Reinigungskraft als freier Dienstnehmer
Rechtssätze
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RV/0694-G/06-RS1 | Die beschriebene Arbeitsleistung einer Reinigungskraft stellt keine für einen Werkvertrag typische, konkretisierende und individualisierte Leistung dar und es ist darunter weder die Herstellung eines Werkes noch die Herstellung einer in sich geschlossenen Einheit zu verstehen. Es ist somit auf eine fortgesetzte Tätigkeit und auf das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses zu schließen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Erwin Csaszar und die weiteren Mitglieder Hofrat Mag. Herwig Aigner, Helmut Schreiter und Mag. Harald Grassel, über die Berufung der A GmbH in XY, vom gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide des Finanzamtes für den 8., 16. und 17. Bezirk, vom für das Jahr 2005 und gegen die Haftungs- und Abgabenbescheide vom für den Zeitraum Jänner bis April 2006 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Im Zuge einer bei der Berufungswerberin durchgeführten Lohnsteuerprüfung für die Jahre 2002 bis wurde festgestellt, dass der für die Berufungswerberin ab 2005 als Hausbesorger und Reinigungskraft tätige Herr K seine Leistungen nicht als Selbständiger sondern im Rahmen eines steuerrechtlichen Dienstverhältnisses erbracht habe.
Herr K hat mittels Vereinbarung vom folgende Tätigkeiten übernommen: Hausbesorgerdienste, Glas- Portal- Fensterreinigung, Innen- und Außenjalousien, Lampen - Luster - Leuchten reinigen, Rasen mähen und Grasschnitt einsammeln, Laub kehren - einsammeln, Höfe - Wege - Straßen - Garagen kehrsaugen - waschen (maschinell) und Sauna reinigen. Weiters wurde angeführt: Reinigungskraft, Unterhaltsreinigung, Haus-, Bau-, Grund- und Fensterreinigung.
Die Aufträge für den jeweiligen Arbeitstag erhält Herr K laut Niederschrift vom immer bei Dienstantritt von Herrn D oder Herrn H. Die Arbeitszeit beträgt täglich zwischen 8 und 10 Stunden. Als Entlohnung wurden brutto 8,00 bis 10,00 Euro pro Stunde vereinbart. Die Rechnungsbeträge ergeben sich anhand der Stundenaufschreibungen, wobei nach jedem Arbeitstag die geleisteten Arbeitsstunden vorzulegen sind. Sämtliche Reinigungsmittel und Material sowie ein KFZ werden von der Firma zur Verfügung gestellt. Die Einsatzorte sind immer unterschiedlich. Auf den vorliegenden Rechnungen werden als Tätigkeit "Reinigungsarbeiten" angeführt.
Vom Finanzamt wurde festgestellt, dass unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung für die Abgrenzung selbständige / unselbständige Tätigkeit, Werkvertrag / Dienstverhältnis, erarbeiteten Grundsätze und insbesondere im Hinblick auf die Judikatur des VwGH im Zusammenhang mit der Erbringung von Reinigungsarbeiten die Tätigkeit des Herrn K als solche aus nichtselbständiger Arbeit zu qualifizieren sei.
Die diesbezüglichen Haftungs- und Abgabenbescheide wurden mit Datum (für das Jahr 2005) und (für den Zeitraum 1 - 4/2006) durch die Abgabenbehörde erster Instanz erlassen.
Die Berufung gegen die o. a. Bescheide wurde innerhalb offener Frist mit Schreiben vom rechtzeitig bei der Abgabenbehörde erster Instanz erhoben. Für den Fall der Abweisung wurde die Vorlage der Berufung an den UFS (Senat und mündliche Verhandlung) beantragt.
Mit Bericht vom legte das Finanzamt Wien 8/16/17 die Berufung aus verwaltungsökonomischen Gründen, ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung, dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Die Vorladungen zur mündlichen Berufungsverhandlung ergingen am an den Vertreter der Berufungswerberin sowie an die Amtspartei. Der Zustellnachweis vom liegt vor.
Mit Mail vom gab der Vertreter der Berufungswerberin bekannt, dass er an der Verhandlung nicht teilnehmen werde, weil sich die Firma in Konkurs befindet.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gem. § 47 Abs. 1 EStG 1988 wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) erhoben, wenn im Inland eine Betriebsstätte des Arbeitgebers besteht.
Gem. § 41 Abs. 1 FLAG haben alle Dienstgeber den Dienstgeberbeitrag (DB) zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Dienstnehmer sind gem. § 41 Abs. 2 FLAG u.a. Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen.
Gem. § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Der Begriff des Dienstverhältnisses ist durch § 47 EStG jedoch nicht abschließend definiert, sondern wird als Typusbegriff durch eine Vielzahl von Merkmalen bestimmt, die nicht alle in gleicher Intensität vorhanden sein müssen ().
Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In jenen Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. z.B. Erkenntnis vom , 2007/13/0071) auf weitere Abgrenzungskriterien Bedacht zu nehmen, wozu insbesondere das Unternehmerrisiko zählt. Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko besteht darin, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und damit den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten.
Hingegen ist für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses kennzeichnend, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und demgegenüber der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen vom Erfolg unabhängigen Lohn zu bezahlen hat.
Im berufungsgegenständlichen Fall ist strittig, ob der bei der Berufungswerberin als Reinigungskraft eingesetzte Herr K selbständig aufgrund eines - wie die Berufungswerberin vorbringt - "Auftragsverhältnisses, das die wesentlichen Merkmale eines Werkvertrages beinhaltet" oder - wie die Abgabenbehörde erster Instanz feststellt - aufgrund eines Dienstverhältnisses tätig geworden ist und entsprechende Lohnabgaben abzuführen sind.
Mit einem Werkvertrag iSd § 1151 ABGB wird die Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges, d.h. die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes vereinbart. Es kommt somit auf das Ergebnis der Arbeitsleistung an, d.h. dass ein Werk (eine in sich geschlossene Einheit) vorliegt. Die zu erbringende Leistung wird im Werkvertrag selbst konkretisiert und individualisiert. Ein Werkvertrag ist in der Regel bis zu einem bestimmten Termin zu erfüllen und stellt ein Zielschuldverhältnis dar, dem keine auf Dauer angelegte Leistungserbringung zu Grunde liegt. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet.
Im gegenständlichen Fall ist die zwischen der Berufungswerberin und Herrn K getroffene "Vereinbarung" vom hinsichtlich der Merkmale eines Werkvertrages zu untersuchen. Die Vereinbarung enthält den Auftrag "Hausbesorgerdienste, Glas- Portal- Fensterreinigung, Innen- und Außenjalousien, Lampen - Luster - Leuchten reinigen, Rasen mähen und Grasschnitt einsammeln, Laub kehren - einsammeln, Höfe - Wege - Straßen - Garagen kehrsaugen - waschen (maschinell), Sauna reinigen sowie Unterhaltsreinigung, Haus-, Bau-, Grund- und Fensterreinigung".
Die so beschriebene Arbeitsleistung eines Hausbesorgers (Reinigungskraft) stellt keine, für einen Werkvertrag typische, konkretisierte und individualisierte Leistung dar und es ist darunter weder die Herstellung eines Werkes noch die Herstellung einer in sich geschlossenen Einheit zu verstehen. Die für einen Werkvertrag, als Zielschuldverhältnis, sonst typische Befristung der Leistungserbringung ist hier nicht gegeben. Vielmehr ist schon aufgrund dieser Vertragsbestimmungen auf eine fortgesetzte Tätigkeit und auf das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses zu schließen. Herr K schuldet der Berufungswerberin kein Werk sondern seine Arbeitskraft.
Wie der VwGH in ständiger Judikatur ausführt, ist für die Beurteilung der Frage, ob ein auf einem Vertrag beruhendes Beschäftigungsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit besteht, nicht primär der Vertrag, dessen Bezeichnung und Wortlaut, aufgrund dessen die Tätigkeit ausgeübt wird maßgebend. Entscheidend sind die "wahren Verhältnisse", der wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit. Das Gesamtbild der Tätigkeit ist danach zu beurteilen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen. Für diese Beurteilung sind insbesondere die Kriterien Weisungsgebundenheit, Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers und das Unternehmerwagnis heranzuziehen. So hat der VwGH zur Einordnung von Reinigungsarbeiten in seinen Erkenntnissen ausgesprochen, dass eine Reinigungskraft in einem Dienstverhältnis steht (vgl. ; , 88/14/0082; , 2000/08/0020).
Allgemein liegt Weisungsgebundenheit vor, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen. Die damit in direktem Zusammenhang stehende persönliche Abhängigkeit und weitgehende Unterordnung führt zur Ausschaltung der eigenen Bestimmungsfreiheit. Das persönliche Weisungsrecht fordert somit einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit. Ein rein sachliches bzw. technisches Weisungsrecht, welches das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit nicht ausschließen würde, bezieht sich lediglich auf die im Rahmen eines Werkvertrages vereinbarte Werkleistung und somit nur auf den Arbeitserfolg.
Wie oben ausgeführt wurde, stellt die im gegenständlichen Fall erbrachte Tätigkeit keine Leistung aus einem Werkvertrag dar, sodass ein solches rein sachliches Weisungsrecht der Berufungswerberin gegenüber der Reinigungskraft auszuschließen ist.
Aus den an die Berufungswerberin gerichteten Rechnungen ergibt sich das Bild einer regelmäßigen, über einen längeren Zeitraum bestehenden Beschäftigung des Herrn K und damit ein Indiz für eine Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit.
Schon die Unternehmereigenschaft der in Rede stehenden Person ist in Zweifel zu ziehen. Wie dargestellt, handelt es sich bei Herrn K um einen polnischen Staatsbürger, der sich erst seit Mai 2004 in Österreich aufhält, um in Österreich Arbeit zu bekommen (siehe Fragebogen v. ).
Das vorliegende Gesamtbild der Tätigkeit als Reinigungskraft ergibt, dass die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen der selbständigen Ausübung einer Erwerbstätigkeit überwiegen. Ein seitens der Reinigungskraft zu tragendes Unternehmerwagnis liegt nicht vor, sodass schlussendlich in steuerlicher Betrachtung vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses zwischen der Berufungswerberin und Herrn K für den berufungsgegenständlichen Zeitraum auszugehen ist.
Die Berufung war daher, wie im Spruch angeführt, vollinhaltlich abzuweisen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 41 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 41 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 47 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at