Berufungsentscheidung - Zoll (Referent), UFSZ3K vom 11.11.2004, ZRV/0080-Z3K/04

Zollschuldentstehung durch vorschriftswidrige Verbringung

Entscheidungstext

BerufungsentscheidungDer Unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde des Bf., vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, gegen den Bescheid (Berufungsvorentscheidung) des Zollamtes Feldkirch vom , GZ. 900/6594/2003, betreffend Zollschuld entschieden: Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Spruch der angefochtenen Berufungsvorentscheidung bleibt unverändert, wird aber um folgenden Zusatz ergänzt:

"Der Spruch des Abgabenbescheides wird wie folgt abgeändert:Die Wortfolge "der in der Abgabenberechnung näher bezeichneten Waren" wird durch die Wortfolge "des Fahrzeugs der Marke Jaguar, Type Sovereign 3.6, Fahrgestellnummer: SAJ JHA LH 4AS 545 953, Baujahr 1988, Warennummer: 8703 2490 00" ersetzt."

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 85c Abs. 8 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) iVm § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.

Gemäß § 85c Abs. 7 ZollR-DG steht der Berufungsbehörde der ersten Stufe das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom schrieb das Zollamt Feldkirch dem Bf. gemäß Art 202 Abs 1 Buchst a) Zollkodex (ZK) Abgaben im Gesamtbetrag von EUR 328,28 vor. In der Begründung wird ausgeführt, der Abgabepflichtige sei eigenen Angaben zufolge im Zeitraum Februar 2003 über ein unbesetztes Zollamt in der Nähe von Hohenems aus dem Drittstaat Schweiz kommend in das Zollgebiet der Europäischen Union eingereist. Dabei habe er vorschriftswidrig eine einfuhrzollpflichtige Ware, nämlich ein unverzolltes Fahrzeug der Marke Jaguar, Type Sovereign 3.6, Fahrgestellnummer: SAJ JHA LH 4AS 545 953, Baujahr 1988, ohne Abgabe einer Zollanmeldung in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt. Gestützt wird die Vorschreibung auf die Aktenlage, vor allem auf die am laut Tatbeschreibung der Zollwachabteilung Bangs/MÜG festgestellten Umstände, und auf die dazu von D.K. als Auskunftsperson in der vor dem GP Götzis aufgenommenen Niederschrift vom getätigten Angaben.

Dagegen brachte der Bf. durch seinen ausgewiesenen Vertreter form- und fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung ein. Der Abgabenbescheid wird darin seinem gesamten Inhalt nach angefochten und seine ersatzlose Aufhebung beantragt. Der angefochtene Bescheid sei sowohl materiell als auch verfahrensrechtlich verfehlt. Im Wesentlichen werden Begründungsmängel durch die erstinstanzliche Behörde geltend gemacht und das Unterlassen von eigenen Ermittlungen gerügt. So habe das Hauptzollamt Feldkirch in der Begründung des Abgabenbescheides lapidar auf die vorliegende Aktenlage, insbesondere auf die am festgestellten Umstände verwiesen und den im Bescheid dargelegten Sachverhalt ohne eigenständige Ermittlungen anzustrengen als erwiesen angenommen. Dem gesamten Abgabenbescheid sei keine konkrete Sachverhaltsdarstellung für die entscheidungswesentlichen Fragen zu entnehmen. Insbesondere habe die Behörde erster Instanz keine ausreichenden Feststellungen dahingehend getroffen, welchen konkreten Wert das vermeintlich vorschriftswidrig eingeführte Fahrzeug tatsächlich habe und auch das Ursprungsland des Fahrzeugs wäre nicht ermittelt worden. Hätte die Behörde dies alles getan, wird argumentiert, hätte sich ergeben, dass keine Abgabenpflicht - insbesondere aber keine Zollpflicht - besteht. Weiters wird die Aussage des D.K. anlässlich seiner Einvernahme vor dem Gendarmerieposten Götzis, der Bf. habe das in Rede stehende Fahrzeug in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt, bestritten und im Gegenzug behauptet, D.K. habe dies in seiner Eigenschaft als Vermittler getan. Der Abgabepflichtige selbst habe das gegenständliche Fahrzeug zu keinem Zeitpunkt in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt. Weiters wird die Aussage des D.K. als unrichtig bezeichnet, der Bf. habe für den verfahrensgegenständlichen Pkw 1.500,00 CHF bezahlt; er habe lediglich beabsichtigt, es zu kaufen. Das Fahrzeug habe einer Überprüfung nicht standgehalten, weshalb es am an D.K. retourniert worden wäre. Abschließend wird zwar ein Grenzübertritt über ein unbesetztes Zollamt in der Nähe von Hohenems im fraglichen Zeitraum eingeräumt, die vorschriftswidrige Verbringung des in Rede stehenden Fahrzeuges allerdings bestritten.

Das Zollamt Feldkirch wies als Rechtsmittelbehörde erster Instanz die Berufung mit Berufungsvorentscheidung (BVE) vom als unbegründet ab. Eingangs werden die Tatbeschreibung der Zollwachabteilung Bangs/MÜG vom sowie die Niederschrift des GP Götzis vom über die Einvernahme des D.K. als Auskunftsperson nahezu wörtlich wiedergegeben. Auf Grund dieser Aktenlage, wird im Anschluss daran ausgeführt, sei das HZA Feldkirch davon ausgegangen, dass der Berufungswerber das Fahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht habe. Als Bemessungsgrundlage wäre der von D.K. genannte Kaufpreis von 1.500.- CHF angenommen worden. Nach einer Wiederholung des Berufungsvorbringens, der Wiedergabe von Bestimmungen aus der BAO und Anmerkungen zum abgabenrechtlichen Beweisverfahren, führt die Rechtsmittelbehörde erster Instanz im Wesentlichen begründend aus, der angefochtene Bescheid stütze sich nicht (ausschließlich) auf die Angaben des D.K. in der Niederschrift vom , sondern auch auf mündliche Angaben des Bf. Die Berufungsbehörde habe nach der vorliegenden Aktenlage keinen Zweifel an den Erstangaben des Bf., die erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen. Die Behörde sehe es daher gem § 167 Abs 2 BAO als erwiesen an, dass der Bw. selbst - zusammen mit einer weiteren, unbekannten Person - das verfahrensgegenständliche Fahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht hat.

Mit Schriftsatz vom brachte der Bf. durch seinen ausgewiesenen Vertreter innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde ein. Die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Feldkirch wird darin ihrem gesamten Inhalt nach angefochten und die ersatzlose Aufhebung beantragt. Die angefochtene Entscheidung sei sowohl materiell als auch verfahrensrechtlich verfehlt. Im Wesentlichen werden wiederum Begründungsmängel geltend gemacht und das Unterlassen von eigenen Ermittlungen gerügt. Ausführungen in der BVE, wonach die eigenen mündlichen Angaben des Abgabepflichtigen selbst zur Erlassung des angefochtenen Bescheides geführt hätten, werden in der Beschwerde mit dem Argument bekämpft, das angebliche "Gespräch" (Anmerkung des Senates: Inhalt laut Tatbeschreibung vom ), welches die Abgabenbehörde der Berufungsvorentscheidung zugrunde legt, habe nicht - jedenfalls nicht mit dem von der Abgabenbehörde unterstellten Inhalt - stattgefunden. Der Abgabepflichtige habe zu keinem Zeitpunkt, weder in einem Gespräch noch in einer Vernehmung, eingeräumt, bei der Einbringung des Pkws anwesend gewesen zu sein, noch habe er angegeben, das Fahrzeug auf einem Anhänger über ein unbekanntes Zollamt in der Nähe von Hohenems nach Österreich gebracht zu haben. D.K. in seiner Eigenschaft als Vermittler habe gemeinsam mit einem Bekannten vermutlich zur Nachtzeit das gegenständliche Fahrzeug nach Vorarlberg verbracht. Auch wird bestritten, für den Pkw 1.500,00 CHF bezahlt zu haben; ein Kauf wäre lediglich beabsichtigt gewesen. Tatsächlich wäre zwischen D.K. und dem vermeintlich Abgabepflichtigen zu keinem Zeitpunkt ein Kaufvertrag abgeschlossen worden. Abschließend wird in der Beschwerdeschrift zusammenfassend festgehalten, dass keineswegs erwiesen sei, dass der vermeintlich Abgabepflichtige den in Rede stehenden Pkw ohne Abgabe einer Zollanmeldung in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt habe. Die Verbringung des gegenständlichen Fahrzeuges in das Gemeinschaftsgebiet wäre vielmehr von D.K. durchgeführt und bewerkstelligt worden. Abschließend werden die Anträge gestellt, der Unabhängige Finanzsenat möge den Abgabenbescheid sowie die Berufungsvorentscheidung ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen; in eventu die angefochtenen Bescheide beheben und die Angelegenheit zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Im März 2003 setzte der Gendarmerieposten Götzis die Zollwachabteilung Bangs/MÜG davon in Kenntnis, dass bei einem vermutlich aus der Schweiz stammenden Kraftfahrzeug die Kennzeichen eingezogen wurden, weil dieses nicht zum Verkehr zugelassen war. Im Zuge der weiteren Ermittlungen durch Zollorgane stellte sich heraus, dass das Fahrzeug der Marke Jaguar, Type Sovereign 3.6, Fahrgestellnummer: SAJ LH 4AS 545 953, zuvor auf den in der Schweiz wohnhaften C.S. zugelassen war. Das am Fahrzeug angebrachte Kennzeichen war laut Straßenverkehrsamt St. Gallen nicht mehr gültig und gehörte einem gewissen D.K. Dieser gab beim Gendarmerieposten Götzis zu Protokoll, er wäre von C.S. ersucht worden das Fahrzeug zu verkaufen. Strittig ist nunmehr in erster Linie, wer dieses Fahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht hat. Der Bf. und D.K. belasten sich diesbezüglich gegenseitig.

Nachdem also niemand bereit ist, für die vorschriftswidrige Verbringung die Verantwortung zu übernehmen, ist diese Frage anhand der präsenten Beweismittel zu beantworten. Als Beweismittel im Abgabenverfahren kommt gemäß § 166 BAO alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Wenn Tatsachen bei der Abgabenbehörde nicht offenkundig sind, hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (§ 167 Abs 2 BAO). Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (Ritz, BAO Kommentar, Rz 8 zu § 167 mit Judikaturhinweisen).

Als Beweismittel liegen dem Unabhängigen Finanzsenat im verfahrensgegenständlichen Fall zwei Urkunden, die Tatbeschreibung der Zollwachabteilung Bangs/MÜG vom sowie die Niederschrift des Gendarmeriepostens Götzis vom , vor. Darüber hinaus haben die Vorbringen des Bf. im Rechtsmittelverfahren in der Beweiswürdigung ihren Niederschlag zu finden. Nach der Tatbeschreibung vom räumte der Bf. im Gespräch mit drei namentlich erwähnten Beamten der Zollwachabteilung Bangs/MÜG ein, bei der Verbringung des in Rede stehenden Fahrzeugs in das Gemeinschaftsgebiet anwesend gewesen zu sein. Weiters gab er an, das Fahrzeug sei auf einem Anhänger über ein unbesetztes Zollamt in der Nähe von Hohenems nach Österreich gebracht worden. In der Beschwerde vom bestreitet der Bf. seine ursprüngliche Aussage und behauptet, das in der Tatbeschreibung vom in Abwesenheit der Partei niedergeschriebene Gespräch habe nicht - jedenfalls nicht mit dem von der Abgabenbehörde unterstellten Inhalt - stattgefunden. Zudem wird D.K. die Verbringung des verfahrensgegenständlichen Fahrzeugs in das Gemeinschaftsgebiet angelastet. Für den Unabhängigen Finanzsenat stellen die Aussagen des Bf. in der Beschwerde vom Schutzbehauptungen dar, die durch nichts bewiesen sind. Es ist der belangten Behörde zu folgen, wenn sie argumentiert, Erstangaben würden erfahrungsgemäß der Wahrheit am nächsten kommen. Die Tatbeschreibung vom ist als öffentliche Urkunde zu werten. Öffentliche Urkunden begründen nach § 292 Abs 1 ZPO den vollen Beweis dessen, was darin amtlich verfügt oder erklärt oder von der Urkundsperson bezeugt wird (Ritz, BAO Kommentar, Rz 8 zu § 168). Nach § 292 Abs 2 ZPO ist der Beweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorgangs, der bezeugten Tatsache oder der unrichtigen Beurkundung zulässig. Im verfahrensgegenständlichen Fall wird zwar die Behauptung der Unrichtigkeit aufgestellt, allerdings bleibt der Bf. jeglichen Beweis dafür schuldig! Hingegen sind die in der Tatbeschreibung wiedergegebenen Aussagen des Bf. durchaus plausibel. Er gab Detailwissen zur Einbringung preis, wie etwa den Ort des Grenzübertritts und die Beförderungsart, die den Schluss zulassen, dass er dabei anwesend war. Untermauert wird die Erstaussage des Bf. durch die niederschriftliche Einvernahme des D.K. am GP Götzis vom , wonach der Bf. mit einem Kollegen den Jaguar nach Vorarlberg gebracht habe. Weiters gab D.K. zu Protokoll, er habe den Bf. mehrfach aufgefordert ihm die Kennzeichen zurückzubringen, dieser habe aber nicht reagiert. Hätte D.K. - wie in der Beschwerde behauptet - "gemeinsam mit einem Bekannten vermutlich zur Nachtzeit" das Fahrzeug nach Vorarlberg verbracht, hätte er wohl nach der Überstellung die Kennzeichen an sich genommen und somit in weiterer Folge deren Rückgabe nicht urgieren müssen. Auch zweifelt der Unabhängige Finanzsenat nicht an dem von D.K. genannten Kaufpreis, weil dieser kein Motiv hatte, einen höheren als den tatsächlich gezahlten zu nennen. Der Bf. hingegen hatte, im Bewusstsein, dass die Ermittlungen der Zollorgane auch konkrete Auswirkungen haben werden, sehr wohl ein Interesse einen niedrigeren Kaufpreis anzugeben. Weiters erscheint die Aussage unglaubwürdig, der Abgabepflichtige habe lediglich beabsichtigt, das gegenständliche Fahrzeug zu kaufen und es wäre zwischen D.K. und dem vermeintlich Abgabepflichtigen zu keinem Zeitpunkt ein Kaufvertrag geschlossen worden. Der Bf. hat laut der bereits mehrfach erwähnten Tatbeschreibung nicht nur gegenüber der Gendarmerie von "seinem" Jaguar gesprochen, sondern mit den ermittelnden Zollbeamten konkret über geplante Reparaturarbeiten am Auto und die nachfolgende Zulassung in Liechtenstein geredet. Das Entstehen einer Zollschuld gemäß Art 202 ZK ist aber ohnehin an den Tatbestand des vorschriftswidrigen Verbringens in das Zollgebiet geknüpft, unabhängig davon, ob dem Verbringen ein Kaufgeschäft zugrunde liegt.

In der Berufung vom wird behauptet, das Fahrzeug habe der durchgeführten Überprüfung nicht standgehalten, weshalb es am wiederum an D.K. retourniert worden wäre. Tatsächlich ist das Fahrzeug nach Aussage eines Mitarbeiters jenes Betriebes, auf dessen Gelände es damals abgestellt war, verschwunden. Diese Handlung ist im Kontext mit den sonstigen Aussagen des Bf. zur Sache nicht schlüssig. Wenn sich der Sachverhalt so ereignet hätte, wie der Bf. es dargestellt hat, nämlich dass D.K. das Auto über die Grenze brachte und sich die Autoschlüssel behielt (lt Tatbeschreibung), dann ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Bf. das Auto retournieren (lt. Duden Fremdwörterbuch: Waren zurücksenden, zurückgeben, -bringen) sollte bzw wie er das ohne Verfügungsgewalt über das Auto bewerkstelligt haben will.

Den in der Beschwerde zur angefochtenen Entscheidung gerügten Begründungsmangel vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Sachverhalt, den die Behörde als erwiesen angenommen hat, ist durch die nahezu wörtliche Wiedergabe der Tatbeschreibung der Zollwachabteilung Bangs/MÜG vom sowie die Niederschrift des GP Götzis vom hinreichend dargelegt. Die Bekanntgabe der Bemessungsgrundlage wurde gegenüber dem Erstbescheid nachgeholt. Da die Berufungsvorentscheidung auch Erwägungsgründe und eine Darstellung der rechtlichen Beurteilung enthält, kann der Unabhängige Finanzsenat in der angefochtenen Entscheidung keinen Begründungsmangel feststellen. Abgesehen davon, dass dem Umstand einer ganz oder teilweise fehlenden Begründung mit einem Antrag nach § 245 Abs 2 BAO auf deren Mitteilung zu begegnen wäre, kann ein derartiger Mangel im ordentlichen Rechtsmittelverfahren noch saniert werden (). Auch bleibt es der Behörde grundsätzlich unbenommen, ob sie eigenständige, ergänzende Ermittlungen durchführt, oder ob sie ihre Entscheidung nach der Aktenlage trifft. Wie bereits in der angefochtenen Entscheidung dargelegt, dürfen im Abgabenverfahren auch Beweismittel verwendet werden, die andere Behörden erhoben haben. Eine unmittelbare Beweisaufnahme ist im Abgabenverfahren nicht erforderlich (Ritz, BAO Kommentar, Rz 1 zu § 183). Der Bf. rügt zwar das Unterlassen von Ermittlungen durch das Zollamt Feldkirch, konkrete Beweisanträge hat er aber weder in der Berufung vom noch in der Beschwerde vom gestellt. Auch brauchte die belangte Behörde nicht das Ursprungsland des Fahrzeugs feststellen, weil es im Zollverfahren der Partei obliegt, den Ursprung nachzuweisen und damit allenfalls eine Zollbefreiung zu erwirken.

Nachdem die Möglichkeit, dass der Bf. das Fahrzeug vorschriftswidrig in das Gemeinschaftsgebiet verbracht hat, gegenüber der Möglichkeit, dass dies durch D.K. erfolgt ist, aus den oben genannten Gründen eine überragende Wahrscheinlichkeit hat, nimmt der Unabhängige Finanzsenat das vorschriftswidrige Verbringen des verfahrensgegenständlichen Fahrzeugs über ein unbesetztes Zollamt in der Nähe von Hohenems durch den Bf. als erwiesen an. Durch sein Vorgehen hat er gegen die Vorschrift des Art 38 ZK verstoßen, wonach die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachten Waren vom Verbringer unverzüglich und gegebenenfalls unter Benutzung des von den Zollbehörden bezeichneten Verkehrsweges zu der von den Zollbehörden bezeichneten Zollstelle (....) zu befördern sind. In Ergänzung zu dieser Bestimmung normiert § 20 ZollR-DG, dass Waren, abgesehen von Ausnahmen die hier nicht zum Tragen kommen, nur auf Zollstraßen über die Zollgrenze verbracht werden dürfen. Zollstraßen sind unter anderem Landstraßen, die über die Zollgrenze führen und an denen eine Zollstelle, ausgenommen ein Zollposten, errichtet ist. Durch das vorschriftswidrige Verbringen ist für den Bf. gemäß Art 202 Abs 1 Buchst a) und Abs 3 ZK die Abgabenschuld in der genannten Höhe entstanden.

Zur Abänderung des angefochtenen Bescheides:

Nach § 289 Abs 2 BAO, der im Rechtsbehelfsverfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat gemäß § 85c Abs 8 ZollR-DG sinngemäß gilt, hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz, außer in den Fällen des Absatzes 1, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Bei der Prüfung des Verwaltungsaktes stellte der Senat fest, dass der Spruch des Abgabenbescheides vom , Zahl 900/90125/04/2003, auf "in der Abgabenberechnung näher bezeichnete Waren" verweist. Die verfahrensgegenständliche Ware ist zwar in der Begründung mit der Umschreibung "Fahrzeug der Marke Jaguar, Type Sovereign 3.6, Fahrgestellnummer: SAJ JHA LH 4AS 545 953, Baujahr 1988" dargestellt, in der Abgabenberechnung fehlt jedoch die Warenbeschreibung sowie die entsprechende tarifarische Einreihung. Nachdem die Abweisung der Berufung als unbegründet so zu werten ist, als ob die Berufungsbehörde einen mit dem angefochtenen Bescheid im Spruch übereinstimmenden Bescheid erlassen hätte (Ritz, BAO Kommentar2, Rz 3 zu § 289), und damit der mangelhafte Spruch des Erstbescheides in die Berufungsvorentscheidung Eingang gefunden hat, war der Spruch der angefochtenen Entscheidung entsprechend abzuändern und spruchgemäß zu entscheiden.

Salzburg,

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 202 Abs. 1 Buchstabe a ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
Art. 38 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
§ 20 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Zollschuldentstehung
vorschriftswidrige Verbringung
Beweiswürdigung

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