Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 30.09.2008, RV/2390-W/08

Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf, vertreten durch ADir. Schaden, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2002 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde der Bw. gemäß seiner, dem Finanzamt am überreichten Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2002 veranlagt.

Mit Schriftsatz vom erhob der Bw. gegen vorgenannten Bescheid Berufung und führte begründend aus, dass er verabsäumt habe, die im Nachlass seiner am verstorbenen Mutter nicht gedeckten Begräbniskosten (€ 5.251,14) zuzüglich der Aufwendungen für den Grabstein (€ 465) als außergewöhnliche Belastung geltend zu machen.

Demzufolge ergehe der Antrag den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2002 dahingehend abzuändern, dass obige Positionen nunmehr Berücksichtigung finden.

Mit Vorhalt vom wurde der Bw. ersucht einerseits die beantragten Begräbniskosten von € 5.716,14 sowie die - den im Bescheid vom errechneten Selbstbehalt von € 2.147,08 nicht übersteigenden - Krankheitskosten im Ausmaß von € 969,74 belegmäßig nachzuweisen, andererseits den Verlassenschaftsbeschluss zwecks Ersichtlichmachung der Nachlassaktiva und Passiva zu übersenden.

Dem Gerichtsbeschluss des Bezirkgerichts Döbling vom konnte entnommen werden, dass der aus in Höhe von € 107,98 bestehende Nachlass der am verstorbenen Frau Dr. ES dem erblichen Sohn Herrn Dipl. Ing. RS auf Abschlag der bezahlten Bestattungskosten und Nebenspesen von zusammen € 3.936,61 an Zahlungsstatt gemäß § 73 AußStrG überlassen worden ist.

Aus der vom Bw. gefertigten Aufstellung der Begräbniskosten von insgesamt € 5.716,14 war des weiteren ersichtlich, dass sich dieser unter anderem aus Kosten für Kranzspenden im Ausmaß von € 232, aus solchen von € 300,30 für das Totenmahl sowie mit € 300 bezifferten Nebenauslagen (Trinkgelder, Fahrtspesen, Partenversand) rekrutierten.

Des weiteren lautete das Ausstellungsdatum der Rechnung des Arbeiten am Grabstein durchführenden Steinmetz, ungeachtet, dass diese nicht den Bw., sondern, so wie aus der Wohnadresse ableitbar, offenbar Herrn Dipl. Ing. RS als Rechnungsempfänger auswies, auf den (die Bezahlung selbst erfolgte durch Überweisung vom ).

Ebenso war die Faktura der Bestattung Wien in der Höhe von € 3.007,00 (inklusive der darin enthaltenen, von der MA 43 in Höhe von € 572,66 quittierten Betrages an den im Gerichtsbeschluss als Erben ausgewiesenen Bruder des Bw. gerichtet.

Ergänzende Ermittlungen des Finanzamtes zeitigten darüber hinaus, dass der Bw. mit Schenkungsvertrag vom von seiner (verstorbenen) Mutter eine in S befindliche Kleingartenfläche erhalten habe.

Mit dem Hinweis, dass der Großteil der im Zusammenhang mit der Beerdigung der Mutter stehenden Rechnungen auf den Namen des Bruders des Bw. ausgestellt worden seien, vertrat das Finanzamt in der abweisenden Berufungsvorentscheidung vom die Auffassung, dass das für die Anerkennung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen unabdingbare Tatbestandsmerkmal der Zwangsläufigkeit nicht erfüllt sei.

Darüber hinaus sei der Bw., angesichts der Tatsache, dass er einige Monate vor dem Tod der Mutter einen Liegenschaftsanteil im Schenkungsweg erhalten habe, ebenso wenig in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Bw. das Rechtsmittel der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.

In der Begründung führte der Bw. zum Punkt der mangelnde Zwangsläufigkeit aus, dass er sich moralisch und sittlich verpflichtet gefühlt habe seinen in "Scheidung" lebenden Bruder zu unterstützen.

Dieser habe ob seiner unheilbar zerrütteten Ehe und dem daran anschließenden, rechtsfreundlich "teuer" unterstützten strittigen Scheidungsverfahren ab dem Juli 2000 die mit "Friedenszins" dotierte elterliche Wohnung bewohnt, in welcher die verstorbene Mutter die Stellung eines Hauptmieters bekleidet habe.

Zur Ausübung des Eintrittsrechtes nach dem MRG, respektive zwecks Vermeidung eines frei vereinbarten Mietzinses habe für den durch das Scheidungsverfahren finanziell in eine Zwangslage versetzte Bruder die Notwendigkeit bestanden der Hausverwaltung gegenüber dessen dringendes Wohnbedürfnisses zu dokumentieren und seien demzufolge sämtliche, im Verlassenschaftsverfahren relevante Zettel auf seinen Namen, respektive auf die Adresse der elterlichen Wohnung ausgestellt worden.

Diesem Umstand sei beispielsweise durch den am Gerichtsbeschluss handschriftlich angebrachten Vermerk "wegen Mietwohnung" Rechnung getragen worden.

Der Ansicht des Finanzamtes, wonach die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Bw. nicht beeinträchtigt erscheine, sei zu entgegnen, dass der Bw. im Jahr 2002 in seiner Eigenschaft als Alleinverdiener mit drei Kindern, weit über dem gesetzlichen Selbstbehalt angesiedelte, durch Belege in Höhe von € 6.685,88 nachgewiesene außergewöhnliche Belastungen getragen habe.

Erhebungen der Abgabenbehörde zweiter Instanz ergaben, dass Herr Dipl. Ing. RS im Jahr 2002 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von rund € 59.000 bezogen hat.

Über die Berufung wurde erwogen

Bevor nun über die Berücksichtigung der vom Bw. in Höhe von € 6.685,88 (darin enthalten Aufwendungen für Begräbniskosten in Höhe von € 5.716,14) beantragte Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu befinden ist, verbleibt einleitend festzuhalten, dass vorgenannte Bemessungsgrundlage jedenfalls um die Position Totenmahl (€ 300.30) sowie um jene für Kränze und Sargschmuck (€ 232) zu berichtigen ist.

Diese "Berichtigung" nach unten liegt in der im Schrifttum zum § 34 EStG 1988 vertretenen Auffassung, begründet, wonach es - unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH (BFH v. , IV 243/59; BFH v. , BStBl 1967 III 364) sowohl bei Aufwendungen für die Bewirtung der Trauergäste, als auch bei Ausgaben für Blumen und Kränze am Tatbestandsmerkmal der Zwangsläufigkeit mangelt (Fuchs in Hofstätter/Reichl ,§ 34 EStG 1988 Einzelfälle Tz 1, Stichwort "Begräbniskosten").

Nämliche Betrachtung hat nach dem Dafürhalten der Abgabenbehörde zweiter Instanz auch für die aus dem Partenversand, Fahrtkosten und Trinkgelder rekrutierende laut Angeben des Bw. überdies nur teilweise belegten Position "Nebenauslagen" in Höhe von € 300 Platz zu greifen (in diesem Zusammenhang wird auf die Ausführungen in der Berufungsentscheidung des -I/04 verwiesen).

Was nun abschließend die aus den Arbeiten des Steinmetz resultierenden Aufwendungen von € 465 anlangt, so können dieselben schon ob deren nachweislicher Verausgabung im Jahr 2003 keinesfalls den Gegenstand einer außergewöhnlichen Belastung des Jahres 2002 bilden.

Zusammenfassend war daher- in Abweichung von den bisherigen Ausführungen des Bw. - die Bemessungsgrundlage auf den Betrag von € 5.388,58 (darin enthalten Aufwendungen für Begräbniskosten von € 4.418,84) zu reduzieren.

Zur Tragung letztangeführten Aufwands (€ 4.418,84) im allgemeinen, respektive zur Anerkennung desselben als außergewöhnliche Belastung im besonderen verbleibt seitens der Abgabenbehörde zweiter Instanz nachstehendes auszuführen:

Nach der Bestimmung des § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.

Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Was das Fehlen einer einzigen der in § 34 Abs. 1 Z 1 bis 3 EStG 1988 normierten Voraussetzungen anlangt, so vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass diesfalls die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen ist (), ohne dass die Abgabenbehörde zur Prüfung nach dem Vorliegen der anderen Voraussetzungen verhalten ist (; ).

Die Bestimmung des § 34 Abs. 3 EStG 1988 macht den Anspruch auf Steuerermäßigung wegen außergewöhnliche Belastung weiters davon abhängig, dass die Belastung dem Steuerpflichtigen erwächst.

Dies ist dann der Fall, wenn sich der Steuerpflichtige der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Im vorliegenden Fall geht nun der Antrag des Bw. auf Anerkennung der Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung im allgemeinen, respektive die Begründung desselben dahingehend, dass dieser aus sittlichen Gründen verhalten war, unter Präsentation seines, wegen eines Scheidungsverfahrens in Not geratenen Bruders als Erben und Rechnungsempfänger dieselben zu tragen.

Einleitend ist zum Themenkreis sittliche Gründe festzuhalten, dass diese ebenso wie rechtliche Gründe aus dem Verhältnis des Steuerpflichtigen zu anderen Personen entspringen.

Sittliche Gründe liegen nach ständiger Rechtsprechung nur vor, wenn die vom Steuerpflichtigen erbrachten Leistungen nach dem Urteil anderer, nämlich billig und gerecht denkender Menschen durch die Sittenordnung geboten sind.

Hierbei reicht es zur Annahme einer sittlichen Verpflichtung nicht aus, dass das Handeln des Steuerpflichtigen menschlich verständlich, wünschens - oder lobenswert erscheint, sondern kommt es vielmehr darauf an, ob sich der Steuerpflichtige der Leistung ohne öffentliche Missbilligung entziehen kann (; ).

In Anbetracht vorstehender Ausführungen und der in der Sachverhaltsdarstellung präsentierten Einkommenssituation Herrn Dipl. Ing. RSs, welche denn Vorliegen einer wirtschaftlichen Beeinträchtigung widerstreitet, kann dem Vorbringen des Bw. nach dem Vorliegen einer sittlichen Verpflichtung zur Tragung der Begräbniskosten seitens der Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht näher getreten werden.

Ungeachtet der Tatsache, dass der Bruder des Bw. auf sämtlichen "offiziellen" Papieren, aus welchen Gründen auch immer als Erbe nach seiner verstorbenen Mutter aufscheint und somit zur Tragung der Begräbniskosten "verpflichtet" bzw. zur Geltendmachung einer außergewöhnlichen Belastung "berechtigt" ist, vermag auch die Verausgabung derselben durch den Bw. in Ermangelung des Tatbestandmerkmals der Zwangsläufigkeit diesen nicht den Status einer außergewöhnlichen Belastung zu verleihen.

Zusammenfassend war daher aus obigen Gründen der Betrag von € 4.418,84 aus der Bemessungsgrundlage der als außergewöhnliche Belastung in Betracht kommenden Aufwendungen auszuscheiden, weswegen auch die vom Bw. im Ausmaß von € 969,74 getragenen, unter dem Selbstbehalt von € 2147,08 gelegenen Krankheitskosten letztendlich ohne Einfluss auf die Berechnung der Einkommensteuer für das Jahr 2002 bleiben.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
außergewöhnliche Belastung
sittliche Verpflichtung
Begräbniskosten

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at