Verpflegungsmehraufwand eines Lokführers
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Miterledigte GZ: |
---|
RV/0072-L/11 |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des W H, Adresse1, vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom bzw. betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2008 und 2009 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Abgabepflichtige erklärte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2008 und 2009 u.a. auch Reisekosten in Höhe von 391,60 € bzw. 448,80 € als Werbungskosten.
Mit Vorhalt vom forderte das Finanzamt - betreffend der jetzt strittigen Punkte des Jahres 2009 - den Abgabepflichtigen auf, Sonderausgaben, Werbungskosten und außergewöhnliche Belastungen - soweit beantragt - durch Vorlage entsprechender Unterlagen und Belege nachzuweisen. Zusätzlich wurde ersucht, eine Aufstellung und Berechnung zu den geltend gemachten Reisekosten in Höhe von 448,80 € einschließlich der dazugehörigen Reisekostenabrechnungen mit dem Arbeitgeber (Steuerfreie Reisekostenersätze lt. Lohnzettel von 3.747,96 €) und mangels bisheriger Überprüfung der Erklärungsangaben die vorstehend genannten belegmäßigen Nachweise auch für das Kalenderjahr 2008 vorzulegen.
Der Einkommensteuerbescheid für 2009 wurde vom Finanzamt mit erlassen und die Änderungen gegenüber den Erklärungsdaten folgendermaßen begründet:
"Die vom Arbeitgeber eingehaltenen Beträge für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden und Interessenvertretungen (z.B. Gewerkschaftsbeiträge) werden bereits bei der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt (§ 62 Abs. 2 Z 1 EStG 1988). Ein nochmaliger Abzug im Rahmen des Veranlagungsverfahrens ist daher nicht möglich. Da sie trotz Aufforderung die noch benötigten Unterlagen nicht beigebracht haben, konnten die geltend gemachten Aufwendungen nur insoweit berücksichtigt werden, als die Beweismittel vorlagen. Hinsichtlich der Abweichungen gegenüber Ihrer Erklärung wird auf die diesbezügliche (telefonische) Besprechung verwiesen."
Mit Schriftsatz vom erhob der Abgabepflichtige Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2009, die er im Wesentlichen so begründete:
"Bei meinem Einkommensteuerbescheid wurden die beantragten Reisekosten in von 448,80 € nicht berücksichtigt. Dies waren die Frühstückskosten von 4,40 € je Frühstück. Die Aufstellung liegt bei Ihnen bereits auf. Ich ersuche Sie daher um Korrektur meiner Arbeitnehmerveranlagung und stelle den Antrag auf Neuberechnung meines Einkommensteuerbescheides für 2009."
Mit Vorhalt (betr. 2008) vom wurden im Wesentlichen ersucht die gleichen Fragen wie im Vorhalt vom zu beantworten bzw. die entsprechenden Belege vorzulegen.
Ergänzend wurde ausgeführt, der Abgabepflichtige möge zur Erledigung der Berufung betreffend Einkommensteuer 2009 auch für dieses Jahr die Reisekostenabrechnungen vorlegen und die Begründung dahingehend ergänzen, aus welchen rechtlichen Gründen eine Berücksichtigung von Frühstückskosten zu gewähren sei.
Im Einkommensteuerbescheid für 2008 vom wurden entsprechende Änderungen gegenüber der Erklärung gemacht und zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen betreffend 2009 verwiesen. Ergänzend dazu wurde noch darauf hingewiesen, dass weder für das Kalenderjahr 2009 noch für das Kalenderjahr 2008 die angeforderten Reisekostenabrechnungen mit dem Arbeitgeber vorgelegt wurden, sodass eine verlässliche Prüfung über das Vorliegen von Nächtigungen während der Dienstreisen und die steuerfreien Vergütungen von Tages- und Nächtigungsgeldern nicht vorgenommen werden konnte.
Mit Schreiben vom wurde mit gleicher Begründung wie gegen den Einkommensteuerbescheid für 2009 Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 erhoben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen:
"Ihrer Begründung, in der Rz 317 der LSRL sei normiert, dass ein Dienstreisender Frühstückskosten von 4,40€ geltend machen könne, wenn eine Nächtigung vorliegt und Kosten für ein Frühstück auch dann zustünden, wenn dem Arbeitnehmer aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift eine Tagesgebühr ausbezahlt wird ,die rechnerisch die Frühstückskosten umfasst, ist entgegenzuhalten, dass dies nur insoweit zutrifft, als eine Reise nach § 16 Abs.1 Z 9 EStG 1988 vorliegt. Ab Begründung eines weiteren Mittelpunktes der Tätigkeit liegt allerdings keine Reise mehr vor, weshalb ab diesem Zeitpunkt die Kosten nicht mehr als Werbungskosten anzuerkennen sind. Ein solcher Mittelpunkt liegt aber im gegenständlichen Fall jedenfalls vor, weil eine Fahrtätigkeit hinsichtlich des Fahrzeuges einen weiteren Mittelpunkt der Tätigkeit begründet, wenn die Fahrtätigkeit innerhalb des von einem Verkehrsunternehmen als Arbeitgeber auf einem ständig befahrenen Schienennetz erfolgt. Und sohin liegen die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung von Frühstückskosten nicht vor, sodass die Berufung als unbegründet abzuweisen war."
Mit Schreiben vom beantragte der Berufungswerber die Vorlage der Berufung an die Angabenbehörde zweiter Instanz und führte ergänzend aus:
"Das EStG regelt im § 16 Abs. 1 Zi. 9 Nachstehendes: "Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Zi. 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Dabei steht das volle Taggeld für 24 Stunden zu. Höhere Aufwendungen sind dabei nicht zu berücksichtigen".
Soweit der Gesetzesauszug. Die Lohnsteuerrichtlinien stellen dabei nur eine Auslegung des Gesetzestextes dar. Als Mitarbeiter eines Verkehrsunternehmens sind Dienstreisen zwangsläufig zu den unterschiedlichsten Zielen gegeben. Es ist daher unmöglich, in den jeweiligen Orten die günstigsten Verpflegungsmöglichkeiten jeweils zu kennen. Daher kann kein neuer Mittelpunkt einer Tätigkeit vorliegen. Entscheidend für die Berücksichtigung von Frühstückskosten ist die auswärtige Nächtigung. Dies war in meinem Fall immer gegeben. Die Frühstückskosten waren daher Mehraufwendungen im Vergleich zu den Kosten eines Frühstückes zu Hause. Um den Verwaltungsaufwand für den Dienstnehmer als auch für die Finanzbehörde so gering wie möglich zu halten, wurde ein Pauschalbetrag von € 4,40 festgelegt. Ich stelle daher den Antrag auf Vorlage in die 2. Instanz. Diese möge folgenden Spruch fällen: "Die von Herrn WH beantragten Frühstückskosten sind zur Gänze anzuerkennen. Die Berufungsvorentscheidung des FA Grieskirchen ist dahingehend zu korrigieren."
Im Akt liegt die Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales vom auf und weiters ist ein undatierter Aktenvermerk "Lokführer, unregelmäßiger Dienst, Fahrt mit eigenem Auto lt. Akt" darauf geschrieben. Weiters liegen Reiseaufstellungen für 2008 und 2009 im Akt, in dem das Reisedatum, ein Bahnhofsname und der jeweils gleich bleibende Betrag von 4,40 € angeführt sind.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Berufungswerber begehrt in seiner Berufung die Anerkennung für Verpflegungsmehraufwand (Kosten von 4,40 € für Frühstück pro Fahrt) in Zusammenhang mit seiner Fahrtätigkeit als Lokführer.
Der Berufungswerber ist als Lokführer bei der ÖBB angestellt. Die von ihm ausgeübte Fahrtätigkeit wird innerhalb des vom Verkehrsunternehmens (ÖBB) als Arbeitgeber auf einem ständig befahrenen Schienennetz ausgeübt.
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, der unbestrittenen Darstellung in der Berufungsvorentscheidung vom sowie aus den vorgelegten Aufzeichnungen (für 2008 und 2009) über die Fahrtätigkeit, für die Diäten begehrt werden.
Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten. Nach Z 9 dieser Gesetzesstelle stellen Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft (Reisekosten) bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen Werbungskosten dar. Diese Aufwendungen sind ohne Nachweis ihrer Höhe als Werbungskosten anzuerkennen, soweit sie die sich aus § 26 Z 4 leg. cit. ergebenden Beträge nicht übersteigen. Höhere Aufwendungen für Verpflegung sind nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und 2 lit. a EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen aufgewendeten Beträge und Aufwendungen und Ausgaben für die Lebensführung, diese selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden.
Tagesgelder ersetzen einem eine beruflich veranlasste Reise durchführenden Arbeitnehmer jenen Verpflegungsmehraufwand, der ihm deshalb entsteht, weil ihm die günstigen Verpflegungsmöglichkeiten am Ort seines dienstlichen Tätigwerdens nicht bekannt sind. Nach Ablauf einer bestimmten Zeit ist in typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen, dass ihm diese günstigen Verpflegungsmöglichkeiten bekannt geworden sind und er sich in einer vergleichbaren Lage wie jeder andere Arbeitnehmer befindet, der nicht auf Reise ist, sich aber auch außerhalb seines Haushaltes verpflegt (siehe Zorn, in: Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 2 zu § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988, und die darin angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Verpflegungsmehraufwendungen bzw. Tagesdiäten sind somit nur - andernfalls liegen nicht abzugsfähige Kosten der normalen Lebensführung vor - bei Vorliegen einer "beruflich veranlassten Reise" anzuerkennen. Der Verwaltungsgerichtshof legt den Begriff einer beruflich veranlassten Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 danach aus, ob auf Grund des Ortswechsels gegenüber dem Ort der ständigen Tätigkeit ein Verpflegungsmehraufwand angenommen werden muss. Dabei geht er davon aus, dass der Steuerpflichtige außerhalb des Ortes seiner ständigen Tätigkeit die (kostengünstigen) Verpflegungsmöglichkeiten nicht kennt und sich daraus ein Mehraufwand ergibt (vgl. dazu auch Zorn: in: Hofstätter/Reichel, a.a.O., Tz 2 zu § 4 Abs. 5 EStG 1988, sowie ; ; ). Eine "Reise" liegt nach übereinstimmender Lehre, Rechtsprechung und Verwaltungspraxis (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz 77 ff zu § 16 EStG 1988; Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Tz 173 zu § 16 EStG 1988, und die dort angeführte Judikatur) dann vor, wenn sich der Steuerpflichtige zwecks Verrichtung beruflicher Obliegenheiten oder sonst aus beruflichem Anlass vom Mittelpunkt seiner Tätigkeit entfernt, die Entfernung mindestens 25 km beträgt, bei Inlandsreisen eine Reisedauer von mehr als drei Stunden bzw. bei Auslandsreisen eine Reisedauer von mehr als fünf Stunden vorliegt und kein weiterer Mittelpunkt seiner Tätigkeit begründet wird.
Mittelpunkt der Tätigkeit ist jedenfalls der Ort der Betriebsstätte, in welcher der Steuerpflichtige Innendienst verrichtet. Mittelpunkt der Tätigkeit kann aber nicht nur ein (statischer) einzelner Ort (politische Gemeinde) oder ein mehrere Orte umfassendes Einsatzgebiet sein, sondern es kann - wie das Finanzamt bereits in der gegenständlichen Berufungsvorentscheidung richtig ausgeführt hat - auch eine Fahrtätigkeit hinsichtlich des Fahrzeuges einen (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit begründen, wenn die Fahrtätigkeit regelmäßig in einem lokal eingegrenzten Bereich (z.B. ständige Fahrten für ein Bezirksauslieferungslager, Einsatzfahrten im Wirkungsbereich eines Gendarmeriepostens oder eines örtlich zuständigen Straßendienstes) ähnlich einer Patrouillentätigkeit ausgeführt wird (vgl. ), die Fahrtätigkeit auf (nahezu) gleich bleibenden Routen ähnlich einem Linienverkehr erfolgt (z.B. Zustelldienst, bei dem wiederkehrend die selben Zielorte angefahren werden) oder die Fahrtätigkeit innerhalb des von einem Verkehrsunternehmen als Arbeitgeber ständig befahrenen Liniennetzes oder Schienennetzes erfolgt (z.B. Lokführer oder Zugbegleiter der ÖBB, Kraftfahrer eines Autobusliniendienstes und zwar hinsichtlich des gesamten Netzes, das vom jeweiligen Verkehrsunternehmen als Arbeitgeber betrieben wird).
Im vorliegenden Fall erfolgt die Fahrtätigkeit innerhalb des von einem Verkehrsunternehmen als Arbeitgeber (ÖBB) ständig befahrenen Schienennetzes als Lokführer. Damit wird somit ein neuer Mittelpunkt der Tätigkeit begründet.
Begründet nun der Steuerpflichtige einen solchen (weiteren) Mittelpunkt der Tätigkeit, so ist der Aufenthalt an diesem keine Reise im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988, sodass eine Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen nicht erfolgen kann. In diesem Fall ist, wie bereits oben ausgeführt, in typisierender Betrachtungsweise davon auszugehen, dass die günstigen Verpflegungsmöglichkeiten bekannt sind und daher kein zu Werbungskosten führender Mehraufwand für Verpflegung entsteht.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at