Widerruf einer Löschung bei außergerichtlichem Ausgleich
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des FH, vertreten durch CR, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom betreffend Widerruf einer Löschung entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, als die mit Bescheid vom erfolgte Löschung von Abgabenschuldigkeiten in Höhe von € 610.322,78 im Ausmaß von € 21.987,42 anstatt € 25.156,34 widerrufen wird.
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom widerrief das Finanzamt die Löschung der Einkommensteuer 1990 in Höhe von € 25.156,34.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber (Bw.) aus, dass der teilweise Widerruf der erfolgten Löschung von Abgabenschuldigkeiten erfolgt sei, um damit bestehende Steuerguthaben aufzurechnen. Die Aufrechnung sei zu Unrecht erfolgt. Die Ursache für die Löschung der Abgabenschuldigkeiten sei in einem außergerichtlichen Ausgleich gelegen, der im Oktober 2003 zwischen dem Finanzamt und dem Bw. geschlossen worden sei. Umfasst vom außergerichtlichen Ausgleich seien die Abgabenverbindlichkeiten einschließlich des Jahres 2002 gewesen. Als Berechnungsstichtag seien die per bestehenden Abgabenrückstände herangezogen worden. Die Einkommensteuervorauszahlungen 2003 seien darin nicht enthalten gewesen, da diese zum Ausgleichsstichtag vollständig entrichtet gewesen seien. Mit Schreiben vom sei seitens des Finanzamtes ausdrücklich bestätigt worden, dass vom außergerichtlichen Ausgleich die Einkommensteuer 2002 mitumfasst sei, der Veranlagungzeitraum 2003 sei jedoch vom außergerichtlichen Ausgleich ausgenommen worden. Der außergerichtliche Ausgleich sei in der Folge vom Bw. vollständig erfüllt worden. Aus diesem Grund sei auch am der Löschungsbescheid erlassen worden.
Aus der in der Zwischenzeit erfolgten Veranlagung des Geschäftsjahres 2003 ergebe sich ein Abgabenguthaben in Höhe von € 25.156,34. Dieses Guthaben stehe in keinem Zusammenhang mit dem seinerzeit getroffenen außergerichtlichen Ausgleich. Eine Aufrechnung der durch den außergerichtlichen Ausgleich getilgten Abgabenverbindlichkeiten mit dem nach dem Ausgleichsstichtag resultierenden Steuerguthaben sei daher unzulässig.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 294 Abs. 1 BAO ist eine Änderung oder Zurücknahme eines Bescheides, der Begünstigungen, Berechtigungen oder die Befreiung von Pflichten betrifft, durch die Abgabenbehörde ist - soweit nicht Widerruf oder Bedingungen vorbehalten sind - nur zulässig,
a) wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben, die für die Erlassung des Bescheides maßgebend gewesen sind, oder
b) wenn das Vorhandensein dieser Verhältnisse auf Grund unrichtiger oder irreführender Angaben zu Unrecht angenommen worden ist.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () kann von einem vorbehaltenen Widerruf im Sinne des § 294 Abs. 1 BAO nur gesprochen werden, wenn dieser determiniert ist, dh. wenn der Bescheid erkennen lässt, unter welchen Umständen ein Widerruf in Betracht kommt. Die Zurücknahme bedarf daher zureichender sachlicher Gründe, die im kausalen Zusammenhang mit der ursprünglichen Erlassung des Bescheides stehen (vgl. Stoll, BAO Kommentar Band 3 Seite 2851/F).
Mit Bescheid vom verfügte das Finanzamt die Löschung gemäß § 235 Abs. 1 BAO von Abgabenschuldigkeiten im Ausmaß von insgesamt € 610.322,78, weil der außergerichtliche Ausgleich am erfüllt wurde. Laut Schreiben des Finanzamtes vom wurde als Berechnungbasis der am bestehende Abgabenrückstand in Höhe von € 405.361,45 zuzüglich der noch durch die allfällige Schätzung für 1994-2000 entstehenden Nachforderungen herangezogen. Es war daher der Betrag von € 70.000,00 bis zum und ab weiters monatlich jeweils € 1.300,00 bis zum (somit insgesamt € 85.600,00) zu entrichten, widrigenfalls die Forderung in voller Höhe wiederauflebte und sofortige exekutive Einbringungsmaßnahmen zur Folge hatte. Als Bedingung wurde angeführt, dass sämtliche Abgabennachforderungen, die - aus welchem Grund auch immer - noch nicht auf dem Abgabenkonto des Bw. aufschienen (ausgenommen die durch allfällige Schätzung für 1994-2000 noch entstehenden), vom Ausgleich unberührt blieben und daher gesondert in voller Höhe zu entrichten seien. Allfällige künftige Gutschriften, die Zeiträume vor dem "Ausgleichsstichtag" beträfen, aber erst in der Folge verbucht würden, könnten jederzeit mit den abgeschriebenen Abgaben, jedoch ohne Anrechnung auf die Quote, gegenverrechnet werden. Ein vollständiger Widerruf aller abgeschriebenen Abgaben erfolge automatisch, wenn innerhalb der nächsten 5 Jahre ein Insolvenzverfahren eröffnet werde. Als zusätzliche Bedingung wurde neben der Zurückziehung aller anhängigen Berufungen bzw. Verwaltungsgerichtshofbeschwerden vereinbart, dass die Forderungspfändungen bis auf weiteres aufrecht blieben, jedoch gleichzeitig auf Nichtabzug eingeschränkt würden, und dass die Einkommensteuervorauszahlungen ab in vollem Umfang pünklich zu entrichten seien.
Gutschriften werden grundsätzlich im Zeitpunkt der Bekanntgabe des betreffenden Bescheides wirksam, außer wenn im Abgabengesetz eine speziellere Regelung besteht (Ritz, BAO-Kommentar², § 210 , Tz. 5). "Künftige Gutschriften, die Zeiträume vor dem "Ausgleichsstichtag" betreffen, aber erst in der Folge verbucht werden", können somit nach Ansicht des unabhängigen Finanzsenates nur solche sein, die sich aus der Abänderung oder Aufhebung von Abgabenbescheiden ergeben, die die Festsetzung von vom Ausgleich umfassten Abgaben zum Gegenstand hatten.
Entgegen der vom Finanzamt laut Schreiben vom vertretenen Meinung, wonach der Ausgleichsstichtag der Tag der vollständigen Entrichtung der Quoten () sei, sodass die Einkommensteuer 2003 richtigerweise mit den abgeschriebenen Abgaben verrechnet worden sei, wird unter Ausgleichsstichtag wohl jener Tag zu verstehen sein, der dafür maßgebend ist, ob Forderungen von der Rechtswirkung des Ausgleiches erfasst werden oder nicht, zumal die vom Finanzamt vertretene Meinung zudem übersieht , dass die nicht vollständige Entrichtung der Quote zum keinerlei Auswirkungen auf die Rechtsfolgen des Ausgleiches gehabt hätte, da die Quote laut Schreiben vom erst bis zum vollständig zu entrichten war.
Entsprechend den Ausführungen in der Berufung wurde als Berechnungsstichtag für den außergerichtlichgen Ausgleich der herangezogen, sodass per aushaftende Abgaben vom Ausgleich umfasst sind. Entgegen den Ausführungen in der Berufung, wonach die Einkommensteuervorauszahlungen 2003 darin nicht enthalten gewesen seien, da diese zum Ausgleichsstichtag vollständig entrichtet gewesen seien, hafteten die am verbuchte Vorauszahlung auf die Einkommensteuer für das zweite Kalendervierteljahr 2003 in Höhe von € 24.020,00 und die am verbuchte Vorauszahlung auf die Einkommensteuer für das dritte Kalendervierteljahr 2003 in Höhe von € 12.010,00 laut Rückstandsaufgliederung vom zur Gänze unberichtigt aus, sodass auch diese Abgaben vom Ausgleich umfasst waren. Lediglich die Vorauszahlung auf die Einkommensteuer für das vierte Kalendervierteljahr 2003 in Höhe von € 12.010,00 wurde erst nach dem Ausgleichsstichtag am verbucht und fällig und war daher entsprechend dem Schreiben des Finanzamtes vom außergerichtlichen Ausgleich ausgenommen.
Die Gutschrift aus der Veranlagung der Einkommensteuer 2003 in Höhe von € 29.316,56 vom betraf somit zu drei Viertel Zeiträume vor dem Ausgleichsstichtag und zu einem Viertel den Zeitraum danach, daher war das Finanzamt auf Grund des vorbehaltenen Widerrufs berechtigt, die Löschung im Ausmaß von drei Viertel der Gutschrift (€ 21.987,42) zu widerrufen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 294 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 235 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | außergerichtlicher Ausgleich Löschung vorbehaltener Widerruf Gutschrift Ausgleichsstichtag |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at