Zurückweisung der Berufung weil nicht fristgerecht eingebracht
Entscheidungstext
Bescheid
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Mag. Norbert TANZER, Rechtsanwalt, 6410 Telfs, Obermarkt 2, gegen die Bescheide des Finanzamtes A vom betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für den Zeitraum 2004 bis 2008 beschlossen:
Die Berufung wird gemäß § 273 Abs. 1 lit. b der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Begründung
In Folge einer die berufungsgegenständlichen Jahre umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung erließ das Finanzamt am in wiederaufgenommenen Verfahren neue Bescheide betreffend die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2004 bis 2008.
Am beantragte der steuerliche Vertreter der berufungswerbenden Kommanditgesellschaft (in Folge: Berufungswerberin) die Berufungsfrist bezüglich jener Feststellungsbescheide bis zum zu verlängern. Diesem Antrag entsprach das Finanzamt mit Bescheid vom .
Am wurde durch den nunmehr einschreitenden Rechtsanwalt per Fax eine Berufung beim Finanzamt eingebracht. Auf dem Deckblatt wurden untereinander die Berufungswerberin, der Name des Komplementärs und die gemeinsame Adresse von Berufungswerberin und Komplementär angeführt. Laut ebendiesem Deckblatt richtete sich die Berufung gegen die "Einkommensteuer Bescheide 2004 bis 2008".
Auf der zweiten Seite der Berufung fand sich ua folgender Inhalt:
"In umseits bezeichneter Rechtssache teilt Herr [Komplementär] mit, dass er Herrn [Rechtsanwalt] mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt hat. Der ausgewiesene Vertreter beruft sich auf die ihm erteilte Vollmacht.
Unter einem erstattet [Komplementär] gegen den
Einkommensteuerbescheid 2004 vom
Einkommensteuerbescheid 2005 vom
Einkommensteuerbescheid 2006 vom
Einkommensteuerbescheid 2007 vom
Einkommensteuerbescheid 2008 vom
samt den jeweilig korrespondierenden Bescheiden über die Anspruchszinsen zur [Steuernummer der Berufungswerberin] des [Finanzamtes] innerhalb offener Frist nachstehende
Berufung:
Die Bescheide werden insoweit angefochten, dass diese eine Einkommensteuer
Einkommensteuerbescheid 2004 vom über Euro [xxx]
Einkommensteuerbescheid 2005 vom über Euro [xxx]
Einkommensteuerbescheid 2006 vom über Euro [xxx]
Einkommensteuerbescheid 2007 vom über Euro [xxx]
Einkommensteuerbescheid 2008 vom über Euro [xxx]
festgesetzt wurde sowie die dazu korrespondierenden Bescheide über die Anspruchszinsen zur Gänze.
[...]
Es wird daher gestellt der
Antrag,
die Berufungsbehörde möge der Berufung Folge geben und die erstinstanzlichen Bescheide dahingehend abändern, dass die Einkommensteuer im Jahre 2004 mit Euro [xxx], 2005 mit Euro [xxx], 2006 mit Euro [xxx], 2007 mit Euro [xxx] und für 2008 mit Euro [xxx] festgesetzt wird und die jeweilig korrespondierenden Bescheide über die Anspruchszinsen ersatzlos beheben;
[...]."
Am Ende dieses Schriftsatzes wurde der Name des Komplementärs angefügt.
Am richtete das Finanzamt an die Berufungswerberin zu Handen des Komplementärs einen Mängelbehebungsauftrag und trug darin die Behebung folgender Mängel bis zum auf:
Fehlen eines Inhaltserfordernisses gemäß § 250 Abs. 1 BAO, und zwar
"Die genaue Bezeichnung der Bescheide, gegen die sich die Berufung richtet."
Fehlen der Unterschrift gemäß § 85 Abs. 2 BAO
"Für die [Berufungswerberin] liegt keine Bevollmächtigung von Herrn [Rechtsanwalt] vor."
Am wurde dem Finanzamt durch den einschreitenden Rechtsanwalt - laut einem Begleitschreiben - "[...] die Berufung verbessert retourniert."
Auf dem nunmehrigen Deckblatt der Berufung wird zunächst angeführt:
"[Berufungswerberin], vertreten durch [Komplementär]
[gemeinsame Adresse]
[Komplementär]
[gemeinsame Adresse]"
Laut ebendiesem Deckblatt richtet sich die Berufung nunmehr gegen den "Feststellungsbescheid der einheitlich gesonderten Gewinnfestsetzung" und die "Einkommensteuerbescheide 2004 bis 2008".
Auf der zweiten Seite der "verbesserten" Berufung findet sich nunmehr ua der folgende - im Gegensatz zur ursprünglich eingebrachten Berufung veränderte - Inhalt:
"In umseits bezeichneter Rechtssache teilen Herr [Komplementär] sowie die Fa. [Berufungswerberin], vertreten durch den Herrn [Komplementär], mit, dass sie [Rechtsanwalt] mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt und bevollmächtigt haben. Der ausgewiesene Vertreter beruft sich auf die ihm erteilte Vollmacht.
Unter einem erstatten die Berufungswerber gegen den Bescheid über die einheitliche gesonderte Gewinnfestsetzung im Zeitraum 2004 bis 2008, sowie die darauf erlassenen Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2004 vom , für das Jahr 2005 vom , für das Jahr 2006 vom , für das Jahr 2007 vom und für das Jahr 2008 vom samt den jeweilig korrespondierenden Bescheiden über die Anspruchszinsen zur [Steuernummer Berufungswerberin] des [Finanzamtes] innerhalb offener Frist nachstehende
Berufung:
Die Bescheide werden insoweit angefochten, dass eine Einkommensteuer für 2004 über Euro [xxx], für 2005 über Euro [xxx], für 2006 über Euro [xxx], für 2007 über Euro [xxx] und für 2008 über Euro [xxx] festgesetzt wurde sowie die dazu korrespondierenden Bescheide über die Anspruchszinsen zur Gänze.
[...]
Es wird daher gestellt der
Antrag,
die Berufungsbehörde möge der Berufung Folge geben und die erstinstanzlichen Bescheide dahingehend abändern, dass die Einkommensteuer im Jahre 2004 mit Euro [xxx], 2005 mit Euro [xxx], 2006 mit Euro [xxx], 2007 mit Euro [xxx] und für 2008 mit Euro [xxx] festgesetzt wird und die jeweilig korrespondierenden Bescheide über die Anspruchszinsen ersatzlos beheben;
[...]."
Am Ende dieses Schriftsatzes scheint abermals nur der Name des Komplementärs auf.
Die Berufung wurde ohne Berufungsvorentscheidung direkt der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgelegt.
Die Abgabenbehörde zweiter Instanz stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Die im gegenständlichen Berufungsverfahren angefochtenen Bescheide betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2004 bis 2008, allesamt vom wurden am zugestellt. Aufgrund der Stattgabe des eingereichten Fristverlängerungsantrages vom mit Bescheid vom endete die Berufungsfrist für die verfahrensgegenständlichen Feststellungsbescheide wie beantragt am .
In der am eingebrachten Berufung führte der einschreitende Rechtsanwalt ausdrücklich an, vom Komplementär beauftragt und bevollmächtigt zu sein und brachte damit klar zum Ausdruck für diesen tätig zu werden. Hinsichtlich der angefochtenen Bescheide wurden durch den Rechtsanwalt ausdrücklich und unzweifelhaft die gegen den Komplementär wirkenden Einkommensteuerbescheide der Jahre 2004 bis 2008 bezeichnet.
In Erledigung des Mängelbehebungsauftrages wurde in der "verbesserten" Berufung vom erstmals "der Bescheid über die einheitliche gesonderte Gewinnfestsetzung im Zeitraum 2004 bis 2008" (gemeint wohl: die Bescheide über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für die Jahre 2004 bis 2008) als Anfechtungsobjekt der Berufung bezeichnet.
Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände sind nicht ersichtlich. Dass die Zustellung der berufungsgegenständlichen Bescheide am erfolgreich erfolgte, wird im Fristverlängerungsantrag vom seitens der steuerlichen Vertreterin selbst angeführt.
Nach Feststellung des obigen Sachverhalts hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz über die vorliegende Berufung rechtlich erwogen:
Gemäß § 250 Abs 1 BAO muss die Berufung ua die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet, enthalten (lit a).
Ziel der Bestimmung des § 250 Abs. 1 lit. a BAO ist es, die Behörde in die Lage zu versetzen, über die Berufung eine Entscheidung zu treffen, sodass es für die Bezeichnung des Bescheides wesentlich ist, dass die Behörde aufgrund des diesbezüglichen Berufungsvorbringens nicht zweifeln kann, welcher Bescheid angefochten ist, aus dem Rechtsmittel also hervorgeht, wogegen es sich richtet. Hierzu kann auch der übrige Berufungsinhalt herangezogen werden (vgl ; ).
Entspricht eine Berufung nicht den in § 250 Abs 1 BAO umschriebenen Erfordernissen, so hat gemäß § 85 Abs 2 BAO, die Abgabenbehörde dem Berufungswerber die Behebung dieser inhaltlichen Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Berufung nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden Frist als zurückgenommen gilt. Gleiches gilt bei fehlender Unterschrift (vgl für viele ; Ritz, BAO4, § 250 Tz 2 f).
Ist die Berufung jedoch deutlich auf bestimmte Bescheide bezogen, so konnte sich die Behörde ein zweifelsfreies Bild darüber verschaffen, gegen welche Bescheide sich die Berufung richtet. Diesfalls wurde dem Bescheidbezeichnungsgebot des § 250 Abs 1 lit a BAO entsprochen und es besteht keine Veranlassung zu einem Auftrag nach § 85 Abs 2 BAO (vgl Stoll, BAO-Kommentar, 2572).
Ist in Fällen wie dem vorliegenden eine von einem befugten Parteienvertreter verfasste Berufung sowohl durch die Bezeichnung im Rubrum als auch innerhalb des Schriftsatzes in völliger Klarheit und Deutlichkeit ausschließlich gegen bestimmte Bescheide gerichtet, so kommt schon deshalb eine Umdeutung des Urkundeninhaltes nicht in Betracht (vgl ). Dies gilt vor allem dann, wenn wie im vorliegenden Fall eine deutliche Bescheidgestaltung des Finanzamtes ("Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO" einerseits und "Einkommensteuerbescheid" andererseits, jeweils bezogen auf bestimmte Jahre) eine klare Trennung zwischen mehreren für eine Anfechtung in Betracht kommenden behördlichen Erledigungen erkennen lässt (vgl ).
Dies hat zur Folge, dass die von der Berufung nicht angesprochenen, von ihr also nicht "bezeichneten" Bescheide in das Berufungsverfahren nicht einzubeziehen sind und die nicht genannten Bescheide mit Ablauf der Berufungsfrist in Rechtskraft erwachsen, ohne dass sich die Behörde mit ihnen sachlich auseinanderzusetzen hat (Stoll, BAO-Kommentar, 2572, vgl auch ).
Da dem oben dargestellten Gebot des § 250 Abs 1 lit a BAO durch die ausdrückliche Bezeichnung der die Jahre 2003 bis 2008 betreffenden Einkommensteuerbescheide in der ursprünglichen Berufung vom bereits ausreichend entsprochen wurde und auch die restlichen erforderlichen Berufungsbestandteile (§ 250 Abs 1 lit b bis d BAO) keinen Widerspruch zu ebendieser ausdrücklichen Bescheidbezeichnung aufzeigten, bestand bei Einreichung dieser Berufung vom kein Zweifel darüber, welche Bescheide angefochten werden sollten. Der seitens des Finanzamtes erstellte Mängelbehebungsauftrag erfolgte daher schon deshalb zu Unrecht.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass ein auf die Beibringung einer fehlenden Vollmacht gerichteter Mängelbehebungsauftrag an den einschreitenden Vertreter und nicht an den vermeintlich Vertretenen zu richten gewesen wäre (zB ).
Nach § 85 Abs 2 letzter Halbsatz BAO gilt eine Eingabe bei rechtzeitiger Mängelbehebung als ursprünglich richtig eingebracht.
Da jedoch im vorliegenden Fall der Mängelbehebungsauftrag zu Unrecht erging, vermochte die erstmalige Bezeichnung des "Feststellungsbescheides der einheitlichen gesonderten Gewinnfestsetzung" als Anfechtungsobjekt im als "Mängelbehebung" eingebrachten Schriftsatz vom , auch nicht gemäß § 85 Abs 2 letzter Halbsatz BAO auf den Zeitpunkt der Einbringung der ursprünglichen Berufung vom rückzuwirken.
Gemäß § 245 Abs 1 BAO beträgt die Berufungsfrist einen Monat. Hinsichtlich der Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO für die Jahre 2004 bis 2008 endete die verlängerte Berufungsfrist am .
Gemäß § 273 Abs 1 lit b BAO hat die Abgabenbehörde eine Berufung durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht fristgerecht eingebracht wurde.
Da nach dem oben Gesagten die gegenständliche Berufung gegen den "Feststellungsbescheid der einheitlichen gesonderten Gewinnfestsetzung" erstmalig am erhoben wurde, die Berufungsfrist für die gegenständlichen Bescheide betreffend Feststellung von Einkünfte gemäß § 188 BAO der Jahre 2004 bis 2008 aber bereits am endete, wurde die Berufung gegen ebendiese Bescheide nicht fristgerecht eingebracht.
Gemäß den §§ 289 Abs 1 iVm 279 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz auch dann den Vorrang von Formalerledigungen zu beachten und einen Zurückweisungsgrund aufzugreifen, wenn dieser bislang unentdeckt blieb und sich die Abgabenbehörde erster Instanz hinsichtlich des eingebrachten Rechtsmittels zu einem Mängelbehebungsauftrag verstieg (vgl 481/65, VwSlg 3306 F/1965; ).
Die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung konnte aus Gründen des § 284 Abs 3 BAO unterbleiben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass das Berufungsverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide unter der GZ RV/0231-I/11 durchgeführt wurde.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 250 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 250 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 250 Abs. 1 lit. b bis d BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 85 Abs. 2 letzter Halbsatz BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 245 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 273 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 284 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 289 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Zurückweisung Mängelbehebungsauftrag Bescheidbezeichnung Berufungsbestandteil |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at