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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSW vom 08.05.2012, FSRV/0011-W/12

Keine Berufungslegitimation, wenn die Berufung nicht in der mündlichen Verhandlung angemeldet wird

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
FSRV/0011-W/12-RS3
Gemäß § 150 Abs. 4 FinStrG besteht das zwingende Erfordernis, im Fall einer mündlichen Verkündung des Erkenntnisses eine Berufung sofort oder binnen einer Frist von einer Woche (schriftlich oder mündlich zu Protokoll) anzumelden. Im Fall der Nichtanmeldung innerhalb der Wochenfrist bzw. verspäteten Anmeldung geht die Berufungslegitimation für die bei der mündlichen Verkündung anwesenden Personen verloren.
Folgerechtssätze
FSRV/0011-W/12-RS1
wie FSRV/0062-W/11-RS2
Unrichtige Rechtsmittelbelehrungen lassen gemäß § 140 Abs. 2 bis 4 FinStrG wohl dadurch bedingte Fristenversäumnisse und Mängel oder Verletzungen der Einbringungszuständigkeit nicht wirksam werden, bewirken aber nicht, dass durch Belehrungsfehler ein Rechtsmittel, das nach dem Gesetz nicht zulässig ist, als eingeräumt gelten könnte.
FSRV/0011-W/12-RS2
wie FSRV/0074-I/2002-RS2
Eine Rechtsmittelbelehrung ist entsprechend ihrer Bezeichnung nur eine Belehrung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Rechtsmittels aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen und kann daher niemals kraft eigenen Rechtes ein Rechtsmittel gewähren oder versagen ().

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates Wien 2, HR Mag. Gerhard Groschedl, in der Finanzstrafsache gegen Mag. Dr. O., Wien, wegen des Finanzvergehens der versuchten Abgabenhinterziehung gemäß §§ 13, 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , Strafnummer 001, über die Zurückweisung der Berufung vom

zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Wien 8/16/17 als Finanzstrafbehörde erster Instanz die Berufung des Mag. Dr. O. (in weiterer Folge kurz: Bf.) vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vom als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 150 Abs. 4 FinStrG, wenn ein Erkenntnis mündlich verkündet werde, die Erhebung einer Berufung dagegen innerhalb einer Woche anzumelden sei.

Gegenständlich sei die Verkündung des Erkenntnisses durch den Vorsitzenden des Spruchsenates unmittelbar im Anschluss an die mündliche Verhandlung am erfolgt. Die Anmeldefrist habe somit mit Ablauf des geendet. Da bis zu diesem Zeitpunkt jedoch eine Rechtsmittelanmeldung nicht aktenkundig sei, sei die Berufung zwingend gemäß §150 Abs. 4, letzter Satz FinStrG zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Bf. vom , in welcher mitgeteilt wurde, dass im Straferkenntnis vom in der Rechtsmittelbelehrung eine Berufungsfrist von einem Monat eingeräumt worden sei.

Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, der wohl auch für die Finanzadministration gelte, habe er sich daran gehalten. Der Fehler liege folglich nicht bei ihm. Daher ersuche er höflichst um Änderung: Aufhebung des o.a. Bescheides zur Ablehnung der Berufung und Verminderung der Strafe auf € 12.000,00.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 150 Abs. 2 FinStrG beträgt die Rechtsmittelfrist einen Monat. Sie beginnt mit der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses oder sonstigen Bescheides, bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mit deren Kenntnis, sofern der Beschwerdeführer aber durch den Verwaltungsakt behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung.

§ 150 Abs. 4 FinStrG : Wurde ein Erkenntnis mündlich verkündet, so ist die Erhebung eines Rechtsmittels der Berufung innerhalb einer Woche bei der Behörde, die das anzufechtende Erkenntnis erlassen hat, schriftlich oder mündlich zu Protokoll anzumelden. Eine angemeldete Berufung ist innerhalb der Rechtsmittelfrist gemäß Abs. 1 einzubringen. Eine nicht oder verspätet angemeldete Berufung ist zurückzuweisen, es sei denn, sie wurde von einer gemäß § 151 Abs. 1 berechtigten Person eingebracht, die bei der mündlichen Verkündung weder anwesend noch vertreten war.

Im vorliegenden Beschwerdefall ist zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vom festzuhalten, dass in der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Spruchsenat am ausdrücklich festgehalten wurde, dass dem Bf. eine Rechtsmittelbelehrung erteilt wurde. Darüber hinaus hat laut dieser Niederschrift der Amtsbeauftragte einen Rechtsmittelverzicht abgegeben. Der Bf. hat damals keine Erklärung abgegeben. Somit wäre dem Bf. noch die Möglichkeit offen gestanden, bis eine Woche nach Verkündung des Erkenntnisses vom eine Berufung anzumelden.

Mit der Finanzstrafgesetznovelle 2010 wurde im § 150 FinStrG der oben dargestellte Absatz 4 eingefügt, wonach nunmehr das zwingende Erfordernis besteht, im Fall einer mündlichen Verkündung des Erkenntnisses eine Berufung sofort oder binnen einer Frist von einer Woche (schriftlich oder mündlich zu Protokoll) anzumelden.

Im Fall der Nichtanmeldung innerhalb der Wochenfrist bzw. verspäteten Anmeldung geht die Berufungslegitimation für die bei der mündlichen Verkündung des Erkenntnisses anwesenden Personen verloren. Demnach wäre dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat anwesend gewesenen Bf. noch die Möglichkeit offen gestanden, bis eine Woche nach Verkündung des Erkenntnisses, somit bis eine Berufung anzumelden.

Enthält ein Bescheid zu Unrecht eine positive Rechtsmittelbelehrung, so wird hiedurch keine (im Gesetz nicht vorgesehene) Berechtigung zur Erhebung eines Rechtsmittels geschaffen (vgl. - ÖStZB 1981, 58; Tannert in Tannert, Finanzstrafrecht § 140 FinStrG [E 2]). Unrichtige Rechtsmittelbelehrungen lassen gemäß § 140 Abs. 2 bis 4 FinStrG daher wohl dadurch bedingte Fristversäumnisse und Mängel oder Verletzungen der Einbringungszuständigkeit nicht wirksam werden, bewirken aber nicht, dass durch Belehrungsfehler ein Rechtsmittel, das nach dem Gesetz nicht zulässig ist, als eingeräumt gelten könnte.

Eine Rechtsmittelbelehrung ist entsprechend ihrer Bezeichnung nur eine Belehrung über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Rechtsmittels aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen und kann daher niemals kraft eigenen Rechts ein Rechtsmittel gewähren oder versagen (; -I/2002).

Zwar ist dem angefochtenen Erkenntnis irrtümlicher Weise eine unrichtige positive Rechtsmittelbelehrung zu entnehmen, doch auch die Berufung auf Treu und Glauben kann keine Rechtsmittelbefugnis einräumen, wo die Verfahrensbestimmungen ein Rechtsmittel nicht für zulässig erklären.

Für den zu beurteilenden Fall bedeutet dies, dass die in der Rechtsmittelbelehrung eingeräumte Berufungsfrist von einem Monat für die Personen beachtlich ist, die eine Berufung angemeldet haben oder noch innerhalb der Wochenfrist ab Verkündung eine Berufung anmelden hätten können und die schriftliche Ausfertigung der Berufung binnen dieser Frist einzubringen haben. Wer jedoch schon davor von seinem Recht auf (fristgerechte) Anmeldung einer Berufung keinen Gebrauch gemacht hat, kommt verfahrensrechtlich nicht mehr in die Situation, nachträglich "nur" eine schriftliche Berufung einzubringen, da die Legitimation zur Einbringung der Berufung (allenfalls auch innerhalb der Frist von einem Monat) mit der Nichtanmeldung bereits verloren gegangen ist.

Da somit die Berufung vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates vom nicht innerhalb der im § 150 Abs. 4 FinStrG normierten Frist von einer Woche nach Verkündung angemeldet wurde, war die Berufung gesetzeskonform gemäß § 156 Abs. 4 FinStrG als nicht fristgerecht zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Berufungsanmeldung
falsche Rechtsmittelbelehrung
Zurückweisung
Verweise

Anmerkung
Hier: unrichtige Rechtsmittelbelehrung im Erkenntnis des Spruchsenates

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at