Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruches und Außerkrafttreten des Erbschaftssteuergesetzes (Abweisung).
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/3623-W/08-RS1 | Nach § 12 Abs. 1 Z 1 lit. b ErbStG 1955 entsteht die Steuerschuld für den Erwerb eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung. Dem Umstand, wann der Pflichtteil ausbezahlt wird bzw. ob das Geld einem bestimmten Zweck zu Gute kommt hat auf das Entstehen der Steuerschuld keine Auswirkung. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der P, gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom , Steuernummer, betreffend Erbschaftssteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Am xxxx ist Herr P. verstorben. Die Verlassenschaft wurde der unbedingt erbantrittserklärten erblasserischen Witwe, P-, zur Gänze eingeantwortet. Die Pflichtteilsforderung der erblasserischen Mutter, P,, betrug 1/18-tel des reinen Nachlasses und sohin dieselbe Quote des vorstehenden Verteilungsvorrates, das sind € 3.767,60. Die erblasserische Witwe hat sich verpflichtet, der Noterbin den Barbetrag binnen drei Wochen nach Einantwortung auszubezahlen. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid setzte das Finanzamt A für diesen Vorgang die Erbschaftssteuer in Höhe von € 199,62 fest. Fristgerecht wurde Berufung eingebracht. Die Berufungswerberin (Bw) bringt vor, sie habe sowohl mündlich vor dem Notar als auch schriftlich auf den ihr als Noterbin zustehenden Betrag vorläufig verzichtet und ersucht, das Geld auf ein von ihrer Tochter treuhänderisch verwaltetes Konto zu überweisen zum Zwecke der Finanzierung ihres eigenen Begräbnisses, da sie sich ein solches als Mindestrentnerin niemals leisten könne. Weiters habe sie aus den Medien erfahren, dass die Erbschaftssteuer mit August 2008 aufgehoben worden sei. Die Geldüberweisung habe auch erst im August 2008 stattgefunden, so dass die Forderung hinfällig sei. Als Beweis wurde eine Kopie des Schreibens vom betreffend die Aufforderung der Überweisung des Pflichtteilbetrages an Frau P- vorgelegt.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG entstehe die Steuerschuld bei Erwerben von Todes wegen mit dem Tode des Erblassers. Da der Pflichtteil geltend gemacht worden sei, sei im gegenständlichen Fall die Steuerschuld somit am entstanden. Der tatsächliche Zeitpunkt der Auszahlung sei unerheblich. Da die Aufhebung der Erbschaftssteuer erst für Erwerbe ab dem gelte, sei die Vorschreibung zu Recht erfolgt.
Dagegen wurde Vorlageantrag eingebracht. Die Bw bringt im Wesentlichen vor, sie wolle durch die Sicherstellung ihres Begräbnisses niemandem zur Last fallen und sei Mindestrentnerin.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) unterlag der Erwerb von Todes wegen der Steuer nach diesem Bundesgesetz.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955 galt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mit Erkenntnis vom , G 54/06-15 u.a., aus Anlass ursprünglich der VfGH-Beschwerde zu Zl. B 3391/05 sowie mehrerer, beim Verwaltungsgerichtshof anhängiger Beschwerdeverfahren (Zl. 2004/16/0143 u. a.), auf welche die Anlassfallwirkung ausgedehnt wurde, den Grundtatbestand der Erbschaftssteuer nach § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955 als verfassungswidrig aufgehoben und im Spruch bestimmt, dass diese Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt. Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden, so sind gemäß Art. 140 Abs.7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist das Gesetz jedoch weiterhin anzuwenden, sofern der VfGH in seinem Erkenntnis nichts anderes ausspricht. Hat der VfGH in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden (siehe dazu ).
Dem gegenständlichen Fall kommt hingegen keine Anlassfallwirkung zu. Zum Zeitpunkt der Erlassung des obigen VfGH-Erkenntnisses war gegenständlich weder eine Berufung (eingebracht am mit Schriftsatz vom ), noch eine Beschwerde bei den Höchstgerichten anhängig. Mit Ausnahme der bestimmten Anlassfälle sind aber auf alle anderen, vor der Aufhebung bzw. bis zum Ablauf der Frist am verwirklichten, Tatbestände die Bestimmungen des nach wie vor (bis zum ) in Geltung stehenden Erbschaftssteuergesetzes 1955 unverändert anzuwenden.
Nach § 12 Abs. 1 Z 1 lit. b ErbStG 1955 entsteht die Steuerschuld für den Erwerb eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung. Dem Umstand, wann der Pflichtteil ausbezahlt wird bzw. wann das Geld fließt, kommt hingegen keine Bedeutung zu. Da die Bw den Pflichtteilsanspruch geltend gemacht hat (siehe Protokoll vom , 16A167/07w) ist die Steuerschuld in diesem Zeitpunkt entstanden und das Erbschaftssteuergesetz auf diesen Erwerb noch anzuwenden. Dass die Bw den Betrag einem bestimmten Zweck zuführen wollte, hat auf das Entstehen der Steuerschuld leider keine Auswirkung.
Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 § 12 Abs. 1 Z 1 lit. b ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at