Nachträgliche Vertragsänderung, Wohnrechtseinräumung an Ehegattin des Übergebers
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RV/0033-G/06-RS1 | Lässt sich der Übergeber für die Übergabe seines Liegenschaftsvermögens samt Ehewohnung von den Übernehmern auch die Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechtes an seine Ehegattin zusichern, so handelt es sich dabei nicht um eine freigebige Zuwendung, sondern um eine ihm auferlegte Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehegattin. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Berufungswerberin, vertreten durch Dr. Peter Konradt, öffentlicher Notar, 8010 Graz, Hamerlinggasse 6, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Schenkungssteuer entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die Schenkungssteuer wird festgesetzt mit € 622.
Entscheidungsgründe
Mit notariellem Übergabsvertrag samt partiellem Pflichtteilsverzicht vom übergab Ing.G. die in seinem Alleineigentum stehende Liegenschaft EZ x seinem Schwiegersohn, Ing. HH und seiner Tochter, B.H.. Die Übernehmer verpflichteten sich dem Übergeber und dessen Ehegattin, H.G. das lebenslängliche und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht in der von ihnen schon bisher bewohnten Wohnung zu gewähren. Sämtliche auf die Wohnung der Übergeber entfallenden Strom-, Heizungs- und sonstigen Betriebskosten haben die Übernehmer zu bezahlen. Über deren Verlangen haben diese dem Übergeber und H.G. eine liebevolle Pflege und Betreuung angedeihen zu lassen, die Reinigung ihrer Kleider, Wäsche und Schuhe sowie ihrer Wohnung zu besorgen. Gegen Leistung eines angemessenen Kostgeldes wurde über deren Verlangen die Erbringung der vollständigen Verpflegung vereinbart. Schließlich verpflichteten sich die Übernehmer, die Kosten der seinerzeitigen ortsüblichen Begräbnisse des Übergebers und seiner Ehegattin sowie einer angemessenen Grabstätte zu tragen.
Die Übernehmer haben gemäß Punkt "Fünftens" des Vertrages am Vertragsobjekt Investitionen (Errichtung einer Garage) vorgenommen und besitzen aus diesem Titel eine aufrechte Forderung gegen den Übergeber. Diese Forderung wurde mit € 30.000 bewertet.
Weiters verpflichteten sich die Übernehmer über Weisung des Übergebers, an dessen Tochter, I.S. zur Abgeltung ihrer Erb- und Pflichtteilsansprüche einen väterlichen Erbteil in Höhe von € 20.000 binnen fünf Jahren ab Unterfertigung dieses Notariatsaktes zu überweisen.
Die wiederkehrenden an Ing. G. und H.G. zu erbringenden Gegenleistungen wurden mit monatlich € 200 bewertet.
Mit Bescheid vom wurde der Berufungswerberin für die im Notariatsakt erfolgte Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechtes und für Pflegeleistungen vom ermittelten Barwert Schenkungssteuer in Höhe von € 1.455,44 vorgeschrieben.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde ausgeführt, dass durch einen bedauerlichen Irrtum des Vertragsverfassers bzw. der Kanzlei dem Finanzamt eine unrichtige Abschrift der Urschrift übermittelt worden sei. Der Entwurf unterscheide sich von der Urschrift des Notariatsaktes vom im Punkt Drittens dadurch, dass die zu litera b) vereinbarten Ausgedingsleistungen lediglich für den Fall der Krankheit und für den Fall altersbedingter Gebrechlichkeit der Ausgedingsnehmer vereinbart worden wären. Diese Pflege- und Betreuungsleistungen seien lediglich bedingte Rechte. Die Bemessung der Schenkungssteuer möge daher unter Zugrundelegung der im Punkt Zwölftens vorgenommenen Bewertung der Gegenleistungen, nämlich nur des Wohnungsgebrauchrechtes, erfolgen.
Um Entschuldigung der Vorlage einer unrichtigen Abschrift des Übergabsvertrages wird ersucht. Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde die Entscheidung vom Finanzamt damit, dass aus dem Text des Notariatsaktes eindeutig hervorgehe, dass die vereinbarten Gegenleistungen in ihrer Gesamtheit über Auftrag und Anweisung des Übergebers von den Übernehmern zu erbringen seien. Ein Notariatsakt habe die Vermutung einer verstärkten Beweiskraft für sich. Gegenteilige Ausführungen im späteren Berufungsverfahren seien als Schutzbehauptung anzusehen, denn zuerst gemachte Angaben kämen nach der Lebenserfahrung der Wahrheit am nächsten.
Dagegen wurde am der Vorlageantrag gestellt.
Mit Eingabe vom wurde dem UFS eine Kopie des Nachtrages vom zum notariellen Übergabsvertrag vom vorgelegt. Darin wurde unter "Erstens" darauf verwiesen, dass im seinerzeitigen Übergabsvertrag vom die Übernehmer dem Übergeber und dessen Ehegattin Ausgedingsleistungen auf deren Lebenszeit eingeräumt haben und zwar unter litera a) das lebenslängliche Wohnungsgebrauchsrecht sowie unter litera b) Pflege- und Betreuungsleistungen.
Der Nachtrag hat auszugsweise folgenden Inhalt: "Die Vertragsparteien stellen im Punkt "Zweitens" ausdrücklich und einvernehmlich fest, dass die im Punkt Drittens lit b) des zitierten Notariatsaktes vereinbarten Ausgedingsleistungen nach ihrem wahren Willen und auch tatsächlich nur für den Fall der Krankheit und für den Fall altersbedingter Gebrechlichkeit der Übergeber vereinbart wurden. Den Grunderwerbsteuerbescheiden vom wurden diese Leistungen jedoch als unbedingte Gegenleistungen zu Grunde gelegt.Punkt Drittens litera b) des Notariatsaktes wurde bzw. wird daher folgendermaßen vereinbart:b) Dem Übergeber und dessen Ehegattin im Fall der Krankheit und bei altersbedingter Gebrechlichkeit über deren Verlangen eine liebevolle Pflege und Betreuung angedeihen zu lassen. Drittens: Da die vorstehend vereinbarten Ausgedingsleistungen aufschiebend bedingt vereinbart sind, wird daher beantragt, die Grunderwerbsteuer zum gegenständlichen Rechtsvorgang gemäß § 17 Abs. 3 Z 1 GrEStG ohne Berücksichtigung dieser Ausgedingsleistungen festzusetzen. Demgemäß wird gemäß § 17 Abs. 4 GrEStG beantragt, die Grunderwerbsteuerbescheide entsprechend abzuändern. Weiters wird festgehalten, dass die Einräumung der Gegenleistungen zugunsten der Gattin des Übergebers der Sicherung des Wohnbedürfnisses der Berechtigten dient, sodass eine Unterhaltsverpflichtung des Übergebers erfüllt wird bzw. eine angemessene Unterhaltsleistung erbracht wird."
Über die Berufung wurde erwogen:
Eingangs wird festgestellt, dass die am zu G 54/06 erfolgte Aufhebung des § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG durch den Verfassungsgerichtshof erst mit Ablauf des in Kraft trat, sodass die verfassungswidrige Bestimmung auf die zuvor verwirklichten Tatbestände- mit Ausnahme der Anlassfälle und jener Rechtssachen, auf die der Verfassungsgerichtshof die Anlassfallwirkung gemäß Art 140 Abs. 4 zweiter Satz B-VG ausgedehnt hat- weiterhin anzuwenden ist. Auf Grund des Legalitätsprinzips ist der UFS als Verwaltungsbehörde sowohl an die als verfassungswidrig aufgehobene Bestimmung als auch an die übrigen Bestimmungen des Erbschaftssteuergesetzes gebunden.
Die wichtigsten gesetzlichen Bestimmungen in der im entscheidungsmaßgeblichen Zeitraum gültigen Fassung lauten:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG unterliegen Schenkungen unter Lebenden der Schenkungssteuer. Nach § 3 Abs. 1 Z 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts - somit ein Vertrag, wodurch jemandem eine Sache unentgeltlich überlassen wird - sowie nach Z 2 dieser Bestimmung jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Gegenstand einer Schenkung oder freigebigen Zuwendung kann jede im Verkehr stehende Sache sein, sofern sie von wirtschaftlichem Wert ist (), sohin auch die Zuwendung vermögenswerter Rechte wie etwa eines Wohnrechtes bzw. Wohnungsgebrauchsrechtes.
Der Schenkungssteuer unterliegen damit auch Vermögenszuwendungen ohne Schenkungsvertrag - d.h. ohne ausdrückliche Erklärung der Schenkungsabsicht bzw. Einigung des Gebers und des Bedachten über die Unentgeltlichkeit - durch die jemand, ohne eine Gegenleistung zu erbringen, auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Voraussetzung ist in objektiver Hinsicht neben der Zuwendung unter Lebenden das Vorhandensein einer bereicherten und einer durch die Zuwendung beschwerten Person, wobei sich der Bedachte der Bereicherung nicht bewusst sein muss. In subjektiver Hinsicht ist es erforderlich, dass der Zuwendende den (einseitigen) Willen hat, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern, d. h. diesem unentgeltlich etwas zukommen zu lassen. Die Annahme eines Bereicherungswillens ist bei Zuwendungen an einen (kraft Gesetzes erbberechtigten) Angehörigen im Besonderen gerechtfertigt, weil gerade Familienbande Gestaltungen nahe legen, zu denen gegenüber Fremden üblicherweise kein Anlass besteht (vgl. ,0089; siehe zu vor: Dr. Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band III Erbschafts- und Schenkungssteuer , Rz. 7 f. und 11 zu § 3).
Ein der Schenkungssteuer unterliegender Vorgang kann auch in einem Vertrag zugunsten Dritter (§ 881 ABGB) liegen, wenn der Dritte die zu seinen Gunsten bedungene Leistung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt. Bei den im § 881 Abs. 3 ABGB geregelten Übergabsverträgen, welche einen Anwendungsfall eines echten Vertrages zugunsten Dritter darstellen, handelt es sich um Verträge eigener Art mit erb- und familienrechtlichen Elementen, wodurch die Übergabe in Absicht einer verfrühten Erbfolge und lebzeitigen Vermögensabhandlung einer bäuerlichen Wirtschaft, eines Unternehmens oder von Vermögen an einen Angehörigen als Übernehmer erfolgt (vgl. ; vom , 82/16/0110). Bei einer solchen Gutsübergabe treten neben die Leistungen an den Übergeber vielfach Leistungen an Dritte, beispielsweise Abfindungen an weichende potentielle Erben.
Gegenstand der Schenkungssteuer ist der unentgeltliche Übergang von Vermögen. Die Abgabe ist allein vom unentgeltlichen Erwerb zu erheben, dabei kommt es im Gegensatz zum Gebührenrecht nicht ausschließlich auf den beurkundeten Vertragsinhalt an ( Slg 881/F), allerdings stellt ein notarieller Übergabsvertrag über einen Liegenschaftserwerb eine öffentliche Urkunde dar, die als Beweismittel über Art und Umfang einer Schenkung anzusehen ist.
Nach § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern es ist die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht. Unter "Absicht der Parteien" im Sinne des leg. cit. ist keineswegs etwa die Auffassung einer Partei oder ein nicht erklärter oder nicht kontrollierbarer Parteiwille, sondern nichts anderes als der Geschäftszweck zu verstehen, den jeder der vertragschließenden Teile redlicherweise der Vereinbarung unterstellen muss (vlg. Fellner, wie oben, zu § 1 Rz 31a ). Insofern ist der Vertragsinhalt so zu deuten, wie sie ein unbefangener Erklärungsempfänger verstehen muss.
Aufgrund der im Punkt "Drittens litera a) und b)" des Notariatsaktes vom erfolgten Aufzählung der Ausgedingsleistungen und der im selben Punkt lit. b enthaltenen Formulierung, dass die Übernehmer dem Übergeber und dessen Ehegattin über deren Verlangen eine liebevolle Pflege und Betreuung angedeihen zu lassen haben, kann von einer undeutlichen Vertragsgestaltung nicht gesprochen werden und ist aus dem Vertrag eindeutig zu entnehmen, dass die Übernehmer - abgesehen von der Erbsentfertigung - die zugesicherten Leistungen gemäß Punkt Drittens lit. a) und b) sofort zu erbringen hatten.
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Dieser Zeitpunkt ist nach dem Vertragsinhalt mit dem anzusetzen. Die Steuerschuld kann in der Regel durch nachträgliche privatrechtliche Vereinbarungen, mag diesen von den Parteien auch Rückwirkung beigelegt worden sein, nicht mehr beseitigt werden (siehe die in Fellner, wie oben, zu § 1 Rz 58 zitierten Erkenntnisse des VwGH). Spätere Änderungen können eine entstandene Steuerschuld nur dann in Wegfall bringen, wenn sie einen steuervernichtenden Tatbestand - wie zB im § 33 ErbStG - erfüllen.
Durch den im vorliegenden Schenkungssteuerverfahren im Nachtrag vom gestellten Antrag gemäß § 17 Abs. 3 Z1 GrEStG kann die bereits entstandene Steuerschuld nicht beseitigt werden, da dieser Begünstigungstatbestand lediglich auf den Bereich des Grunderwerbsteuerrechtes anzuwenden ist.
Auch wenn die Vertragsparteien auf Grund der Gestaltungsfreiheit jederzeit von einer geschlossenen Vereinbarung abgehen können, kann es aber nicht in ihrem Belieben stehen, die an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte einvernehmliche Vertragsaufhebung als erfolgreiche Anfechtung eines geschlossenen Rechtsgeschäftes mit ex tunc Wirkung zu gestalten (). Ob in dem Nachtrag vom eine Vertragsrichtigstellung oder eine nach der Festsetzung der Steuer nachträglich erfolgte Einräumung von bedingten Pflegeleistungen zwecks Steuerminimierung zu sehen ist, ist nach der Beweislage in freier Beweiswürdigung zu beurteilen.
Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde - abgesehen von offenkundigen Tatsachen nach Abs. 1 dieser Bestimmung - unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens, ohne an formale Regeln gebunden zu sein, nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Der hierin postulierte Grundsatz der freien Beweiswürdigung bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass es genügt, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest als weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (vgl. ). Die Abgabenbehörde muss somit nicht, wenn die Partei eine für sie nachteilige Tatsache bestreitet, den Bestand dieser Tatsache im "naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" nachweisen (vgl. Ritz, BAO-Kommentar 1994, S. 324 f.). Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 90/16/0176, in Zusammenhang mit § 167 BAO u. a. zum Ausdruck gebracht, dass dann, wenn die belangte Behörde unter Berücksichtigung aller Umstände mangels Deckung mit den übrigen Sachverhaltsmomenten den - nachmaligen - Behauptungen der Beschwerdeführerin keinen Glauben geschenkt, sondern vielmehr als bloße Schutzbehauptungen aufgefasst habe, diese (freie) Beweiswürdigung nicht als unschlüssig empfunden werden könne.
Der in der Berufung vorgebrachte Irrtum betreffend die Übermittlung einer unrichtigen Abschrift der Urkunde ist nicht geeignet die Glaubwürdigkeit des ursprünglich am abgeschlossenen Notariatsaktes mit samt seinem darin beurkundeten Inhalt in Zweifel zu ziehen. Die Unterfertigung einer Urschrift eines Vertrages, der einen - wie behauptet - zum Teil von den Vertragsparteien nicht gewollten Vertragsinhalt aufweist, erscheint insofern nicht nachvollziehbar, als bei geschäftsfähigen erwachsenen Personen, selbst wenn es sich um rechtsunkundige Laien handeln sollte, wohl davon ausgegangen werden kann, dass diese vor Leistung einer beglaubigten Unterschrift auf einer Vertragsurkunde (wenn schon nicht den gesamten Inhalt im Detail) zumindest die wesentlichen Vertragspunkte (Gegenstand, Ausgedinge) überprüfen. Insbesondere dem Übergeber wird daran gelegen sein, dass der genaue Umfang der in vielen Fällen oft streitanfälligen Ausgedingsleistungen festgehalten wird, da das beurkundete Rechtsgeschäft, wie bereits ausgeführt, ja auch Beweiszwecken dient. Der im Berufungsverfahren vorgebrachten Darstellung wird daher weniger Glaubwürdigkeit geschenkt.
Im Recht ist die Berufungswerberin allerdings mit ihrem Vorbringen, die über Weisung des Übergebers zu Ihren Gunsten erfolgte Einräumung eines lebenslänglichen, unentgeltlichen Wohnungsgebrauchsrechtes an der bisher bewohnten Ehewohnung würde keine Schenkungssteuerpflicht auslösen. Zuwendungen in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung können grundsätzlich den Tatbestand nach § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG nicht erfüllen. Ist nämlich der Zuwendende zu Recht oder zu Unrecht der Meinung, in Erfüllung einer bestehenden rechtlichen (bzw. gesetzlichen) Verpflichtung zu leisten, so handelt er nicht freiwillig und es fehlt ihm sohin der erforderliche Bereicherungswille (vgl. ). Zuwendungen, die in Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht erbracht werden, sind daher nicht freigebig im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG.
Im Gegenstandsfalle liegt zunächst unzweifelhaft ein Vertrag zugunsten Dritter vor, wenn sich der Übergeber in Zusammenhang mit der Übergabe seines Liegenschaftsvermögens an Tochter und Schwiegersohn von diesen u.a. nicht nur die Einräumung eines lebenslangen Wohnrechtes für sich sondern auch für seine Ehegattin (Berufungswerberin) versprechen hat lassen. Es handelt sich dabei um eine dem Übergeber zugesagte und an eine dritte Person zu erbringende Leistung, auf welche die Mutter der Übernehmer insoferne keinen Anspruch hat, als sie hiefür keinerlei Gegenleistung erbringen muss.
Gem. § 90 Abs. 1 ABGB sind die Ehegatten einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum gemeinsamen Wohnen, verpflichtet. Nach § 94 ABGB haben die Ehegatten nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen. Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, hat einen Anspruch auf Unterhalt. Dieser ist bei gemeinsamem Haushalt grundsätzlich naturaliter zu leisten. Der Unterhalt umfasst Nahrung, Kleidung, Wohnung und die übrigen Bedürfnisse.
§ 97 ABGB lautet: "Ist ein Ehegatte über die Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt, so hat dieser einen Anspruch darauf, dass der verfügungsberechtigte Ehegatte alles unterlasse und vorkehre, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere .". Diesfalls steht dem auf die Wohnung angewiesenen Ehegatten nach § 97 während aufrechter Ehe ein obligatorisch klagbarer Unterlassungsanspruch zu (siehe Dittrich-Tades, ABGB-Kommentar18 zu § 97).
In Koziol-Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts10, Band II, wird dazu auf S. 208 ausgeführt: "Zum Unterhalt gehört auch das Wohnen. Für diesen wichtigen Teilbereich gibt es allerdings die Sondervorschrift des § 97: Dient eine Wohnung, über die ein Ehegatte verfügungsberechtigt ist, der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten, so hat dieser einen Anspruch darauf, dass der Verfügungsberechtigte alles unterlässt und vorkehrt, damit der auf die Wohnung angewiesene Gatte sie nicht verliert. Dieser Anspruch kann zwar - da er mit dem Tod des Verfügungsberechtigten erlischt - nicht gegenüber dessen Erben geltend gemacht werden, er setzt sich aber im Wohnrecht des § 758 ABGB fort ". Nach dieser Bestimmung steht dem Ehegatten (bei aufrechter Ehe) das gesetzliche Vorausvermächtnis - ähnlich einem Pflichtteil - zu, welches die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen und das Recht, in der Ehewohnung weiterhin zu wohnen, umfasst.
Im Berufungsfalle hat nunmehr der Übergeber sein Liegenschaftsvermögen, welches auch die Ehewohnung umfasst, übertragen, wodurch er in der Folge sein Verfügungsrecht an dieser verliert und dadurch das Recht der Ehegattin auf die Wohnung als Teil ihres Unterhaltsanspruches nicht mehr gesichert wäre. Wenn er sich daher als (weitere) Gegenleistung für die Übergabe von den Übernehmern auch die Einräumung eines lebenslangen und grundbücherlich sicherzustellenden Wohnungsgebrauchsrechtes an die Ehegattin zusichern lässt, so handelt es sich hiebei nicht um eine freigebige Zuwendung, sondern vielmehr nur um eine in Entsprechung der ihm als Verfügungsberechtigtem auferlegten Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehegattin im Sinne des § 97 ABGB iVm § 94 ABGB getroffene Vorkehrung, damit die auf diese Ehewohnung angewiesene Ehegattin ihr Recht auf die Wohnung nicht verliert. Andernfalls, d. h. ohne die getroffene Vorkehrung bzw. Vereinbarung eines dinglichen Wohnungsrechtes zu ihren Gunsten, hätte der Ehegattin hinsichtlich der beabsichtigten Übergabe im Hinblick auf die mitübergebene Ehewohnung gem. § 97 ABGB ein klagbarer Unterlassungsanspruch gegen dem Übergeber zugestanden.
Nachdem sohin gegenständlich die strittige Zuwendung in Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, nämlich in Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht, erfolgte bzw. dadurch bedingt war, der Bw u. a. keinen Grund für die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches iSd § 97 ABGB zu geben, kann aber von einer Freigebigkeit der Zuwendung keine Rede sein und ist der Tatbestand nach § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG nicht verwirklicht worden
Die Schenkungssteuer errechnet sich daher wie folgt:
Pflege- und Betreuungsleistungen (monatlich € 290) ergeben einen Barwert für die Begünstigte von € 30.233,88, abzüglich Freibetrag gem. § 14 Abs. 1 ErbStG von € 2.200 sowie abzüglich Freibetrag gem. § 14 Abs. 3 ErbStG in Höhe von € 7.300 ergibt 20.733. Davon errechnet sich gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG 3% Steuer in Höhe von € 622.
Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage war der Berufung daher teilweise stattzugeben.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Z 2 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 § 97 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 § 881 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Schlagworte | Wohnrechtseinräumung an Ehegattin des Übergebers nachträgliche Vertragsrichtigstellung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at