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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 08.04.2013, RV/1645-W/09

Eine Anzeige gemäß § 31 GebG stellt keine Abgabenerklärung dar

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/16/0113 eingebracht.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der F.A., X., vertreten durch Herrn R.A., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Bescheidberichtigung gemäß § 293b BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Schriftsatz vom wurde ein Darlehensvertrag vom , welcher in englischer und spanischer Sprache errichtet wurde, zur Anzeige gebracht. Mit Bescheiden jeweils vom wurden der F.A., der Berufungswerberin, vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien 1. die Gebühr gemäß § 33 TP 19 Abs. 1 Z. 1 GebG in der Höhe von € 16.000,-- und 2. die Gebühr für eine Gleichschrift gemäß § 25 GebG ebenfalls in der Höhe von € 16.000,-- vorgeschrieben.

Mit Eingabe vom wurde ein Antrag gemäß § 293b BAO gestellt. Dieser Antrag wurde damit begründet, dass die Berufungswerberin für einen Darlehensvertrag die Gebühr für ein Rechtsgeschäft in der Höhe von € 16.000,-- zweimal bezahlt habe. Unter Vorlage der beiden Bescheide und unter Hinweis auf die geänderte Rechtslage wird die Aufhebung des späteren Bescheides und die Rückzahlung der doppelt entrichteten Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von € 16.000,-- gemäß § 293b BAO beantragt.

Beigelegt wurden die beiden Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom jeweils in Kopie. Der , wurde in Kopie nachgereicht.

Vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien wurde dieser Antrag mit Bescheid vom abgewiesen. Diese Abweisung wurde damit begründet, dass die Berichtigung eines Bescheides gemäß § 293b BAO nur vorgesehen ist, wenn eine Rechtswidrigkeit aufgrund einer Übernahme von offensichtlichen Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen vorliegt. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, weswegen der Antrag abzuweisen war. Zudem ist der § 25 Gebührengesetz nach wie vor im Rechtsbestand, es gibt vorerst nur einen Beschluss des VfGH betreffend die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 25 GebG:

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht:

"§ 293 b BAO gestattet die Berichtigung eines Bescheides, wenn dieser qualifiziert rechtswidrig ist. Rechtswidrigkeit bedeutet ein Verstoß gegen die Gesetze oder Verordnungen, gemäß § 42 Abs 2 Zi 1 VwGG und der hiezu ergangenen Judikatur. Der Antragsteller hat darauf hingewiesen, dass die Berichtigung wegen Rechtswidrigkeit beantragt wird und hat über Nachfrage der Behörde dieser auch eine Kopie des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom , GZ B 1930/07-9 zur Verfügung gestellt, da dieser der Behörde nicht bekannt war. Auch wenn dies nur ein Gesetzesprüfungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes ist, ergeben sich aus der Begründung dieses Beschlusses eindeutige Hinweise auf die Verfassungswidrigkeit des § 25 GebG , die zu einer Aufhebung der verfassungswidrigen Teile der genannten Gesetzesstelle führen werden. Die Behörde hätte daher bereits jetzt die Möglichkeit, das Gesetz verfassungskonform anzuwenden.

Die Rechtswidrigkeit des Bescheides erfolgte durch Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus der Abgabenerklärung des Antragsstellers. Der Antragsteller hat die aus dem Ausland zur Verfügung gestellte Zweitschrift einer internationalen Finanzierung angezeigt, da die Anzeigepflicht im Gesetz vorgesehen ist. Aus Anlass der Anzeige der Zweitschrift des bereits vergebührten Rechtsgeschäftes hätte die Behörde die Anzeige zur Kenntnis nehmen und bei verfassungskonformer Anwendung des Gebührengesetzes die Rechtsgeschäftsgebühr mit Null festsetzen müssen. Da dies nicht geschehen ist und die Behörde die Gebühr von Euro 16.000,- nochmals vorgeschrieben hat, lag diesbezüglich die Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit vor, die gemäß § 293 b BAO antragsmäßig zu bereinigen gewesen wäre.

In diesem Zusammenhang wird insbesondere auch auf den Erlass AÖF 1990/100 verwiesen, der in Punkt 3 das Ermessen der Behörde hervorhebt und ausführt, dass es für Berichtigungen gemäß § 293 b BAO primär maßgebend ist, dass dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit gegenüber dem der Rechtsbeständigkeit der Vorzug einzuräumen ist.

Der Antragsteller sieht sich durch die angefochtene Entscheidung in folgenden verfassungsrechtlichen gewährleisteten Rechten verletzt: Unversehrtheit des Eigentums, Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, Gleichheitsgebot und Unzulässigkeit der Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes. Insbesondere wird darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber stets das Rechtsgeschäft und nicht die Urkunde mit einer Gebühr belasten wollte, was sich klar aus den Gesetzesmaterialien ergibt. Die Sanktion der mehrfachen Vorschreibung der Rechtsgeschäftsgebühr für ein und dasselbe Rechtsgeschäft bei verspäteter Anzeige von Gleichschriften ist exzessiv, unsachlich und verletzt insbesondere das verfassungsrechtlich geschützte Gleichheitsgebot.

Das verfassungsrechtlich geschützte Gleichheitsgebot sieht der Antragsteller auch dadurch verletzt, dass der gesetzestreue Steuerpflichtige, der die fremdsprachige (!) Gleichschrift der internationalen Darlehensurkunde dem Finanzamt vorliegt mit einer neuerlichen Rechtsgeschäftsgebühr belastet wird, während derjenige Steuerpflichtige, der die fremdsprachige Gleichschrift der Urkunde nicht zur Anzeige bringt, keine zweimalige oder mehrmalige Rechtsgeschäftsgebühr zu entrichten hat, sich jedoch im Beanstandungsfalle im guten Glauben auf den oben genannten Beschluss des Verfassungsgerichtshofes berufen kann.

In diesem Zusammenhang weist der Antragssteller insbesondere auf Punkt IV Zi 1 letzter Satz des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes B 1903/07-9 hin, worin der Verfassungsgerichtshof zum Ausdruck bringt, dass es auch denkbar ist, im Wege einer einschränkenden Interpretation des § 25 GebG das verfassungsrechtlich gebotene Ergebnis zu erreichen. In diesem Sinne hätte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern sein Ermessen nach § 293 b BAO gesetzes- und verfassungskonform ausüben können."

Diese Berufung wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde diese Abweisung wie folgt:

"Gemäß § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.Das Vorliegen offensichtlicher Unrichtigkeiten - solche liegen jedoch im berufungsgegenständlichen Fall nicht vor - allein rechtfertigt noch keine Berichtigung gemäß § 293b BAO . Die offensichtlichen Unrichtigkeiten müssen aus einer Abgabenerklärung übernommen worden sein, um einer Berichtigung im Sinne des § 293b BAO zugänglich zu sein. Die Abgabenerklärungsqualität ergibt sich vor allem für jene Anbringen, die im Gesetz ausdrücklich als Abgabenerklärungen bezeichnet werden. Weiters gilt dies für jene Anbringen, für die im Gesetz angeordnet ist, dass sie als Abgabenerklärungen gelten.Eine Anzeige gemäß § 31 GebG stellt keine Abgabenerklärung dar (Ritz, Kommentar zur BAO, 3. Auflage, § 133 RZ 5). Es liegen daher im berufungsgegenständlichen Fall die Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß § 293b BAO nicht vor, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen war."

Die Begründung des gegen diese Erledigung eingebrachten Vorlageantrages lautet:

"Zunächst wird auf den Inhalt der Berufung verwiesen. Diese wird vollinhaltlich aufrecht erhalten.

Die Behörde irrt, wenn sie ausführt, dass eine Anzeige gemäß § 31 GebG . keine Abgabenerklärung darstellt. Es trifft zwar zu, dass diese Meinung von RITZ, Kommentar zur BAO, 3. Auflage, vertreten wird. RITZ hat diese Ansicht aus dem Erlass des Bundesministeriums für Finanzen, AÖF 1990/100 Z 1 letzter Absatz, übernommen, ohne diese zu hinterfragen.

Dieser Erlass, der keine rechtsverbindliche Norm darstellt, ist mit dem Gesetz und der Rechtsordnung nicht vereinbar. Die nach § 31 GebG . vorgeschriebene Anzeige von Rechtsgeschäften unterscheidet sich in ihrer rechtlichen Qualifikation nicht von anderen Steuererklärungen, da sowohl die Anzeige als auch die Erklärung jeweils die Erlassung eines Bescheides durch die Behörde zur Folge hat, womit über die Steuerpflicht abgesprochen wird. Bescheide, die auf Grund einer Erklärung ergehen, und Bescheide, die auf Grund einer Anzeige ergehen, haben eine völlig idente rechtliche Qualifikation und Wirkung. Sie haben keinesfalls unterschiedliche Rechtswirkungen wie z.B. in zivilgerichtlichen Verfahren Urteile und Beschlüsse.

Eine unterschiedliche Behandlung von Steuerbescheiden, die auf Grund von Erklärungen, und solchen, die auf Grund von Anzeigen ergehen, verletzt das in der Verfassung festgelegte Gleichheitsgebot. Insoweit ist auch der Erlass AÖF 1990/100 verfassungswidrig.

Unabhängig davon hätte die Behörde das AbgÄG 2005, BGBI I 2005/161 berücksichtigen müssen, welches den § 201 BAO insofern abgeändert hat, als bei Selbstberechnungsabgaben der § 293 b BAO sinngemäß anzuwenden ist ( § 201 Abs 2 Z 5 BAO ). Die Darlehensgebühr nach § 33 TP 8 Abs 4 GebG ist eine Selbstberechnungsabgabe und § 293 b BAO ist sinngemäß anzuwenden, auch wenn diese nicht aufgrund Abgabenerklärung sondern aufgrund einer Gebührenanzeige anfällt. Die sinngemäße Anwendung des § 293b BAO wird selbst von RITZ, Festsetzung von Selbstberechnungsabgaben, SWK 3/2006, S 83, für die Gebühr von Darlehensverträgen zugestanden.

Die Verfassungswidrigkeit des Erlasses AÖF 1990/100 betrifft nicht nur diesen selbst sondern auch § 293b BAO . Diese Gesetzesstelle ist unbestimmt, unsachlich und verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz. Im Einzelnen wurde dies bereits von GAIER, Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 293b BAO , SWK 1991, A V 17 dargelegt. In Ergänzung der Ausführungen von GAIER wird darauf hingewiesen, dass die Bezugnahme auf Abgabenerklärungen unter Ausschluss der Anzeigen willkürlich, unsachlich, unbestimmt und gleichheitswidrig ist. Bei einer verfassungskonformen Anwendung des § 293b BAO hätte die Behörde dem Antrag auf Rückerstattung stattgeben müssen.

Auch das Argument der Behörde, dass Unrichtigkeiten aus der Abgabenerklärung übernommen worden sein müssen, was vorliegend nicht der Fall sei, ist unzutreffend. Die Unrichtigkeit ergibt sich gerade daraus, dass die Ausfertigung nicht als eine weitere Ausfertigung eines bereits vergebührten Rechtsgeschäftes erkannt wurde. Bei entsprechender Aufmerksamkeit hätte dies der Behörde bei verfassungskonformer Interpretation und Anwendung des § 25 GebG . erkennen müssen. Da die Behördenpraxis den § 25 GebG . nicht verfassungsgemäß angewandt hat, musste er vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden ( G158/08 -9). Die Verfassungswidrigkeit des § 25 GebG . und dessen Anwendung ohne verfassungskonforme Reduktion seines Wortlauts ist somit für die österreichische Rechtsordnung verbindlich festgestellt.

Weiters muss darauf hingewiesen werden, dass die sachlich nicht gerechtfertigte doppelte Vergebührung ein und desselben Darlehens, das eine österreichische Gesellschaft an eine in einem anderen EU-Mitgliedsland ansässigen Gesellschaft, im vorliegenden Fall Spanien, gewährt, die Freiheit des Kapitalverkehrs innerhalb der Europäischen Gemeinschaft beeinträchtigt und somit in Widerspruch zum EU-Recht steht.

Abschließend wird ergänzend bemerkt, dass offensichtliche Unrichtigkeiten auch dann gegeben sein können, wenn Abgabenerklärungen sowie Beilagen mit früheren Angaben, die aktenkundig sind, unvereinbar sind (STOLL, Bundesabgabenordnung, Kommentar, S. 2833). Der Behörde war bekannt, dass das Rechtsgeschäft bereits ordnungsgemäß vergebührt ist."

Über die Berufung wurde erwogen:

Gegenstand dieses Verfahrens ist die Abweisung des Antrages nach § 293b BAO vom mit dem Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom .

Festgehalten wird, dass die beiden Gebührenbescheide auf Grund der Anzeige vom ergangen sind. Eine weitere Gebührenanzeige erfolgte nicht und im Akt des Finanzamtes befinden sich auch keine Unterlagen, welche bereits vor der Anzeige übermittelt worden wären. Frühere aktenkundige Angaben existieren im gegenständlichen Fall nicht.

Gemäß § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

§ 293b BAO setzt voraus, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zugrunde liegt. Dies wird dann zu bejahen sein, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit kann sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen ().

Der Charakter von Anbringen als Abgabenerklärungen leitet sich teils aus der Bezeichnung in den entsprechenden gesetzlichen Anordnungen, teils aus dem Inhalt und der Bedeutung der Anbringen ab. Aus der Bezeichnung ergibt sich die Abgabenerklärungsqualität vor allem für jene Anbringen, die im Gesetz ausdrücklich als Abgabenerklärungen bezeichnet sind. Weiter gilt dies für jene Anbringen, für die im Gesetz angeordnet ist, dass sie als Abgabenerklärungen gelten. Aus der Bezeichnung ist der Abgabenerklärungscharakter in jenen Fällen ableitbar, in denen ein Anbringen im Gesetz als Steuererklärung bezeichnet wird und wenn im Gesetz angeordnet ist, dass die Anbringen als Steuererklärungen gelten (vgl. Ritz BAO4, § 133 Tz 2 und 3).

Mit dem § 31 GebG wird die Anzeigepflicht bestimmt. Dieser Paragraf verwendet aber nicht die Begriffe Abgabenerklärung oder Steuererklärung. Die Anzeigeverpflichtung tritt grundsätzlich bei Rechtsgeschäften ein, für die eine Hundertsatzgebühr mit Bescheid festzusetzen ist. Die Anzeigefrist läuft bis zum 15. Tag des dem Entstehen der Gebührenschuld folgenden Monats. Nach § 110 Abs. 1 BAO können gesetzlich festgesetzte Fristen (um eine solche gesetzlich festgesetzte Frist handelt es sich bei der Anzeigefrist des § 31 GebG) nicht geändert werden (anderes ist nicht bestimmt).

Der Begriff Abgabenerklärung wurde nur kurz mit dem Abgabenänderungsgesetz 1996 in den § 31 GebG genommen. Der mit diesem Abgabenänderungsgesetz 1996 in das Gebührengesetz aufgenommene Absatz 3 des § 31 lautete:

"(3) Sind Gebühren ohne amtliche Bemessung unmittelbar zu entrichten, so sind diese am 20. des dem Entstehen der Gebührenschuld folgenden Kalendermonats fällig. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der gemäß § 28 Abs. 3 zur unmittelbaren Gebührenentrichtung Verpflichtete über die abzuführenden Beträge an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern eine Abrechnung vorzulegen. Dieser Abrechnung sind Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Wetteinsätze, Spieleinsätze oder Gewinste der Glücksspiele während des Abrechnungszeitraumes gewährleisten. Die Abrechnung gilt als Abgabenerklärung."

Nach diesem Absatz galt die Abrechnung als Abgabenerklärung. In Arnold, Rechtsgebühren5, § 31 Tz 24, wird dazu festgehalten, dass sich in den Materialien kein einziges Wort der Begründung für diese - im Hinblick auf die Abgrenzung des § 9 GebG vom § 135 BAO äußerst bedeutsame - Anordnung findet. (Nicht auszuschließen ist, dass anlässlich der Übernahme der Textierung aus § 17 Abs. 5 GSpG bloß irrtümlich das Wort "Abgabenerklärung" mit übernommen wurde und dass die dadurch zur "Gebührenanzeige" geschaffenen Unterschiede letztlich unbeabsichtigte sind).

Mit dem Abgabenänderungsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 28/1999 wurde der letzte Satz des Absatzes 3 des § 31 GebG berichtigt auf "Die Abrechnung gilt als Gebührenanzeige". Die Materialien sprechen schlicht und einfach von einem Redaktionsversehen und ersetzen das Wort "Abgabenerklärung" durch das Wort "Gebührenanzeige". Damit ist der Gleichklang mit den sonstigen einschlägigen Bestimmungen im GebG sichergestellt (vgl. Arnold, Sonstige Änderungen des GebG durch das AbgÄG Teil III, ÖStZ 1999, 362). Arnold dürfte mit seiner Vermutung, dass anlässlich der Übernahme der Textierung aus § 17 Abs. 5 GSpG irrtümlich das Wort "Abgabenerklärung" mitübernommen wurde und dass die dadurch zur "Gebührenanzeige" geschaffenen Unterschiede letztlich unbeabsichtigte sind, richtig gelegen sein. Dass der Gesetzgeber nicht die Absicht hatte, die Gebührenanzeige mit einer Abgabenerklärung gleichzustellen, wird dadurch bestätigt, dass bereits mit dem Abgabenänderungsgesetz 1998 das Wort "Abgabenerklärung" durch das Wort "Gebührenanzeige" im Absatz 3 des § 31 GebG ersetzt wurde.

Dafür, dass Anzeigen gemäß § 31 GebG keine Abgabenerklärungen sind, spricht auch, dass die Abgabenbehörde nach § 134 Abs. 2 BAO im Einzelfall auf begründeten Antrag die in Abgabevorschriften bestimmte Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung verlängern kann. Die Anzeigefrist nach § 31 GebG ist jedoch nicht verlängerbar.

Bei Verletzung der Anzeige-, Anmelde-, Melde- oder Mitteilungspflichten sind Sanktionen, auch solche finanzstrafrechtlicher Art, nicht ausgeschlossen (Verletzung der Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, unmaßgebend der Bezeichnung des Mitteilungsschrittes, vgl. § 119 BAO). Nach § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 % der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist. Die Verletzung der Gebührenanzeigepflicht (§ 9 Abs. 2 beziehungsweise § 31 GebG) bedeutet nicht eine Verletzung einer Abgabenerklärungspflicht. Bei Unterlassen einer Gebührenanzeige kommt ausschließlich die Festsetzung einer Gebührenerhöhung nach § 9 GebG in Betracht, keinesfalls die Festsetzung eines Verspätungszuschlages nach § 135 BAO (vgl. Stoll, BAO, Band 2, Seite 1501). Auch hier ist ersichtlich, dass die im § 9 GebG für den Fall einer Verletzung der Anzeigepflicht verfügte Gebührenerhöhung von den allgemeinen Regelungen der BAO abweicht. Damit wird nur bestätigt, dass es sich bei der Anzeigeverpflichtung des § 31 GebG nicht um eine Abgabenerklärung handeln kann.

Dass Bescheide, die aufgrund einer Abgabenerklärung ergehen und Bescheide, die auf Grund einer Anzeige ergehen, eine völlig idente rechtliche Qualifikation und Wirkung haben, ändert nichts daran, dass es sich bei der Gebührenanzeige gemäß § 31 GebG nicht um eine Abgabenerklärung handelt.

Keine Abgabenerklärungen sind Anzeigen gemäß § 31 Abs. 1 GebG (Ritz, BAO4, § 133 Tz 5 mit Verweis auf Arnold, in Stoll-FS, 273; Stoll, BAO, 1501; Arnold, Rechtsgebühren8, § 31 Tz 13b; Gaier, GebG5, § 31 Rz 5; auch Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO³ § 133 Anm 7). Nach § 293b BAO kann die Abgabenbehörde einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht. Eine Anzeige nach § 31 GebG stellt dabei keine Abgabenerklärung iSd § 293b BAO dar (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, § 31 Rz 13 mit Verweis auf 05 2601/5/IV/5/89, AÖFV 1990/100). Auch nach Gaier handelt es sich bei der Anzeigeverpflichtung gemäß § 31 GebG nicht um eine Steuererklärungsverpflichtung iSd § 133 BAO (Gaier, GebG5, § 31 Rz 5).

§ 293b BAO setzt voraus, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt. Da, wie oben ausgeführt, die Gebührenanzeige nach § 31 Abs. 1 GebG keine Abgabenerklärung ist, liegen schon hier die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Bescheides nach § 239b BAO nicht vor.

Um von einer offensichtlichen Unrichtigkeit sprechen zu können, muss die Unrichtigkeit für die Abgabenbehörde ohne weiteres Ermittlungsverfahren erkennbar sein. Eine Unrichtigkeit ist offenkundig, wenn sie ohne nähere Untersuchung im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist, wenn also die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit sogleich hätte erkennen müssen. Bloße Zweifel an der Richtigkeit stellen noch keine offenkundige Unrichtigkeit dar.

Im gegenständlichen Fall liegt jedoch auch nicht die Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit vor. Dass die Gebührenanzeige verspätet erfolgte, wird im Begleitschreiben bestätigt. Der Darlehensvertrag vom wurde erst am zur Anzeige gebracht. Dass der Vertrag in zwei Ausfertigungen errichtet wurde, ergibt sich aus dem Vertrag. Ein Fall des § 33 TP 8 Abs. 4 GebG liegt den Gebührenbescheiden nicht zugrunde. Bei ordnungsgemäßer Prüfung der Gebührenanzeige ergibt sich keinerlei offensichtliche Unrichtigkeit. Eine Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit, welche bei ordnungsgemäßer Prüfung der Gebührenanzeige durch die Abgabenbehörde ersichtlich gewesen wäre, liegt im gegenständlichen Fall auch nicht vor. Es handelt sich bei der Gebührenanzeige um die einzige Anzeige des Darlehensvertrages. Ein weiteres Mal wurde der Darlehensvertrag beim Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien nicht angezeigt.

Die Abgabenbehörde ist zum Vollzug von ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen verpflichtet. Die bloße Möglichkeit der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes ändert daran nichts. Selbst wenn sich die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ein Gesetz als zutreffend erweisen, scheidet das Gesetz erst nach seiner Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof (gegebenenfalls unter Setzung einer Frist nach Art 140 Abs. 7 B-VG) aus dem Rechtsbestand aus. Da die Abgabenbehörde das ordnungsgemäß kundgemachte Gesetz bis zu seiner Aufhebung ungeachtet der Möglichkeit seiner Verfassungswidrigkeit anzuwenden hat, bildet dieses auch den Rahmen für die Beurteilung der zur Bescheidberichtigung nach § 293b BAO berechtigenden offensichtlichen Unrichtigkeit einer Rechtsauffassung ().

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage wurde die Berufungswerberin durch die Abweisung ihres Antrages auf Bescheidberichtigung nach § 293b BAO nicht in ihren im Berufungsverfahren geltend gemachten Rechten verletzt. Im Rahmen des § 293b BAO kommt es nicht auf die Einschätzung der Erfolgsaussichten einer Berufung unter Einbeziehung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof an, sondern auf die Beurteilung des von der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides zu vollziehenden Rechts.

Die Voraussetzungen für eine Berichtigung gemäß § 293b BAO liegen daher nicht vor.

Wenn im Vorlageantrag auf Ritz, Festsetzung von Selbstberechnungsabgaben, SWK 3/2006, S 83 verwiesen wird, wonach Ritz die sinngemäße Anwendung des § 293b BAO für die Gebühr von Darlehensverträgen zugestehen würde, ist dem zu entgegnen, dass es in diesem Artikel lautet:

.....

"Abgabenerklärungen sind für Selbstberechnungsabgaben beispielsweise vorgesehen in § 13 Abs 1 GrEStG 1987 , § 23a Abs 2 ErbStG, § 10a Abs 2 KVStG, § 8 Abs 3 VersStG, § 6 Abs 2 FeuerschutzStG, § 6 Abs 4 KfzStG 1992, § 11 Abs 2 NoVAG, § 15 Abs 3 LuftfahrtsicherheitsG.

Gebührenanzeigen ( § 31 GebG ) sind keine Abgabenerklärungen. Daher ist hiefür § 293b BAO unanwendbar.

Dies gilt für die sinngemäße Anwendung des § 293b BAO auf Selbstberechnungsabgaben weiters in jenen Fällen, in denen eine Anmeldung oder ein anderes Anbringen als Gebührenanzeige gemäß § 31 GebG gilt, somit nach § 3 Abs 4 GebG , § 3 Abs 4a GebG , § 33 TP 5 Abs.Z 3 GebG, § 33 TP 8 Abs 4 letzter Satz GebG , § 33 TP 22 Abs 5 GebG .

....."

Das Gegenteil ist der Fall. Hier wird nämlich festgehalten, dass § 293b BAO auf Selbstberechnungsabgaben, in denen eine Anmeldung oder ein anderes Anbringen als Gebührenanzeige gemäß § 31 GebG gilt, unanwendbar ist. So ist § 293b BAO nicht auf die nach § 33 TP 8 Abs. 4 letzter Satz GebG als Gebührenanzeige gemäß § 31 GebG geltenden Übersendungen anwendbar. Auch in seinem Kommentar wird festgestellt, dass die sinngemäße Anwendung des § 293b BAO u.a. voraussetzt, dass die offensichtliche Unrichtigkeit aus einer Abgabenerklärung übernommen wurde (vgl. Ritz, BAO4, § 201 Tz 39a).

Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken ist zu bemerken, dass der Unabhängige Finanzsenat als Abgabenbehörde nicht über die Verfassungsmäßigkeit gehörig kundgemachter und in Geltung stehender Gesetzesbestimmungen abzusprechen hat. Gemäß Artikel 18 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Der Unabhängige Finanzsenat ist als Verwaltungsbehörde bei der Vollziehung an die geltenden Gesetze gebunden. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes liegt in der ausschließlichen Kompetenz des Verfassungsgerichtshofes. Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer gesetzlichen Bestimmung steht nicht dem Unabhängigen Finanzsenat zu, sondern ist dem Verfassungsgerichtshof im Rahmen eines "Gesetzesprüfungsverfahrens" vorbehalten. Dem Unabhängigen Finanzsenat steht keine gesetzliche Handhabe zur Verfügung, beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag nach Artikel 140 Abs. 1 B-VG zu stellen.

Beim Verwaltungsgerichtshof sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung des § 293b BAO auch unter Berücksichtigung der Abhandlung von Gaier, in SWK 1991, AV S 28 ff, nicht aufgekommen (vgl. ).

Eine Überprüfung, ob die doppelte Vergebührung durch die österreichischen Behörden der Freiheit des Kapitalverkehrs in der Europäischen Gemeinschaft widerspricht, insbesondere die Belastung eines Darlehens einer österreichischen Gesellschaft an eine spanische Gesellschaft mit insgesamt 1,6 % und nicht nur mit 0,8 % der Darlehenssumme, kann unterbleiben, da die Gebührenvorschreibung selbst nicht Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens ist.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 31 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 133 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at