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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSI vom 25.09.2008, FSRV/0019-I/08

Bescheidadressat, Adressat, Beschlagnahme, Bescheid, Inhaber, Eigentümer

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 3, Mag. Peter Maurer, in der Finanzstrafsache gegen Bf., nunmehr vertreten durch Dipl.Dolm. Dr. Fritz Kleiner, Wirtschaftsprüfer, Kleiner + Kleiner GmbH, Burgring 22, 8010 Graz, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Zollamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , Zahl: X, betreffend Beschlagnahmeanordnung

zu Recht erkannt:

1. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG aufgehoben.

2. Der Beschwerdeführer wird mit seinem Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, auf diese Entscheidung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom , Zahl: X, hat das Zollamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG angeordnet, eine Herrenarmbanduhr der Marke "Panerai, Aufschrift auf der Uhr: Radomir Panerai Alarm, Aufschrift auf der Uhrenbox: Radomie 42 GMT Alarm" sowie eine Uhrenbox Farbe braun samt Umschließung zu beschlagnahmen, weil diese Gegenstände als Tatgegenstände eines Schmuggels in Betracht kommen würden und gemäß §§ 35 Abs. 4 iVm 17 FinStrG verfallsbedroht seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte (als "Einspruch" bezeichnete) Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen wie folgt vorgebracht wurde:

Der Beschwerdeführer habe die beschlagnahmte Uhr bereits am anlässlich einer Geschäftsreise in Livigno im Ladenlokal von XY gekauft. Am Abend des habe er Livigno in Richtung Mailand verlassen mit dem Ziel, zurück nach Polen zu kommen. Mit dem Verkäufer der Uhr sei vereinbart worden, dass noch ein kostenloser Wechsel des Armbandes vorgenommen werden sollte, da zum Zeitpunkt des Kaufs dieses Armband nicht vorrätig gewesen sei. Zu diesem Zweck sei besprochen worden, dass die Uhr in der Originalverpackung Mitte März zu liefern wäre und dann vor Ort in Livigno das Armband umgetauscht werden würde. Da der Beschwerdeführer zeitlich verhindert gewesen sei, habe er Z mit dem Wechsel des Armbandes beauftragt, dieser habe am das Band im Geschäft von XY wechseln lassen (siehe Anlage). Auf der Rückreise nach Polen sei bei Z beim Grenzübertritt von Livigno nach Österreich die Uhr von den österreichischen Zollbehörden beschlagnahmt worden. Die Verkäuferin habe weder zum Beschwerdeführer noch zu Z zu keinem Zeitpunkt Angaben über die Notwendigkeit einer Verzollung oder Einhaltung bestimmter (Zoll-)Vorschriften gemacht, obschon sie gewusst habe, dass der Beschwerdeführer Pole mit Wohnsitz in Polen sei. Auch habe er aufgrund des von ihm entrichteten Kaufpreises davon ausgehen müssen, dass die Steuern ordnungsgemäß im Preis enthalten gewesen seien, dies auch in Anbetracht von ihm im Vorfeld durchgeführter Preisvergleiche bei diversen europäischen Händlern. Der besondere Status von Livigno beim Kauf und der Ausfuhr von Waren (Gültigkeit besonderer Einfuhrregelungen) sei dem Beschwerdeführer aufgrund der Kenntnis der Zugehörigkeit von Livigno zur Europäischen Union im Bereich Zoll oder Mehrwertsteuer zu keinem Zeitpunkt bekannt gewesen. Ein Vorsatz zu einem Schmuggel oder der Hinterziehung von Steuern sei zu keinem Zeitpunkt gewollt gewesen.

Der Beschwerdeschrift beigelegt war ein Schreiben von Y vom , worin sie erklärte, sie habe die Armbanduhr Panerai PAM 00098 dem Beschwerdeführer verkauft. Die Abnahme der Uhr sei persönlich erfolgt. Die Uhr habe ein schwarzes Band anstatt eines braunen Bandes gehabt, das sich der Beschwerdeführer gewünscht habe. Sie sei damit einverstanden gewesen, das Band auszutauschen, habe aber zu diesem Zweck das braune bestellen müssen. Der Beschwerdeführer habe gesagt, dass er die Uhr samt der originellen Verpackung zwecks Umtausches liefern würde, sobald das Band in ihrem Geschäft ankomme. Am habe Herr Z die genannte Uhr geliefert, an der sie das schwarze Band gegen das braune ausgetauscht habe, dann habe Herr Z die Uhr entgegengenommen. Der Beschwerdeführer habe sie nicht richtig verstehen können, indem sie ihm den Umstand erklärt habe, dass man bei der Einfahrt in die EU die Mehrwertsteuer entrichten solle, obwohl Livigno eine zollfreie Handelszone sei, in der man keine Mehrwertsteuer bezahle. Wegen der sprachlichen Barriere sei es schwierig gefallen, alle Einzelheiten zum Preis und zur Steuer zu erklären. Ihre Bedienung spreche kein Englisch und der Beschwerdeführer spreche kein Italienisch.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde zweiter Instanz, sofern das Rechtsmittel nicht gemäß § 156 zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung der Rechtsmittelentscheidung ihre Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde erster Instanz zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder das Rechtsmittel als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 89 Abs. 1, 1. Satz FinStrG hat die Finanzstrafbehörde mit Bescheid die Beschlagnahme von verfallsbedrohten Gegenständen und von Gegenständen, die als Beweismittel in Betracht kommen, anzuordnen, wenn dies zur Sicherung des Verfalls oder zur Beweissicherung geboten ist.

Gemäß § 35 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich des Schmuggels schuldig, wer eingangsabgabepflichtige Waren vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet oder aus einer Freizone oder einem Freilager in einen anderen Teil des Zollgebietes verbringt oder der zollamtlichen Überwachung entzieht.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 achter Anstrich Zollkodex (ZK) gehört zum Zollgebiet der Gemeinschaft das Gebiet der Italienischen Republik mit Ausnahme der Gemeinden Livigno und Campione d'Italia sowie des zum italienischen Gebiet gehörenden Teils des Luganer Sees zwischen dem Ufer und der politischen Grenze der zwischen Ponte Tresa und Porto Ceresio gelegenen Zone.

Wie sich aus dem Strafakt des Zollamtes Innsbruck als Finanzstrafbehörde I. Instanz ergibt, hat der Beschwerdeführer am bei XY in Livigno eine Armbanduhr der Marke Panerai PAM 00098 zum Preis von € 5.500,00 gekauft. Offenkundig noch im Februar 2008 wurde diese Uhr über ein bis dato nicht bekanntes Zollamt in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht, ohne sie einem Zollverfahren zuzuführen. In der Folge wurde diese Uhr zwecks Austauschs des Uhrbandes wieder zur XY nach Livigno verbracht. Nach dem Austausch des Uhrbandes wurde die Uhr am von Z über die Zollstelle Pfunds in das Zollgebiet der Europäischen Union verbracht. Bei der Einreise wurde Z von einem Zollorgan befragt, ob er aus Livigno Waren mitbringen würde, die er bei der Ausreise noch nicht dabeigehabt hätte. Z gab an, er habe Alkohol, Bekleidung und Souvenirs dabei. Bei der anschließenden Kontrolle des Reisegepäcks wurde die gegenständliche Uhr samt Uhrenbox vorgefunden. Z erklärte, dass die Uhr nicht ihm, sondern einem Freund gehöre und er sie nur von Livigno nach Polen bringe. Im Zuge der Vernehmung des Z stellte sich heraus, dass der Beschwerdeführer der Eigentümer der gegenständlichen Uhr ist. Ebenfalls am hat das Zollamt Innsbruck als Finanzstrafbehörde erster Instanz die hier angefochtene Beschlagnahmeanordnung gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG, Zahl: X, erlassen.

Diese Beschlagnahmeanordnung wurde wie folgt adressiert:

"Beschwerdeführer zu Handen Z."

Die Beschlagnahmeanordnung war somit zweifelsfrei an den Beschwerdeführer gerichtet. Ob der Beschwerdeführer Herrn Z eine Zustellvollmacht erteilt hat, ist aus dem Strafakt nicht ersichtlich.

Gemäß § 89 Abs. 1, 2. Satz FinStrG ist der Bescheid (die Beschlagnahmeanordnung) dem anwesenden Inhaber des in Beschlag zu nehmenden Gegenstandes bei der Beschlagnahme zuzustellen; ist der Inhaber nicht anwesend, so ist der Bescheid nach § 23 des Zustellgesetzes zu hinterlegen.

Die Gesetzesvorschrift des § 89 Abs. 1 FinStrG verfolgt den Zweck, die Berechtigung der Finanzstrafbehörde zum vorläufigen Zugriff auf entweder verfallsbedrohte oder als Beweismittel in Betracht kommende Gegenstände deren Inhabern gegenüber auf eine rechtsstaatlich einwandfreie Weise zu regeln, wozu es auch gehört, dem von einem solchen Zugriff betroffenen Inhaber beschlagnahmter Gegenstände gegen den Beschlagnahmebescheid den Rechtszug zu eröffnen (). Der Bescheid muss somit auf den Inhaber des zu beschlagnahmenden Gegenstandes ausgestellt sein. Die Eigentumsverhältnisse sind dabei unmaßgeblich und von der Finanzstrafbehörde nicht zu prüfen (vgl. Reger/Hacker/Kneidinger, Das Finanzstrafgesetz mit Kommentar und Rechtsprechung, Bd. 2, Rz: 6 zu § 89).

Die gegenständliche Uhr wurde am in Anwesenheit von Z beschlagnahmt. Dieser führte die Uhr mit sich und war als deren Inhaber anzusehen. Da der angefochtene Bescheid entgegen der Bestimmung des § 89 Abs. 1 FinStrG an eine vom Inhaber verschiedene Person - nämlich den Beschwerdeführer - ergangen ist, war er gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG aufzuheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Bescheidadressat bei Beschlagnahme

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at