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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 20.03.2013, RV/0263-W/13

Berechnung der Bezüge bei nicht gemeldeter und nicht abgeführter Lohnsteuer

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/11 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2010 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe sowie dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw.) war im Jahr 2010 nichtselbständig tätig und bezog Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Seitens der Arbeitgeber wurden folgende Lohnzettel betreffend Bezüge, die dem Finanzamt gemäß § 84 bzw. 3 Abs. 2 EStG 1988 von den bezugsauszahlenden Stellen zu melden sind, übermittelt und sind im angefochtenen Bescheid (vom ) berücksichtigt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezugsauszahlende Stelle:
Bezugszeitraum:
... Personalservice GmbH
01.04. bis
Beträge in
EUR
Bruttobezüge (210)
14.356,00
SV-Beiträge für laufende Bezüge (230)
2.696,00
Steuerpflichtige Bezüge (245)
11.660,00
Einbehaltene Lohnsteuer
2.386,10
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
2.386,10
... Personalleasing GmbH
01.01. bis
Beträge in
EUR
Bruttobezüge (210)
8.520,00
SV-Beiträge für laufende Bezüge (230)
1.550,64
Steuerpflichtige Bezüge (245)
6.969,36
Wiener Gebietskrankenkasse
02.10. bis
Beträge in
EUR
Krankengelder (210)
792,00
Sonstige Bezüge vor Abzug d. SV-Beiträge (220)
113,14
Steuerpflichtige Bezüge (245)
678,86
Einbehaltene Lohnsteuer
103,84
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
103,84
Wiener Gebietskrankenkasse
09.09. bis
Beträge in
EUR
Krankengelder (210)
1.138,50
Sonstige Bezüge vor Abzug d. SV-Beiträge (220)
162,64
Steuerpflichtige Bezüge (245)
975,86
Einbehaltene Lohnsteuer
149,27
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
149,27
Wiener Gebietskrankenkasse
18.10. bis
Beträge in
EUR
Krankengelder (210)
831,60
Sonstige Bezüge vor Abzug d. SV-Beiträge (220)
831,60
Steuerpflichtige Bezüge (245)
712,80
Einbehaltene Lohnsteuer
121,38
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
121,38
... Personall. u ... GmbH
08.11. bis
Beträge in
EUR
Bruttobezüge (210)
2.280,18
SV-Beiträge für laufende Bezüge (230)
430,96
Steuerpflichtige Bezüge (245)
1.849,22
Nur für die Ermittlung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) wurden folgende (steuerfreie) Bezüge berücksichtigt:
Bezugsauszahlende Stelle: Arbeitsmarktservice
Beträge in
EUR
Arbeitslosengeld für Tage (11.12. - )
838,11

Der Einkommensteuerbescheid 2010 wurde wie folgt erlassen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Übermittelte Lohnzettel laut Anhang
Bezugsauszahlende Stelle
stpfl. Bezüge (245)
... Personalservice GmbH
11.660,00 €
... Personalleasing GmbH
6.969,36 €
Wiener Gebietskrankenkasse
678,86 €
Wiener Gebietskrankenkasse
975,86 €
Wiener Gebietskrankenkasse
712,80 €
... Personall u ... GmbH
1.849,22 €
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00 €
22.714,10 €
Gesamtbetrag der Einkünfte
22.714,10 €
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988):
Pauschbetrag für Sonderausgaben)
-60,00 €
Einkommen
22.654,10 €
Die Einkommensteuer für die Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:
Bemessungsgrundlage für den besonderen Progressionsvorbehalt:
Gesamtbetrag der Einkünfte
+ Pauschbetrag für Werbungskosten ........................... 22.714,10 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge ................................ 132,00 €
Umrechnungsbasis .................................................. 22.846,10 €
Umrechnungszuschlag (22.846,10 x 365/ (365 - 21) - 22.846,10)
1.394,67 €
Bemessungsgrundlage für den Durchschnittssteuersatz
24.048,77 €
(24.048,77 - 11.000,00) x 5.110,00 / 14.000,00
4.762,80 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
4.762,80 €
Alleinverdienerabsetzbetrag
-669,00 €
Verkehrsabsetzbetrag
-291,00 €
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-54,00 €
Steuer für den Durchschnittssteuersatz
3.748,80 €
Durchschnittssteuersatz (3.748,80 / 24.048,77 x 100)
15,59%
Durchschnittssteuersatz .......... 15,59% von .................. 22.654,10
3.531,77 €
Einkommensteuer
3.531,77 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
-2.760,59 €
Festgesetzte Einkommensteuer
771,18 €
Berechnung der Abgabennachforderung / Abgabengutschrift
Festgesetzte Einkommensteuer
771,18 €
-0,18 €
Abgabennachforderung
771,00 €

Das Rechtsmittel der Berufung wurde dahingehend begründet, der Betrag in Höhe von € 771,18 sei nicht richtig errechnet worden, da die Konkursfirma ... Personalleasing GmbH einen nicht korrekten Jahreslohnzettel gemeldet habe. In Kopie lege der Bw. der Berufung seine monatlichen Lohnabrechnungen bei. Daraus sei ersichtlich, dass sein steuerpflichtiges Einkommen € 6.805,76 und seine anrechenbare Lohnsteuer € 1.410,67 betrage. Weiters seien die Kinderfreibeträge in Höhe von € 440,00 nicht berücksichtigt worden.

Der Berufung waren Kopien der den Bw. betreffenden Lohn/Gehaltsabrechnungen Jänner 2010, Februar 2010 und März 2010 der ... Personalleasing GmbH beigelegt.

Das Finanzamt ersuchte den Bw. um Vorlage eines korrigierten Jahreslohnzettels 2010 der Personalleasing GmbH.

In der Folge langte ein korrigierter Jahreslohnzettel 2010 beim Finanzamt nicht ein und das Finanzamt erließ eine den berufungsgegenständlichen Bescheid abändernde Berufungsvorentscheidung dahingehend, dass Kinderfreibeträge für haushaltszugehörige Kinder gemäß § 106a Abs. 1 EStG 1988 in Höhe von € 440,00 in Ansatz gelangten, wodurch sich eine festgesetzte Einkommensteuer in Höhe von € 615,95 bzw. eine Gutschrift in Höhe von € 155,00 errechnete. Begründend führte das Finanzamt aus: "Da bezüglich der Firma keine anderslautenden Unterlagen nachgereicht wurden, wurde der Lohnzettel der Firma ... Personalleasing GmbH nicht korrigiert."

Den Vorlageantrag begründete der Bw. wie folgt: "Lt. beiliegenden Kopien der Lohnabrechnungen wurden mir von der insolventen Firma ... Personalleasing GmbH für die Monate Jänner bis März 2010 Lohnsteuer abgezogen. Der Gesamtbetrag der anrechenbaren Lohnsteuer sollte meiner Ansicht nach € 1.410,67 betragen. Die entsprechenden Lohnzettel wurden von mir auch mit der Berufung beim Finanzamt abgegeben. In der Bescheidbegründung wird angeführt, dass ich keine 'anderslautenden Unterlagen' nachgereicht habe. Da die insolvente Firma nicht mehr existiert, ich daher auch keine Korrektur des L 16 erreichen kann, ersuche ich, die nun nochmals nachgereichten Unterlagen als Ermittlungsgrundlage zu nehmen. Insbesondere ersuche ich daher, die anrechenbare Lohnsteuer (KZ 260) von den derzeit festgesetzten € 2.760,59 um die oben angeführte anrechenbare Lohnsteuer zu erhöhen.

In einem weiteren beim Finanzamt am eingelangten Schreiben gab der Bw. an, die Firma, bei der es sich um eine Scheinfirma gehandelt haben dürfte, wovon er nichts gewusst habe, habe die Abzüge falsch berechnet. Der Bw. sehe nicht ein, weshalb er für einen Fehler der Firma büßen müsse und warum er den fehlenden Betrag dem Finanzamt begleichen müsse, obwohl er nur Angestellter dieser Firma gewesen sei und er sich seines Erachtens nicht strafbar verhalten habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 115 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Ob eine Tatsache - hier: die Frage, ob die Personalleasing GmbH Lohnsteuer einbehalten hat - als erwiesen anzunehmen ist oder nicht, unterliegt der freien Beweiswürdigung (§ 167 Abs. 2 BAO).

Im Zuge einer Veranlagung ist ein zu niedriger oder nicht durchgeführter Lohnsteuerabzug zu korrigieren.

Das Finanzamt der Betriebsstätte der in Rede stehenden Firma hat festgestellt, dass von dieser Firma keine Lohnabgaben gemeldet worden sind. Damit lässt sich die Angabe des Bw. in Einklang bringen, wenn er von einer nicht mehr existenten, insolventen "Scheinfirma" spricht.

Das Wohnsitzfinanzamt hat bei der Veranlagung bei den Einkünften, die der Bw. von der Personalleasing GmbH erhalten hat, keinen durch Steuerabzug einbehaltenen Betrag berücksichtigt. Auf die sich aus der durchgeführten Veranlagung ergebende Einkommensteuerschuld wurde daher - diese Firma betreffend - konsequenterweise keine (einbehaltene) Lohnsteuer angerechnet.

Dass sich das Wohnsitzfinanzamt in Bezug auf die Höhe der Bruttobezüge vom Arbeitgeber Personalleasing GmbH der Meinung des Betriebsstättenfinanzamtes angeschlossen hat und den von diesem Finanzamt ausgestellten Lohnzettel (ohne einbehaltene Lohnsteuerbeträge) in die Veranlagung miteinbezogen hat, entspricht der Verwaltungspraxis. Darin kann eine unzulässige Vorgehensweise dem Grunde nach (zur Höhe der Bruttobezüge vgl. unten) nicht erblickt werden. Auch wurde vom Bw. nicht bestritten, dass er Bezüge erhalten hat. Gegen die Feststellung des Betriebsstättenfinanzamtes, wonach der Bw. von der in Rede stehenden GmbH Bezüge erhalten hatte, wurde vom Bw. grundsätzlich kein Einwand vorgebracht. Durch die Vorlage der drei Lohnabrechnungen und indem der Bw. beantragt, Lohnsteuer in Höhe von € 1.410,67 anzurechnen, bestätigt er indirekt den Erhalt von Lohnzahlungen.

Die Ermittlungspflicht von Amts wegen ergibt Folgendes:

Berechnung der Bruttobezüge (210):

Auf Grund der drei vorgelegten Lohn/Gehaltsabrechnungen Jänner 2010, Februar 2010 und März 2010 der Personalleasing GmbH errechnen sich die gemäß den nachfolgenden Ausführungen zu berichtigenden "Bruttobezüge" (anstelle in Höhe von € 8.520,00) wie folgt:


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Bruttolohn Jänner 2010
2.785,00 €
Bruttolohn Februar 2010
2.820,00 €
Bruttolohn März 2010
2.925,00 €
Bruttobezüge Jänner bis März 2010
8.530,00 €

Berechnung der tatsächlichen Bruttobezüge bzw. der steuerpflichtigen Bezüge:

Bei der Erstellung des in Rede stehenden Lohnzettels wurde wie folgt vorgegangen: Von den Bruttobezügen (210) wurden - die Sozialversicherungsbeiträge in Abzug gebracht (230), - keine Lohnsteuer abgezogen und - keine einbehaltene Lohnsteuer berücksichtigt (260).

Bei dieser Vorgangsweise wird übersehen, dass der Bw. in Wahrheit folgende Beträge ausbezahlt erhielt:

Jänner 2010:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bruttobezug Jänner 2010
2.785,00 €
- Sozialversicherungsbeitrag
-498,68 €
- Lohnsteuer
-458,44 €
Netto(lohn)
1.827,88 €

Februar 2010:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bruttobezug Februar 2010
2.820,00 €
- Sozialversicherungsbeitrag
-502,32 €
- Lohnsteuer
-465,51 €
Netto(lohn)
1.852,17 €

März 2010:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bruttobezug März 2010
2.925,00 €
- Sozialversicherungsbeitrag
-513,24 €
- Lohnsteuer
-486,72 €
Netto(lohn)
1.925,04 €

Die Nichtmeldung und -abfuhr der Lohnsteuer an das Betriebsstättenfinanzamt kam, wie aus den vorgelegten Lohnabrechnungen hervorgeht und zudem mit den Erfahrungen des Wirtschaftslebens sowie den in gleichgelagerten Fällen gewonnenen Erkenntnissen im Einklang steht, nicht dem Arbeitnehmer, sondern dem seine Steuerpflichten verletzenden Arbeitgeber zugute.

Wird unter der Kennzahl 260 infolge Nichtmeldung und -abfuhr von Lohnsteuer zutreffend keine "einbehaltene Lohnsteuer" berücksichtigt, müssen die dem Bw. von seinem (steuerunredlichen) Arbeitgeber vorenthaltenen Beträge bei seinen (Brutto)Bezügen in Abzug gebracht werden. Andernfalls würde mittels Bescheid ein Lohn versteuert werden, den der Bw. in dieser Höhe tatsächlich gar nicht erhalten hat.

Die (tatsächlichen) Bruttobezüge des Bw. für den Zeitraum 1. Jänner bis errechnen sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bruttobezüge Jänner bis März 2010
8.530,00 €
- Bezugsminderung in Höhe der dem Bw. berechneten, aber nicht gemeldeten und nicht abgeführten Lohnsteuer im Jänner 2010
-458,44 €
- Bezugsminderung in Höhe der dem Bw. berechneten, aber nicht gemeldeten und nicht abgeführten Lohnsteuer im Februar 2010
-465,51 €
- Bezugsminderung in Höhe der dem Bw. berechneten, aber nicht gemeldeten und nicht abgeführten Lohnsteuer im März 2010
-486,72 €
tatsächliche Bruttobezüge 1. Jänner bis
7.119,33 €

Berechnung der steuerpflichtigen Bezüge (245):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
tatsächliche Bruttobezüge 1. Jänner bis
7.119,33 €
Sozialversicherungsbeiträge (Blatt 4 des Bescheides)
-1.550,64 €
Steuerpflichtige Bezüge (245)
5.568,69 €

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
EAAAD-08753