Abzugsfähigkeit von Investitionen in die erbl. Liegenschaft
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des HP, Adr, vertreten durch Dr. Josef Hönig, Notar, 4780 Schärding, Oberer Stadtplatz 45, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Erbschaftssteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Nach der am verstorbenen FP hat ihr erbl. Sohn HP im Verlassenschaftsverfahren zum gesamten Nachlass die unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben. Laut Vermögenserklärung haben die Nachlassaktiven in Höhe von 42.016,87 € im wesentlichen aus der (halben) Liegenschaft XY, samt dem darauf befindlichen Einfamilienhaus xy, mit einem dreifachen Einheitswert zum in Höhe von 83.283,06 € (Hälfteanteil 41.641,53 €) bestanden. Dem wurden neben den Begräbniskosten Nachlasspassiven in Höhe von 42.500,00 €, resultierend aus Investitionen des erbl. Sohnes in das Elternhaus xy gegenübergestellt, sodass sich eine Überschuldung ergeben hat.
Über Ersuchen des Finanzamtes hat HP seine Investitionskosten laut Abhandlungsprotokoll belegmäßig wie folgt nachgewiesen:
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1993 | Heizung/Sanitär/Fenster | 24.164,00 €
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1994 | Parkett/Innentüren/Elektro/Tischler | 31.680,00 €
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1995/1996 | Putz/Eingangstür | 3.824,00 €
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2003 | Kachelofen | 7.233,00 €
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2005/2006 | Wärmepumpe | 5.881,00 €
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2007 | Innentüren | 1.737,87 €
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74.519,87 €
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Aufgrund der getätigten Investitionen in eine fremde Liegenschaft, nämlich in die Liegenschaft der Eltern, habe er einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch gemäß den Bestimmungen des ABGB. Es gäbe diesbezüglich allerdings keine schriftliche Vereinbarung mit den Eltern.
Das Finanzamt hat schließlich für den Erwerb von Todes wegen des HP nach seiner Mutter mit Bescheid vom Erbschaftssteuer in Höhe von 1.880,22 € vorgeschrieben, wobei lediglich Erbgangsschulden (Kosten für Begräbnis, Grabmal, Nachlassregelung) berücksichtigt wurden. Die Investitionen seien mit der Mietersparnis aufzurechnen.
Gegen diesen Erbschaftssteuerbescheid richtet sich die gegenständliche Berufung des HP, nunmehriger Berufungswerber Bw, vom unter Hinweis auf das Bereicherungsprinzip im Erbschaftssteuerrecht. In der Bescheidbegründung sei eine rechtsgrundlose Forderung fingiert worden. Der Bw wohne im Haus seiner Eltern im Rahmen eines familienhaften Mitwohnens. Diese Form des Zusammenlebens sei getragen von beiderseitigen Rechten und Pflichten. Demgemäß habe er während der gesamten Zeit seines Mitwohnens im Haus der Eltern Arbeiten und Dienstleistungen verschiedenster Art erbracht, wie zum Beispiel Bewirtschaftung des Waldbesitzes, Erneuerung des Dachstuhles im Jahr 1985, Anbau einer Garage, Errichtung eines Anbaues, Gartenpflege, Schneeräumarbeiten, sodass sich Leistungen und Gegenleistungen dem Werte nach ungefähr ausgleichen.
Das Finanzamt hat die Berufung am dem UFS zur Entscheidung als Abgabenbehörde II. Instanz vorgelegt.
Laut Auskunft des Finanzamtes war in dem Einheitswert zum das auf der Liegenschaft errichtete Einfamilienhaus xy mit einem Gebäudewert aus dem Jahr 1988 in Höhe von 212.858,00 S enthalten.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im vorliegenden Fall ist ausschließlich zu prüfen, ob die Investitionen des Bw lt. Pkt. B I a) der Vermögenserklärung gemäß § 20 ErbStG abzugsfähig sind.
Gemäß § 20 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) gilt als Erwerb, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber.
Unter Vermögensanfall ist der Betrag zu verstehen, um den der Erwerber von Todes wegen tatsächlich bereichert wurde, also der Erwerb der Vermögensgegenstände abzüglich aller Passiven.
Die Abgabenbehörde ist an die im gerichtlichen Abhandlungsverfahren in einem Inventar ausgewiesenen Werte im Sinne des § 116 BAO nicht gebunden, weil es sich hiebei nicht um eine der Rechtskraft fähige Entscheidung handelt. Vielmehr hat die Behörde den Wert des erworbenen Vermögens aus dem Gesichtswinkel des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung unter eigener Verantwortung zu prüfen (siehe ). Sie ist dabei auch nicht an Parteiangaben gebunden.
Für die Abzugsfähigkeit von Schulden und Lasten ist es zunächst erforderlich, dass eine rechtliche Verpflichtung zu einer Leistung aus dem Nachlass besteht. Zusätzlich muss aber auch eine tatsächliche und wirtschaftliche Belastung des Leistungsverpflichteten vorliegen, weshalb eine bürgerlich-rechtlich bestehende Schuld nur dann eine auch steuerlich zu berücksichtigende Vermögensminderung darstellt, wenn am Stichtag mit der Geltendmachung ernsthaft gerechnet werden muss.
Zwar erwirbt beim Bauen mit eigenem Material auf fremdem Grund nach dem Grundsatz "superficies solo cedit" der Grundeigentümer das Eigentum am Bauwerk, doch muss der Grundeigentümer dem Eigentümer des verwendeten Materials Ersatz leisten, es kann jedoch auch Abweichendes vereinbart werden.
Wenn Liegenschaftseigentümer durch Jahre hindurch dulden, dass ein Kind im Haus lebt, Investitionen vornimmt und auch verschiedene Arbeiten leistet, so wird in der Regel ein sich aus dem verwandtschaftlichen Naheverhältnis ergebender, tatsächlicher Zustand gegeben sein. Der Bw führt diesbezüglich aus, er habe in Form eines familienhaften Mitwohnens bei seinen Eltern in deren Wohnhaus gewohnt. Dabei hätten sich, Leistungen und Gegenleistungen im Wesentlichen ausgeglichen. Insbesondere wenn, wie im vorliegenden Fall, der Bw der einzige leibliche Nachkomme der Liegenschaftseigentümerin war, ist eine derartige faktische Gestaltung durchaus üblich und entspricht es der Lebenserfahrung, dass in einem solchen Fall eine Vereinbarung hinsichtlich der endgültigen Kostentragung für getätigte Aufwendungen zwischen dem Bw und seinen Eltern nicht getroffen wurde.
Darüber hinaus hat der Bw aufgrund der familiären Bindungen die Geltendmachung allfälliger gesetzlicher Ansprüche, entgegen seiner Behauptung, offenkundig nie ernsthaft in Betracht gezogen. Vor allem das teilweise lange Zurückliegen der Investitionen, das Elternhaus wurde seit 1985 sukzessive erweitert, renoviert und ausgebaut, spricht dagegen, dass jemals eine Rückforderung beabsichtigt war.
Dementsprechend hat der Vater des Bw anlässlich der Todfallsaufnahme zu dem Punkt Passiva auch angegeben, dass keine Privatschulden aushaften. Wenn der Bw dazu vorbringt, der Vater hätte die Forderung des Bw aus Investitionen lediglich vergessen, so wird dieser Argumentation nicht gefolgt, weil den zeitlich früheren Angaben des Vaters gegenüber den späteren des Bw im Lichte obiger Ausführungen die entscheidende Bedeutung zugemessen wird. Es genügt aber, von mehreren Möglichkeiten diejenige als erwiesen anzunehmen, die gegenüber den anderen Möglichkeiten eine höhere Wahrscheinlichkeit für sich hat und die anderen Möglichkeiten als zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.
Überdies gilt es zu bedenken, dass es sich nicht immer um Investitionen in das Gebäude (zB Sanitär Zubehör, Luster, Schlafzimmereinrichtung, E-Geräte, Motormäher) handelt, welche der Bw belegmäßig nachgewiesen hat. Soweit die erbrachte Leistung aus der Rechnung nicht ersichtlich ist, Vater und Sohn als Einzahler ausgewiesen sind oder der Zahlungsnachweis fehlt, könnten die Verbindlichkeiten jedenfalls nicht abgezogen werden. Die Landesförderung für die Wärmepumpe wurde nicht berücksichtigt.
Schließlich hat der Bw trotz Vorhalt nicht konkret dargelegt, wem welche Aufwendung tatsächlich zugute gekommen ist. Die schlichte Behauptung, die Investitionen hätten zum weitaus überwiegenden Teil den Eltern gedient, reicht nicht aus. Vielmehr ist aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung anzunehmen, dass der Bw zur Verbesserung der eigenen Wohnqualität primär seine eigene, baulich abgegrenzte Wohneinheit im Haus ausgestattet hat (Fliesen und Sanitär, Parkett, Kachelofen, Innentüren). Diese Interessenslage spricht aber gegen einen Erstattungsanspruch des Bw gegen seine Eltern.
In einer Zusammenschau stellt sich der Sachverhalt jedenfalls so dar, dass eine tatsächliche wirtschaftliche Belastung des Bw mit einer Schuld seinen Eltern gegenüber nicht angenommen werden kann.
Die getätigten Umbau- und Sanierungsmaßnahmen begründen also keine Forderung des Bw bzw. keine Verbindlichkeit der Erblasserin (bzw. des Nachlasses), mit deren Geltendmachung am Stichtag ernsthaft gerechnet werden musste.
Nicht zuletzt gilt es hinsichtlich des vom Bw ins Treffen geführte Bereicherungsprinzips im Erbschaftssteuerrecht zu bedenken, dass die gegenständlichen Investitionen nicht im Einheitswert (zuletzt ermittelt im Jahr 1988) berücksichtigt sind, sodass tatsächlich nur die alte Bausubstanz der Erbschaftssteuer unterzogen wurde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 20 Abs. 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at