Abzug von Verlassenschaftspassiven (teilw. Stattgabe).
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/3540-W/07-RS1 | Schulden, die bis zum Tode der Erblasserin entstanden sind, sind als Nachlasspassivum abzugsfähig auch wenn sie erst später beglichen werden, sofern sie mit angefallenen Vermögenswerten in Zusammenhang stehen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des P, vertreten durch C, gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom , Steuernummer, betreffend Erbschaftssteuer entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 289 Abs. 2 BAO abgeändert wie folgt:
Die Erbschaftssteuer wird mit 35.910,22 € festgesetzt.
Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Am xxxx ist Frau G verstorben. Der Nachlass wurde mit Einantwortungsbeschluss vom xxx dem unbedingt erbantrittserklärten Erben, Herrn P., zur Gänze eingeantwortet.
Für diesen Vorgang wurde mit dem berufungsgegenständlichen Bescheid vom die Erbschaftssteuer in Höhe von € 40.697,32 festgesetzt.
Fristgerecht wurde Berufung eingebracht. Der Berufungswerber (Bw) beantragte die Anerkennung weiterer Passiva im Erbschaftssteuerverfahren.
Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung teilweise statt. Berücksichtigung fanden alle vor dem Todestag entstandenen Kosten. Kosten, die den Zeitpunkt nach dem Todestag betrafen wurden laut Berufungsvorentscheidung nicht abgezogen.
Im Detail nicht berücksichtigt wurden:
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Miete xy Juni 07 |
€ 518,00 |
s. o. Juli 07 |
€ 518,00 |
Miete z |
€ 414,60 |
Vers. Rest XY |
€ 738,75 |
Haus V: Heizungssperre |
€ 398,40 |
Im dagegen eingebrachten Vorlageantrag wendet der Bw ein, der Zeitpunkt des Todestages sei für die Geltendmachung der Passiven nicht entscheidend. Falle in die Verlassenschaft ein Vermögensobjekt, das mit Liquidationslasten belastet sei, so seien dies zu berücksichtigende Passiven, da dem Erben ja kein Gegenwert im Rahmen des Erbes zukomme. Dies gelte für alle nicht berücksichtigten Beträge laut Berufung, insbesondere für die Passiven im Zusammenhang mit der Räumung des Geschäftslokales und der Wohnung, in welche Mietrechte der Erbe nicht eingetreten sei.
Auch für die Verlassenschaftsaufwendungen des Notars und des Testamentsvollstreckers gelte der Grundsatz diese Beträge als Passiven zu behandeln und es sei nicht einzusehen, wieso hier eine Differenzierung durchgeführt werde. Die Passiven laut Erbschaftssteuergesetz seien Aufwendungen jedweder Art, die für den schuldenfreien Besitz des Erbes durch den Erben aufzuwenden seien und dazu gehörten alle Beträge, für die der Erbe keine konkrete Gegenleistung habe.
Neu würden als Abzugspost die Ansprüche der Hausinhabung lt. Rechnung vom geltend gemacht. Auch hier handle es sich um Schadenersatz, dessen Ursache in der Person der Verstorbenen liege, nämlich Beschädigung der Wohnungseingangstüre und Verbringen von 3 Alttüren aus der Wohnung, all dies durch die verstorbene Hauptmieterin. Sohin würden unter diesem Titel 10.000,00 € geltend gemacht. Mit Schreiben vom übermittelte die rechtsfreundliche Vertretung des Bw den diesbezüglichen Schriftverkehr wonach der Schaden nunmehr mit 3.000,00 € beglichen worden sei; zusätzlich seien 1.500,00 € an Kosten für den gegnerischen Rechtsanwalt angefallen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mit Erkenntnis vom die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955 und somit den Grundtatbestand für Erwerbe von Todes wegen, also "die Erbschaftssteuer", als verfassungswidrig aufgehoben. Der VfGH hat allerdings in seinem Erkenntnis über die Aufhebung der Erbschaftssteuer entsprechend der Bestimmung des Art. 140 Abs. 5 B-VG für das Inkrafttreten seiner Aufhebung eine Frist bis gesetzt. Dies bedeutet gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG, dass von den zuständigen Verwaltungsbehörden die verfassungswidrige Bestimmung auf die zuvor verwirklichten Tatbestände, das heißt auf Fälle, bei denen der Todeszeitpunkt des Erblassers vor dem liegt (§12 Abs.1 ErbStG) - mit Ausnahme der im angeführten Erkenntnis genannten Anlassfälle und jener Rechtssachen, auf die der Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG die Anlassfallwirkung ausgedehnt hat, weiterhin anzuwenden ist. Somit ist das Erbschaftssteuergesetz auf vorliegenden Fall (Todeszeitpunkt ) noch anzuwenden.
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955 unterliegt der Erwerb von Todes wegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz.
Gemäß § 2 Abs. 1 ErbStG 1955 gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955 entsteht die Steuerschuld bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tode des Erblassers.
Gemäß § 18 ErbStG 1955 ist für die Wertermittlung, soweit im Gesetz nichts anderes bestimmt ist, grundsätzlich der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld (§ 12 ErbStG) maßgeblich. Die Folge dieser Bestimmung ist, dass eine nach dem Anfall eingetretene Änderung der Wertverhältnisse bei der Steuerberechnung unbeachtlich ist (vgl. ). Eine nach dem Entstehen der Steuerschuld eintretende Entwertung des Nachlassvermögens führt zu keiner Minderung der Steuer, wie auch eine nachträgliche Wertsteigerung nicht zu einer Erhöhung der Steuer führt (vgl. ). Im Bereich der Erbschaftssteuer gilt demnach das Stichtagsprinzip. Das Wesen einer Stichtagsbewertung besteht in der Feststellung der an diesem Tag selbst herrschenden Wertverhältnisse punkto Besitz und Schuldposten. Beim Erwerb von Todes wegen ist Stichtag grundsätzlich der Todestag des Erblassers. Er ist gleichzeitig der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld.
Gemäß § 20 Abs. 1 ErbStG 1955 gilt als Erwerb, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber. § 20 Abs. 4 ErbStG 1955 legt demonstrativ fest, was insbesondere vom Erwerb abzuziehen ist.
In seinem Erkenntnis vom , 95/16/0172, 0173 zu § 20 ErbStG () hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass sich im Zusammenhang aus § 20 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 4 bis § 20 Abs. 6 und § 20 Abs. 8 ErbStG 1955 ergibt, dass nach dem die Erbschaftssteuer beherrschenden Bereicherungsprinzip, nur der dem Erben verbleibende Reinerwerb der Steuer unterliegt. Schulden und Lasten, die den Erwerb schmälern, sind grundsätzlich in Abzug zu bringen.
In bürgerlich rechtlicher Sicht zählen zu den Nachlassverbindlichkeiten die Erblasserschulden, die Erbfallsschulden und die Erbgangsschulden.
Unter Erblasserschulden sind danach die vererblichen Verbindlichkeiten des Erblassers zu verstehen, die bis zu seinem Tod entstanden sind, auch wenn sie erst später fällig werden. Die Erbfallschulden sind Verbindlichkeiten erb- und familienrechtlicher Natur, die ihrem Wesen nach erst durch den Erbfall ausgelöst werden, wie z.B. Pflichtteilsansprüche und Legate.
Erbgangsschulden sind die Verbindlichkeiten, die durch die gerichtliche Abhandlungspflege entstehen.
Eine Last (Schuld) gilt allerdings nur dann als abzugsfähig, wenn diese bereits zu Lebzeiten des Erblassers bestanden hat. Schulden und Lasten werden somit nur dann als vom Nachlass abzugsfähig bewertet, wenn die Lasten (Schulden) bereits im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld bestanden haben (vgl. Fellner Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz § 20 RZ 18a samt darin zitierter Judikatur).
Kosten, die erst nach dem Erwerb bzw. nach dem Todestag neu entstanden sind, können nicht abgezogen werden, sofern sie nicht in den einzelnen Ziffern des § 20 Abs. 4 ErbStG gesondert angeführt sind (). Dies sind insbesondere die Kosten der Bestattung, der Todeserklärung, der Eröffnung einer letztwilligen Verfügung oder eines für oder wegen des Nachlasses geführten Rechtsstreites.
Kosten, die den Erben nach dem Tod des Erblassers aus der Verwaltung und späteren Verwertung der ihnen zugefallenen Vermögensgegenstände erwachsen, fallen nicht unter § 20 Abs. 4 Z 5 ErbStG (). Die während der Abwicklung der Verlassenschaft angefallenen Aufwendungen für die erblasserische Wohnung sind nicht abzugsfähig (). Insbesondere können die bis zur Auflösung des Bestandverhältnisses noch anfallenden Mietzinse für die erblasserische Wohnung nicht abgezogen werden (), Fellner, Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Bd. 3, § 20, Rz 31 ff.
Der VwGH hat beispielsweise im Erkenntnis vom , 95/16/0172 () ausgesprochen, dass die nach dem Todestag des Erblassers neu entstehenden Kosten, die der Erhaltung der erworbenen Gegenstände dienten, nicht gemäß § 20 Abs. 4 ErbStG 1955 zu berücksichtigen seien, da nach dem Sinn des § 20 ErbStG 1955 - von den besonders angeführten Verbindlichkeiten abgesehen - grundsätzlich nur die dem Erwerb des Vermögens dienenden Kosten abzugsfähig seien.
Dies bedeutet für gegenständlichen Fall, dass das Finanzamt zu Recht die nach dem Tode angefallenen Kosten für Miete und Heizungsüberprüfung des Hauses in Edlach nicht als Verlassenschaftspassivum anerkannt hat.
Hingegen sind die durch die Erblasserin verursachten Schäden an der Wohnung, insbesondere die Verbringung von 3 Alttüren, im Ausmaß des verglichenen Betrages samt der damit in ursächlichem Zusammenhang stehenden Anwaltskosten zu berücksichtigen, da die Erblasserin bereits zu Lebzeiten zu deren Ersatz bzw. zur Beseitigung der Schäden verpflichtet gewesen wäre. Das gleiche gilt für Versicherungsprämien, die bis zum Tode der Erblasserin entstanden sind, auch wenn sie erst später beglichen werden, sofern sie mit angefallenen Vermögenswerten in Zusammenhang stehen.
Die vom Bw eingewendete Differenzierung hinsichtlich der Verlassenschaftsaufwendungen des Notars und des Testamentsvollstreckers ergibt sich aus § 20 Abs. 4 Z 3 ErbStG 1955, welcher diese Kosten dezidiert als Abzugspost bestimmt, unabhängig vom Entstehungszeitpunkt (s. o.).
Es ergibt sich somit folgende Berechnung:
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Steuerpflichtiger Erwerb lt. BVE | 112.222,06 €
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Abzüglich Zahlung Hausverwaltung samt Kostenbeitrag | - 4.500,00 €
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Kfz-Versicherung Rest | - 738,75 € |
106.983,31 €
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Gem. § 8 Abs. 1 ErbStG (StKl V) x 30 % vom gem. § 28 ErbStG abgerundeten steuerpflichtigen Erwerb in Höhe von 106.983,00 €
| 32.094,90 €
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Gem. § 8 Abs. 4 ErbStG 3,5 % vom gem. § 28 ErbStG abgerundeten steuerlich maßgeblichen Wert der Grundstücke in Höhe von 109.009,00 €
| 3.815,32 € |
Erbschaftssteuer (gerundet gem. § 204 BAO) | 35.910,22 € |
Im Übrigen wird hinsichtlich der Berechnung auf die Begründung der Berufungsvorentscheidung vom hingewiesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
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