5
 
 
16:30 Uhr
2
 
 
 
1
 
1
 
 
1
1
1
7
 
 
16:45 Uhr
1
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
1
 
 
17:00 Uhr
1
 
 
 
1
 
 
 
 
 
 
 
2
93
59%
 
17
16
17
12
15
11
11
8
16
14
16
5
 
 
 
Dienst an Freitagen
4
2
5
4
5
5
4
2
4
2
2
2
41
 
 
Fortbildung
 
 
 
3
 
3
 
 
 
 
 
3
9
 
 
Urlaube, Gleittage, Kranken-stände
1
2
 
1
1
1
7
12
 
6
3
9
43
 
 
 
22
20
22
20
21
20
22
22
20
22
21
19
249
158
 
MDL
10
10,5
10
10
10
10
10
5
10
0
0
0
 
 
 
 
3
4
11
6
7
4
2
1
4
9
11
3
 
 
 
 
14
12
6
6
8
7
9
7
12
5
5
2
 
 
 

Dem Bw. war somit die flexible Inanspruchnahme von Gleitzeit bei Dienstende - und somit grundsätzlich eine Anpassung an die Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel - jedenfalls überwiegend in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen möglich.

Bei Anpassung des Dienstendes an die Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel wäre es dem Bw. möglich gewesen, etwa folgende Verbindungen zu nutzen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ab Postamt (W.-Straße)
ab Hauptbhf.
Verkehrsmittel
an R. .
zu Hause
Zeit
13:53
14:12
Zug
15:19
16:13
2:20 h
14:43
14:55
Bus
16:44
16:51
2:06 h
14:53
15:12
Zug
16:19
16:51
1:58 h
15:33
15:45
Bus
17:32
17:39
2:06 h
15:43
15:55
Bus
17:43
17:50
2:07 h
15:53
16:12
Zug
17:19
17:50
1:57 h
16:43
16:55
Bus
18:56
19:03
2:20 h
16:53
17:12
Zug
18:19
19:03
2:10 h
17:43
17:55
Bus
19:51
19:58
2:15 h
18:13
18:25
Bus
20:13
20:20
2:07 h

Es wurde zwar an fast 40% aller Arbeitstage zwischen Montag und Donnerstag der Dienst um 16:00 Uhr beendet, sodass bei Verwendung der nächsten öffentlichen Verkehrsmittel unter Einschluss der Wartezeiten eine Gesamtwegzeit von mehr als 2,5 Stunden gegeben wäre, jedoch kann nicht festgestellt werden, dass es wesentliche dienstliche Gründe waren, die den Bw. zu einem Arbeitsende um 16:00 Uhr veranlasst haben.

Beweiswürdigung

Der Unabhängige Finanzsenat folgt mit nachstehenden Ausnahmen dem Vorbringen des Bw.:

Zunächst kann den Angaben des Bw., dass am Morgen die Verwendung des am P. um 7:10 Uhr ankommenden Busses (Gesamtwegzeit Wohnungstür - Finanzamtstür 1:51 Minuten laut ÖBB-Internetfahrplan bei Verlassen der Wohnung um 5:28 Uhr) nicht möglich sein soll, nicht gefolgt werden: Selbst unter Berücksichtigung einer Wartezeit auf die Straßenbahn ist das Finanzamt gegen 7:20 Uhr erreichbar, sodass hinlänglich Zeit zum Hochfahren der EDV verbleibt.

Was den Einkauf der Jause anlangt, kann es als nicht unzumutbar angesehen werden, diesen zeitlich so zu legen, dass ein Dienstbeginn um 7.30 Uhr möglich ist (sei es durch Einkauf in der Früh in R., sei es durch Einkauf am Vortag); auch die Abrechnung mit dem Rechnungsleger kann im Lauf des Arbeitstages erfolgen, wenn bereits um 7:30 Uhr der vom Bw. behauptete Andrang zahlungswilliger Abgabepflichtiger bestehen sollte.

Was die Zeit anlangt, die üblicherweise zwischen Dienstende am Finanzamt und Dienstende am Postamt liegt, ist nicht von 45 Minuten, sondern von 30 Minuten auszugehen, da bei einem Dienstende (am Postamt) um 16:00 Uhr, wie sehr häufig der Fall, und bei einem Ende des Parteienverkehrs am Finanzamt um 15:30 Uhr eine halbe Stunde Zusatzzeit und nicht einer Dreiviertelstunde vorliegt (aus den Zeitaufzeichnungen des Bw. ergibt sich, dass tatsächlich Dienstende in 78 Fällen um 16:00 Uhr und nur in 5 Fällen um 16:15 Uhr war).

Da in mehr als 40% der Tage, an denen der Parteienverkehr um 15:30 Uhr geendet hat, der Bw. bereits um 15:30 Uhr oder früher das Postamt verlassen hat, ergibt sich, dass dem Bw. durchaus möglich war, vor dem Ende des Parteienverkehrs das Finanzamt zu verlassen. Dafür spricht auch, dass jedenfalls ein zweiter Mitarbeiter seines Teams mit Inkassotätigkeiten betraut war, sodass ein Abwechseln beim Dienstschluss in Betracht kam. Gegen eine Anpassung des tatsächlichen Dienstendes im Rahmen der Gleitzeit an die Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel können daher - jedenfalls in der Mehrzahl der Fälle - keine dienstlichen Gründe gesprochen haben.

Entgegen dem Vorbringen des Bw. im Vorlageantrag war es diesem daher sehr wohl möglich zu "gleiten". Dies wird in der Mail vom nunmehr auch ausdrücklich zugestanden ("Tatsächlich hätte ich im Jahr 2007 die Gleitzeit an die Fahrzeit anpassen können..."). Das wiederholt vorgetragene Argument des Bw., dienstliche Erfordernisse seien einem an den öffentlichen Verkehr angepassten Arbeitsende entgegengestanden, muss angesichts der völlig unterschiedlichen tatsächlichen Dienstendezeiten im Jahr 2007 ins Leere gehen - dass es vorwiegend die dienstlichen Erfordernisse waren, die zu den unterschiedlichsten Dienstbeginn- und Dienstendezeiten des Bw. geführt haben (und zwar zu einem nicht unwesentlichen Teil vor 16:00 Uhr), ist nicht nachvollziehbar und widerspricht darüber hinaus den Erfahrungen über den Dienstbetrieb und über die Dienstzeitpraxis an den Finanzämtern.

Es wäre dem Bw. daher - in der Mehrzahl der Fälle - freigestanden, am Finanzamt seinen Dienst entweder um ca. 14:15 Uhr zu beenden, sodass bei einem Verlassen des Postamtes um 14:43 Uhr (bei Verzögerungen: um 14:53 Uhr) der Bus um 14:55 Uhr bzw. der Zug um 15:12 Uhr erreicht werden kann (Wegzeit mit Geh-, Warte- und Fahrzeiten jedenfalls unter 2,5 Stunden), oder um ca. 15:10 Uhr, sodass auch unter Einrechnung von Verzögerungen: der Zug um 16:12 Uhr erreicht werden kann (Wegzeit mit Geh-, Warte- und Fahrzeiten jedenfalls unter 2,5 Stunden). Andererseits hätte - bei Abwarten der Beendigung des Parteienverkehrs - der Dienst am Finanzamt um ca. 16:15 Uhr beendet werden können, sodass bei einem Verlassen des Postamtes um 16:43 Uhr (bei Verzögerungen: um 16:50 Uhr) der Bus um 16:55 Uhr bzw. der Zug um 17:12 Uhr erreicht werden kann (Wegzeit mit Geh-, Warte- und Fahrzeiten jedenfalls unter 2,5 Stunden).

Optimale Wegzeitgestaltung

Die relevante Wegstrecke ist im gegenständlichen Fall nicht der (direkte) Weg Dienststelle (Finanzamt) - Wohnung, sondern der Weg Dienstverrichtungsstelle (Postamt) - Wohnung.

Streitentscheidend ist in dem hier zu beurteilenden Fall, ob der Bw. zumutbarerweise sein Arbeitsende grundsätzlich so legen konnte, dass er die öffentlichen Verkehrsmittel verwenden kann.

Aus den vorgelegten Zeitaufzeichnungen des Bw. ergibt sich, dass dieser seine Arbeitszeit offenbar (in Absprache mit seinen Kollegen und seiner Vorgesetzten) im Rahmen der Gleitzeitregelungen des Finanzressorts weitgehend frei einteilen konnte.

Jedenfalls in der Mehrzahl der Fälle wäre es dem Bw. offenkundig möglich gewesen, sein Dienstende an die Fahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel anzupassen. Bei entsprechender Einteilung und einem Wechsel früheres / späteres Dienstende käme es auch nicht zu der vom Bw. befürchteten "überwiegend längeren Dienstzeit von mehr als 9 Stunden", abgesehen davon, dass § 48a BDG als Höchstgrenze der Tagesdienstzeit 13 Stunden und - innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes - der Wochendienstzeit von 48 Stunden vorsieht, der Bw. die ihm angeordneten zeitlichen Mehrdienstleistungen (Überstunden) finanziell abgegolten erhält und es notorisch ist, dass auch Beamte mit höherem Alter als jenem des Bw. regelmäßig eine 9 Stunden übersteigende Tagesdienstzeit aufweisen.

Dass es Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln gibt, die bei entsprechendem Arbeitsende mit einer Gesamtwegzeit von weniger als 2,5 Stunden (ab Dienstende am Postamt) verwendet werden können, wurde vom Bw. nicht bestritten.

Es ist zwar keineswegs unwahrscheinlich, dass es in Einzelfällen zum Versäumen eines Massenverkehrsmittels (und damit zu längeren Arbeitswegzeiten) kommen kann, dies steht aber der Nutzbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel an den überwiegenden Arbeitstagen des Lohnzahlungszeitraumes nicht entgegen. Dieses Problem stellt sich nahezu allen Arbeitnehmern, die nicht auf die Minute genau ihre Arbeit beenden können. Hier besteht auch in der Regel die Möglichkeit, Arbeiten des Folgetages vorzuziehen, um auf diese Weise bei einem späteren Arbeitsende eben das nächste öffentliche Verkehrsmittel zu erreichen.

Dies gilt auch für die vom Bw. wahrzunehmenden Aufgaben, die sich nicht in der Entgegennahme von Bargeldbeträgen zu den Amtsstunden erschöpfen, sondern eine Vielzahl zu erledigender Arbeiten bedingen. Es entspricht ferner dem Teamgedanken in der Finanzverwaltung, gegebenenfalls Arbeiten anderer Teammitglieder mit zu übernehmen, um möglichst rasche Erledigungen sicherzustellen. Dass die einem Abgabensicherungsteam zukommende Arbeit dergestalt ist, dass an jedem Arbeitstag sämtliche anfallenden Arbeiten erledigt werden, sodass keine Arbeiten für die Folgetage übrig bleiben (und bei Gleitzeit vorgezogen werden können), widerspricht den behördlichen Erfahrungen. So hätte der Bw. jene Arbeiten, die er üblicherweise in der Früh in der Zeit zwischen ca. 6:30 Uhr und 7:30 Uhr erledigt, bei Verwendung derjenigen Verbindung öffentlicher Verkehrsmittel, die einen Arbeitsbeginn um 7:20 Uhr ermöglicht, am Vortag nach Schluss des Parteienverkehrs durchführen und so ohne längere Wartezeit öffentliche Verkehrsmittel (ab Postamt 16:43 Uhr bzw. 16:53 Uhr) verwenden können.

Dem Bw. ist einzuräumen, dass die Abhängigkeit von den Fahrzeiten öffentlicher Verkehrsmittel aus Sicht des jeweiligen Arbeitnehmers unbefriedigend sein kann, doch liegt dies im - dem Gesetzgeber bekannten - Wesen öffentlicher Verkehrsmittel und führt diese Abhängigkeit allein noch nicht zur Unzumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

Für die Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel sind dann die tatsächlichen Arbeitsendezeiten nicht wesentlich, wenn diese weitgehend im Belieben des Arbeitnehmers stehen. Maßgebend ist vielmehr, ob bei einer zumutbaren Gestaltung der Arbeitszeiten öffentliche Verkehrsmittel mit einer zumutbaren Gesamtwegzeit verwendet werden können.

Der Bw. irrt, wenn er meint, es komme nicht darauf an, "man hätte dies und das tun können und was wäre wenn". Stehen keine beachtlichen beruflichen oder privaten Gründe der Anpassung der Arbeitszeit an die Fahrpläne des öffentlichen Verkehrs entgegen, dann ist nicht von den tatsächlichen, vom Arbeitnehmer frei gewählten Arbeitszeiten auszugehen, sondern von jenen, die mit der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel in Einklang zu bringen sind. Der Bw. hat zwar vorgetragen, dass dienstliche Gründe gegen eine Anpassung der individuellen Arbeitzeiten an die Gegebenheiten des öffentlichen Verkehrs sprechen, dies konnte vom Unabhängigen Finanzsenat jedoch - jedenfalls für die überwiegenden Tage der einzelnen Lohnzahlungszeiträume - nicht festgestellt werden.

Unstrittig ist, dass bei einer Wegstrecke wie der hier gegebenen nach Verwaltungspraxis und einhelliger Spruchpraxis des UFS sowie einhelliger Lehre die Unzumutbarkeit der Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel (abgesehen von hier nicht gegebenen Fällen wie etwa einer Behinderung) bei der gegenständlichen Entfernung des Arbeitsplatzes von der Wohnung bei einer Gesamtwegzeit von über 2,5 Stunden liegt. Hiergegen wurde nichts vorgetragen. Dass der Gesetzgeber die Verwendung von Massenbeförderungsmitteln (und die damit im Regelfall verbundenen Wegzeiten) auch bei einem Arbeitsweg von über 60 km steuerlich grundsätzlich als zumutbar erachtet, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass auch hierfür ein "kleines" Pendlerpauschale in § 16 Abs. 1 Z 5 lit. b EStG 1988 vorgesehen ist, während demgegenüber etwa im Bereich der Arbeitslosenversicherung die zumutbare Wegzeit für den Hin- und Rückweg zur Arbeit "tunlich" nicht mehr als ein Viertel der durchschnittlichen täglichen Normalarbeitszeit betragen soll (§ 9 Abs. 2 AlVG).

Da nach dem Vorgesagten wesentliche Interessen des Bw. oder seines Dienstgebers einer Anpassung der Arbeitsendezeiten des Bw. an die Fahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel - jedenfalls an der Mehrzahl der Arbeitstage - nicht entgegenstanden, und bei einer derartigen Anpassung die Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar gewesen wäre, war die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Durch die Pauschalregelung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 kann es in verschiedenen Fallkonstellationen zu für den jeweiligen Arbeitnehmer unbefriedigenden Ergebnissen kommen. Dies allenfalls zu ändern, ist Sache des Gesetzgebers, kann aber zufolge des Legalitätsgrundsatzes (Art. 18 B-VG) nicht Aufgabe der Vollziehung sein.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 167 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Pendlerpauschale
Gleitzeit
Zumutbarkeit der Benutzung von Massenverkehrsmitteln
Finanzbediensteter
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 2008, 101

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at