Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 09.11.2004, RV/2121-W/03

betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer einer Magnetresonanzanlage und einer Computertomografieanlage

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Mag. Eva Woracsek und die weiteren Mitglieder Dr. Hans Rauner, Dkfm. Franz Kiesler und LIM Friedrich Nagl im Beisein der Schriftführerin Christina Seper über die Berufung der Bw, vertreten durch Mag. Monika Schiessel, Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater, 3390 Melk, Pielach 100, gegen den Bescheid des Finanzamtes Amstetten, vertreten durch Hofrat Dr. Wolfgang Bichler, betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für das Jahr 2001 nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw) betreibt in der Rechtsform einer KG ein Ambulatorium für bildgebende Diagnostik.

Streit besteht über die Nutzungsdauer einer Magnetresonanzanlage "Magnetom Impact Expert" und einer Computertomografieanlage "Somatom AR". Beide Geräte wurden im Dezember 1996 angeschafft und sind im Wege eines gemäß Art. IV UmgrStG zum erfolgten Zusammenschlusses des von Dr.G.L. geführten Teilbetriebes "Bildgebende Diagnostik" und der ID-GmbH auf die Bw übergegangen.

Während die Bw von einer 5-jährigen Nutzungsdauer ausging, verlängerte das Finanzamt nach einer im Jahr 2002 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung die Nutzungsdauer auf 8 Jahre (Tz. 17 BP-Bericht).

In ihrer Berufung führt die Bw unter Darlegung der einschlägigen Literatur u.a. aus, die Nutzungsdauer sei betriebsindividuell zu bemessen.

Der Computertomograf Somatom sei ein digitales, sog. "Einschicht"-Spiral Computertomografiegerät. Dieses Gerät stelle eine wesentlich verbesserte Technologie gegenüber dem Vorgängermodell dar. Dr.L. habe im Jahr 1991 erstmals ein Computertomografiegerät angeschafft, welches ebenfalls über 5 Jahre abgeschrieben worden sei. Im Jahr 1996 sei dieses Gerät überaltert gewesen, sodass die Nachfolgegeneration habe angeschafft werden müssen. Mittlerweile gehöre auch das "Einschichtgerät" bereits einer veralteten Technologie an. Seit dem Jahr 2002 seien Computertomografen auf dem Markt, die mehrschichtige Aufnahmen ermöglichen und daher eine bessere und schnellere Diagnostik erlaubten. Im Hinblick auf die Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit werde die Anschaffung eines derartigen Gerätes nunmehr erwogen. Das in Rede stehende Gerät habe gegenwärtig keinen Marktwert mehr, da es sich um eine veraltete Technologie handle.

Weiters sei anzuführen, dass das Institut für bildgebende Diagnostik in Form eines Mehrschichtbetriebes geführt werde. Das Gerät werde von Montag bis Freitag in zwei Schichten betrieben, und zwar von 6:30 bis 14:00 und von 14:00 bis 20:00 bzw. 20:30. Täglich würden 20 bis 25 Untersuchungen durchgeführt, während in Spitälern beispielsweise lediglich ca. 12 Untersuchungen täglich vorgenommen würden. Zusätzlich erfolgten bei Bedarf auch Untersuchungen an Samstagen. Bei Mehrschichtbetrieben sei die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer kürzer ().

Beim Magnetresonanztomograf Magnetom handle es sich ebenso wie beim Somatom um eine Computeranlage. Der Magnetom sei ein Untersuchungsgerät mit sehr langer Messdauer. Die Errechnung der Bilder dauere einige Minuten. Im Durchschnitt werde ein Patient pro halber Stunde untersucht. Die Technologie dieses Gerätes sei ebenfalls mittlerweile veraltet. Seit 1999/2000 sei eine wesentlich verbesserte Technologie mit neuer Software auf dem Markt, die auch Gefäßdarstellungen und sogar Herzdarstellungen ermögliche. Hinzu würden wesentlich kürzere Messzeiten kommen, die eine raschere Untersuchung und eine wesentlich verbesserte Diagnostik erlauben würden. Auch dieses Gerät besitze derzeit auf Grund der veralteten Technologie keinen Marktwert mehr. Wie bereits erwähnt, werde der Betrieb in 2 Schichten geführt. Darüber hinaus sei der Magnetom an jedem zweiten Samstag von 7:00 bis 12:00 in Betrieb, fallweise auch an den Samstagen dazwischen.

In Anbetracht der dargelegten Sachverhalte und in Abwägung der Kriterien für die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer sei davon auszugehen, dass in voller Kenntnis der Besonderheiten des Betriebes die Nutzungsdauer ursprünglich richtig geschätzt worden sei. Unter Bedachtnahme auf den starken Nutzungsgrad der Geräte sowie der rasanten technologischen Entwicklung der Geräte erscheine eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 5 Jahren als angemessen. Darüber hinaus würden die Erfahrungswerte der Vergangenheit eine fünfjährige Nutzungsdauer (diese sei im Zuge einer in früheren Jahren durchgeführten Betriebsprüfung nicht beanstandet worden) ergeben. Eine für alle Radiologen geltende einheitliche Nutzungsdauer derartiger Geräte von 8 Jahren sei aus dem Gesetz und der herrschenden Lehre nicht abzuleiten. Der VwGH habe im Erkenntnis , 94/15/0060, bei einem Computer, der intensiv genutzt wird, eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 5 Jahren angenommen. Bei einem Computertomografiegerät und einem Magnetresonanzgerät handle es sich letztlich um nichts anderes als um eine Computeranlage.

In seiner zur Berufung eingereichten Stellungnahme führt der Prüfer aus, das Institut decke drei Bereiche ab, nämlich Ambulatorium für Computertomografie, Ambulatorium für Magnetresonanztomografie und Nuklearmedizinische Diagnostik. Öffnungszeiten seien (auch im Prüfungszeitraum) Montag bis Donnerstag von 7:30 bis 17:00 und Freitag von 7:30 bis 12:00.

Laut schriftlicher Stellungnahme der steuerlichen Vertreterin würden die Befundungen im Institut von Dr.We. und Dr.Wa. durchgeführt. Die wöchentliche Dienstzeit des Dr.We. betrage 20 Stunden, etwaige Überstunden wären pauschal und unlimitiert abgegolten. Die Bw habe im Jahr 2001 8 Angestellte, davon 3 Ärzte, beschäftigt.

Der Prüfer wies ferner darauf hin, dass der Umstand, dass es bei medizinischen Geräten ständig Verbesserungen gebe, den Betrieb der Bw nicht von anderen Röntgenordinationen, die ebenfalls einem Modernisierungsdruck ausgesetzt seien, unterscheide. Die Betriebsprüfung habe zur Feststellung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer Erfahrungswerte von vergleichbaren Röntgenordinationen bzw. Instituten herangezogen und die amtlichen deutschen Afa-Tabellen einfließen lassen (8 Jahre für Computertomografen, 8 Jahre für Röntgengeräte).

Im Sinne der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sollte die Nutzungsdauer bei vergleichbaren Verhältnissen ähnlich sein.

Vor allem bei Computertomografie- und Magnetresonanz-Instituten sei auf Grund des hohen Kapitalbedarfs (anlagenintensiv) und der im Vergleich zu den Ordinationsleistungen geringeren Abgeltungen durch die Krankenkassen eine längere Nutzungsdauer für eine Amortisation notwendig.

Überdies sei auch bei medizinischen Geräten ein Upgrade von Software möglich. So sei im Jahr 1998 eine Umrüstung des Somatom AR auf einen Somatom AR Star erfolgt. Auf der Homepage des Lieferanten der gegenständlichen Geräte heiße es: "Der technische Fortschritt ist rasant. Unmöglich, im gleichen Tempo Geräte, Systeme und Anlagen durch Neuanschaffungen zu ersetzen. Hier bieten wir mit Retrofit und Upgrade - Modernisierung und Systemerweiterung - einen schnellen und kostengünstigen Service zur Sicherung Ihrer Investitionen. Ältere Anlagen werden an neue technische Standards angepasst."

Ein Upgrade eines Magnetom Impact Expert auf Magnetom Harmony werde auf der Internetseite www.s.com angepriesen.

Die während des gesamten Betriebsprüfungsverfahrens nicht ins Treffen geführte Begründung für eine kürzere Nutzungsdauer, dass das Institut in Form eines Mehrschichtbetriebes geführt werde, habe Auswirkungen auf die technische Nutzungsdauer. Da die Betriebsprüfung die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer nach der bei den gegenständlichen medizinischen Geräten kürzeren wirtschaftlichen Nutzungsdauer bemessen habe und die technische Nutzungsdauer auch unter Berücksichtigung des Mehrschichtbetriebes nicht kürzer sei als die wirtschaftliche Nutzungsdauer, gehe die Argumentation der Bw ins Leere. Überdies werde auf die offiziellen Öffnungszeiten hingewiesen. Dr.L. habe zwar bei der Betriebsbesichtigung erwähnt, dass die Nuklearmedizinabteilung bis 20:00 geöffnet habe, dort würden aber hauptsächlich nur eine Gammakamera und ein Ultraschallgerät verwendet.

Auf Grund des dargelegten Sachverhalts sowie der beschriebenen Befundungs- und Dienstzeitregelungen sei es unwahrscheinlich, dass der Nutzungsgrad der berufungsgegenständlichen Geräte gegenüber anderen Ambulatorien überdurchschnittlich sei.

In der zu dieser Stellungnahme ergangenen Gegenäußerung wendet die Bw ein, Erfahrungswerte von vergleichbaren Röntgenordinationen könnten für die Bemessung der Nutzungsdauer nicht herangezogen werden, da diese individuell festzusetzen sei. Die deutschen Afa-Tabellen könnten, aber müssten nicht berücksichtigt werden. Das Institut für bildgebende Diagnostik werde in Form eines Mehrschichtbetriebes geführt und unterscheide sich dadurch von anderen Betrieben.

Die Höhe der Abgeltungen durch die Krankenkassen könne keine Rolle spielen, die Amortisationsdauer beeinflusse die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer in keiner Weise.

Dr.L. führt zu den einzelnen Geräten Folgendes aus:

Der Somatom der Bw sei ein sog. "Einzeiler". Jetzt würden ausnahmslos "Mehrzeiler", bei denen mit einer Drehung sofort bis zu 16 Bilder verfügbar seien, angeboten. Durch schnelle Computertechnologie seien alle Bilder sofort am Monitor zu sehen und mittels Work-Station auch in allen Ebenen rekonstruierbar. Die Möglichkeit eines Upgrade bestehe beim Gerät der Bw nicht. Laienhaft ausgedrückt könne z.B. aus einem Schwarz-Weiß-Fernseher kein Farbfernseher gezaubert werden.

Das Magnetresonanzgerät Impact-Expert sei mit einer Feldstärke von 1,0 Tesla ein sog. Low-Field Gerät und sei vor 6 Jahren das gängige Routinegerät gewesen. Jetzt würden ausnahmslos 1,5 Tesla-Geräte verkauft. Die hohen Kosten des Upgrades stünden in keiner Relation zum Neupreis des Konkurrenzproduktes. Die Firmen würden ein Upgrade anbieten, um die Kunden zu halten um mit meist teuren weiterlaufenden Serviceverträgen wieder gut zu verdienen.

Ferner sei nicht die Nuklearmedizin bis 20:00 geöffnet, sondern Magnetresonanz und Computertomografie würden auch am Abend und bei Bedarf auch am Samstag angeboten. Offizielle Öffnungszeiten bedeuten, dass zu diesen Zeiten immer Ärzte und Assistentinnen da seien und auch das Sekretariat besetzt sei. Alle Angestellten des Instituts würden ihre Anwesenheit und Arbeitszeit nach dem Bedarf bzw. der Untersuchungsnachfrage ausrichten und es bestehe auch die Möglichkeit des Zeitausgleichs.

Der Briefkopf des Schreibens des Dr.L. nennt als Ordinationszeiten für das von der Bw geführte Institut Montag bis Donnerstag 7:30 bis 17:00 und Freitag 7:30 bis 12:00.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung führte die steuerliche Vertreterin des Bw ergänzend aus, dass der Prüfer die aus dem Jahr 1985 stammenden deutschen AfA-Tabellen herangezogen habe und sich in der Zwischenzeit in technischer Hinsicht viel getan habe. Ferner seien ihr Fälle bekannt, in denen die Betriebsprüfung eine 5-jährige Nutzungsdauer nicht beanstandet habe. Auch hätten Kollegen bei einem ärztespezifischen Seminar bestätigt, dass eine 5-jährige Nutzungsdauer anerkannt werde.

Dem Einwand des Finanzamtsvertreters, die berufungsgegenständlichen Geräte seien auch im Jahr 2003 noch genutzt worden, hielt die steuerliche Vertreterin entgegen, dass die tatsächliche Nutzung im Betrieb für die zu schätzende Nutzungsdauer nicht ausschlaggebend sei.

Zur Frage, zu welchem Preis die Geräte im Jahr 2003 verkauft worden seien, erklärte die steuerliche Vertreterin, dass ein fiktiver Marktpreis auf die zu schätzende Nutzungsdauer keinen Einfluss haben könne.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Absetzung für Abnutzung (AfA) eines Wirtschaftsgutes ist gemäß § 7 Abs. 1 EStG dessen betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu Grunde zu legen. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer richtet sich nach der objektiven Möglichkeit einer Nutzung des Wirtschaftsgutes. Sie kann nicht mathematisch genau ermittelt werden; es ist eine Schätzung vorzunehmen, bei der sowohl Umstände zu berücksichtigen sind, die durch die Art des Wirtschaftsgutes bedingt sind, als auch solche, die sich aus der besonderen Nutzungsform im Betrieb ergeben. Maßgebend ist somit die objektive betriebsindividuelle Nutzungsdauer; das ist jene Zeitspanne, innerhalb derer das Wirtschaftsgut einen wirtschaftlichen Nutzen abwerfen und im Betrieb nutzbringend einsetzbar sein wird, also die Zeitspanne, während der bei vernünftigem Wirtschaften eine Nutzung des Wirtschaftsgutes zu erwarten ist ().

Die Schätzung der Nutzungsdauer obliegt grundsätzlich dem Steuerpflichtigen, der in aller Regel über einen besseren Einblick als die Abgabenbehörde verfügt, wie lange sich das von ihm angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgut nach seinen Verhältnissen nutzen lässt ().

Die Abgabenbehörde ist an diese Schätzung allerdings nicht gebunden. Die Schätzung der Nutzungsdauer unterliegt vielmehr der freien Beweiswürdigung der Abgabenbehörde (Wiesner-Atzmüller-Grabner-Leitner-Wanke, EStG, § 7 Anm 10). Die Abgabenbehörde ist daher befugt, die Schätzung des Steuerpflichtigen zu überprüfen und von ihr abzuweichen, wenn sie sich als unzutreffend erweist.

Die Abgabenbehörde kann bei Überprüfung der vom Steuerpflichtigen angenommenen Nutzungsdauer auf ihre im Laufe der Zeit entstandenen Erfahrungswerte zurückgreifen (; Margreiter, Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von Anlagegütern, SWK 1985, A I 361).

Hält sich die Schätzung im Rahmen der branchenüblichen Erfahrungssätze, wird sie die Behörde anzuerkennen haben. Weicht die vom Steuerpflichtigen geschätzte Nutzungsdauer erheblich von den Erfahrungswerten ab, d.h. bewegt sie sich außerhalb des üblichen Schätzungsrahmens, und kann der Steuerpflichtige diese Abweichung nicht schlüssig begründen (z.B. außergewöhnliche Beanspruchung durch Mehrschichtbetrieb), so ist die Schätzung offensichtlich unrichtig (Margreiter, a.a.O.).

Die für die Abschreibung eines Wirtschaftsgutes maßgebliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ist somit das Ergebnis einer in erster Linie vom Steuerpflichtigen vorzunehmenden und der Nachkontrolle durch die Abgabenbehörde unterliegenden Schätzung. Gerade weil die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eine begrifflich nicht exakt bestimmbare Größe ist und daher der Schätzung bedarf, liegt es auf der Hand, dass eine für alle Radiologen geltende einheitliche 8-jährige Nutzungsdauer für bestimmte Wirtschaftsgüter aus dem Gesetz nicht ausdrücklich ableitbar ist. Es entspricht aber sehr wohl dem Gesetz und der vorerwähnten herrschenden Lehre und Rechtsprechung, dass die Abgabenbehörde bei Überprüfung der Schätzung des Steuerpflichtigen auf branchenübliche Erfahrungssätze zurückgreifen darf (vgl. : "Für diese Schätzung stehen allerdings reiche Erfahrungen zur Verfügung, die in den von den Finanzbehörden angewendeten AfA-Sätzen ihren Ausdruck finden.").

Die Betriebsprüfung hat bei vergleichbaren Instituten eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 8 Jahren festgestellt. Dass die von der Finanzverwaltung gewonnenen Erfahrungswerte einer 8 bis 10-jährigen Nutzungsdauer für medizinische Großgeräte auch in Schulungs- und Seminarunterlagen Eingang gefunden haben und der Prüfer auch auf diese Unterlagen verwiesen hat, vermag dabei nicht als rechtswidrig erkannt zu werden. Der Umstand, dass die Erfahrungswerte der Finanzverwaltung in Schulungsunterlagen erwähnt werden, ändert an der Tatsache, dass es sich um Erfahrungswerte handelt, eben so wenig wie an der Berechtigung der Abgabenbehörde, bei der Schätzung der Nutzungsdauer auf diese Erfahrungswerte zurückzugreifen. Im Übrigen ist den Ausführungen der Bw nicht zu entnehmen, dass die vom Prüfer herangezogenen bzw. in den Schulungsunterlagen erwähnten Erfahrungswerte unzutreffend wären.

Dass in anderen Fällen die Betriebsprüfung eine 5-jährige Nutzungsdauer nicht beanstandet hat bzw. in anderen Fällen - zu Recht oder zu Unrecht - eine von den Erfahrungswerten abweichende Beurteilung getroffen wurde, hat nicht zur Folge, dass auch im vorliegenden Fall von den Erfahrungswerten abgegangen werden muss.

Bemerkt wird, dass diese Erfahrungswerte auch mit den letztlich ebenfalls Erfahrungswerte widerspiegelnden deutschen AfA-Tabellen, die unter Nr. 99, lfd. Nr. 15 und 85 für Röntgengeräte und Computertomographen eine Nutzungsdauer von 8 Jahren ausweisen, im Einklang stehen. Wenn die Bw darauf hinweist, dass die AfA-Tabellen aus dem Jahr 1985 stammten, so ist dem entgegenzuhalten, dass diese Tabellen laufend aktualisiert, folglich an die jeweils gewonnenen Erfahrungswerte angepasst werden. Da die vom Prüfer herangezogene Tabelle den Stand im Juli 1995 widerspiegelt, ist sie auch für die berufungsgegenständlichen, im Dezember 1996 getätigten Anschaffungen aussagekräftig.

Die von der Bw vorgenommene Schätzung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer der berufungsgegenständlichen Geräte weicht von diesen Erfahrungswerten ab. Die für diese Schätzung vorgebrachten Argumente vermögen jedoch nicht zu überzeugen.

Es trifft zwar zu, dass die Schätzung insofern betriebsindividuell ist, als die besondere Nutzungsform im Betrieb zu berücksichtigen ist. Dass der Nutzungsgrad der berufungsgegenständlichen Geräte im Betrieb der Bw ein höherer wäre als in vergleichbaren Instituten, hat die Bw jedoch nicht in schlüssiger Weise dargetan.

Die Behauptung, das Institut der Bw werde in Form eines Mehrschichtbetriebes geführt, ist nämlich nicht nachvollziehbar. Das Wesen eines Mehrschichtbetriebes besteht darin, dass ein Arbeitsplatz mit mehreren sich im Laufe eines 24 Stunden Tages ablösenden Arbeitnehmern besetzt ist, wodurch es möglich ist, eine Anlage intensiver zu nutzen und weshalb diese auch einer höheren Beanspruchung unterliegt.

Bereits die Öffnungszeiten des Instituts lassen eine derartige Beanspruchung der berufungsgegenständlichen Geräte nicht erkennen. Das Institut hat den u.a. der Gegenäußerung des Dr.L. zu entnehmenden Öffnungszeiten zufolge pro Woche insgesamt 42,5 Stunden geöffnet. Dies entspricht jedoch dem für einen Einschichtbetrieb üblichen wöchentlichen Arbeitsausmaß, nicht aber einem Mehrschichtbetrieb.

Die in der Berufung behaupteten beiden Schichten sind weder im Hinblick auf die offiziellen Öffnungszeiten noch angesichts der Tatsache, dass einer der beiden befundenden Ärzte nur 20 Stunden pro Woche beschäftigt ist, nachvollziehbar. Auch spricht Dr.L. in der Gegenäußerung zur Stellungnahme des Betriebsprüfers bloß davon, dass die Angestellten des Instituts ihre Anwesenheit und Arbeitszeit nach der Untersuchungsnachfrage ausrichten, also offenkundig bereit sind, zeitliche Mehrleistungen zu erbringen. Der Umstand, dass in einem Betrieb Überstunden geleistet werden, macht aber aus einem "Normalbetrieb" keinen Mehrschichtbetrieb. Auch ist aus dem Hinweis des Dr.L. auf die Möglichkeit des Zeitausgleichs abzuleiten, dass geleistete Überstunden durch zeitliche Minderleistungen ausgeglichen werden, sodass aus der Leistung allfälliger Überstunden eine höhere Beanspruchung der gegenständlichen Geräte auch nicht abzuleiten ist.

Der Bw ist es daher nicht gelungen, einen hohen, die technische Nutzungsdauer der berufungsgegenständlichen Anlagen verkürzenden Nutzungsgrad glaubhaft darzutun.

Der Hinweis auf das Erkenntnis des , betreffend Nutzungsdauer eines intensiv genutzten Computers ist nicht zielführend. Es trifft nämlich nicht zu, dass es sich bei den berufungsgegenständlichen Geräten um nichts anderes handelt, als um eine Computeranlage.

Ein Magnetresonanz-Tomograph besteht aus einem Magneten, Gradientenspulen, einer Hochfrequenzspule, einer Patientenliege und einem Computer, der die Magentresonanzbilder nach Verstärkung der gemessenen Magentresonanzsignale errechnet (vgl. die Homepage des Verbandes für bildgebende Diagnostik Österreich, www.vbdo.at, ABC der Magnetresonanztomographie). Der Computer ist also nur Teil der Gesamtanlage.

Gleiches gilt für Computertomographen. Bestandteile eines Computertomographen sind u.a. eine fahrbare Patientenliege, ein kurzer Tunnel (sog. Gantry), eine Röntgenröhre, Detektoren und ein Computer (vgl. MED Archiv, www.med-archiv.de/technikhistorie/computer-tomographiect/index.html).

Aus der Nutzungsdauer eines Computers können daher keine Rückschlüsse auf die Nutzungsdauer der gegenständlichen Anlagen gezogen werden.

Auch die weiteren, die wirtschaftliche Nutzungsdauer betreffenden Berufungsausführungen vermögen die von der Bw vorgenommene Schätzung nicht zu tragen.

Die wirtschaftliche Nutzungsdauer richtet sich nach der wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeit, insbesondere also danach, inwieweit das Wirtschaftsgut unmodern ist oder nicht mehr dem gegenwärtigen Stand der Technik entspricht und durch bessere Anlagen ersetzt werden kann (vgl. Doralt, Einkommensteuergesetz Kommentar, Band I, § 7 Tz 43).

Wenn in dieser Definition vom gegenwärtigen Stand der Technik die Rede ist, so wird klar zum Ausdruck gebracht, dass damit nur jener im Zeitpunkt der Schätzung der Nutzungsdauer, konkret also jener des Jahres 1996 und nicht etwa jener des Jahres 1999 oder 2000 gemeint ist. Bei Einschätzung der Nutzungsdauer sind zukünftige Verhältnisse nämlich nur insoweit zu berücksichtigen, als sich diese in der Gegenwart bereits verlässlich voraussehen lassen (). Die künftige technische Entwicklung war im Zeitpunkt der Anschaffung der berufungsgegenständlichen Geräte jedoch nicht voraussehbar.

Die von der Bw zur wirtschaftlichen Nutzungsdauer vorgetragenen Argumente sprechen aber aus der Sicht des Anschaffungs- und damit Schätzungszeitpunktes ausschließlich künftige Entwicklungen an. So verweist die mit datierte Berufung darauf, die Geräte würden "mittlerweile" einer veralteten Technologie angehören. Seit 1999/2000 würden Geräte mit wesentlich verbesserter Technologie angeboten. Die Geräte hätten gegenwärtig auch keinen Marktwert mehr. In der mit datierten Gegenäußerung führt Dr.L. zum Somatom aus, "jetzt" würden ausnahmslos Mehrzeiler angeboten, zum Magnetom erklärt Dr.L., "jetzt" würden fast ausnahmslos 1,5 Tesla Geräte verkauft.

Die Bw stellt mit diesen Hinweisen auf erst Jahre nach der Anschaffung der berufungsgegenständlichen Geräte eingetretene Entwicklungen eine keine taugliche Begründung für die von ihr angenommene Nutzungsdauer bildende ex post Betrachtung an.

Davon abgesehen stellt das Absinken des Marktwertes eines Wirtschaftsgutes keinen Grund dar, die AfA nicht nach der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer, welche sich nach der objektiven Möglichkeit einer wirtschaftlichen Nutzung des Wirtschaftsgutes richtet, sondern unter der Annahme des sofortigen Austausches durch das jeweils auf dem Markt erscheinende modernere und leistungsfähigere Modell des Wirtschaftsgutes nach einer fingierten Mindestnutzungsdauer zu bemessen ().

Im Übrigen lassen die Ausführungen der Bw nicht erkennen, dass die neuere technologische Entwicklung jene Zeitspanne, während der die berufungsgegenständlichen Geräte einen wirtschaftlichen Nutzen abwerfen und im Betrieb der Bw nutzbringend, also für die Durchführung von Untersuchungen einsetzbar sein werden, verkürzen würde. Wenn die Bw daher im Zusammenhang mit dem Magnetom Impact Expert darauf verweist, dieses sei mit einer Feldstärke von 1,0 Tesla ein Low-Field Gerät und jetzt würden fast ausnahmslos 1,5 Tesla Geräte verkauft bzw. im Zusammenhang mit dem Somatom darauf, dass dieses ein Einzeiler sei und nunmehr ausnahmslos Mehrzeiler angeboten würden, so ist damit noch nicht dargetan, dass die berufungsgegenständlichen Geräte keinen wirtschaftlichen Nutzen für die Ordination der Bw mehr zu erbringen vermögen.

Unter wirtschaftlicher Abnutzung versteht man die Verminderung bzw. Beendigung der Verwendungsmöglichkeit des Wirtschaftsgutes für den Steuerpflichtigen wegen neuer Entwicklungen bzw. technischen Fortschritts wie effizientere, billigere Maschinen (vgl. Quantschnigg / Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 7 Tz 35).

Berücksichtigt man, dass leistungsstärkere Geräte auch teurer sind (vgl. www.insel.ch/drnn/instdiagrad/patienten/dienstleistungen/schnittbild/magnetresonanz.html: "Je stärker dieses Magnetfeld ist, desto schneller können die Bilddaten erzeugt werden und umso aufwendiger und teurer ist das Gerät"),so kommt dem vom Prüfer erwähnten Umstand der im Vergleich zu den Ordinationsleistungen geringeren Abgeltungen durch die Krankenkassen (vgl. auch www.vbdo.at: unter "Über uns": Steigende Kosten versus sinkende Tarife) sehr wohl Bedeutung für die Frage der wirtschaftlichen Nutzungsdauer zu. Bei der gegebenen Konstellation kann nämlich nicht davon gesprochen werden, dass die Weiterverwendung der berufungsgegenständlichen Geräte wegen der Entwicklung leistungsstärkerer Geräte unwirtschaftlich geworden wäre.

Mit dem Hinweis auf die Entwicklung leistungsstärkerer Geräte wird daher eine gegenüber der technischen Nutzungsdauer kürzere wirtschaftliche Nutzungsdauer nicht dargetan.

Der Umstand, dass im Zuge einer in früheren Jahren durchgeführten Betriebsprüfung die fünfjährige Abschreibungsdauer des damaligen Computertomographiegerätes nicht beanstandet wurde, steht der nunmehrigen Feststellung einer längeren Nutzungsdauer nicht entgegen, zumal die Abgabenbehörde befugt ist, die Schätzung der Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes durch den Abgabepflichtigen auch dann zu überprüfen und allenfalls von ihr abzuweichen, wenn sie die vom Steuerpflichtigen geschätzte betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer in den Vorjahren unbeanstandet ließ ().

Die Schätzung der Nutzungsdauer durch die Bw mit 5 Jahren weicht von den branchenüblichen Erfahrungssätzen von 8 Jahren ab. Diese Abweichung ist nach Ansicht des erkennenden Senats erheblich und verlässt daher den üblichen Schätzungsrahmen. Da die Bw diese Abweichung nicht schlüssig zu begründen vermochte, war ihrer Schätzung nicht zu folgen. Die Nutzungsdauer der berufungsgegenständlichen Geräte war daher in Anlehnung an die von der Betriebsprüfung herangezogenen Erfahrungssätze mit 8 Jahren zu bemessen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Nutzungsdauer
Schätzung
branchenübliche Erfahrungswerte
Mehrschichtbetrieb
Absinken des Marktwertes

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at