Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 18.10.2007, RV/0794-G/07

Keine Nachsicht für Einkommensteuernachzahlungen aus einem "gescheiterten" Beteiligungsmodell

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Nachsicht gemäß § 236 BAO entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Bw, ein Steuerberater, beantragte mit Schreiben vom die Nachsicht von Abgabenrückständen im Betrag von 88.956,94 €. Diese Abgabenrückstände resultieren aus Einkommensteuernachforderungen im Gesamtbetrag von 74.755,05 € im Zusammenhang mit einem Beteiligungsmodell (P-Leasing), bei dem der Bw Anleger war sowie aus Aussetzungszinsen im Gesamtbetrag von 14.201,89 €, die das Finanzamt nach der erfolglosen Berufungserledigung bei der P-Leasing für die bis dahin von der Einhebung ausgesetzte Einkommensteuer des Bw festsetzte. Zur Begründung führt der Bw aus:

Mit Bescheid vom hat der UFS Wien die Mitunternehmerschaft an der P-Leasing abgewiesen.

Mit der Korrektur der Bescheide für die Jahre 1993 - 1996 wurde dem Pflichtigen nun die jeweilige Einkommensteuer rur den Zeitraum der jeweiligen Rechtsmittelverfahren mit einem Gesamtbetrag von € 74.755,05 zuzüglich der Aussetzungszinsen mit einem Betrag von € 14.201,89 festgesetzt.

Aufgrund der Tatsache, dass die Abstattung dieser Nachforderung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden wäre, beantrage ich für die oa Beträge eine

Nachsicht gem § 236 BAO

Der Gesetzgeber verlangt für eine Abgabennachsicht gem § 236 BAO, dass die Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre, wobei sich das Erfordernis der "Unbilligkeit" nach der Lage der Sache oder nach den persönlichen Verhältnissen richtet.

Eine persönliche Unbilligkeit ergebe sich aus der wirtschaftlichen Situation des Antragstellers. Sie bestehe bei einem wirtschaftlichen Mißverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und dem im Bereich des Abgabepflichtigen entstehenden Nachteil.

Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung ausgeführt hat, liegt eine persönliche Unbilligkeit der Einhebung aushaftender Abgabenschulden nur vor, wenn eine solche Einhebung die Entrichtung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden wäre ().

Sie liegt aber auch bereits dann vor, wenn die Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, die für den Pflichtigen außergewöhnlich wären und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, insbesondere das Vermögen und das einkommen des Abgabenschuldners in besonderer Weise unverhältnismäßig beeinträchtigen würde. ()

"Unverhältnismäßig" als Bestimmungsmerkmal erfordert nach der Rechtsprechung, dass die Einbringung in keinem wirtschaftlichen vertretbaren Verhältnis zu jenem Nachteil stünde, die sich aus der Einziehung für den Pflichtigen ergeben würde.

Die Frage der Beurteilung der Unbilligkeit der Einhebung ist somit keine Ermessensentscheidung sondern hängt einzig und allein von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Pflichtigen ab und ob die Einhebung besondere finanzielle Schwierigkeiten mit sich bringt, diese erhöhen oder verstärken würden, beziehungsweise sonstige wirtschaftliche außergewöhnliche belastende Wirkungen zur Folge hätte ().

Das Gesetz verlangt eben nicht den Nachweis der Uneinbringlichkeit, sondern nur den der Unbilligkeit der Einhebung.

Unbilligkeit bedeutet dabei, dass die Abstattung mit ihren Auswirkungen im besonderen zu den Folgen steht, die mit der Verwirklichung des abgabenauslösenden Tatbestandes und den damit verbundenen, durch die Einhebung bedingten Belastungswirkungen und Interessenseinbußen üblicherweise verbunden sind.

Unbilligkeit ist daher anzunehmen, wenn die Einhebung in einem derart wirtschaftlichen unvertretbaren Verhältnis zu den Nachteilen steht, die sich aus der Einziehung der Abgabe für den Abgabepflichtigen ergeben, sodass sich ein wirtschaftliches Mißverhältnis zwischen der Einhebung der Abgabe und dem subjektiven Bereich entstehenden Nachteil ergeben muß (Stoll BAO Kommentar zu § 236).

Hinzukommen muß, dass die Einziehung "nach der Lage es Falles" unzumutbar ist, also zu einer anormalen Belastungswirkung kommt und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt ().

Werden also Einbußen an wirtschaftlichen Vennögen verfahrensbedingt überschritten, werden Überforderungen solcher Art in der Folge zur Unbilligkeit führen (Stoll Kommentar BAO zu § 236).

Die Rechtsprechung verlangt dabei, dass für die Beurteilung der Erfüllung des Unbilligkeitstatbestandes es nicht zu einer Gefährdung der Existenz durch die Einhebung einer Abgabe überhaupt, sondern durch die Einhebung gerade der Abgabe gefährdet wird, deren Einhebung ansteht und deren Nachsicht angestrebt wird, deren Einhebung ansteht und deren Nachsicht angestrebt wird.

Aus der Verwertung von Aktien, die im Zuge der Einbringung des Mitunternehmeranteiles in die F-Beteiligungs-AG wird im Zeitraum 1.Qu 2008 ein nachträglicher Veräußerungserlös von ung. € 9.000,-- lukriert.

Weiters kann durch den Verkauf eines Kommanditanteiles an der MK Wohnimmobilienhandel KEG ein Betrag von mindestens € 18.167,-- abgeschichtet werden. Diese Abschichtung erfolgt lt Zusage der oa Gesellschaft ebenfalls im I. Qu 2008.

Diese Erlöse im Betrag von € 27.167,-- werden nachdem Sie auch teilweise aus den oa Beteiligungen erfolgen dem Konto des Pflichtigen beim FA Graz Stadt gutgeschrieben.

Durch das Ergebnis der Beschwerde an den besteht eine weitere Möglichkeit der Reduktion des Rückstandes auf dem Konto des Pflichtigen.

Aus den angeführten Gründen wird daher für angeführten Beträge eine Nachsicht nach § 236 BAO beantragt.

Bis zur Klärung dieser Angelegenheit beantrage ich eine Stundung des gesamten aushaftenden Betrages von € 88.956,94 gem § 212 BAO.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom wies das Finanzamt den Nachsichtsantrag des Bw ab. Zur Begründung wird ausgeführt:

Gem. § 236 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil abgeschrieben werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Den Antragsteller trifft eine erhöhte Mitwirkungspflicht (). Er hat somit einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf die die Nachsicht gestützt werden kann (). Das Schwergewicht der Behauptungs- und Beweislast liegt beim Nachsichtswerber (zB ).

Im Ansuchen zitiert der Abgabepflichtige zwar die Kernaussagen etlicher oberstgerichtlicher Entscheidungen, führt dieser im gegenständlichen Ansuchen jedoch als einzige (ohne nähere Sachverhalte oder Beweismitteloffenzulegen bzw. anzubieten) Begründung seiner Antragsteilung lediglich behauptend an, dass eine Nachsicht auf Grund der Tatsache, dass die Abstattung der im Ansuchen näher bezeichneten Nachforderung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden wäre. Diese Behauptung reicht für eine positive Erledigung im Sinne des Antragstellers nicht aus.

Mit Schreiben vom erhob der Bw die als "Antrag auf Vorlage an den UFS" bezeichnete Berufung und bringt ergänzend vor:

Der Tatbestand der "Unbilligkeit der Einhebung" nach der Lage des Falles setzt ein Vorliegen eines wirtschaftlichen Mißverhältnisses zwischen der Einhebung der Abgabe und den in jenem subjektiven Bereich entstehenden Nachteilen voraus ().

Somit ist die Einhebung von Abgaben unbillig, wenn hierdurch zufolge der im einzelnen Fall gegebenen Umstände die wirtschaftliche Existenz des Abgabenschuldners gefährdet oder beeinträchtigt würde bzw. eine mögliche Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wären, die außergewöhnlich sind.

Die Rechtsprechung verlangt in diesem Zusammenhang bei Beurteilung der Erfüllung des Umbilligkeitstatbestandes, dass die wirtschaftliche Existenz des Betriebes nicht durch eine Abgabeneinhebung überhaupt, sondern durch die Einhebung gerade dieser Abgabe gefahrdet wird, deren Einhebung ansteht und deren Nachsicht in Frage steht. (,285, Stoll, BAO Kommentar zu § 236).

In diesem Zusammenhang darf ich auf die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinne des § 236 BAO vom BGBI. II 435/2005 hinweisen.

Ich beantrage daher nochmals die Nachsicht gem § 236 BAO betreffend die ESt -Nach- verrechnung für den Zeitraum 93 - 96 aus den Beteiligungen an der P-Leasing Gesellschaften.

Ein verwertungsfähiges Vermögen steht nicht zur Verfügung .

Bis zur Klärung dieser Angelegenheit beantrage ich eine Stundung des aushaftenden ,I Steuerbetrages gern § 212 BAO.

Das Finanzamt legte die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat im Oktober 2007 zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 236 Abs. 1 BAO lautet:

Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Der Bw verweist im Nachsichtsantrags- und im Berufungsschreiben darauf, dass die Einhebung von Abgaben unbillig sei, wenn hierdurch zufolge der im einzelnen Fall gegebenen Umstände die wirtschaftliche Existenz des Abgabenschuldners gefährdet oder beeinträchtigt würde bzw. eine mögliche Abstattung der Abgabenschuld mit wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wären, die außergewöhnlich sind.

§ 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl II Nr 435/2005, lautet:

Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung

1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;

2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.

Der Bw verbleibt bei seinem Vorbringen bei der (abstrakten) Wiedergabe der Nachsichtsvoraussetzungen. Auf seinen eigenen Fall bezogen ist das einzige Vorbringen des Bw am Beginn des Nachsichtsantragsschreibens, dass "die Abstattung dieser Nachforderung mit außergewöhnlichen Schwierigkeiten verbunden wäre". Dieses Vorbringen reicht - wie schon das Finanzamt den Bw im angefochtenen Bescheid mit Vorhaltscharakter deutlich darauf hingewiesen hat - ohne nähere Darstellung der Vermögens- und Einkommensituation nicht für eine Abgabennachsicht aus.

Im Übrigen handelt es sich bei der Abgabennachsicht - entgegen der Ansicht des Bw - um eine Ermessensentscheidung (vgl. Ritz, BAO3, § 236 Tz 16). Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit zu berücksichtigen, dass die Einkommensteuernachforderungen des Bw (und in der Folge auch die Aussetzungszinsen) aus einem "gescheiterten" Beteiligungsmodell stammen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zweckmäßig, das Risiko aus einer solchen Beteiligung über die Abgabennachsicht der Allgemeinheit anzulasten; vielmehr sollen die abgabenrechtlichen Folgen einer solchen risikobehafteten Betätigung vom Abgabepflichtigen selbst getragen werden. Dem gegenüberstehende Billigkeitsgründe wurden vom Bw nicht vorgebracht und sind auch vom Unabhängigen Finanzsenat nicht zu erkennen.

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 236 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005
Schlagworte
Nachsicht
Abgabennachsicht
Verlustbeteiligung

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