Säumniszuschlag trotz Aussetzungsantrag im Falle festgesetzter Umsatzsteuer
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Senat_10 im Beisein der Schriftführerin über die Berufung des Rechtsanwaltes als Masseverwalter im Konkurs der A_GmbH, vertreten durch Steuerberatung_GmbH, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Säumniszuschlag in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 2.533,70 fest, da die Umsatzsteuer 11/2011 mit einem Betrag von € 126.684,80 nicht bis zum Fälligkeitstag, dem , entrichtet worden wäre.
In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte der Masseverwalter im Konkurs der A-GmbH als Berufungswerber (Bw.) ein, dass in der am eingebrachten Berufung die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO für einen Betrag von € 290.912,02 an Körperschaftsteuer und Umsatzsteuer bis zur Erledigung der Berufung eingebracht worden wäre. Darin wäre auch die Umsatzsteuer 11/2011 in Höhe von € 126.684,80 enthalten gewesen.
Abschließend beantragte der Bw. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Berufungssenat.
Das Finanzamt wies mit Berufungsvorentscheidung vom die Berufung ab und führte begründend aus, dass bei festgesetzten Abgaben die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages ohne Rücksicht auf die sachliche Richtigkeit der Vorschreibung der Bemessungsgrundlage bestehe. Die Säumniszuschlagspflicht setze somit vorerst nur den Bestand einer formellen Abgabenzahlungsschuld, die nicht rechtzeitig entrichtet werde, voraus. Eine gegen den Bemessungsgrundlagenbescheid eingebrachte Berufung hätte demnach (vorerst) keinen Einfluss auf die Festsetzung des Säumniszuschlages. Für den Fall einer nachträglichen Herabsetzung oder Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 11/2011 (zum Beispiel durch eine stattgebende Berufungserledigung) werde auf die Möglichkeit eines Antrages gemäß § 217 Abs. 8 BAO um Anpassung des ersten Säumniszuschlages an die Bemessungsgrundlage hingewiesen.
Wenn in der Berufung auf den Aussetzungsantrag gemäß § 212a BAO vom verwiesen werde, so vermöge dieser Hinweis der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. Denn die Einbringung eines Aussetzungsantrages berühre bereits entstandene Säumniszuschlagsansprüche nicht. Werde daher ein Aussetzungsantrag erst nach Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe (Umsatzsteuer 11/2011 - Fälligkeitstag ) zur Verfügung stehenden Frist eingebracht, so erfahre dadurch der durch Fristablauf bereits verwirkte Säumniszuschlag keine Änderung.
Der Bw. beantragte am rechtzeitig die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und brachte ergänzend vor, dass auf Grund des Antrages auf Aussetzung der Einhebung nicht von einer verspäteten Entrichtung ausgegangen werden könne.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum_1 wäre über das Vermögen der A-GmbH das Konkursverfahren eröffnet und der Bw. zum Masseverwalter bestellt worden. Die Eröffnung des Konkurses bedeute eine Postsperre, weshalb sämtliche Bescheide an den Masseverwalter zuzustellen gewesen wären.
Die Umsatzsteuer 11/2011 wäre auf Grund der Prüfungsfeststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung für den Zeitraum 03-11/2011 mit Bescheid vom , eingelangt beim Masseverwalter am 20. Juli, festgestellt worden. Am sowie am wären fristgerecht Berufungsfristverlängerungsanträge gestellt worden. Gemäß § 217 Abs. 4 lit. a BAO wären Säumniszuschläge nicht zu entrichten, als ihre Einhebung gemäß § 212a BAO ausgesetzt wäre. Die Festsetzung des Säumniszuschlages widerspreche dem Gesetz, da die Aussetzung gemäß § 212a BAO fristgerecht in der Berufung vom beantragt worden wäre.
Zudem setzte die Säumniszuschlagspflicht den Bestand einer Abgabenzahlungsschuld, die nicht rechtzeitig entrichtet werde, voraus. Der Bestand der Abgabenzahlungsschuld werde aber der Höhe nach bestritten. Es wäre nicht nachvollziehbar, wieso über den beantragten Aussetzungsantrag hinweggesehen und dennoch ein Säumniszuschlag verhängt werde, wären doch sowohl von den gesetzlichen Vertretern der Primärschuldnerin als auch vom Masseverwalter und Steuerberater sämtliche Fristen eingehalten und der Aussetzungsantrag rechtzeitig gestellt worden.
Abschließend wiederholte der Bw. den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Berufungssenat.
Über die Berufung wurde erwogen:
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Gemäß § 217 Abs. 4 lit. a BAO sind für Abgabenschuldigkeiten Säumniszuschläge insoweit nicht zu entrichten, als ihre Einhebung gemäß § 212a BAO ausgesetzt ist.
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 UStG 1994 und des § 16 UStG 1994 selbst zu berechnen hat.
Wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterlässt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, so hat das Finanzamt gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 die Steuer festzusetzen. (...) Eine festgesetzte Vorauszahlung hat den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag.
Werden Abgaben, ausgenommen Nebenansprüche, später als einen Monat vor ihrer Fälligkeit festgesetzt, so steht dem Abgabepflichtigen für die Entrichtung der Abgabennachforderung gemäß § 210 Abs. 4 BAO eine Nachfrist von einem Monat ab der Bekanntgabe des maßgeblichen Bescheides zu.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Fälligkeit der Vorauszahlungen an Umsatzsteuer gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 jeweils am fünfzehnten Tag des auf einen Kalendermonat zweitfolgenden Kalendermonats eintritt. Für die Entstehung des Säumniszuschlags nach § 217 BAO kommt es auf den Zeitpunkt der Erlassung eines Festsetzungsbescheides nicht an ().
Die Tatsache, dass gegen den dem Bescheid über die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Grunde liegenden Stammabgabenbescheides (Umsatzsteuer 11/2011) Berufung eingebracht wurde, rechtfertigt noch keine Stattgabe der gegenständlichen Berufung, da die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Abgabenbescheides eintritt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht im Sinne des § 217 BAO nur eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraus, wobei ein Bescheid über einen Säumniszuschlag auch dann rechtmäßig ist, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist (vgl. ebenfalls ).
Die Einwendungen des Bw. betreffend die Richtigkeit des zu Grunde liegenden Abgabenbescheides (Umsatzsteuer 11/2011) gehen daher ins Leere. Darüber hinaus wurden keine Gründe vorgebracht, die geeignet wären, eine Rechtswidrigkeit des gegenständlichen Säumniszuschlages aufzuzeigen.
Säumniszuschläge fallen grundsätzlich immer dann an, wenn Abgaben nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden und keine im Gesetz taxativ aufgezählten Aufschiebungsgründe oder Ausnahmetatbestände gesetzt wurden. Die Fälligkeit von Abgaben ist in den einschlägigen Abgabenvorschriften geregelt. Gemäß der hier zur Anwendung kommenden Bestimmung des § 21 Abs. 3 UStG 1994 wird durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung keine von Abs. 1 abweichende Fälligkeit begründet.
Ob auf Grund eines nach Eintritt der Fälligkeit der Abgabenschuld gestellten Antrages des Abgabepflichtigen in weiterer Folge eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bewilligt wurde (oder wird), ist für die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unerheblich, weil nur ein vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist (diesfalls der ) eingebrachter Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Festsetzung eines Säumniszuschlages entgegenstünde (). Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgaben maßgebenden Fälligkeitstages ().
Da im Berufungsfall die Umsatzsteuer 11/2011 als Selbstbemessungsabgabe schon lange vor ihrer bescheidmäßigen Nachforderung (Bescheid vom mit Nachfrist gemäß § 210 Abs. 4 BAO bis , die aber an der bereits am eingetretenen Fälligkeit nichts ändert) fällig geworden ist (§ 21 UStG), somit die Zustellung des Umsatzsteuerbescheides die mit Ablauf des umsatzsteuergesetzlichen Fälligkeitstages verwirkte Säumniszuschlagsverpflichtung nicht mehr berührt, kann auch der (nicht einmal innerhalb der Nachfrist gemäß § 210 Abs. 4 BAO) eingebrachte Antrag auf Aussetzung der Einhebung keine Auswirkung auf den mit Ablauf des Fälligkeitstages bereits entstandenen Säumniszuschlagsanspruches bewirken (). Nachdem die Antragstellung bereits entstandene Säumniszuschlagsansprüche nicht berührt (vgl. Stoll, BAO, 2275), war mangels Vorliegens der Voraussetzung des § 217 Abs. 4 lit. a BAO die Berufung abzuweisen (siehe auch ).
Die Festsetzung des Säumniszuschlages erfolgte somit - ungeachtet eventueller Abänderung oder Aufhebung gemäß § 217 Abs. 8 BAO (über Antrag des Abgabenpflichtigen) im Falle einer stattgebenden Berufungs(vor)entscheidung im Abgabenfestsetzungsverfahren - zu Recht.
Gemäß § 284 Abs. 1 Z 1 BAO hat über die Berufung eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Berufung, im Vorlageantrag oder in der Beitrittserklärung beantragt wird.
Zum Antrag des Bw. auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist zu bemerken, dass der Bw. durch das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zwar in seinem aus § 284 Abs. 1 BAO erfließenden Verfahrensrecht verletzt wird. Auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie (vgl. Ritz, ÖStZ 1996, 70) wurde jedoch in Hinblick darauf, dass nach den vorstehenden Ausführungen ausgeschlossen werden kann, dass der Unabhängige Finanzsenat bei Vermeidung dieses Mangels (Durchführung einer mündlichen Verhandlung) zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 4 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 21 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at