Beschwerde gegen Einleitungsbescheid wegen Hinterziehung von Umsatzsteuervorauszahlungen
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 4, Hofrat Dr. Peter Binder, in der Finanzstrafsache gegen FS, Beratung und Verkauf von Bodenhilfsstoffen, geb. , G, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) des Finanzamtes Grieskirchen Wels, vertreten durch HR Kurt Brühwasser, vom , SN 044-2003/00098-001,
zu Recht erkannt:
I. Der Spruch des bekämpften Einleitungsbescheides wird, wie folgt, präzisiert:
Gegen Herrn FS wird das Finanzstrafverfahren eingeleitet, weil der Verdacht besteht, dass er 2002 und 2003 vorsätzlich im Amtsbereich des Finanzamtes Grieskirchen zu StNr. 491/7298 unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen für die Monate 01/2002 bis 09/2003 (Voranmeldungszeitraum=Kalendervierteljahr) eine Verkürzung an Umsatzsteuer-Vorauszahlungen iHv. 1.399,70 € bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und dadurch ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen hat.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom hat das Finanzamt Grieskirchen Wels als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (Bf.) zur SN 044-2003/00098-001 ein finanzstrafbehördliches Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil der Verdacht bestehe, dass dieser im Amtsbereich des Finanzamtes Grieskirchen Wels wissentlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an USt-Vorauszahlungen für die Monate 1/2002 bis 9/2003 in noch zu bestimmender Höhe bewirkt und hiermit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen habe.
In der Begründung verwies die Finanzstrafbehörde erster Instanz im Wesentlichen darauf, dass trotz steuerpflichtiger Umsätze hinsichtlich der genannten Monate weder Voranmeldungen eingereicht noch Vorauszahlungen geleistet worden seien. Eine Festsetzung der entsprechenden Beträge sei anlässlich der durchgeführten USO-Prüfung, in deren Verlauf der Beschuldigte auch aufmerksam gemacht worden sei, dass (je Quartal) Umsatzsteuer zu entrichten sei, erfolgt. Sollten innerhalb der gleichzeitig gesetzten Frist die Höhe der Vorsteuern sowie die Zahllast-Höhe für das dritte Quartal 2003 nicht bekannt gegeben werden, seien die Vorsteuern bzw. die Zahllast im Wege einer Schätzung zu ermitteln.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Beschuldigten vom , in welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass die Einreichung der Jahressteuererklärungen (U, E) 2002 nachweislich bereits am erfolgt sei und darauf auch (nach der Festsetzung von Zwangsstrafen) mehrmals, nämlich am bzw. am , hingewiesen worden sei. Im Übrigen sei bereits bei der USO-Prüfung das Prüforgan von der bereits erfolgten Erklärungsabgabe in Kenntnis gesetzt worden.
Das Finanzamt Grieskirchen Wels wertete die mit datierte und vom Bf. am der Post übergebene bzw. bei der Finanzstrafbehörde erster Instanz eingelangte Beschwerde fälschlicherweise (siehe dazu Berufungsentscheidung FSRV/0097-L/04) als Einspruch iSd. § 145 FinStrG gegen die von ihr (noch innerhalb der offenen Rechtsmittelfrist betreffend den angeführten Einleitungsbescheid) am zur SN 044-2003/00098-001 ergangene und am dem Beschuldigten zugestellte Strafverfügung gemäß § 143 FinStrG und führte am gemäß § 125 FinStrG eine mündliche Verhandlung durch. In dieser Verhandlung legte der Bf. laut Niederschrift eine Einnahmen-Ausgabenrechnung für 2002 vor und erklärte, dass er seit Mitte 2003 deshalb keine Umsatzsteuervorauszahlungen mehr geleistet habe, da er zu Unrecht Zwangsstrafenvorschreibungen iZm. der angeblichen Nichtabgabe der Steuererklärungen erhalten habe.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr zukommenden Verständigungen bzw. Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Gemäß Abs. 3 leg.cit. ist von der Einleitung eines Strafverfahrens abzusehen, wenn
a) die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann,
b) die Tat kein Finanzvergehen bildet;
c) der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat oder Rechtfertigungs-, Schuldausschließungsgründe oder Strafausschließungs- oder -aufhebungsgründe vorliegen,
d) Umstände vorliegen, welche die Verfolgung des Täters hindern, oder
e) wenn die Tat im Ausland begangen und der Täter dafür schon im Ausland gestraft worden ist und nicht anzunehmen ist, dass die Finanzstrafbehörde eine strengere Strafe verhängen werde.
Ob im konkreten Einzelfall die Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ausreichen, ist aus der Summe der vorhandenen Anhaltspunkte zu beurteilen. Es genügt jedoch, wenn gegen den Beschwerdeführer ein Verdacht besteht. Das heißt, es müssen hinreichende Gründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Verdächtige als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt, und nicht wirklich sicher ist, dass ein im Abs. 3 lit. a bis e angeführter Grund für eine Abstandnahme von der Einleitung des Strafverfahrens vorliegt.
Verdacht ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Bloße Vermutungen allein reichen für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens nicht aus. Nicht jedoch ist es in diesem Verfahrensstadium schon Aufgabe der Finanzstrafbehörde, das Vorliegen eines Finanzvergehens konkret nachzuweisen oder auch Ergebnisse des durch die Einleitung erst in Gang gesetzten förmlichen Strafverfahrens vorwegzunehmen, weil diese Fragen erst im anschließenden Untersuchungsverfahren einer (endgültigen) Klärung zuzuführen sind.
Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.
Eine Abgabenverkürzung ist bewirkt, wenn Abgaben, die selbst zu berechnen sind, ganz oder teilweise nicht entrichtet (abgeführt) werden (§ 33 Abs. 3 lit. b FinStrG), wobei bereits dann, wenn die Abgaben nicht zu dem im Gesetz (hier: § 21 Abs. 1 UStG 1994) vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkt entrichtet werden, eine Verkürzung vorliegt.
Nach den im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ebenfalls zu berücksichtigenden Ergebnissen des erst nach Ergehen des hier angefochtenen Einleitungsbescheides durchgeführten Erhebungsverfahrens (vgl. z.B. Zl. 94/13/0282) ist für die Beurteilung des Verfahrensgegenstandes davon auszugehen, dass der Bf., der seit 1997 im Zuge seiner Tätigkeit als Berater und Vertreter für Düngemittel steuerpflichtige Umsätze iSd. UStG 1994 erzielte, nach den zur StNr. 12 getroffenen abgabenbehördlichen Feststellungen (vgl. auch USO-Prüfung ABNr. 34 vom Oktober 2003) für die im Einleitungsbescheid genannten Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume (§ 21 Abs. 2 UStG 1994) weder Voranmeldungen eingereicht noch Vorauszahlungen entrichtet hat (vgl. § 1 der VO BGBl II 1998/206 iVm. § 21 Abs. 1 UStG 1994). Am erfolgte für die Zeiträume 01/2002 - 06/2003 gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 auf Grund der im Zuge der abgabenbehördlichen Prüfung getroffenen Feststellungen die bescheidmäßige Festsetzung der Vorauszahlungen, nämlich für 01 - 03/02: 206,08 €, 04 - 06/02: 610,72 €, 07 - 09/02: 233,22 €, 10 - 12/02: 288,52 €, 01 - 03/03: 36,66 € und 04 - 06/03: 786,88 €, wobei jedoch mangels Vorliegen von geeigneten Belegen keine Vorsteuerbeträge berücksichtigt wurden (vgl. dazu Tz. 3 der Niederschrift zur angeführten ABNr.). Am erging unter Zugrundelegung eines Gesamtbetrages der Bemessungsgrundlagen für Lieferungen und sonstige Leistungen von 6.692,63 € ein entsprechender Jahresumsatzsteuerbescheid 2002 über 1.338,53 €.
Nachdem der Bf. im April 2004 erstmals (nach Festsetzung mehrerer Zwangsstrafen) u. a. eine Umsatzsteuererklärung für 2002 samt einer Einnahmen-Ausgabenrechnung vorlegte, wurde seitens der Abgabenbehörde das Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer 2002 gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder aufgenommen und in der (neuerlichen) Sachentscheidung vom unter unveränderter Beibehaltung der o. a. steuerpflichtigen Entgelte sowie einer Vorsteuer iHv. 552,99 €, die Jahresumsatzsteuer mit 785,54 € neu festgesetzt.
Die Jahresumsatzsteuererklärung für 2003 (samt Einnahmen-Ausgabenrechnung) langte am beim Finanzamt ein und hatte den Abgabenbescheid vom zur Folge, in dem in Abweichung vom Erklärungsinhalt bei einem steuerpflichtigen Umsatz von 6.350,57 € analog zu 2002 unter anteiliger Kürzung der im Zusammenhang mit den Telefon- und Reisekosten geltend gemachten Vorsteuer von 1.264,82 € auf 424,96 € die Festsetzung der Umsatzsteuer mit 845,15 € erfolgte.
Aus diesen mangels gegenteiliger Erkenntnisse im Rahmen der freien Beweiswürdigung auch für den Bereich des Finanzstrafverfahrens zu übernehmenden abgabenbehördlichen Feststellungen ergibt sich der Verdacht, dass der Bf., indem er für das gesamte Veranlagungsjahr 2002 (1. - 4. Quartal) und für die ersten drei Quartale des Veranlagungsjahres 2003 entgegen der Verpflichtung nach § 21 UStG 1994 weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht, noch bis zum jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt die anfallenden Umsatzsteuervorauszahlungen iHv. insgesamt 1.399,70 €, davon für 2002 785,54 € und für 01/2003 - 09/2003 614,16 €, entrichtet hat, objektiv tatbildlich iSd. § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG gehandelt hat bzw. ein entsprechender Taterfolg eingetreten ist.
Wenn der Bf. auf die seiner Meinung nach unberechtigterweise im Zusammenhang mit der Erklärungsabgabe für die Jahre 2001 und 2002 vorgeschriebenen Zwangsstrafen (iHv. insgesamt 880,00 €) verweist, so ist ihm, abgesehen davon, dass die Aktenlage keinen Hinweis darauf erkennen lässt, dass die in Rechtskraft erwachsenen Bescheide zu Unrecht ergangen sind, entgegen zu halten, dass eine Aufrechnung des verkürzten Abgabenbetrages mit Summen, die an anderen Abgaben zu viel entrichtet wurden, grundsätzlich nicht möglich ist (vgl. Zl. 11 Os 132/86).
Hinsichtlich der subjektiven, für die Verletzung der abgabenrechtlichen Verpflichtung zumindest bedingten und für die Abgabenverkürzung wissentlichen Vorsatz (vgl. § 8 Abs. 1 FinStrG) erfordernden Tatseite kann auf einen entsprechenden Verdacht, der Bf. habe sowohl um die Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen bzw. zur Entrichtung von Vorauszahlungen als auch um die bei Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen eintretenden Auswirkungen für die Abgabenbehörde gewusst, aus dessen aktenkundigen bisherigen Verhalten gegenüber dem Finanzamt bzw. aus der bisherigen Verantwortung in dem vor der Finanzstrafbehörde erster Rechtsstufe durchgeführten Strafverfahren geschlossen werden. Dem Bf., der einerseits von Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit an entweder keinerlei (1997 - 2000) oder allenfalls verspätet und erst nach der (mehrmaligen) Festsetzung von Zwangsstrafen (2001 und 2002) Abgabenerklärungen eingereicht, andererseits aber im Oktober 2001 eine Erklärung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 (Verzicht auf die Steuerbefreiung für Kleinunternehmer) gegenüber der Abgabenbehörde abgegeben hat, waren wohl spätestens seit der in seinem Unternehmen hinsichtlich der Veranlagungsjahre 1998 - 2000 im Februar 2002 unter der ABNr. 56 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung sowohl seine abgabenrechtlichen Pflichten im Hinblick auf die (von ihm in Rechnung gestellte und vereinnahmte) Umsatzsteuer als auch die grundlegende Systematik des UStG 1994 auch betreffend die Vorauszahlungen bzw. Voranmeldungen als auch die bei Nichtentsprechung beim Abgabengläubiger eintretenden Auswirkungen hinlänglich bekannt. Letzteres geht auch aus der hinsichtlich des Voranmeldungszeitraumes 04/2003 - 09/2003 sogar in Richtung einer Absichtlichkeit deutenden Erklärung des Bf. anlässlich der mündlichen Verhandlung zur SN 044-2003/00098-001 am hervor, in der als Grund für die Nichtentrichtung der Zahllasten ab Mitte 2003 die (nach Ansicht des Bf. ungerechtfertigte) mehrmalige Vorschreibung von Zwangsstrafen genannt wird.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 82 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Schlagworte | Tatverdacht subjektive Tatseite |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
KAAAD-09509