Liebhaberei bei atypisch stillem Beteiligten - Unwägbarkeiten
Rechtssätze
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RV/0560-G/05-RS1 | Hätte aus einer atypisch stillen Beteiligung unter "normalen wirtschaftlichen Verhältnissen"- dh. wenn die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses erst zum ursprünglich geplanten Zeitpunkt erfolgt wäre - ein Gesamtgewinn erzielt werden können und ist nur deshalb ein Gesamtverlust entstanden, weil die Beteiligung aufgrund der Konkurseröffnung über das Vermögen des Beteiligten vorzeitig beendet wurde, so ändert der Eintritt dieser so genannten Unwägbarkeit (Konkurseröffnung) an der grundsätzlich vorliegenden Eignung der Beteiligung als Einkunftsquelle nichts. Ein anlässlich der (vorzeitigen) Beendigung der Beteiligung entstandener Veräußerungsgewinn ist daher zu versteuern. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der N, 8600 Bruck an der Mur, vertreten durch AUDITOR Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 1013 Wien, Renngasse 1/ Freyung, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 1997 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Bei der Berufungswerberin handelt es sich um eine in den Jahren 1993 bis 2001 bestehende atypisch stille Gesellschaft. Der (ehemalige) Gesellschafter S zeichnete im Jahr 1993 eine Einlage in Höhe von 150.000,00 S als atypisch stiller Gesellschafter und gewährte der Bw. gleichzeitig ein Darlehen in Höhe von 450.000,00 S. Über das Vermögen des S wurde im Mai 1997 das Konkursverfahren eröffnet. (Die Aufhebung des Konkursverfahrens erfolgte im Jänner 1998). Der Masseverwalter kündigte im Jahr 1997 daher die Beteiligung bzw. die Darlehensgewährung des S. Zum wurde die Beteiligung von der H insgesamt erworben. Für den (ehemaligen) Beteiligten S entstand daraus im Jahr 1997 ein Veräußerungsgewinn von 838.000,00 S. Dieser wurde im Verfahren betreffend die Feststellung der Einkünfte der Bw. bzw. betreffend die Ermittlung der Höhe des Gewinnanteils des S als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt und im Rahmen des Einkommensteuerveranlagungsverfahrens des Beteiligten erklärungsgemäß versteuert.
Die gegenständliche Berufung richtet sich gegen den Bescheid vom betreffend die Feststellung der Einkünfte der Bw. bzw. die Feststellung der Höhe des Gewinnanteils des S mit der Begründung, der (ehemalige) Beteiligte habe aus seiner atypisch stillen Beteiligung im Zeitraum seiner Beteiligung (das waren die Jahre 1993 bis 1997) einen Gesamtverlust von 182.000,00 S erzielt. Bei der genannten Beteiligung habe es sich daher um Liebhaberei gehandelt, weshalb der zuletzt erzielte Veräußerungsgewinn von 838.000,00 S steuerlich unbeachtlich sei. Im Vorlageantrag wurde ergänzt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB ) Liebhaberei dann vorliege, wenn der Abgabenbehörde ein abgeschlossener Beobachtungszeitraum zur Verfügung stehe, in dem insgesamt kein Gewinn erzielt worden sei. Dabei seien etwaige Motive, warum das Beteiligungsverhältnis vor Erzielung eines Gesamtgewinnes beendet worden sei, nicht relevant. Durch die vorzeitige Beendigung des Beteiligungsverhältnisses durch den Masseverwalter liege ein abgeschlossener Beobachtungszeitraum vor, in dem insgesamt ein Verlust erzielt worden sei. Auf Gesellschafterebene (und nur diese sei gemeint) liege daher Liebhaberei vor. Es sei daher kein Veräußerungsgewinn festzusetzen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Sowohl die Gründung der atypisch stillen Gesellschaft (Bw.) als auch die Zeichnung der Beteiligung durch S erfolgten im Jahr 1993. Die Frage, ob die Betätigung der Bw. bzw. die Beteiligung des S Liebhaberei im steuerlichen Sinn waren, ist daher anhand der Bestimmungen der Liebhabereiverordnung (LVO), BGBl. Nr. 33/1993, zu beurteilen.
Gemäß § 1 Abs. 1 LVO, BGBl. Nr. 33/1993, liegen Einkünfte vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen. Gemäß § 2 Abs. 2 LVO, BGBl. Nr. 33/1993, liegen innerhalb der ersten drei Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab dem Beginn einer Betätigung (zB Eröffnung eines Betriebes) im Sinn des § 1 Abs. 1 , ..., jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Gemäß § 4 Abs. 1 LVO, BGBl. Nr. 33/1993, sind die §§ 1 bis 3 auch bei Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit anzuwenden. Gemäß § 4 Abs. 2 LVO, BGBl. Nr. 33/1993, ist zuerst für die Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) zu prüfen, ob die gemeinschaftliche Betätigung als Liebhaberei im Sinn des § 1 zu beurteilen ist. Gemäß § 4 Abs. 3 LVO, BGBl. Nr. 33/1993, ist zusätzlich gesondert zu prüfen, ob jeweils beim einzelnen Gesellschafter (Mitglied) Liebhaberei vorliegt. Dabei sind auch besondere Vergütungen (Einnahmen) und Aufwendungen (Ausgaben) der einzelnen Gesellschafter (Mitglieder) zu berücksichtigen. Nach § 4 Abs. 4 LVO, BGBl. Nr. 33/1993, ist bei der Prüfung im Sinn des Abs. 3 weiters darauf Bedacht zu nehmen, ob nach den Umständen des Einzelfalls damit zu rechnen ist, dass der Gesellschafter (das Mitglied) vor dem Erzielen eines anteiligen Gesamtgewinns (Gesamtüberschusses) aus der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ausscheidet. In diesem Fall ist auch für den Zeitraum gemäß § 2 Abs. 2 das Vorliegen von Liebhaberei zu prüfen.
Das Vorliegen einer Einkunftsquelle war im gegenständlichen Fall hinsichtlich der Tätigkeit der atypisch stillen Gesellschaft nie strittig. Auch auf Ebene der einzelnen Beteiligten war stets vom Vorliegen einer Einkunftsquelle ausgegangen worden. Gemäß § 11 des Gesellschaftsvertrages über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft wäre eine Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses frühestens zum möglich gewesen. Tatsächlich erfolgte zu diesem Zeitpunkt die Abschichtung aller stillen Gesellschafter, wobei diese aus ihrer Beteiligung einen - wenn auch nur geringen - Gesamtgewinn erzielten. Die in den ersten Jahren der Beteiligung getroffene Vermutung, es liege auch auf Ebene der Beteiligten eine Einkunftsquelle vor, wurde damit nachträglich als zutreffend bestätigt. Dasselbe gilt für die steuerliche Anerkennung der Verluste der Beteiligten zu Beginn ihrer Beteiligung. Lediglich hinsichtlich der Beteiligung des (ehemaligen) Gesellschafters S wird nunmehr das Vorliegen von Liebhaberei behauptet, weil er aufgrund seines vorzeitigen Ausscheidens aus der Gesellschaft insgesamt einen Verlust aus seiner Beteiligung erzielt habe.
Dieser Ansicht ist entgegen zu halten, dass der Verwaltungsgerichtshof die in dem von der Bw. zitierten Erkenntnis (vgl. nochmals ) vertretene Rechtsansicht, nämlich dass im Fall des Vorliegens eines abgeschlossenen Beobachtungszeitraums, in dem insgesamt kein positives Ergebnis aus einer Betätigung erzielt worden ist, jedenfalls Liebhaberei vorliege, nicht mehr aufrecht hält. Diese Rechtsansicht wurde für Zeiträume vor Geltung der Liebhabereiverordnung vertreten. Nach der nunmehr vertretenen Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht ein tatsächlich erwirtschafteter Gesamterfolg, sondern die objektive Eignung einer Tätigkeit zur Erwirtschaftung eines solchen, subsidiär das nach außen in Erscheinung tretende Streben des Tätigen nach einem solchen Erfolg, für die Beurteilung einer Tätigkeit entscheidend (vgl. zB , , und ). Das bedeutet, dass nicht in jedem Fall der Beendigung einer Betätigung vor der Erzielung eines Gesamtgewinnes Liebhaberei vorliegen muss. Hat der Steuerpflichtige ursprünglich geplant, die Tätigkeit unbegrenzt oder zumindest bis zum Erzielen eines gesamtpositiven Ergebnisses fortzusetzen und hat sich die vorzeitige Beendigung der Tätigkeit erst nachträglich, insbesondere durch den Eintritt konkreter Unwägbarkeiten, ergeben, so steht dies dem Vorliegen einer Einkunftsquelle nicht entgegen. Genau das trifft auf den vorliegenden Fall zu.
Unbestritten ist, dass hinsichtlich der Beteiligung des S in den Jahren 1993 bis 1996 vom Vorliegen einer Einkunftsquelle ausgegangen wurde und die zunächst entstandenen Verluste steuerlich anerkannt wurden. Bei der Beteiligung des S handelte es sich um eine Betätigung, mit der unter "normalen wirtschaftlichen Verhältnissen" (dh. wenn die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses - wie ursprünglich geplant - frühestens zum erfolgt wäre) ein Gesamtgewinn hätte erzielt werden können. Lediglich aufgrund der ungeplanten, vorzeitigen Beendigung des Beteiligungsverhältnisses, die wegen der Konkurseröffnung über das Vermögen des Beteiligten erfolgte, war statt eines Gesamtgewinns ein Gesamtverlust aus der Beteiligung entstanden. Bei der Eröffnung des Konkursverfahrens handelte es sich um den Eintritt einer so genannten Unwägbarkeit, die an der grundsätzlich vorliegenden Eignung einer Tätigkeit, einen wirtschaftlichen Gesamterfolg zu erzielen, nichts ändert (vgl. auch Renner in SWK 10/2004, 373ff). Solche Unwägbarkeiten können auch Ereignisse sein, die den privaten Bereich des Steuerpflichtigen betreffen bzw. bis zu einem gewissen Grad im Einflussbereich des Steuerpflichtigen liegen, wie zB von ihm selbst oder von seinen Angehörigen bewirkte wirtschaftliche Fehlschläge (vgl. nochmals das bereits genannte Erkenntnis ).
Da es sich bei der Beteiligung des S somit nicht um Liebhaberei im steuerlichen Sinn handelte, war der im Streitjahr erzielte Veräußerungsgewinn ebenso steuerlich zu erfassen wie die in den Jahren davor aus der Beteiligung erzielten Verluste.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 2 Abs. 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 4 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 |
Schlagworte | Liebhaberei Unwägbarkeiten atypisch stille Beteiligung |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | UFSaktuell 2007, 17 UFS Newsletter 2007/01 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at