Vereinbarte Zinsen gehören bei der Börsenumsatzsteuer zur Bemessungsgrundlage
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2006/15/0218 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw in L, vertreten durch LL GmbH & Co KG, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in Linz, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Urfahr vom betreffend Börsenumsatzsteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Die k-GmbH&Co-KG und die O-GmbH&Co-KG (Berufungswerberin) waren Gesellschafter der Firma R-GmbH mit dem Sitz in Li. Beide Gesellschafter verfügten über Geschäftsanteile, die voll eingezahlten Stammeinlagen von je S 250.000.- entsprachen.
Mit Abtretungsvertrag vom trat die k-GmbH&Co-KG ihren Geschäftsanteil an die Berufungswerberin ab. Als Abtretungspreis wurde in § 3 dieses Abtretungsvertrages einvernehmlich ein Betrag von S 197,350.000.- festgelegt. In Punkt 3.2 wurde vereinbart: Der Kaufpreis ist binnen 2 Wochen nach rechtskräftiger kartellgerichtlicher Genehmigung (oder einem dieser Genehmigung gleichzuhaltenden Bestätigung des Kartellgerichtes) der Übergeberin zu überweisen. Gleichzeitig sind für den Kaufpreis für den Zeitraum vom bis zum tatsächlichen Zahlungszeitpunkt Zinsen in Höhe von 3,5% per annum zu bezahlen.
Mit vorläufigen Börsenumsatzsteuer-Bescheid gem. § 200 BAO vom setzte das Finanzamt für den gegenständlichen Erwerb von Geschäftsanteilen an der R-GmbH unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von S 197,350.000.- Börsenumsatzsteuer in Höhe von S 4,933.750.- fest. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die endgültige Bemessung nach Feststehen des endgültigen Abtretungspreises erfolge.
Mit Schreiben vom gab die vertretende Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft bekannt, dass für die Zeitspanne zwischen Übergang der Rechte und Pflichten aus dem Geschäftsanteil am und dem Zahlungszeitpunkt am die vereinbarten Stundungszinsen von 3,5% per anno bezahlt wurden. Der gesamte von der Erwerberin zu leistende Betrag betrug daher S 199,942.584.- (Kaufpreis S 197,350.000.- und Stundungszinsen S 2,592.584.-.
Mit endgültigen Börsenumsatzsteuer-Bescheid vom setzte das Finanzamt für den gegenständlichen Erwerb von Geschäftsanteilen an der R-GmbH unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von S 199,942.584.- Börsenumsatzsteuer in Höhe von S 4,998.565.- fest. In der Begründung wurde ausgeführt, dass ziffernmäßig bestimmte Leistungen, die neben dem Abtretungspreis zu erbringen sind, zur Bemessungsgrundlage zählen. Dies gelte auch für vertraglich vereinbarte Stundungszinsen.
Gegen diesen Bescheid brachte die vertretende Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft fristgerecht Berufung ein und beantragte, als Bemessungsgrundlage für die Börsenumsatzsteuer nur den Kaufpreis von S 197,350.000.- heranzuziehen. In der Begründung wurde ausgeführt, dass die Börsenumsatzsteuer von dem vereinbarten Preis berechnet werde. In der Kommentarliteratur werde einhellig die Auffasssung vertreten, dass Stundungszinsen dem vereinbarten Preis nicht hinzuzurechnen seien und daher die Bemessungsgrundlage der BUSt nicht erhöhten. Auf die Kommentare von Dorazil und Brönner/Kamprad wurde hingewiesen. Darüberhinaus werde im Schrifttum sogar die Auffasssung vertreten, dass bei einer langfristigen zinsenlosen Kaufpreisstundung der gemäß § 14 Abs. 3 BewG ermittelte, also der abgezinste Wert, der Berechnung der BUSt zugrunde zu legen sei.
Das Finanzamt legte die Berufung am der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vor. Da die Berufung zum noch unerledigt war, ging die Zuständigkeit zur Entscheidung nach § 260 BAO in Verbindung mit § 323 Abs.10 BAO (in der Fassung nach dem AbgRmRefG BGBl I 2002/97) auf den Unabhängigen Finanzsenat über.
Vor Entscheidung über diese Berufung wurde Einsicht in das Firmenbuch genommen. Daraus war ersichtlich, dass die Berufungswerberin durch den Einbringungsvertrag und Anwachsungsvertrag vom aufgelöst wurde. Am wurde die Löschung der Berufungswerberin sowie die Vermögensübernahme gemäß §142 HGB durch die L-GmbH (seit I GmbH) im Firmenbuch eingetragen. Mit Telefonat vom teilteeine Mitarbeiterindervertretenden Steuerberatungsgesellschaft mit, dass die Rechtsnachfolgerin der BerufungswerberinnichtdieIGmbH, sondern dieOGmbH ist.Aus dem Firmenbuch war ersichtlich, dass mit Eintragung vom dieOGmbH (FNx) durch Spaltung derL-GmbH(unter Übertragung des Betriebes der0) entstanden ist. Die gegenständliche Berufungsentscheidung war daher an die O GmbH als Rechtsnachfolgerin der L-GmbH, diese wiederum als Rechtsnachfolgerin der Berufungswerberin zu richten.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gegenstand der Börsenumsatzsteuer ist gemäß § 17 Abs. 1 Kapitalverkehrsteuergesetz (KVG) der Abschluss von Anschaffungsgeschäften über Wertpapiere, wobei nach der Bestimmung des § 19 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit Abs 2 KVG auch Anteile an einer GmbH als Wertpapiere gelten.
Nach § 21 Zif. 1 KVG wird die Steuer regelmäßig von dem vereinbarten Preis berechnet. Kosten, die durch den Abschluss des Geschäfts entstehen, und Stückzinsen, soweit sie bei Geschäften über Schuldverschreibungen besonders berechnet werden, sind dem Preis nicht hinzuzurechnen. Bei Stellgeschäften wird das Stellgeld dem Kaufpreis hinzugerechnet.
Unbestritten ist, dass es sich beim berufungsgegenständlichen Anschaffungsgeschäft weder um ein Geschäft über Schuldverschreibungen (bei welchem Stückzinsen besonders berechnet wurden) noch um ein Stellgeschäft handelt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter dem vereinbarten Preis neben dem Kaufpreis auch noch sämtliche anderen ziffernmäßig bestimmten Leistungen zu verstehen, die der Erwerber erbringen muss, um die Geschäftsanteile zu erhalten (vgl. Zl 2005/16/0080 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 95/16/0111, 0112, 0113, wurden auch die Kosten für eine Finanzierungsübernahme zur Bemessungsgrundlage bei der Börsenumsatzsteuer gerechnet. Die Käufer verpflichteten sich nicht nur, an den Verkäufer der Anteile die in den Abtretungsverträgen genannten Barpreise zu leisten, sondern auch dazu, jenes Objekt zu finanzieren, welches vom Verkäufer schließlich auf Grund eines langfristigen Mietvertrages, abgeschlossen zwischen einer von den Käufern (im Wege des gegenständlichen Anteilserwerbs) beherrschten GmbH (als Vermieterin) und dem Verkäufer (als Mieter), wirtschaftlich genutzt werden sollte. Durch diese Finanzierungsübernahme trat auch eine Vermehrung im Vermögen des Veräußerers der Geschäftsanteile ein.
Der berufungsgegenständliche Abtretungsvertrag wurde am abgeschlossen. Zinsen wurden bereits für einen Zeitraum ab vereinbart. Die Erwerberin des Geschäftsanteiles schuldete also zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zusätzlich zum vereinbarten Kaufpreis die Zinsen für drei Monate. Sie schuldete weiters Zinsen bis zum tatsächlichen Zahlungszeitpunkt. Sie hatte diese Zinsen aufzuwenden, um den berufungsgegenständlichen Geschäftsanteil zu erhalten. Auch Stundungszinsen stellen Aufwendungen zur Finanzierung des Erwerbes eines Geschäftsanteiles dar und führen im Ergebnis zu einer Vermehrung im Vermögen des Veräußerers der Geschäftsanteile.
Im Sinne der oben zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehören daher die im berufungsgegenständlichen Abtretungsvertrag vereinbarten Zinsen zur Bemessungsgrundlage der Börsenumsatzsteuer.
Dieser vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Rechtsauffassung steht allerdings die in der Berufung zitierte Kommentarliteratur entgegen. Dorazil führt im Kurzkommentar zum Kapitalverkehrsteuergesetz zu § 21 Rdn 2.1 unter Verweis auf Brönner/Kamprad Rdn 2 zu § 23 aus, dass Stundungszinsen dem vereinbarten Preis nicht hinzuzurechnen sind.
Dazu ist zu bemerken, dass die zweite Auflage des Kurzkommentars von Dorazil im Jänner 1997 erschienen ist und die Rdn 2.1 des § 21 unverändert aus der ersten Auflage (erschienen 1992) übernommen wurde. Dorazil verweist auf den deutschen Kommentar von Brönner/ Kamprad, erwähnt aber die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht. In Deutschland wurde die Börsenumsatzsteuer zum abgeschafft, weshalb nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gegenüber der älteren (aus den 80-iger Jahren stammenden) Kommentarliteratur von Dorazil und Brönner/Kamprad der Vorzug zu geben ist.
Da sich der Unabhängige Finanzsenat der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und nicht der älteren Kommentarliteratur anschließt, war die Berufung als unbegründet abzuweisen.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | |
Schlagworte | Finanzierungsaufwendungen Zinsen |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
GAAAD-10873