Rückgängigmachung eines Erwerbsvorganges durch Aufhebungsvertrag bei etwas später erfolgtem Abschluss eines neuen Kaufvertrages mit Sohn
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X., vertreten durch Dr. Erwin Fischer, 6020 Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 4, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 17 GrEStG entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Kauf-Anwartschaftsvertrag vom erwarb Frau X, die Berufungswerberin (Bw.), von der Verkäuferin, der Siedlungsgen., die Anwartschaft auf eine erst zu errichtende Wohneinheit Nr. 8 und einen Tiefgaragenplatz auf der Liegenschaft EZ 945 der KG XY um einen Kaufpreis von 170.824,49 €, wovon 27.444,64 € auf Eigenmittel und 143.379,85 € auf die Übernahme eines Kapitalmarktdarlehens entfielen.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für diesen Erwerbsvorgang die Grunderwerbsteuer in Höhe von 5.978,85 € fest. Mit Antrag nach § 17 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 GrEStG vom ersuchte die Bw. die Grunderwerbsteuer nicht festzusetzen bzw. ihr den Betrag zurückzuerstatten, weil der ursprüngliche Vertrag mit Aufhebungsvertrag vom zur Auflösung gebracht worden sei.
Die Siedlungsgenossenschaft gab über Aufforderung des Finanzamtes mit Schreiben vom bekannt, dass mit Herrn Y ein neuer Vertrag abgeschlossen worden und der Kaufpreis an die Bw. zurückerstattet worden sei. Beigelegt wurde ua. eine Kopie des Einzahlungsbeleges vom .
Das Finanzamt erhob, dass es sich bei dem neuen Käufer um den bei der Bw. lebenden Sohn handelte und dass mit ihm am ein Kauf- und Anwartschaftsvertrag abgeschlossen worden ist, der nach Kaufpreis und Bedingungen völlig dem vor einem Jahr von seiner Mutter abgeschlossenen Vertrag glich.
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag nach § 17 GrEStG mit der Begründung ab, dass Zweck des Aufhebungsvertrages nicht die Rückgängigmachung des Erwerbes sein sollte, wodurch die Verkäuferin ihre ursprünglich freie Verfügungsmacht wiedererlangen sollte, sondern die Ermöglichung der Weiterübertragung der Liegenschaft an den Sohn.
Gegen diese Entscheidung wandte sich die Bw. mit Berufung. Sie führte aus, dass der Kauf-Anwartschaftsvertrag unter der ausdrücklichen aufschiebenden Bedingung der Gewährung von Wohnbauförderungsmitteln stand. Ein rechtsgültiger Kauf-Anwartschaftsvertrag sei daher nie zustande gekommen und der Erwerb der Eigentumswohnung wäre rechtlich nicht möglich gewesen. Es sei daher keine Grunderwerbsteuer angefallen.
Der Kauf-Anwartschaftsvertrag sei ex tunc aufgehoben und sämtliche Zahlungen seien rücküberwiesen worden, sodass die Siedlungsgenossenschaft ihre ursprünglich freie Verfügungsmacht wiedererlangt hätte. Beim gegenständlichen Wohnbauprojekt handle es sich um eine Wohnanlage, die gemäß den Bestimmungen des Steiermärkischen Wohnbauförderungsgesetzes 1993 errichtet werde und ein Wohnungseigentumswerber, der die Voraussetzungen für die Gewährung der Wohnbauförderungsmittel nicht erfülle, könne kein Kaufobjekt in dieser Anlage erwerben.
Der Bw. fehlten die notwendigen Förderungsvoraussetzungen und erfolgte deswegen die formelle Aufhebung des Vertrages. Es sei die vollkommen freie Entscheidung der Verkäuferin gewesen, die Wohnung an den Sohn der Bw. zu verkaufen.
Die Berufung wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung im Sinne des § 276 Abs. 6 BAO direkt dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Strittig ist, ob der Erwerb durch den Kauf-Anwartschaftsvertrag vom im Sinne des § 17 GrEStG 1987 rückgängig gemacht worden ist und die Grunderwerbsteuer zu erstatten ist.
§ 17 GrEStG 1987 lautet auszugsweise: " (1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt, 1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von 3 Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufrechtes rückgängig gemacht wird,....
(4) Ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer bereits festgesetzt, so ist auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern........."
Die Steuerschuld entsteht im Grunderwerbsteuerrecht grundsätzlich mit Verwirklichung des Steuertatbestandes und kann in der Regel durch nachträgliche privatrechtliche Vereinbarungen, mag diesen auch von den Parteien Rückwirkung beigelegt worden sein, nicht mehr beseitigt werden. Eine Ausnahme von diesem für die Verkehrsteuern geltenden Grundsatz stellt § 17 GrEStG 1987 dar.
Die Vorschriften den § 17 GrEStG setzen voraus, dass die Steuerpflicht im Sinne des § 4 Abs. 1 BAO und § 8 GrEStG bereits entstanden ist (; ). Die Frage, ob bei einem unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossenen Kaufvertrag und bei Nichteintritt dieser Bedingung im § 17 GrEStG überhaupt ein geeignetes Instrument zu sehen ist, eine bereits erfolgte rechtskräftige Festsetzung der Abgabe zu korrigieren (ablehnend der VwGH, zitiert in Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, § 17, Rz 7 und Rz 47), mag dahingestellt bleiben, weil der gegenständliche Kaufvertrag - entgegen der Ansicht der Bw. - unter keineraufschiebenden Bedingung abgeschlossen worden ist.
So wurde auch nicht eine Förderungszusage des Landes zur Bedingung der Rechtswirksamkeit des Vertrages erhoben. Im § 11 des Kauf-Anwartschaftsvertrages werden lediglich die Gründe festgehalten, die zu einer sofortigen Auflösung des Vertrages führen, wovon die Z 1 in Anspruch genommen worden ist, weil sich herausstellte, dass die Bw. bosnische Staatsbürgerin ist und daher in Bezug auf die Wohnbauförderung nicht förderungsberechtigt war. Es gibt im Übrigen auch keinen Hinweis darauf, dass der ursprüngliche Kauf-Anwartschaftsvertrag nicht rechtsgültig zu Stande gekommen ist und war die Vereinbarung sofort rechtswirksam, weshalb die Steuerschuld nach § 8 GrEStG 1987 mit Abschluss des Verpflichtungsgeschäftes am entstanden ist.
Gemäß der zu § 17 GrEStG vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Rechtsprechung ( und weitere in Fellner, w.o., § 17, Rz 14 referierte Erkenntnisse) zum Begriff "Rückgängigmachung" kommt es darauf an, dass die Verkäuferin jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die sie vor dem Vertragsabschluss innegehabt hatte, durch einen der in § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 genannten Rechtsvorgänge wiedererlangt.
Die ursprüngliche Eigentümerin muss die rechtliche Möglichkeit zurückerhalten haben, ein neues Verpflichtungsgeschäft nach ihrem Belieben und ihren Vorstellungen abzuschließen. Von einer Wiedererlangung einer freien Verfügungsmacht durch den Aufhebungsvertrag kann angesichts des Umstandes, dass die Aufhebung des ersten Kaufvertrages nur zu dem Zweck erfolgte, die Anwartschaft auf die Wohnung zu denselben Konditionen an den Sohn der Bw. weiter zu verkaufen, der im Gegensatz zur Mutter die Förderungsbedingungen erfüllt, nicht gesprochen werden (vgl. ).
Eine Rückgängigmachung liegt dann nicht vor, wenn ein Vertrag zwar formell, aber nur zu dem Zweck aufgehoben wird, gleichzeitig das Grundstück auf eine vom Käufer ausgesuchte andere Person zu übertragen (vgl. ). Entscheidend ist, dass sich die Vertragspartner derart aus ihren vertraglichen Bindungen entlassen, dass die Möglichkeit der Verfügung nicht beim Erwerber verbleibt; dieser darf am weiteren Schicksal des Grundstückes kein Interesse haben. Dass die Namhaftmachung des Sohnes als Käufer im Interesse der Bw. lag, liegt auf der Hand.
Auch wenn die Aufhebung des ersten Kaufvertrages und der Abschluss des zweiten Kaufvertrages nicht gleichsam uno actu erfolgten, so sprechen doch die zeitliche Nähe der Vertragsabschlüsse (19 Tage) und die unverändert übernommenen Leistungsverpflichtungen dafür, dass die Verkäuferin nicht mehr in die Lage versetzt werden sollte, ein Rechtsgeschäft nach eigenen Gutdünken abzuschließen, sondern sollte der Kauf an den im Voraus bestimmten Käufer ermöglicht werden. In diesem Fall kann trotz der am erfolgten Retournierung der Anzahlung an die Bw. nicht davon ausgegangen werden, dass die Verkäuferin jene Verfügungsmacht über den Kaufgegenstand erlangte, die sie vor Abschluss des ersten Kaufvertrages innehatte.
Die Voraussetzungen für eine Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges iSd § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 liegen daher nach Lehre und Rechtsprechung nicht vor, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 17 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at