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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSW vom 29.06.2010, FSRV/0050-W/08

Lohnsteuerprüfung, Subunternehmer, Dienstnehmer

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 3, HR Dr. Michaela Schmutzer, in der Finanzstrafsache gegen J.Z., (Bf.) wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. b des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 1,

zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und der bekämpfte Einleitungsbescheid aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Amstetten Melk Scheibbs als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (Bf.) zur STRNR. 1 ein Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser im Amtsbereich des Finanzamtes Amstetten Melk Scheibbs vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer für Mai bis Dezember 2005 und Jänner bis Dezember 2006 in der Höhe von € 39.734,84 und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für das Jahr 2003 in Höhe von € 10.177, 59 bewirkt und dies nicht nur für möglich sondern für gewiss gehalten und dadurch ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG begangen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass im gegenständlichen Fall keine Dienstverhältnisse vorliegen sondern ein Werkvertrag. Der Subunternehmer werde nur fallweise eingesetzt, je nach Auftragslage des Unternehmens und habe die Aufgabe ein bestimmtes Werk zu vollbringen. Es werde ihm keine bestimmte Arbeitszeit vorgegeben und er habe auch das Werkzeug beizusteuern. Der Subunternehmer erhalte kein Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, habe einen Gewerbeschein, sei bei der GSVG gemeldet, habe eine Steuernummer und trage das Unternehmerrisiko.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG macht sich d er Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem § 76 des Einkommensteuergesetzes 1972 entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer oder Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügend Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das Gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung, vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt.

Gemäß § 82 Abs. 1 in Verbindung mit § 83 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz, sofern genügend Verdachtsgründe für die Einleitung wegen eines Finanzvergehens gegeben sind, das Finanzstrafverfahren einzuleiten.

Gemäß § 83 Abs. 2 FinStrG bedarf dieVerständigung eines Bescheides, wenn das Strafverfahren wegen Verdachts eines vorsätzlichen Finanzvergehens, ausgenommen einer Finanzordnungswidrigkeit, eingeleitet wird.

Die Finanzstrafbehörde erster Instanz nahm die Feststellungen einer Lohnsteuerprüfung, die im Bericht vom dokumentiert sind, zum Anlass, um gegen den Bf. ein Finanzstrafverfahren einzuleiten.

Im Prüfbericht wird ausgeführt, dass sich das Unternehmen mit Innenausbauten (überwiegend Verspachtelarbeiten an Rigipswänden) befasst. Dazu wird das Arbeitsmaterial von der Firma des Bf. zur Verfügung gestellt, die ausführenden Personen stellen Kleinwerkzeug (Spachteln, Bohrmaschinen, Leitern) selbst bei. Die Verträge mit den die Arbeiten ausführenden Personen wurden jeweils bezogen auf ein Projekt für eine bestimmte Zeit abgeschlossen. Nach Angaben des Bf. wurde der Lohn entweder nach Quadratmetern pauschal oder auch nach Stunden bemessen. Die Entlohnung nach Stunde betrug 15 bis 20 Euro.

Die Kontrolle und Überwachung der Baustelle erfolgte durch den Bf. oder Ing. H..

Der Prüfer kam zu dem Schluss, dass hinsichtlich der unter Subunternehmer geführten Personen, die alle keine Arbeitsgenehmigung in Österreich hatten, Dienstverhältnisse vorlagen und begründete dies damit, dass in Folge zeitlich auf den Tag definierten Schuldens der Arbeitskraft Dauerschuldverhältnisse vorlagen. Es habe zudem das Unternehmerrisiko bei den einzelnen Arbeiten gefehlt, sowie eine gewisse Weisungsgebundenheit bestanden. Die als Werklöhne ausbezahlten Beträge wurden daher als Brutto- Arbeitslohn behandelt und den lohnabhängigen Abgaben unterzogen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, wenn gegen den Verdächtigen genügende Verdachtsgründe vorliegen, die, die Annahme rechtfertigen, dass er als Täter eines Finanzvergehens in Betracht kommt.

Ein derartiger Verdacht, der die Finanzstrafbehörde zur Einleitung eines Finanzstrafverfahrens verpflichtet, kann immer nur auf Grund einer Schlussfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ein Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann ( Zl. 89/16/0201, Zl. 90/14/0207 und Zl. 90/14/0260).

Geht es doch bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe gegeben sind, nicht darum, schon jetzt die Ergebnisse des förmlichen Untersuchungsverfahrens gleichsam vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde bekannt gewordenen Umstände für einen Verdacht ausreichen oder nicht.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung der Rechtsmittelentscheidung ihre Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde erster Instanz zu setzen.

Sache des erstinstanzlichen Bescheides ist u. a. ein auf die vorsätzliche Verkürzung von Dienstgeberbeiträgen für den Zeitraum 2003 gerichteter Verdacht.

Von einer Korrektur eines Bescheidspruches kann dann nicht gesprochen werden, wenn der Verdacht auf eine Abgabenverkürzung für einen bestimmten Zeitraum im Ergebnis erstmals in einer Beschwerdeentscheidung ausgesprochen wird (siehe ).

Es liegt daher nicht im Rahmen der im § 161 FinStrG normierten Rechte der Finanzstrafbehörde eine Änderung des Tatzeitraumes vorzunehmen, daher konnte der Tatzeitraum hinsichtlich des Verdachtes der wissentlichen Verkürzung der Dienstgeberbeiträge nicht auf Mai 2005 bis Dezember 2006 abgeändert werden sondern war diesbezüglich ohne weiteres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen mit Aufhebung vorzugehen.

Zur Höhe der angelasteten Abgabenverkürzungen an Lohnsteuer für Mai 2005 bis Dezember 2006 ist zunächst darauf zu verweisen, dass der gegen die Abgabenbescheide eingebrachten Berufung teilweise Erfolg beschieden war und am eine Berufungsvorentscheidung ergangen ist, wonach lediglich die Ansicht der Abgabenbehörde erster Instanz dahingehend aufrecht erhalten wurde, dass hinsichtlich der Personen, S.W. und P.S. ein Dienstverhältnis vorgelegen habe. Die Lohnsteuer wurde für 2005 neu mit € 2.421,12 und für 2006 mit € 5.828,07 festgesetzt.

Die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz ist jedoch auch hinsichtlich der Anlastung der wissentlichen Verkürzung der Lohnsteuer für Mai 2005 bis Dezember 2006 zu dem Schluss gekommen, dass nach der Schilderung des Bf. zu seinen Überlegungen hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den von ihm als Subunternehmer bezeichneten Personen im Zusammenhang mit den im Arbeitsbogen 400239/07 erliegenden Unterlagen zur Lohnsteuerprüfung und den im Rechtsmittelverfahren eingesehenen Unterlagen der NÖGKK ein begründeter Tatverdacht nicht gegeben ist.

Nach den vorliegenden Vertragskopien bestätigt der Auftragnehmer über eine Gewerbeberechtigung zu verfügen, bei der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert zu sein und über eine entsprechende Haftpflichtversicherung hinsichtlich eventueller Schäden zu verfügen.

Der Auftragnehmer nimmt zur Kenntnis, dass die Bezahlung der von ihm vorgelegten Rechnungen nach einer angemessenen Prüfzeit - maximal jedoch 4 bis 5 Tagen - zur Anweisung gelangt. Ein Deckungsrücklass von 5 % wird vereinbart.

Kopien von Rechnungen und Überweisungen erliegen ebenfalls im Arbeitsbogen.

Einzig und allein die Antwort zu Punkt 6 des von der NÖGKK den Personen S.W. und P.S. übermittelten Fragebogens, nämlich, dass sie verpflichtet waren die Leistungen persönlich zu erbringen spricht für ein Dienstverhältnis. Es liegen auch von diesen Personen Rechnungen mit Firmenstempel, Adresse, Telefonnummer und Unterschrift vor und ihre Antworten auf viele im Fragebogen gestellte Fragen lassen auch auf eine selbständige Tätigkeit schließen.

Zu prüfen ist im Strafverfahren objektiv die Frage, ob die erbrachten Leistungen im Rahmen eines Werkvertrages zu versteuern waren oder ob die Ausgestaltung der Geschäftsbeziehung als Dienstverhältnis zu werten war und subjektiv, ob der Bf. gewusst hat, dass seine - laut Prüfbericht unrichtige Bewertung - zu einer Abgabenverkürzung führen würde.

Ein Dienstverhältnis liegt dann vor, wenn allgemeine Betriebszeiten vorgegeben werden, die Arbeitsfortschritte regelmäßig kontrolliert werden, die Meldung von Krankheiten vorgeschrieben ist und ein Arbeitslohn unabhängig vom Erfolg der erbrachten Leistung zu begleichen ist und der Auftragnehmer somit keine Haftung für die Ordnungsmäßigkeit seiner Arbeit zu tragen hat.

Den vom Prüfer für die Bewertung als Dienstverhältnis herangezogenen Merkmalen der Geschäftsbeziehung stehen massive Gegenargumente des Bf. wie Haftpflichtversicherung, Prüfungsfrist für die gelegten Rechnungen und Deckungsrücklass gegenüber.

Jedenfalls ziehen die dadurch schon bestehenden Zweifel am Vorliegen des objektiven Tatbestandes nach sich, dass von einer wissentlichen Verkürzung von Lohnsteuer bei dieser Vertragsgestaltung nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nicht mit der für ein Strafverfahren nötigen Sicherheit ausgegangen werden kann.

Der Einleitungsbescheid war daher auch in diesem Punkt spruchgemäß aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at