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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 16.04.2013, RV/3049-W/11

Vorsteuerabzug für Verkehrsbeiträge der in der Wirtschaftszone angesiedelten Unternehmer iZm der Errichtung einer Aufschließungsstraße

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/15/0192 eingebracht (Amtsbeschwerde). Zurückweisung mit Beschluss vom .


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/3049-W/11-RS1
Rechnungen einer Aufschließungsgesellschaft über Verkehrsbeiträge für die Errichtung einer Autobahnanschlussstelle, die der Anbindung einer Wirtschaftszone dient, berechtigen die in der Wirtschaftszone angesiedelten Unternehmer zum Vorsteuerabzug. Die Unternehmer sind Empfänger der Leistung, da ihnen durch die Straßenerrichtung ein wirtschaftlicher Vorteil zukommt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Rudolf Wanke und die weiteren Mitglieder Hofrätin Dr. Barbara Straka, Mag. Natascha Kummer und Reinhold Haring über die Berufung der Bw., vertreten durch Leitner + Leitner GmbH, 4040 Linz, Ottensheimerstraße 32, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes ABC, vertreten durch ADir Hermann Mörkl, vom betreffend Umsatzsteuerfestsetzung 5/2009, 8/2009, 11/2009 und 2/2010 nach der am in D., durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin, eine GmbH, die in einem Einkaufszentrum Geschäftslokale verpachtet, machte in den Voranmeldungszeiträumen 5/2009, 8/2009, 11/2009 und 2/2010 Vorsteuern ua für Errichtungskosten einer Autobahnanschlussstelle geltend.

Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung stellte das Finanzamt fest (Prüfungsbericht vom ), dass im Zuge der Errichtung einer Autobahnanschlussstelle (beinhaltend die Autobahnauf- und abfahrten, Kreisverkehre, Verbindungsstraße und Brücke über die Autobahn) die Fa. X ErrichtungsgmbH (X. GmbH) der Bw. einen Kostenbeitrag, bezeichnet als "Verkehrsbeitrag", mit Umsatzsteuer verrechnet habe. Es handle sich um vier Rechnungen vom , , und mit einer ausgewiesenen Umsatzsteuer von jeweils 60.000 €, welche von der Bw. als Vorsteuer geltend gemacht worden sei.

Die Betriebsprüferin verwies darauf, dass nur der Empfänger der Leistung Vorsteuer abziehen könne und die Leistung für den Unternehmensbereich des Leistungsempfängers erbracht werden müsse. Leistungsempfänger sei, wer zivilrechtlich aus dem Vertragsverhältnis berechtigt oder verpflichtet sei, also in der Regel der Auftraggeber der Leistung. Nicht maßgebend sei, wem gegenüber die Leistung tatsächlich erbracht worden sei oder wer wirtschaftlich mit der Zahlung des Entgelts belastet sei. Der Verkehrsbeitrag stelle sich als reiner Finanzierungsbeitrag dar. Die Bw. erhalte keine Berechtigung, die errichteten Straßen zu benützen, da es sich um öffentliche Straßen bzw. um Privatstraßen mit öffentlichen Verkehr handle, die ohnehin öffentlich nutzbar sind. Es handle sich nicht um einen umsatzsteuerrechtlich relevanten Leistungsaustausch, sodass der Vorsteuerabzug zu versagen sei.

In der Folge ergingen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide vom für 5/2009, 8/2009, 11/2009 und 2/2010, in denen die von der X. GmbH in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge unter Hinweis auf die Niederschrift bzw. den Prüfungsbericht keine Berücksichtigung fanden.

In der gegen diese Bescheide eingebrachten Berufung vom beantragte die Bw. die Anerkennung der Vorsteuerbeträge, da den in Frage stehenden Kosten- bzw Verkehrsbeiträgen sehr wohl ein Leistungsaustausch zugrunde liege. Ein Leistungsaustausch setze gemäß UStR 2000 Rz 1 Leistung und Gegenleistung, das Vorliegen von zwei Beteiligten und die innere Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Die Grenze zwischen nicht steuerbarem Zuschuss und einem steuerbaren Leistungsaustausch werde dort überschritten, wo der "Subventionsgeber" seine Leistung an Bedingungen knüpfe, deren Erfüllung ihm selbst oder einem Dritten einen speziellen Nutzen verschaffe, mag dieser auch im öffentlichen Interesse liegen, und der Empfänger diese Bedingungen erfülle (vgl UStR Rz 27).

Im konkreten Fall liege die Leistung (der spezielle Nutzen) in der Verbesserung der verkehrstechnischen Erschließung des Betriebsgebietes und werde das Entgelt ausschließlich dafür und nur deswegen bezahlt, da durch die seitens der X. GmbH erbrachten Leistungen die Betriebs- und Handelsflächen eine höhere Verkehrs- und Kundenfrequenz ermöglichen. Dementsprechend seien die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches eindeutig erfüllt und damit auch die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug gegeben.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde vom steuerlichen Vertreter ergänzend ausgeführt, dass die gegenständlichen straßenbaulichen Maßnahmen für die Bw. von essenzieller Bedeutung gewesen seien, da mit den zuvor bestanden habenden Verkehrsverbindungen ein Ausbau des Einkaufszentrums nicht durchführbar gewesen wäre. Die Errichtung des Bauteils 4 sei erst nach Errichtung des Kreisverkehrs möglich gewesen. Damit seien auch für die Bw. weitere Einnahmen erzielt worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Sachverhalt

Die Geschäftstätigkeit der Bw. liegt in der Verpachtung von Geschäftsflächen in einem Einkaufszentrum. Zur besseren Erreichbarkeit des Wirtschaftsgebietes beidseits der Autobahn bzw. um Betriebserweiterungen und neue Betriebsansiedlungen zu ermöglichen wurde eine zusätzliche Anschlussstelle an die Autobahn geschaffen. Die Fa. X. GmbH ließ zur Anbindung der Wirtschaftszone anschließend an die neue Autobahnauffahrt und -abfahrt zwei Kreisverkehre samt Verbindungsstraße und eine Brücke über die Autobahn errichten. Die Finanzierung erfolgte durch einmalige Verkehrsbeiträge der angesiedelten und sich ansiedelnden Unternehmer. So schrieb die Fa. X. GmbH auch der Bw. für die Errichtung der Anschlussstelle einen Verkehrsbeitrag von 1.252.000 € zuzüglich Umsatzsteuer vor, der in den Jahren 2009 und 2010 in Teilbeträgen entrichtet wurde. Die Kostenvorschreibung beruht auf einem Vertrag der Bw. mit der Fa. X. GmbH vom 15. Juni/.

Die von der X. GmbH errichteten Verkehrsanlagen sind Privatstraßen, die dem öffentlichen Verkehr dienen. Die Straßengrundstücke - mit Ausnahme der Autobahnbrücke - befanden sich im privaten Eigentum Dritter und wurden in der Folge von der Fa. X. erworben (siehe auch ).

Unbestritten steht fest, dass die neue Infrastruktur der Wirtschaftszone dient und durch die Erhöhung der Verkehrsfrequenz zu einer Wertsteigerung der Geschäftsflächen beigetragen hat.

Strittig ist, ob die mit Umsatzsteuerausweis vorgeschriebenen Verkehrsbeiträge die Bw. zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Rechtsgrundlage:

Der Unternehmer kann gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 als Vorsteuer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen abziehen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind.

Rechtliche Würdigung:

Für das Unternehmen ausgeführt gilt eine Leistung, wenn das leistungsempfangende Unternehmen aus dem der Leistung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertragsverhältnis berechtigt oder verpflichtet ist. In der Regel gilt daher der Auftraggeber der Leistung als Leistungsempfänger (Ausnahmen: § 12 Abs 2 Z 3, Z 4 und § 13 Abs 2 UStG 1994). Auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt (den eigentlich Begünstigten bzw Beschwerten der Leistung) wird nicht Rücksicht genommen. Dies wird durch die expliziten Sonderregelungen in Z 3 und Z 4 offensichtlich (Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), UStG-Kommentar 1.04 § 12 Rz. 87 ff, Ruppe/Achatz, UStG4, § 12 Tz. 72).

Der Unternehmer kann daher Vorsteuerbeträge nur abziehen, wenn die zugrunde liegende Leistung "für sein Unternehmen" ausgeführt worden ist. Es kann daher

- nur derjenige die Vorsteuer abziehen, der Empfänger der Leistung ist und

- die Leistung muss für den Unternehmensbereich des Leistungsempfängers erbracht worden sein.

Die Bw. ist in Hinblick auf die Verpachtung von Geschäftslokalen Unternehmerin. Die Fa. X. GmbH hat an die Bw. wie an die anderen angesiedelten Unternehmer eine Leistung erbracht, die darin besteht, dass den Liegenschaftseigentümern im Wirtschaftsgebiet die Möglichkeit eingeräumt wird, über die neue Verbindungsstraße auf die Grundstücke zuzufahren. Die X. erbringt mit der Zurverfügungstellung und Erhaltung der Infrastruktur eine Tätigkeit gegen Entgelt. Sie ist ebenfalls unternehmerisch tätig.

Der Verkehrsbeitrag beruht auf einem Vertrag mit der X. GmbH, in dem ein einmaliger Kostenbeitrag zur Errichtung einer zusätzlichen Autobahnabfahrt, die wesentlich der Wirtschaftszone dienen soll, vereinbart ist. Die Bw. verpflichtet sich zur Leistung eines Verkehrsbeitrages von 448.000 € zzgl USt nach Baubeginn.

Die Bw. ist aus diesem Vertrag berechtigt bzw. verpflichtet und ist somit als Leistungs-empfängerin anzusehen.

Der Umstand, dass der erste Teilbetrag des Verkehrsbeitrages erst nach Beginn der Bautätigkeit zu zahlen war und somit von einer tatsächlichen Leistungserbringung der X. GmbH abhängig war, spricht ebenfalls für ein Verhältnis von Leistung und Gegenleistung.

Auch die Vereinbarung in Punkt 3.2 des Vertrages, wonach der Bw. das Recht zukommt, eigene Wünsche in das Bauprojekt einzubringen, lässt den Schluss zu, dass die Bw. nicht nur Kostenträgerin, sondern Empfängerin der Leistung ist.

Dem Einwand des Finanzamtes, dass wegen der allgemeinen Nutzbarkeit der neu errichteten Anschlussstelle die X. GmbH an die Bw. und die anderen angesiedelten Unternehmer keine speziellen Leistungen erbracht habe, kommt keine Berechtigung zu. Die Tatsache, dass die Anbindung an die Autobahn auch andere Personen befahren können, steht einer Leistungsbeziehung zwischen der X. GmbH und der Bw. nicht entgegen. Die Bw. ist an der Leistung der X. GmbH gerade deshalb interessiert, weil sie die Nutzung der neuen Zufahrt ihren Pächtern und deren Kunden, Lieferanten etc. zur Verfügung stellen will.

Der sich aus der besseren Erreichbarkeit und der Erhöhung der Kundenfrequenz ergebende wirtschaftliche Vorteil für die Bw. liegt auf der Hand. Nur bei entsprechender Kundenfrequenz ist die Vermietung der Geschäftsflächen auch in Zukunft gesichert. Darüber hinaus war der neue Autobahnanschluss Voraussetzung für die Erweiterung der Geschäftsflächen. Auch die gleichzeitig mittels Brücke geschaffene Verbindung der beiden Wirtschaftszonen beidseits der Autobahn kam allen angesiedelten Unternehmern zu Gute.

Es ist darauf zu verweisen, dass die Anschlussstelle zwar allgemein befahrbar ist, jedoch praktisch ausschließlich den Wirtschaftszonen beiderseits der Autobahn dient. Die Zufahrt bspw. zu den benachbarten Gemeinden erfolgt ohne Querung des Gewerbegebietes auf direktem Weg über den nahe gelegenen, schon bestehenden Autobahnanschluss.

Für einen Leistungsaustausch mit einem speziellen Nutzen für die Bw. spricht nicht zuletzt, dass Unternehmer in der Regel nur bei Erwartung eines wirtschaftlichen Vorteils zu finanziellen Aufwendungen bereit sind.

Da die Bw. als Leistungsempfängerin anzusehen ist, kommt eine Qualifizierung des Verkehrsbeitrages als Zahlung von dritter Seite iSd § 4 Abs. 2 Z 2 UStG für eine Werklieferung des Straßenbauwerks an den Eigentümer des Straßengrundes nicht in Betracht. Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), wonach Beiträge der Anrainer als Zahlung von dritter Seite für die Zuwendung einer Verkehrsanbindung an die öffentliche Hand zu betrachten sind, ist auf den vorliegende Fall nicht anwendbar. Die Fa. X. GmbH hat die von ihr errichtete Infrastruktur nicht an die öffentliche Hand oder an private Liegenschaftseigentümer übertragen. Die Verkehrsanlagen sind vielmehr als private Straßen in das wirtschaftliche Eigentum der Fa. X. GmbH übergegangen und werden von ihr zur Erzielung von Einnahmen durch Vorschreibung der Verkehrsbeiträge unternehmerisch genutzt (siehe ).

Abschließend ist festzustellen, dass der Bw. für die entrichteten Teilbeträge des Verkehrsbeitrages die Vorsteuerabzugsberechtigung zukommt.

Der Berufung war daher stattzugeben.

Berechnung der Umsatzsteuerfestsetzung:


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5/2009
8/2009
11/2009
2/2010
Gesamtbetrag steuerpflichtige Leistungen
262.619,51
234.967,90
319.058,81
52.290,60
20% USt
52.523,90
46.993,58
63.811,76
10.458,12
Steuerschuld gem § 19
5.078,95
7.082,28
2.789,60
251,18
Summe USt
57.602,85
54.075,86
66.601,36
10.709,30
Vorsteuern
-93.437,78
-82.176,07
-90.397,95
-75.458,02
VSt gem § 19, Art 19 und Art 25 Abs 5
-5.078,95
-7.082,28
-2.789,60
-251,18
Gutschrift
-40.913,88
-35.182,49
-26.586,19
-64.999,90

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Zitiert/besprochen in
Stöger-Frank in UFSjournal 7/2013, 300

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at