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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 10.05.2012, RV/1437-L/10

Säumniszuschlag bei grobem Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Marktgemeinde X, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom zu StNr. 000/0000, mit dem von der Umsatzsteuer 07/2008 ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 3.740,41 € festgesetzt wurde, entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Berufungswerberin am mit der Fa. L GmbH einen Vertrag über den Verkauf des Kabelfernsehnetzes der Gemeinde abgeschlossen hat. Als Übergabestichtag wurde der festgesetzt. Als Kaufpreis wurden 950.186,00 € zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart, wobei der Kaufpreis in drei Jahresraten (, und ) fällig sei. Eine gesonderte Rechnung über dieses Geschäft sei noch nicht gestellt und die Umsatzsteuer aus diesem Rechtsgeschäft noch nicht abgeführt worden. Gemäß § 17 Abs. 7 iVm § 4 Abs. 7 UStG sei für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen von Gesetzes wegen stets die Sollbesteuerung vorgesehen. Werde ein Unternehmen oder ein gesondert geführter Betrieb im Ganzen veräußert, so sei Bemessungsgrundlage das Entgelt für die auf den Erwerber übertragenen Gegenstände und Rechte. Im Zuge der Betriebsprüfung werde der Verkauf des Kabelfernsehnetzes im Monat der Veräußerung (Juli 2008) der Besteuerung unterworfen.

Das Finanzamt folgte den Prüferfeststellungen und setzte mit Bescheid vom die Umsatzsteuer für Juli 2008 fest. Aus diesem Bescheid ergab sich eine Nachforderung in Höhe von 187.020,48 €.

Von dieser Umsatzsteuernachforderung wurde mit Bescheid vom ein erster Säumniszuschlag in Höhe von 3.740,41 € festgesetzt, da die Abgabe nicht bis zum Fälligkeitstermin () entrichtet worden war.

Mit Eingabe vom wurde ausdrücklich nur gegen diesen Säumniszuschlagsbescheid betreffend Umsatzsteuer 07/2008 Berufung erhoben. Im Zuge der stattgefundenen Außenprüfung sei festgestellt worden, dass für den Verkauf der Kabel TV Anlage keine gesonderte Rechnung ausgestellt und somit die Umsatzsteuer aus diesem Rechtsgeschäft nicht abgeführt worden sei. Gemäß § 17 Abs. 7 UStG iVm § 4 Abs. 7 UStG sei die Geschäftsveräußerung im Ganzen von Gesetzes wegen stets der Sollbesteuerung zu unterwerfen. Die Umsatzsteuer aus diesem Rechtsgeschäft habe 190.037,20 € betragen. "Innerhalb des Prüfungszeitraumes" sei von der Gemeinde an die Erwerberin eine "ordnungsgemäße Rechnung gemäß Rechnungslegungsgesetz" ausgestellt worden und man könne somit davon ausgehen, dass zwar die Gemeinde zur Abfuhr der Mehrwertsteuer in Höhe von 190.037,20 € verpflichtet gewesen wäre, "diese Vorsteuer jedoch durch die Fa. L GmbH nicht in gleicher Höhe vom Finanzamt zurückgefordert" worden sei. Aus diesem Grund sei im Bereich der Umsatzsteuer von keinem "Negativaufkommen" zu sprechen, weshalb von der Festsetzung des Säumniszuschlages Abstand genommen werden sollte.

Das Finanzamt wies diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom im Wesentlichen deswegen als unbegründet ab, weil in der Berufung nicht näher dargelegt worden sei, aus welchen konkreten Gründen bzw. Überlegungen die Gemeinde die Annahme vertreten habe, dass der Verkaufsvorgang (Verkauf der Kabel TV Anlage) nicht der Umsatzsteuer unterliege, sodass nicht vom Fehlen eines groben Verschuldens an der Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO ausgegangen werden könne. Ferner könne aus dem ins Treffen geführten korrespondierenden Vorsteueranspruch der Erwerberin für die Verschuldensprüfung nichts gewonnen werden, da bei verschiedenen, durch wechselseitige Geschäfte verbundenen Unternehmen (Steuersubjekten) regelmäßig Umsatzsteuerzahlungsverpflichtungen und Vorsteuerabzugsberechtigungen einander gegenüber stünden. Eine gleichsam saldierende Betrachtungsweise komme deswegen nicht in Betracht ().

Im Vorlageantrag vom führte die Berufungswerberin ergänzend aus, im Kaufvertrag sei geregelt worden, dass der Kaufpreis von insgesamt 950.186,00 € zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer in drei jährlichen Raten (mit in Höhe von 303.791,00 €, mit in Höhe von 316.550,00 € und mit in Höhe von 329.845,00 €) fällig werde. Die Gemeinde hätte jeweils bei Fälligkeit der einzelnen Raten die entsprechende Umsatzsteuer verrechnet und in weiterer Folge an das Finanzamt abgeführt. Die Gemeinde habe niemals die Annahme vertreten, dass der Verkaufsvorgang nicht der Umsatzsteuer unterliege. Aus diesem Grunde werde auch seitens der Gemeinde von keinem groben Verschulden an der verspäteten Entrichtung der Umsatzsteuer ausgegangen. Wenn überhaupt ein Verschulden vorliege, so könne dies nur als leichte Fahrlässigkeit eingestuft werden.

Am erfolgte die Vorlage der Berufung durch das Finanzamt an den Unabhängigen Finanzsenat.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Die Nachforderung aus dem Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 07/2008 vom war bereits am fällig gewesen (§ 21 Abs. 3 dritter Satz UStG), bis zu diesem Termin jedoch nicht entrichtet worden. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzung des § 217 Abs. 1 und Abs. 2 BAO für die Festsetzung des gegenständlichen Säumniszuschlages lagen daher vor.

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).

Der Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO kann auch in einer Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden () und ist diesfalls in der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen (; Ritz, BAO4, § 217 Tz 65 mwN).

Die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO normiert einen Begünstigungstatbestand, wonach auf Antrag des Steuerpflichtigen von der Anlastung eines Säumniszuschlages ganz oder teilweise Abstand zu nehmen ist, wenn ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Ein derartiges Verfahren, das auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichtet ist, wird vom Antragsprinzip beherrscht. Dies bedeutet, dass der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt. Dieser hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (z.B. ; ; ; vgl. auch und zu § 212 BAO).

Bei Selbstberechnungsabgaben ist ein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung auszuschließen, wenn der Berechnung eine vertretbare Rechtsansicht zugrunde liegt. War die Rechtsansicht unvertretbar, so ist dies für die Anwendbarkeit des § 217 Abs. 7 BAO nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit schädlich (Ritz, BAO4, § 217 Tz 48; ebenso RAE Rz 975; ). § 217 Abs. 7 BAO setzt somit zwar gerade eine unrichtige Selbstberechnung voraus, es darf aber kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegen. Nach dem Gesetzeswortlaut ist in diesem Zusammenhang das Ausmaß des Verschuldens an der unrichtigen Selbstberechnung zu quantifizieren. Selbst bei einer unvertretbaren Rechtsansicht kommt noch eine Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages in Betracht, wenn die unvertretbare Rechtsansicht nicht vorsätzlich (also wider besseren Wissens) oder grob fahrlässig (somit bei Aufwendung der zumutbaren Sorgfalt unschwer erkennbar zu Unrecht) vertreten worden ist (). Allerdings obliegt es auch in diesem Zusammenhang dem Begünstigungswerber, aus eigenem Antrieb und nachvollziehbar darzulegen, dass die Unvertretbarkeit seiner Rechtsansicht auch bei Aufwendung der zumutbaren Sorgfalt für ihn nur schwer erkennbar gewesen wäre ().

Im gegenständlichen war der Verkauf der Kabel TV Anlage gemäß § 17 Abs. 7 UStG iVm § 4 Abs. 7 UStG als Geschäftsveräußerung zwingend nach vereinbarten Entgelten zu versteuern. Eine Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten ist in solchen Fällen ausgeschlossen, die Besteuerung erfolgt immer nach dem Soll-Prinzip (z.B. Pernt in Berger u.a., UStG-ON, § 17 Rz 74). Die im Vorlageantrag ins Treffen geführte Rechtsansicht der Gemeinde, dass die Umsatzsteuersteuer erst im Zeitpunkt der vereinbarten Zahlung der einzelnen Jahresraten zu "verrechnen" und an das Finanzamt abzuführen gewesen wäre, ist angesichts des klaren und eindeutigen Wortlautes des § 17 Abs. 7 UStG sowie der aufgezeigten (einhelligen) Ansicht der herrschenden Lehre als unvertretbare Rechtsansicht zu werten. Die Berufungswerberin brachte auch keine Argumente vor, welche ihre Ansicht als vertretbar erscheinen lassen würden.

In einem solchen Fall obläge es - wie bereits oben erläutert - dem Begünstigungswerber iSd § 217 Abs. 7 BAO, aus eigenem Antrieb und nachvollziehbar darzulegen, dass die Unvertretbarkeit seiner Rechtsansicht auch bei Aufwendung der zumutbaren Sorgfalt für ihn nur schwer erkennbar gewesen wäre. Diesbezügliches Vorbringen wurde von der Berufungswerberin jedoch nicht erstattet. Da somit ein fehlendes grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung nicht aufgezeigt worden war, sind die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO nicht erfüllt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

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