Zurückweisung der Berufung gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid nach Ergehen des Jahresbescheides
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., AdresseBw, vertreten durch PWT Pannonische WT GMBH, 7201 Neudörfl, Hauptstraße 26, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Umsatzsteuerfestsetzung für den Zeitraum Dezember 2010 entschieden:
Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Am erließ das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart einen Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für den Zeitraum Dezember 2010 und führte in der Begründung aus:
"Gem. § 17 UStG 94 sind buchführungspflichtige Gewerbebetriebe verpflichtet die Umsatzsteuer gem. der Sollbesteuerung nach vereinbarten Entgelten abzuführen. Die Umsatzsteuer aus dem Verkauf des Grundstückes im Wert von € 26.334,00 netto wurde gem. den vereinnahmten Entgelten abgeführt, da gem. ihren Aussagen die freiwillige Buchführung der pflichtigen Buchführung nicht gleichzusetzen sei.
Werden Bücher oder Aufzeichnungen geführt, ohne dass hierzu eine gesetzliche Verpflichtung nach § 124 oder § 125 BAO besteht, so erfolgt abgabenrechtlich eine grundsätzliche Gleichstellung von freiwillig und pflichtig geführten Büchern und Aufzeichnungen. Es gelten für die freiwillig geführten Bücher und Aufzeichnungen die Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit, wie sie insbesondere im § 131 BAO vorgesehen sind.
Mit freiwillig geführten Büchern verbinden sich daher die gleichen Wirkungen wie mit verpflichtend geführten. Der Anspruch auf die den Verkauf entfallende Umsatzsteuer iHv. € 5.266,80 ist gem. der Sollbesteuerung somit mit Ablauf des Monats 12/2010 entstanden (fällig )"
Gegen diesen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid erhob der steuerliche Vertreter der Bw. fristgerecht Berufung und führte darin aus:
"Gemäß § 17 Abs. 2 UStG haben Unternehmen, die hinsichtlich ihrer Umsätze aus Tätigkeiten im Sinne des §§ 21 und 23 des Einkommensteuergesetzes buchführungspflichtig sind, oder deren Gesamtumsatz aus Tätigkeiten die nicht unter §§ 21 und 23 des EStG fallen, in einem der beiden vorangegangene Kalenderjahren nicht mehr als € 110.000 betragen haben die Steuer nach den vereinnahmten Entgelten zu berechnen. Eine Buchführungspflicht ist an Hand der §§ 124 oder 125 BAO zu beurteilen (Ruppe UST- Kommentar § 17).
Aus der freiwilligen Buchführung unserer Mandantin leitet nun ihre Behörde, eine Verpflichtung zur Sollbesteuerung nach dem Umsatzsteuergesetz ab und beruft sich dabei auf die Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit gemäß § 131 BAO. Es ist sehr wohl zutreffend, dass auch freiwillig geführte Bücher ordnungsgemäß zu sein haben, doch steht dies in keinem Konnex zur Ist-Besteuerung des Umsatzsteuergesetzes. Wäre es die Intention des Gesetzgebers gewesen jegliche Form der Führung der Bücher, somit auch die freiwillige Buchführung, der Sollbesteuerung nach dem Umsatzsteuergesetz zuzuführen so hätte er nicht explizit in § 17 Abs. 2 UStG auf eine Buchführungspflicht verwiesen und hätte dies im Gesetzestext anders geregelt.
Da es sich bereits eindeutig aus dem Gesetzestext ergibt, dass für das Zutreffen der Sollbesteuerung eine Buchführungspflicht vorzuliegen hat, die sich nach den §§ 124 und 125 BAO ergibt und unsere Klientin nur freiwillig Bücher führt und somit der Ist-Besteuerung unterliegt, ist unserer Berufung stattzugeben und der Bescheid aufzuheben."
Das Finanzamt legte am die Berufung, ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung, dem Unabhängigen Finanzsenat vor.
Vor Entscheidung der Abgabenbehörde II. Instanz wurde durch das Finanzamt die Jahresveranlagung durchgeführt und der Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2010 mit Datum erlassen. Gegen diesen Bescheid wurde bereits am eine Berufung eingebracht.
Über die Berufung wurde erwogen:
Mit Datum vom erließ das Finanzamt einen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für den Zeitraum Dezember 2010. Am wurde durch das Finanzamt ein Umsatzsteuerjahresbescheid für das Jahr 2010 erlassen.
Die eingebrachte Berufung vom richtete sich gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für den Zeitraum Dezember 2010.
Gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist. Eine Berufung ist vor allem unzulässig bei mangelnder Bescheidqualität bzw. bei Beseitigung des angefochtenen Bescheides aus dem Rechtsbestand vor Erledigung der Berufung.
Die Umsatzsteuerfestsetzung für den Zeitraum Dezember 2010 erfolgte mit Bescheid vom . Am erging für das Jahr 2010 der Umsatzsteuerjahresbescheid, wodurch der Festsetzungsbescheid vom , dem nur eine zeitlich begrenzte Wirkung zukommt, aus dem Rechtsbestand ausgeschieden ist.
Nach der Judikatur beider Gerichtshöfe öffentlichen Rechts sind gegen Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide gerichtete Berufungen zurückzuweisen, wenn vor der Berufungserledigung der Jahresbescheid (Veranlagungsbescheid) erlassen wird. Ein Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid hat insofern einen zeitlich begrenzten Wirkungsbereich, als er durch Erlassung des Jahresbescheides außer Kraft gesetzt wird. Nach Wirksamkeit des Jahresbescheides ergehende Berufungserledigungen hinsichtlich des Vorauszahlungsbescheides würden keine Rechtswirkungen entfalten, also ins Leere gehen. Als Argument für diese Rechtsprechung könnte § 21 Abs. 3 zweiter Satz UStG 1994 herangezogen werden, wonach eine Umsatzsteuerfestsetzung nur solange erfolgen kann, als nicht ein den Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen wurde (Ritz, BAO Kommentar ³, § 273 Tz. 14).
Die Frage, ob die Bestimmung des § 274 BAO idF AbgRmRefG ("Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Berufung angefochtenen Bescheides, so gilt die Berufung als auch gegen den späteren Bescheid gerichtet.") auf Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide und Umsatzsteuerveranlagungsbescheide anwendbar ist, ist durch das VwGH-Erkenntnis vom , 2006/15/0339, insoweit beantwortet worden, als der VwGH klar zum Ausdruck gebracht hat, dass Umsatzsteuerjahresbescheide im Verhältnis zu Umsatzsteuerfestsetzungsbescheiden als abändernde, aufhebende oder ersetzende Bescheide nicht in Betracht kommen, da es ihnen an einer Zeitraum- und Sachidentität fehlt, sodass keine Bindungswirkung im Sinne des § 289 Abs. 3 BAO abzuleiten war. Daraus ergibt sich auch, dass sich der Anwendungsbereich des § 274 BAO für Umsatzsteuerjahresbescheide und Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide insoweit nicht erweitert hat, als es nicht genügt, dass der später erlassene Umsatzsteuerjahresbescheid einen Zeitraum betrifft, der auch den Zeitraum des Festsetzungsbescheides mit umfasst. Somit kann eine gegen den Vorauszahlungsbescheid gerichtete Berufung nicht als Berufung gegen den Jahresbescheid weitergelten. Nach Ergehen des Jahresbescheides ist dieser neuerlich formell mit Berufung anzufechten (Windsteig in SWK 13/2008, S 435).
Die Berufung gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid für den Zeitraum Dezember 2010 ist daher als unzulässig geworden zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 273 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 21 Abs. 3 zweiter Satz UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 274 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 289 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Zurückweisung Weitergeltung Bindungswirkung Zeitraum- und Sachidentität Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid Umsatzsteuerjahresbescheid zeitlich begrenzte Wirkung |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at