Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSK vom 29.11.2006, RV/0062-K/06

Verlustvortragsbegrenzung gem § 2 Abs. 2b Z2 EStG gilt auch bei Gewinnen infolge Wechsels der Gewinnermittlungsart (Übergangsgewinne)

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2007/15/0252 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Erwin Luggauer und die weiteren Mitglieder OR Mag. Gerhard Verderber, Heinz Hengl und Joachim Rinösl im Beisein der Schriftführerin FOI Claudia Orasch über die Berufung des Bw, Realitätenhändler, K., vertreten durch R, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt, dieses vertreten durch HR Dkfm. Dr. Wilhelm Ottowitz, vom betreffend Einkommensteuer 2001 nach der am in 9020 Klagenfurt, Dr. Herrmanngasse 3, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) ist Realitätenhändler in K. In den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 erzielte er aus dieser Tätigkeit vortragsfähige Verluste in Höhe von S 2.595.586,- (1999) und S 3.303.742,- (2000).

Aktenkundig ist, dass der Bw. mit Stichtag seine Gewinnermittlungsart von § 4 (3) auf § 4 (1) wechselte. Der daraus resultierende Übergangsgewinn wurde vom Bw. mit S 4.204.178,46 ermittelt.

Im Zuge einer die Zeiträume 1999 bis 2001 umfassenden abgabenbehördlichen Außenprüfung (§ 147 BAO) blieben sowohl der ausgewiesene Übergangsgewinn als auch der im Veranlagungsjahr 2001 anerlaufene (laufende) Verlust von S 2.081.766,21 unbeanstandet. Damit beliefen sich die im Berufungsjahr erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf insgesamt S 2.122.412,25.

Im Zuge der Veranlagung des Jahres 2001 - der nunmehr angefochtene Bescheid erging erst nach Beendigung der Außenprüfung - brachte das Finanzamt vom Gesamtbetrag der Einkünfte (S 2.104.689,00) einen Verlustvortrag in Höhe von S 1.578.517,00 (ds. 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte) in Abzug. Gleichzeitig wurde in der Bescheidbegründung unter Hinweis auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2b Z 2 EStG 1988 dargelegt, dass der Verlustvortrag entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gekürzt worden sei.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte die steuerliche Vertretung aus, dass der Bw. seit Unternehmensgründung im Jahre 1998 erhebliche Anfangsverluste erzielt habe. So etwa sei im Jahre 2000 lediglich eine Wohnung veräußert worden. Wie aus den Erläuternden Bemerkungen (EB) zur Regierungsvorlage zum BudBG 2001 zu entnehmen sei, habe die Regelung über die Verlustvortragsbeschränkung primär das Ziel vor Augen gehabt, die Ertragsbesteuerung an die aktuelle Unternehmensliquidität anzukoppeln. Allein aus diesem Grunde seien Verlustausgleich und Verlustvortrag durch Betragsbegrenzungen limitiert worden. Eine aktuelle Liquidität setze jedoch voraus, dass Einnahmen erzielt worden seien und es somit zu einem Zufluss von liquiden Mitteln an das Unternehmen gekommen sei. Ein durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart entstehender Übergangsgewinn habe allerdings keinerlei Auswirkung auf die Liquidität des Unternehmens, da dieser liquiditätsneutral sei. Fehlen nun - wie im vorliegenden Fall - liquide Mittel, so sei es für den Unternehmer nicht möglich, die durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart entstehende Einkommensteuer ohne Aufnahme von Fremdmittel abzudecken. Darüber hinaus widerspreche die vom Finanzamt vorgenommene Einkürzung des Verlustvortrages auch dem Prinzip der objektiven Leistungsfähigkeit.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung unter Hinweis auf die geltende Gesetzeslage als unbegründet abgewiesen. In der Bescheidbegründung wurde dazu ausgeführt, dass die Bestimmung des § 2 Abs. 2 EStG 1988 für Übergangsgewinne keine Ausnahme von der Verlustvortragsbegrenzung vorsehe. Der VwGH habe bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 89/14/0112, erkannt, dass Nachteile, die sich aus der Wahl der Gewinnermittlungsart ergäben, vom Abgabepflichtigen in Kauf zu nehmen seien. Darüber hinaus führe die gesetzliche Verlustabzugsbeschränkung von 75% der jeweiligen Jahreseinkünfte nicht zum Verlust des Verlustabzuges, sondern lediglich zu dessen Aufschub.

Mit Eingabe vom beantragte der Bw. die Vorlage seiner Berufung an den UFS als Abgabenbehörde zweiter Instanz und wiederholte darin im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung brachte der anwesende steuerliche Vertreter ergänzend vor, dass die gesetzliche Bestimmung betreffend Verlustvortragsbeschränkung gleichheitswidrig sei. Die besagte Regelung verstoße einerseits gegen das Prinzip der Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit, andererseits gegen das subjektive Nettoprinzip, welches die Steuerfreiheit des Existenzminimums garantiere. Wie die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in ständiger Judikatur (so zB. , G 189/91) ausführen, sei das Leistungsfähigkeitsprinzip als Grundelement des Einkommensteuerrechtes anzusehen. Festzuhalten sei, dass auch im Falle einer von Beginn an gewählten § 4 (1) - Ermittlung vortragsfähige Verluste eingetreten wären; allerdings wäre in einem derartigen Fall kein Übergangsgewinn zu versteuern gewesen.

Der Amtsvertreter wandte ein, dass im gegenständlichen Fall der Wechsel der Gewinnermittlungsart freiwillig erfolgt sei. Aus diesem Grunde seien auch die sich daraus ergebenden Nachteile in Kauf zu nehmen.

Der steuerliche Vertreter replizierte, dass sowohl im Berufungsjahr als auch in den Vorjahren keine Gewinne erzielt worden seien. Es träfe zwar zu, dass Umlaufvermögen vorhanden gewesen sei, weshalb es auch zu Zuschlägen und dem Übergangsgewinn gekommen sei. Es sei jedoch für einen Steuerpflichtigen unzumutbar, einen Notverkauf der Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens aus dem Grunde herbeizuführen, um die aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart resultierende Steuerlast berichtigen zu können.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Bestimmung des § 2 Abs. 2b EStG 1988 idF des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl I Nr. 142/2000, ordnet an:

Sind bei Ermittlung des Einkommens Verluste zu berücksichtigen, die in vorangegangenen Jahren entstanden sind, gilt Folgendes:

1. In vorangegangenen Jahren entstandene und in diesen Jahren nicht ausgleichsfähige Verluste, die mit positiven Einkünften aus einem Betrieb oder einer Betätigung zu verrechnen sind, können nur im Ausmaß von 75% der positiven Einkünfte verrechnet werden (Verrechnungsgrenze). Insoweit die Verluste im laufenden Jahr nicht verrechnet werden können, sind sie in den folgenden Jahren unter Beachtung der Verrechnungsgrenze zu verrechnen.

2. Vortragsfähige Verluste im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 können nur im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte abgezogen werden (Vortragsgrenze). Insoweit die Verluste im laufenden Jahr nicht abgezogen werden können, sind sie in den folgenden Jahren unter Beachtung der Vortragsgrenze abzuziehen. Dies gilt auch für Verluste im Sinne des § 117 Abs. 7 zweiter Satz insoweit, als diese Verluste wegen der Vortragsgrenze nicht abgezogen werden können.

3. Insoweit in den positiven Einkünften oder im Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind

- Sanierungsgewinne, das sind Gewinne, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens in Folge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind, oder

- Veräußerungsgewinne und Aufgabegewinne, das sind Gewinne aus der Veräußerung sowie der Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen, weiters Liquidationsgewinne, sind die Verrechnungsgrenze und die Vortragsgrenze nicht anzuwenden.

Kern des gegenständlichen Berufungsverfahrens bildet die Frage, ob eine Ausweitung der in § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 explizit angeführten Ausnahmen von der Vortragsgrenze im Wege der Interpretation auch in Bezug auf Gewinne, die infolge des Wechsels der Gewinnermittlungsart erzielt werden (Übergangsgewinne), zulässig ist. Wie aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes in eindeutiger Weise zu entnehmen ist, wollte der Gesetzgeber die Nichtanwendbarkeit der Verrechungs- und Vortragsgrenzen ausschließlich auf die in § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 taxativ angeführten Fälle beschränkt wissen.

Die vom Bw. ventilierte Lesart der soeben angeführten Bestimmung, wonach angesichts der zu dieser Thematik ergangenen EB zur RV, eine anzustellende teleologischen Interpretation es erlaube, auch Übergangsgewinne von der Vortragsbegrenzung des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 zu befreien, erweist sich nach Ansicht des UFS schon allein wegen des Vorranges der Wortinterpretation von Rechtstexten als unzulässig. Ist nämlich der objektive Ausdruck des Gesetzes deutlich, so ist dieser maßgeblich, und zwar unabhängig davon, ob der subjektive Wille des Gesetzgebers damit übereinstimmt, divergiert oder überhaupt undeutlich ist (vgl. Walter-Mayer, Bundesverfassungsrecht, 9. Aufl. S 63, und die dort zit. Judikatur).

Festzuhalten bleibt, dass eine Vortragsbegrenzung nicht zu einem Untergehen der nicht vortragsfähigen Verlustteile führt, sondern zu einem Rückstauen dieser Beträge in spätere Jahre. Im Ergebnis müssen beim Vorhandensein abzugsfähiger Verluste stets 25% des Gesamtbetrages der Einkünfte in die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage eingehen. Dies muss nicht zwingend zu einem steuerlichen Nachteil führen, da auch in einem Vortragsjahr, in welchem eine Verwertung des Verlustes infolge der unteren Progressionsstufen ohnedies nicht oder kaum stattfinden konnte, der nicht konsumierte Verlustteil nunmehr auf Wartetaste liegt und zum Vortrag auf die Folgejahre verbleibt.

Abschließend bleibt anzumerken, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 89/14/0112, zum Ausdruck gebracht hat, dass Nachteile, die sich aus der Wahl der Gewinnermittlungsart ergeben, vom Abgabepflichtigen in Kauf zu nehmen sind. Im gegenständlichen Fall hat der Bw. drei Jahre nach Betriebseröffnung seine Gewinnermittlungsart freiwillig gewechselt, um so Verlustvorträge weiterhin konsumieren zu können. Bereits zu Betriebseröffnung musste dem Bw. bekannt gewesen sein, dass bei einem Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 (3) zu jener nach § 4 (1) durch das Setzen von Zu- und Abschlägen die Doppel- bzw. Nichterfassung von Veränderungen des Betriebsvermögens entsprechend der Bestimmung des § 4 Abs. 10 EStG 1988 zu egalisieren ist. Aus diesem Grunde sind alle am Übergangsstichtag vorhandenen, bisher nicht erfassten Besitzposten, die bei Fortführung einer § 4 (3)-Ermittlung später zu steuerpflichtigen Betriebseinnahmen geführt hätten und nach dem Übergang sonst unberücksichtigt geblieben wären, als Zuschläge in Ansatz zu bringen. Dadurch kann es - wie im vorliegenden Fall - zu beträchtlichen Übergangsgewinnen kommen.

Wie bereits oben ausgeführt, sieht das Einkommensteuergesetz nicht vor, Gewinne dieser Art von der Vortragsgrenze auszunehmen. Eine Prüfung, ob die in Streit stehende Bestimmung mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere mit dem Gleichheitssatz, korreliere oder diesem widerspreche, steht dem unabhängigen Finanzsenat nicht zu. Aus diesem Grund findet auch eine Prüfung des Berufungseinwandes, wonach die strittige Verlustvortragsbegrenzung in Widerspruch zu elementaren einkommensteuerlichen Prinzipien (Grundsatz der Berücksichtigung der persönlichen Leistungsfähigkeit, subjektives Nettoprinzip) stehe, nicht statt. Der UFS ist gemäß Art. 18 Abs.1 B-VG dazu gehalten, sein Verwaltungshandeln auf Grundlage der geltenden Gesetze zu vollziehen. Die Befugnis zur Überprüfung von Gesetzen auf ihre Verfassungskonformität obliegt nach geltender Verfassungs(rechts)lage ausschließlich dem Verfassungsgerichtshof (vgl. Art. 140 und 144 B-VG).

Aufgrund der eindeutigen Sach- und Rechtslage war daher dem Berufungsbegehren die Anerkennung zu versagen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Klagenfurt, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Verlustvortragsgrenze
Verlustvortragsbegrenzung
Wechsel der Gewinnermittlungsart
Übergangsgewinne
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at