Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 27.04.2012, RV/1099-W/06

Innergemeinschaftlicher Erwerb, sale and lease back

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der BG , W, vertreten durch Dr. Gerhard Kohler Steuerberatungsgesellschaft m.b.H., 1050 Wien, Schönbrunner Straße 53, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Umsatzsteuer 2003 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Die BG (im Folgenden kurz Berufungswerberin = Bw.) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom X gegründet. Gesellschafter sind im Gründungs- und Berufungszeitraum MS, mit einer übernommenen Stammeinlage in Höhe von € 8.750,00 und S, mit einer übernommenen Stammeinlage von € 26.250,00.

Gegenstand ihres Unternehmens ist die Beteiligung an anderen Unternehmen,

die Anschaffung, Veräußerung und Verwaltung von Immobilien,

der Erwerb, die Ausübung und sonstige wie immer geartete Verwertung einschlägiger Konzessionen, Patente, Lizenzen, Markenrechte, Musterrechte und Gewerberechte sowie

die Gründung, die Pachtung sowie die Verpachtung anderer Unternehmen und Gesellschaften, sowie die Übernahme der Geschäftsführung und Vertretung in denselben.

Außerdem ist die Gesellschaft zu allen Handlungen, Geschäften und Maßnahmen berechtigt, welche der Erreichung des Gesellschaftszweckes förderlich sind und diesen unterstützen, ausgenommen Bankgeschäfte nach dem Bankwesengesetz.

Mit Bescheid vom wurde aufgrund der vorgelegten Unterlagen die Berufungsweberin zur Umsatzsteuer für das Jahr 2003 veranlagt und ohne Berücksichtigung innergemeinschaftlicher Erwerbe die Umsatzsteuer mit € 36.784,38 festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom teilte der steuerliche Vertreter der Berufungswerberin auf Anfrage des Finanzamtes mit, dass die Berufungswerberin im Jahr 2003 in Deutschland einen Pkw zur gewerblichen Weiterveräußerung angeschafft hätte. Das Fahrzeug wäre nach dem innergemeinschaftlichen Erwerb an die WG kurzerhand überlassen worden, um dieses von der Leasinggesellschaft wiederum anzumieten (sale and lease back). Das Fahrzeug wäre somit ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt gewesen, weshalb der innergemeinschaftliche Erwerb gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG zum Vorsteuerabzug berechtige.

Da es sich dabei um ein Dreiecksgeschäft handeln würde und die Berufungswerberin den Ankauf des Fahrzeuges als Durchläufer betrachtet hätte, wäre übersehen worden, diesen Umsatz formell richtig abzurechnen. Wegen des Durchlaufcharakters wäre dafür auch von der Berufungswerberin keine Erwerbsteuer gemeldet und in Abzug gebracht worden. Auch die Leasinggesellschaft wäre zum Vorsteuerabzug aus der Anschaffung berechtigt. Durch das Leasing an die Berufungswerberin hätte diese nun die Umsatzsteuer an die Berufungswerberin verrechnet, welche bei dieser gem. § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG nicht als Vorsteuer in Abzug gebracht hätte werden können. Insgesamt bestünde daher für die Finanzverwaltung kein Abgabenrückstand, da sowohl die Berufungswerberin als auch die Leasinggesellschaft aus dem Ankauf vorsteuerabzugsberechtigt gewesen wären. Dem oben zitierten Paragraphen wäre insofern Rechnung getragen worden, als der Berufungswerberin aus dem Leasingentgelt kein Vorsteuerabzug zugestanden wäre. Die Berufungswerberin ersuchte daher für diesen Sachverhalt aus Gründen der Verwaltungsökonomie auf eine Berichtigung der Jahreserklärung zu verzichten.

Mit Bescheid vom wurde der Umsatzsteuerbescheid 2003 vom gem. § 299 BAO aufgehoben und mit weiterem Bescheid vom selben Tag die Umsatzsteuer für das Jahr 2003, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von € 233.391,67 mit € 46.678,33 und aufgrund innergemeinschaftlicher Erwerbe in Höhe von € 28.109,15 mit Erwerbsteuer von € 5.621,83 nach Abzug von Vorsteuern in Höhe von € 9.893,95 sowie Vorsteuern aus innergemeinschaftlichem Erwerb in Höhe von € 14,63 in Höhe von € 42.391,58 festgesetzt.

Begründend führte das Finanzamt aus, dass es sich im konkreten Fall um den einmaligen An- und Verkauf eines Kraftfahrzeuges handeln würde. Es müsse daher geprüft werden, ob Wiederholungsabsicht vorläge, die für die Annahme einer nachhaltigen Betätigung ausreiche. Nach der Aktenlage wäre der An- und Verkauf des gegenständlichen Fahrzeuges der einzige seit Bestehen der Berufungswerberin, also seit Oktober 2001. Noch dazu wäre das Kfz nur an die Leasinggesellschaft verkauft worden, um es danach sofort wieder zurückzuleasen und für eigene betriebliche Zwecke zu verwenden. Auch besitze die Bw. keine entsprechende gewerbliche Befugnis für die gewerbliche Weiterveräußerung. Bei Personen- und Kombinationskraftwagen käme u.a. ein Vorsteuerabzug nur in Betracht, wenn die Fahrzeuge (Mehrzahl!) ausschließlich der gewerblichen Weiterveräußerung dienen würden. Die Veräußerung eines einzigen Kfz wäre keine gewerbliche Weiterveräußerung. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse läge auf Seiten der Berufungswerberin daher keine Wiederholungsabsicht vor, weshalb es sich bei dem im Jahr 2003 erworbenen Fahrzeug nicht um ein nach dem Sinn des Gesetzes ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung (wie etwa bei einem Kraftfahrzeughändler mit entsprechender Befugnis) bestimmtes Kraftfahrzeug handeln würde. Der Weiterverkauf an die Leasinggesellschaft hätte somit keinen Durchlaufcharakter. Der Kauf des Fahrzeuges stelle daher einen bisher nicht erfassten steuerbaren und steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb dar, weshalb der Umsatzsteuerbescheid 2003 vom gemäß § 299 BAO aufzuheben gewesen wäre.

Mit Schriftsatz vom , erhob die Berufungswerberin gegen den Umsatzsteuerbescheid 2003 das Rechtsmittel der Berufung und führte hierzu aus, dass in dem oben angeführten Bescheid € 5.607,20 an nicht abziehbarer Erwerbsteuer vorgeschrieben worden wäre und diese Erwerbsteuer in Zusammenhang mit einem gem. § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG nicht zum Vorsteuerabzug rechtfertigenden Personenkraftwagen in Zusammenhang stünde. Hinsichtlich der gewerblichen Weiterveräußerung führte die Bw. zunächst wie bereits im Schreiben vom aus und ergänzte, dass die Gewerblichkeit der Weiterveräußerung lediglich aufgrund der Einmaligkeit des Vorganges bestritten würde, dies jedoch trotzdem nicht bedeuten würde, dass § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG anwendbar wäre, da im konkreten Fall keine "Anschaffung" eines Personenkraftfahrzeuges im Sinn des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG vorliegen würde. Der historisch-teleologische Hintergrund dieser gesetzlichen Regelung wäre, dass aus budget- und wirtschaftspolitischen Überlegungen dieser Paragraph eingeführt worden wäre, wobei ein Ausschluss des Vorsteuerabzuges für die Verwendung eines Personenkraftwagens vorgesehen wäre. Im Gesetz wäre jede rechtlich mögliche Form der Nutzung erwähnt, nämlich Anschaffung (Kauf zum Betrieb), eigene Herstellung, Miete und der Betrieb selbst (vgl. Ruppe, Umsatzsteuergesetz 1994, Tz. 139). Das Fahrzeug wäre von der Berufungswerberin jedoch keineswegs genutzt, sondern ausschließlich zur Weitergabe an die Leasinggesellschaft angeschafft worden. Insofern würde es sich um keine Anschaffung eines Personenkraftwagens im Sinne des § 12 UStG handeln. Diesem würde dabei insofern Rechnung getragen, als der Berufungsweberin aus dem Leasingentgelt kein Vorsteuerabzug zustehe. Wäre der Vorsteuerabzug sowohl beim "Ankauf" als auch beim "Leasing" nicht gerechtfertigt, würde dies zu einer Doppelbesteuerung ein und desselben Sachverhaltes führen. Die Berufungswerberin hätte das Fahrzeug eben nicht zum eigenen Betrieb angeschafft, sondern um es weiterzugeben um anschließend zu leasen. Eine Doppelbesteuerung wäre bereits aus verfassungsrechtlichen Überlegungen grundsätzlich nicht zu rechtfertigen. Im konkreten Fall wäre außerdem darauf hinzuweisen, dass eine Doppelbesteuerung im Sinn und Zweck des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG keine Deckung finde. Die Nutzung des Personenkraftwagens solle vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sein. Dieser Umstand würde auch eingehalten. Nicht jedoch sollte diese Regelung zu einer Doppelbelastung an Umsatzsteuer führen. Die Bw. stellte den Antrag, den Umsatzsteuerbescheid vom wieder aufzuheben und die Umsatzsteuerzahllast gem. Bescheid vom wieder mit € 36.784,38 festzusetzen.

Aus im Finanzamtsakt inliegenden Datenbankabfragen geht hervor, dass ein Kfz der Marke A erstmalig am zugelassen, für eine Überstellungsfahrt am mit dem Kennzeichen W1 befristet bis auf die Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin angemeldet und am abgemeldet worden war. Aus einer weiteren Kfz-Zentralregisterabfrage geht hervor, dass das Kraftfahrzeug auf die Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin am mit dem Kennzeichen W2 angemeldet und am abgemeldet worden war.

Im Berufungsverfahren des Unabhängigen Finanzsenates wurde die Berufungswerberin ersucht bekanntzugeben, welche Fahrzeuge im Jahr 2003 angekauft worden wären und sämtliche zugehörigen Kaufverträge und Detailrechnungen vorzulegen,

welche zuvor durch die Berufungswerberin angekauften Fahrzeuge im Jahr 2003 weiterveräußert worden wären sowie auch sämtliche hiezu bezughabenden Verträge vorzulegen und

welche dieser weiterveräußerten Fahrzeuge im Jahr 2003 zurückgeleast worden wären und sämtliche zugehörigen Leasingverträge vorzulegen.

Trotz vierwöchiger Fristsetzung hat die Berufungswerberin dem Ersuchen weder Folge geleistet, noch um Fristverlängerung ersucht. Eine Äußerung der Berufungswerberin liegt daher dazu nicht vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Berufungsbehörde geht daher von folgendem Sachverhalt aus: Die Berufungswerberin schaffte im Jahr 2003 in Deutschland einen Pkw der Marke A in eigenem Namen auf eigene Rechnung an. Für die Überstellungsfahrt von Deutschland nach Österreich wurde der Pkw auf die Berufungswerberin am befristet bis mit dem Überstellungskennzeichen W1 an- und am abgemeldet. Am selben Tag wurde dieses Kraftfahrzeug auf die Berufungswerberin mit dem Kennzeichen W2 angemeldet und erst wieder am abgemeldet. Da weder aus dem Finanzamtsakt, noch durch Äußerungen oder Nachweise der Berufungswerberin weitere An- und Weiterveräußerungen von Kraftfahrzeugen aktenkundig sind, steht hiermit auch fest, dass es sich im Jahr 2003 um den einzigen Fall handelte, dass ein Fahrzeug durch die Berufungswerberin erworben wurde, danach an eine Leasinggesellschaft weiterveräußert und von dieser wieder zurückgeleast wurde.

Gem. § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 gelten nicht als für das Unternehmen ausgeführt Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, die im Zusammenhang mit der Anschaffung (Herstellung), Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen, ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen.

Bei Kraftfahrzeugen, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, handelt es sich im Regelfall um das Umlaufvermögen eines gewerblichen Autohändlers. Das Kfz muss "ausschließlich", das bedeutet ohne jede - auch nur die geringste Ausnahme - der gewerblichen Weiterveräußerung dienen. Der Ankauf eines Pkw durch einen anderen Unternehmer zum Zwecke des Weiterverkaufes berechtigt nur dann zum Vorsteuerabzug, wenn auch die mit dem Fahrzeug in Zusammenhang stehende Betätigung - isoliert betrachtet - eine gewerbliche Tätigkeit darstellt. Ein einmaliger An- und Verkauf reicht üblicherweise nicht aus, es sei denn, dass bereits im Zeitpunkt des Ankaufes die Nachhaltigkeit im Hinblick auf eine qualifizierte Form der Weiterveräußerung (eine gewerbliche, planmäßige Tätigkeit) von Fahrzeugen gegeben ist und der Nachweis der Wiederholungsabsicht erbracht werden kann. Nachhaltigkeit ist gegeben, wenn Tätigkeiten tatsächlich wiederholt unter Ausnützung derselben Gelegenheit und desselben dauernden Verhältnisses ausgeübt werden oder wenn bei einer zunächst einmaligen Tätigkeit anhand objektiver Umstände auf die Absicht, sie zu wiederholen, geschlossen werden kann. Den Gegensatz zur nachhaltigen Tätigkeit bildet die einmalige oder gelegentliche Tätigkeit. Gelegentlich ist eine Tätigkeit, wenn sie nur fallweise (sobald sich von außen eine Gelegenheit bietet) ausgeübt wird, nicht jedoch, wenn jemand selbst darauf hinwirkt, die Voraussetzungen für sein Tätigwerden herbeizuführen (vgl. Ruppe/Achatz4, § 2 Rz. 49 und 50).

Der einmalige An- und Verkauf dieses Kraftfahrzeuges durch die Bw. stellt daher in o.a. Sinne keine gewerbliche Tätigkeit dar. Da aufgrund des Gesellschaftsvertrages, der lt. Firmenbuch auch seit 2001 nicht verändert wurde, nur zu entnehmen ist, dass der Gesellschaftszweck nicht den gewerblichen An- und Verkauf von Fahrzeugen beinhaltet, kann daher auch daraus geschlossen werden, dass ein gewerblichen Handel von Kraftfahrzeugen auch von der Berufungswerberin selbst nicht beabsichtigt ist und war. Der Ausnahmetatbestand der gewerblichen Weiterveräußerung kann daher in diesem Falle nicht zur Anwendung gelangen und der Ankauf auch nicht als bloßer "Durchläufer" behandelt werden. Auch liegen keine Indizien dafür vor, dass es sich um die Anschaffung eines Fahrschul- oder Vorführ¬kraft¬fahrzeuges gehandelt hätte.

Sohin war die Berufung abzuweisen.

Wien, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at