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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 18.09.2008, RV/0267-I/08

Keine Diskriminierung eines Grenzgängers, wenn dt. Steuerbefreiung in Ö nicht angewandt wird

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., Adr., vertreten durch Wirtschaftstreuhand Kufstein, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kufstein Schwaz vom betreffend Abweisung des Antrages auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für 2005 vom entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der in N. wohnhafte Abgabenpflichtige ist als Grenzgänger in Deutschland nicht selbständig beschäftigt. Im Berufungsjahr hat er von der Möglichkeit der sogenannten Alterteilzeit Gebrauch gemacht. Nach dem deutschen Altersteilzeitgesetz erhält der Arbeitgeber, der den Teilzeitlohn des Arbeitnehmers auf einen gewissen Betrag "aufstockt", diesen Betrag von der Bundesanstalt für Arbeit erstattet. Dieser Aufstockungsbetrag wurde seitens des Finanzamtes Kufstein im Einkommensteuerbescheid für 2005 vom den steuerpflichtigen Bezügen hinzugerechnet.

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Berufung mit der Begründung erhoben, dass dieser Aufstockungsbetrag steuerfrei zu belassen und nur als Progressionseinkünfte zu behandeln wäre. Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen. Der Einkommensteuerbescheid vom blieb unverändert.

Mit Bescheid gemäß § 299 BAO vom hat das Finanzamt den Bescheid vom aufgehoben und gleichzeitig einen neuen Einkommensteuerbescheid für 2005 erlassen, in welchem die rechtswidrigerweise als Sonderzahlung behandelte BEZ-Vergütung (Beschäftigung Erfolg Zukunft) nunmehr den laufenden Bezügen zugerechnet wurde.

Gegen diesen Bescheid wurde am neuerlich Berufung mit der Begründung erhoben, dass der Aufstockungsbetrag nicht den nichtselbständigen Einkünften zuzurechnen sei. Die Berufung wurde als verspätet zurückgewiesen. Daraufhin stellte der Abgabepflichtige einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Begründung, dass eine Diskriminierung von Grenzgängern vorliege, zumal der Aufstockungsbetrag in Deutschland unter Progressionsvorbehalt steuerfrei gestellt sei. Dieser Antrag wurde vom Finanzamt mangels neu hervorgekommener Tatsachen oder Beweismittel abgewiesen.

Schließlich stellte der Abgabepflichtige am - somit noch rechtzeitig - einen Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom gemäß § 299 BAO. Begründend wird ausgeführt, dass die Aufstockungsbeträge zum Entgelt für die Alterteilzeit eine Art Durchläufer seien, weil diese von der Agentur für Arbeit dem Arbeitgeber erstattet und von diesem brutto für netto an den Arbeitnehmer weitergegeben würden. Diese seien nach § 3 Z 28 des deutschen EStG steuerfrei gestellt und unterlägen dem Progressionsvorbehalt nach § 32b leg.cit. Aufgrund der Entscheidung des UFS Linz vom , RV/0347-L/06, dürfe keine dem Europarecht widersprechende Diskriminierung von Grenzgängern vorliegen und einem im anderen Mitgliedstaat tätigen Arbeitnehmer eine steuerliche Begünstigung versagt werden. Unter Hinweis auf die EAS des BMF, GZ 04 1482/18-IV/4/01, vom wurde daher beantragt, die Aufstockungsbeträge ebenfalls unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung freizustellen bzw. den insofern rechtwidrigen Bescheid aufzuheben.

Dieser Antrag wurde vom Finanzamt abgewiesen und die rechtzeitig dagegen erhobene Berufung dem unabhängigen Finanzsenat direkt zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist somit die Frage, ob die sogenannten Aufstockungsbeträge analog zur deutschen Rechtslage in Österreich unter Progressionsvorbehalt steuerfrei zu belassen sind, um eine Diskriminierung von Grenzgängern zu vermeiden.

Durch das deutsche Altersteilzeitgesetz (dt. BGBl. I 1078 vom , zuletzt geändert durch VO vom ) soll älteren Arbeitnehmern ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht werden. Die Bundesagentur für Arbeit fördert durch Leistungen nach diesem Gesetz die Teilzeitarbeit älterer Arbeitnehmer, die ihre Arbeitszeit vermindern und damit die Einstellung eines sonst arbeitslosen Arbeitnehmers ermöglichen. Die Förderung besteht u.a. konkret in der Erstattung des Aufstockungsbetrages gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a leg.cit., das ist jener Betrag, mit welchem der Arbeitgeber das Regelarbeitsentgelt für die Alterteilzeitarbeit aufstockt. Die Erstattung dieses Betrages ist an diverse weitere betriebliche Voraussetzungen geknüpft.

Gemäß § 3 Z 28 dt. EStG sind Aufstockungsbeträge im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a des Altersteilzeitgesetzes steuerfrei. Die steuerfreien Aufstockungsbeträge zum Arbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit unterliegen dem Progressionsvorbehalt nach § 32 dt. EStG. Der Progressionsvorbehalt bewirkt, dass die Aufstockungsbeträge zwar steuerfrei bleiben, dass aber das übrige steuerpflichtige Einkommen mit dem Steuersatz besteuert wird, der sich ergäbe, wenn die Aufstockungsbeträge der Steuerpflicht unterliegen würden.

Aufgrund Art. 15 Abs. 6 DBA-Deutschland verbleibt bei einem Grenzgänger nach Deutschland das Besteuerungsrecht dem Ansässigkeitsstaat, also Österreich. Damit kommt das österreichische Einkommensteuergesetz zur Anwendung, dem - für das Berufungsjahr 2005 - eine dem deutschen Einkommensteuerrecht vergleichbare Befreiungsbestimmung fremd ist. Keinesfalls kann nun das Diskriminierungsverbot so weit ausgelegt werden, dass die österreichische Finanzverwaltung "gezwungen" wäre, Steuergesetze anderer Staaten - im konkreten Fall die zitierten deutschen einkommensteuerrechtlichen Bestimmungen - anzuwenden.

Tatsächlich liegt auch der vom Bw. zitierten Entscheidung des UFS Linz ein völlig anders gelagerter Sachverhalt zugrunde. Hier wurde einem in Österreich ansässigen und steuerpflichtigen Grenzgänger - gerade aufgrund seiner Grenzgängereigenschaft - eine nach österreichischem Einkommensteuergesetz bestehende Begünstigung nämlich die gemäß § 67 Abs. 7 EStG für Pämien für Verbesserungsvorschläge versagt. Nach EU-Recht ist es nicht erlaubt, einen Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates, der in einem anderen Mitgliedstaat einer Arbeitnehmertätigkeit nachgeht, bei der Erhebung direkter Steuern schlechter zu behandeln als eigene Staatsangehörige, die ihre überwiegenden Einkünfte im Inland erzielen (vgl. Koenig/Haratsch, Europarecht, 4. Auflage, RZ. 605). Eine derartige Diskriminierung liegt aber im Fall des Bw. nicht vor, da er im Vergleich zu anderen, dem österreichischen Steuerrecht unterliegenden Steuerpflichtigen nicht schlechter gestellt wurde.

Gemäß § 25 EStG zählen zu den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit (Arbeitslohn) alle Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis. Wie oben bereits aufgezeigt, wird der Aufstockungsbetrag vom Arbeitgeber aufgewendet und diesem (nur) bei Erfüllung bestimmter, von der Person des Teilzeitarbeiters völlig unabhängiger Voraussetzungen seitens der Bundesagentur für Arbeit ersetzt. Der Aufstockungsbetrag stellt daher keinen wie immer gearteten versicherungsrechtlichen Anspruch des Arbeitnehmers gegenüber der als Sozialversicherungsträger auftretenden Bundesagentur für Arbeit dar (vgl. Holzapfl, SWI 5/2008, 209). Demgemäß greift auch keine der in § 3 Abs. 1 des österreichischen EStG in der für das Jahr 2005 geltenden Fassung aufgezählten Befreiungsbestimmungen, insbesondere auch nicht die unter Z 5 aufgezählten Transferleistungen. Das Vorliegen einer solchen Transferleistung wurde vom Bw. aber auch gar nicht explizit behauptet, wobei aber das Vorbringen, wonach es sich bei den Erstattungsbeträgen für die Aufstockungsbeträge um Durchläufer handle, in diese Richtung geht.

Der vom deutschen Arbeitgeber dem österreichischen Grenzgänger gewährte Lohnausgleich in Gestalt des Aufstockungsbetrages ist sachlich mit dem Lohnausgleich im Sinn der Altersteilzeitregelung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AIVG) vergleichbar. In Ermangelung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben zur Vereinheitlichung der Einkommensbesteuerung sind bei der Ermittlung und Besteuerung von Grenzgängereinkünften ausschließlich inländische Kriterien bzw. Rechtsvorschriften anzuwenden (vgl. Holzapfl, aaO). Eine unterschiedliche Ausgestaltung der Befreiungstatbestände in den Einkommensteuergesetzen der einzelnen Mitgliedsstaaten stellt dabei keineswegs per se einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot dar.

Nur der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass § 3 Abs. 1 Z 5 lit d EStG 1988 durch das BudgBeglG 2007 (BGBl. I Nr. 24/2007) mit Wirksamkeit insoweit geändert wurde, als das (österreichische) Altersteilzeitgeld gemäß § 27 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes ebenfalls steuerfrei gestellt wurde. Die Beurteilung, inwieweit der Aufstockungsbetrag nach dem deutschen Altersteilzeitgesetz und das Altersteilzeitgeld nach dem österreichischen Arbeitslosenversicherungsgesetz inhaltlich gleich gestaltet sind und daher einander entsprechen, ist jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Soweit sich der Bw. auf die Einzelanfragenbeantwortung des BMF beruft, ist festzuhalten, dass der unabhängige Finanzsenat nicht an die Rechtsansicht des BMF gebunden ist.

Der Einkommensteuerbescheid für 2005 vom ist daher nicht mit Rechtswidrigkeit behaftet, weshalb der Antrag auf dessen Aufhebung abzuweisen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Aufstockungsbetrag
Altersteilzeitgeld
Grenzgänger

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at